Zu den originären Aufgaben einer Führungskraft gehört es, den konkreten Fortbildungsbedarf der Beschäftigten und der Organisationseinheiten zu erfassen und dabei die individuellen Interessen mit dem Anforderungsprofil der Dienststelle in Einklang zu bringen. Bei der Bedarfsermittlung sollen auch Kenntnisse und Fähigkeiten einbezogen werden, die nicht nur unmittelbar, sondern auch zukünftig benötigt werden, um sich ggf. auf die entsprechenden Veränderungen einstellen zu können.
Dabei darf nicht unterschätzt werden, dass es einer Führungskraft durchaus schwerfallen kann, einem Bediensteten dessen Defizite aufzuzeigen. Dies umso mehr, wenn der Mitarbeiter in seiner Selbstwahrnehmung zu einer ganz anderen Einschätzung kommt. Gerade bei sehr selbstbewusst auftretenden Mitarbeitenden kann es zu einer Widerstandshaltung kommen, weil ihnen die Einsicht fehlt, weshalb die Qualifizierung notwendig sein soll. Hier macht wie so oft der Ton die Musik aus. Anstatt über Mängel und Schwächen zu reden, sollte die Führungskraft Optimierungsmöglichkeiten und Verbesserungspotenzial aufzeigen.
Aber nicht nur die Vorgesetzten sind aufgefordert, die aus ihrer Sicht vorhandenen Schwachstellen zu benennen. Die Beschäftigten tragen eine Mitverantwortung dafür, den für erforderlich gehaltenen Qualifizierungsbedarf zu benennen. Auch hier wird es nicht jedem Mitarbeiter leicht fallen, eigene Schwächen bei fachlichen Inhalten oder sozialen bzw. methodischen Kompetenzen einzugestehen. Wer gibt schon gerne zu, die Anforderungen seiner Stelle nicht komplett zu erfüllen? Dieses offene Ansprechen eigener Schwächen ist letztlich eine nicht zu unterschätzende Stärke des Mitarbeiters.
An dieser Stelle spielt die in dem betroffenen Bereich herrschende Fehlerkultur eine große Rolle. Wird bei auftauchenden Fehlern zuerst ein Schuldiger gesucht und drohen diesem ernsthafte Konsequenzen, liegt es nahe, einen "Fehler" – hier konkret die nicht ausreichende Qualifikation – zu vertuschen und zu hoffen, dass die Defizite nicht auffallen. Bei einer positiven Fehlerkultur dagegen traut sich der Betroffene, seinen Schulungsbedarf anzusprechen und sucht gemeinsam mit der Führungskraft nach geeigneten Qualifizierungsmaßnahmen.
Der konstruktive Umgang mit diesem Thema macht deutlich, dass dem Bediensteten daran liegt, seine Fähigkeiten und Fertigkeiten zu optimieren. Der Wille, seine eigenen Leistungspotenziale besser abzurufen, zeugt von Motivation und Veränderungsbereitschaft des Mitarbeiters. Insofern liegt der offene Umgang mit dem Thema Qualifizierungsbedarf in einem von Führungskraft und Mitarbeiter vertrauensvoll geführten Gespräch im ureigensten Interesse jedes Beschäftigten.