Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Höhe. Bemessungsgrundlage. nachträgliche Lohnzahlungen. Einschränkung des sog modifizierten Zuflussprinzips durch das HBeglG 2011. Anwendbarkeit der Neureglung des § 2 Abs 2 BEEG auf vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung geborene Kinder. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Mit der Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG durch das HBeglG 2011 hat der Gesetzgeber das sog modifizierte Zuflussprinzip dahingehend eingeschränkt, dass es nicht mehr bei nachträglichen Lohnzahlungen anzuwenden ist, die erst später als drei Wochen nach einem Jahreswechsel erbracht werden.
Orientierungssatz
Nach der klaren Bestimmung des Art 24 Abs 2 des HBeglG 2011 sollte ua Art 14 dieses Gesetzes und damit auch die Neufassung des § 2 Abs 2 BEEG zum 1.1.2011 in Kraft treten. Da der Gesetzgeber keine anderslautenden Übergangsregelungen vorgesehen hat, betraf die Neuregelung damit alle ab Januar 2011 zu erbringenden Elterngeldansprüche, und zwar unabhängig davon, ob die zu betreuenden Kinder vor oder erst nach der Gesetzesänderung geboren worden waren (vgl LSG Essen, Urteil vom 11.11.2011 - L 13 EG 41/11).
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt höheres Elterngeld aufgrund der Betreuung ihres am 25. Juni 2010 geborenen Kindes H..
Vom 24. Mai bis 30. August 2010 hat die Klägerin Mutterschaftsgeld bezogen. In den dieser Zeit vorausgegangenen zwölf Monaten war sie beim I. in J. beruflich tätig. Im Rahmen dieser beruflichen Tätigkeit musste die Klägerin zeitweilig Rufbereitschaften außerhalb der üblichen Arbeitszeit wahrnehmen. Für diese erhielt sie eine zusätzliche Vergütung. Diese wurde aus verwaltungstechnischen Gründen häufig erst einige Monate nach dem Zeitraum der Rufbereitschaft im Rahmen einer sog. "Rückrechnung" ausgezahlt. So erhielt die Klägerin im März 2010 für im Oktober 2009 wahrgenommene Rufbereitschaften noch nachträglich weitere 1.598,65 € und entsprechend im April 2010 im Rahmen einer solchen "Rückrechnung" für die im Monat Dezember 2009 wahrgenommenen Rufbereitschaften noch nachträglich weitere 724,74 €.
Im November 2009 erhielt die Klägerin zusätzlich zu dem üblichen Gehalt eine Jahressonderzahlung. Ferner erhielt sie einmal jährlich mit dem Dezembergehalt eine sog. Leistungsprämie in Höhe von 266,17 €.
Mit Bescheid vom 9. August 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2010 bewilligte der beklagte Landkreis der Klägerin dem Grunde nach antragsgemäß für die ersten zwölf Lebensmonate ihres Kindes Elterngeld, und zwar für den 4. bis 12. Lebensmonat in Höhe eines monatlichen Zahlbetrages von 1.565,80 €. Unter Berücksichtigung des anfangs bezogenen Mutterschaftsgeldes ergab sich für die ersten beiden Lebensmonate kein Auszahlungsbetrag und für den dritten Monat ein Betrag von 1.262,74 €.
Dagegen hat die Klägerin am 23. Dezember 2010 die vorliegende Klage erhoben.
Den o.g. Bescheid vom 9. August 2010 hat der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 29. Dezember 2010 angesichts der zum damaligen Jahreswechsel in Kraft tretenden Änderung des BEEG mit Wirkung vom 25. Januar 2011, d.h. mit Beginn des 8. Lebensmonates des Kindes, aufgehoben. Zugleich hat sie der Klägerin für den 8. bis 12. Lebensmonat nunmehr noch einen monatlichen Betrag von 1.444,76 € zugesprochen.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zum sog. modifizierten Zuflussprinzip hat der Beklagte nachfolgend mit Bescheid vom 28. April 2011 wiederum eine Neuberechnung des der Klägerin zustehenden Elterngeldes vorgenommen. Nunmehr sprach sie der Klägerin für den 3. Lebensmonat des Kindes 1.325,62 €, für den 4. bis 7. Lebensmonat jeweils 1.643,77 € und für den 8. bis 12. Lebensmonat jeweils 1.468,86 € zu.
Mit ihrer fortgeführten Klage hat sich die Klägerin insbesondere gegen die Neufestsetzung des Elterngeldanspruchs ab Januar 2011 sowie gegen die Nichtberücksichtigung der Jahressonderzahlung und der Leistungsprämie gewandt. Sie beruft sich insbesondere auf die Rechtsprechung des BSG zum sog. modifizierten Zuflussprinzip.
Mit Urteil vom 11. Oktober 2011, der Klägerin zugestellt am 14. November 2011, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es dargelegt, dass die Jahressonderzahlung und die Leistungsprämie zu den sonstigen Bezügen im Sinne des § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG zählen würden und daher bei der Berechnung des für die Ermittlung der Höhe des Elterngeldes maßgeblichen Erwerbseinkommens im Jahr vor der Geburt nicht zu berücksichtigen seien. Die Neufestsetzung des Elterngeldes ab Januar 2011 trage den zum damaligen Jahreswechsel in Kraft getretenen gesetzlichen Änderungen Rechnung.
Mit der am 13. Dezember 2011 eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie macht geltend, dass sie auch die Jahressonderzahlung und die Leistungsprämie aufgrund ihrer Arbeitsleistungen verdient habe. Die Reduzierung der Höhe des Elterngeldes zum 1. Januar 2011 missachte den verfassungsrechtlich gewährleis...