Um den Qualifizierungsbedarf eines Mitarbeiters systematisch zu ermitteln, müssen das Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes (der Dienststelle) und das Befähigungsprofil des Mitarbeiters miteinander verglichen werden. Das Anforderungsprofil ist die personenneutrale Beschreibung einer Stelle im Hinblick auf die mit ihr verbundenen Anforderungen. In ihr werden die erforderlichen bzw. gewünschten Eigenschaften aufgeführt, die der Stelleninhaber mitbringen sollte, um die Aufgaben der Stelle möglichst gut erfüllen zu können. Das Befähigungsprofil eines Mitarbeiters enthält dessen tatsächliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Eigenschaften.
Dieser Abgleich der beiden Profile ist in den Verwaltungen eine durchaus gängige und bekannte Vorgehensweise. Sie wird jedoch häufig nur konkret eingesetzt, wenn es um die Neubesetzung einer Stelle in Verbindung mit einer internen oder externen Stellenausschreibung geht. Der Bewerber, der mit seinen Befähigungen am besten auf das Anforderungsprofil zugeschnitten ist, ist der "richtige" Kandidat.
Ein solcher Abgleich zwischen Anforderungs- und Befähigungsprofil ist aber nicht nur im Bewerberauswahlverfahren erforderlich. Auch für die systematische Ermittlung von Qualifizierungsbedarf bietet sich diese Methode an – auch wenn sie mit einem gewissen Aufwand verbunden ist. Ausgehend von den Inhalten der jeweiligen Stellenbeschreibung lassen sich die besonderen Anforderungen an einen Mitarbeiter recht schnell ableiten und formulieren – dies kann durchaus unter Einbeziehung des Stelleninhabers erfolgen. Anschließend ist dann in einem offenen Gespräch zu klären, inwieweit das Befähigungsprofil des Stelleninhabers auf das Anforderungsprofil der Stelle passt.
Der Einwand, dass größere Verwaltungen dann mehrere tausend Anforderungsprofile erstellen müssten, kann relativiert werden, da viele Beschreibungen (z. B. bei großen Teams im sozialen Bereich, Ordnungsamt oder bei der Ausländerbehörde) dieselben oder zumindest sehr ähnliche Inhalte haben werden und sich die Anzahl der erforderlichen Anforderungsprofile deutlich reduziert.
Profil eines Mitarbeiters im Bereich des neuen Rechnungswesens
lfd. Nr. |
Anforderungen/Befähigungen |
Wertigkeit für die Stelle |
geeignete Maßnahme |
|
|
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
6 |
7 |
|
1 |
besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der kfm. Buchführung |
|
|
|
|
▪ |
• |
|
Fortbildung |
2 |
umfassende Kenntnisse im Bereich des NKF |
|
|
|
|
▪ |
|
• |
Fortbildung |
3 |
Kenntnisse in der Kosten- und Leistungsrechnung |
|
|
|
|
[x] |
|
|
|
4 |
praktische Erfahrung im Bereich der Stadtkasse |
|
|
▪ |
• |
|
|
|
4 Wochen Hospitation bei der Stadtkasse |
|
• Anforderungsprofil ▪ Befähigungsprofil [x] Anforderung der Stelle entspricht der Befähigung des Mitarbeiters |
Tab. 4: Abgleich Anforderungs- und Befähigungsprofil
Bei den beiden ersten Punkten besteht Qualifizierungsbedarf, da die Anforderungen höher sind als die derzeitige Befähigung. Das erforderliche Wissen lässt sich aber durch eine Fortbildung erwerben. Da die Kenntnisse zur KLR den Anforderungen entsprechen, ist nichts weiter zu veranlassen.
Auf ein wichtiges Problem weist die vierte Anforderung des Beispiels hin. Fortbildung darf nicht als Allheilmittel oder Wunderwaffe missverstanden werden. Fortbildung ist eine – in vielen Fällen aussichtsreiche – Alternative der Personalentwicklung. Der Besuch von Seminaren, Workshops oder Informationsveranstaltungen kann erheblich dazu beitragen, dass die Mitarbeiter die Anforderungen ihres Arbeitsplatzes (besser) bewältigen können. Aber nicht jedes "Befähigungsdefizit" kann durch Fortbildung beseitigt werden.
Die praktische Erfahrung im Bereich der Stadtkasse zum besseren Verständnis der buchungstechnischen Vorgänge ist nicht durch ein Seminar zu vermitteln. Hier bietet sich eine Hospitation an, bei der der Mitarbeiter für einen bestimmten Zeitraum in der Kasse arbeitet und vor Ort selbst die Erfahrungen durch den Einsatz in dem betroffenen Aufgabengebiet sammelt. So sehr Fortbildung auch als das Instrument der Personalentwicklung betrachtet wird, sollte in den Gesprächen zwischen Führungskraft und Mitarbeitern aber zumindest darüber geredet werden, ob nicht eventuell andere Maßnahmen besser dazu beitragen können, Befähigungsdefizite abzubauen. Je nach Bedarf kommen z. B. Coachings, Mentoring, Onboarding- oder Traineeprogramme in Frage.