Leitsatz (amtlich)

1. Die Steuer auf das Innehaben einer – neben der Hauptwohnung – weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnungssteuer) ist eine gemäß Art. 105 Abs. 2 a GG verfassungsrechtlich unbedenkliche örtliche Aufwandsteuer und als solche bundesrechtlich geregelten Steuern – vor allem der Einkommensteuer, Grundsteuer, Umsatzsteuer, Vermögenssteuer und Gewerbesteuer – nicht gleichartig.

2. Eine satzungsrechtliche Regelung des Steuergegenstandes, durch die das „Innehaben einer Zweitwohnung” der Steuerpflicht unterworfen wird, verstößt nicht gegen das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot.

3. Ein Steuermaßstab, der zur Bemessung der Zweitwohnungssteuer an den Mietwert und dabei – in der Regel – an die vom Finanzamt auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1964 festgestellte, nach dem Preisindex auf einen bestimmten Monat hochgerechnete Jahresrohmiete anknüpft, ist hinreichend bestimmt und verstößt unter Berücksichtigung der dem Satzungsgeber aus Gründen der Praktikabilität und Typengerechtigkeit eingeräumten Gestaltungsfreiheit nicht gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit.

4. Das „Innehaben einer Zweitwohnung für den persönlichen Lebensbedarf” setzt eine zeitlich begrenzte tatsächliche Verfügungsgewalt und rechtliche Verfügungsbefugnis (des Zweitwohnungsinhabers) voraus.

5. Das in einem langfristigen Pachtvertrag dem Eigentümer und Verpächter einer Zweitwohnung vom Pächter eingeräumte zeitlich begrenzte „Anmietungsrecht” begründet nur einen (vor-)vertraglichen Anspruch auf Abschluß von Mietverträgen zu den im einzelnen geregelten Bedingungen und verschafft dem Eigentümer als solches noch nicht die für das Innehaben einer Zweitwohnung für den persönlichen Lebensbedarf erforderliche (zeitlich begrenzte) tatsächliche Verfügungsgewalt und rechtliche Verfügungsbefugnis.

Das Anmietungsrecht wird nach den „Eigentümer-Eigennutzungsregelungen” in der Weise umgesetzt, daß der Wunsch des Eigentümers nach Belegung der eigenen Einheit nach Möglichkeit erfüllt wird. Pro Übernachtung wird grundsätzlich ein Coupon bei Zuzahlung von 25 % des jeweils gültigen Logis-Preises abgerechnet. Die Coupons können auch in anderen Hotels bzw. Ferienparks der D. GmbH eingelöst werden.

Mit Bescheid vom 9.9.1991 zog der Beklagte den Kläger zur Zweitwohnungssteuer heran. Die hiergegen erhobene Klage wies das VG ab. Die Berufung hatte Erfolg.

 

Normenkette

GG Art. 105 Abs. 2a, Art. 3, 20, 28; KAG §§ 2-3

 

Verfahrensgang

VG Arnsberg (Aktenzeichen 3 K 5056/91)

 

Tenor

Der in K. wohnhafte Kläger ist (Sonder-)Eigentümer einer Wohnung in der Ferienwohnanlage W.. Die Teileigentümer der Wohneinheiten sind zugleich Miteigentümer der Ferienwohnanlage und Kommanditisten der Ferienpark KG. Die Bewirtschaftung der Ferienwohnanlage erfolgt durch die D. GmbH im Namen und für Rechnung der Ferienpark KG.

Die Ferienwohnanlage wurde unter Inanspruchnahme eines Investitionszuschusses zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur errichtet. Zur Erfüllung der Förderungsbedingungen wurde in Abteilung II des für jede Wohneinheit gebildeten Grundbuchblatts eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit eingetragen, nach der die auf dem Grundbesitz befindlichen Gebäude und Anlagen bis zum 23.4.2006 uneingeschränkt für den Fremdenverkehr zur Verfügung zu stehen haben.

Durch Pachtvertrag vom 16./18.11.1980 verpachtete der Kläger seine Wohneinheit mit Beginn der Bezugsfertigkeit für die Dauer von zunächst 12 Jahren an die Ferienpark KG. Zum Anmietungsrecht des Verpächters enthält § 5 des Pachtvertrages die folgende Regelung:

„§ 5 Anmietungsrecht des Verpächters

Dem Verpächter steht ein Anmietungsrecht gegenüber der Pächterin nach Maßgabe dieser Bestimmung zu. …

Für die Dauer von 5 Wochen im Jahr – auch in mehreren Teilabschnitten unterteilt – wird der vom Verpächter zu entrichtende Mietzins in Rahmen eines Rabatt-Systems geregelt. Die Einzelheiten dieses Rabatt-Systems werden in Abstimmung zwischen der Pächterin und dem Beirat der Pächterin festgelegt. …”

 

Gründe

Die Berufung ist begründet. Das VG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Zweitwohnungssteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Zweitwohnungssteuersatzung – ZwStS – erweist sich allerdings im Hinblick auf den geregelten Steuergegenstand als verfassungsrechtlich unbedenklich (I). Auch im übrigen sind die satzungsrechtlichen Normen – insbesondere zum Steuergegenstand und Steuermaßstab – hinreichend bestimmt und – vor allem mit Blick auf den Grundsatz der Steuergerechtigkeit – wirksam (II). Der Kläger unterliegt indes nicht der Steuerpflicht, weil er im Stadtgebiet W. keine Zweitwohnung im Sinne der Zweitwohnungssteuersatzung (§ 2 Abs. 1 und 2 Satz 1 ZwStS) innehat (III).

I. Die formell wirksam, insbesondere im Einklang mit § 2 Abs. 2 und 3 KAG erlassene Zweitwohnungssteuersatzung ist verfassungsrechtlich unbedenklich, soweit sie im Stadtgebiet W. das Innehaben einer Zweitwohnung für den persönlichen Lebensbedarf (§ 2 Abs. 1 und 2 Satz 1 Zw...

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