Das Urteil ist nicht rechtskräftig; aufgehoben und teilweise zurückverwiesen durch Urteil des BVerwG vom 10.04.1997 – BVerwG 2 C 38.95 –
Entscheidungsstichwort (Thema)
Soldatenrecht. Personalvertretungsrecht. Prozeßrecht. Personalratsmitglied. Freistellung. Förderung. Beweisvereitelung. Mitwirkungspflicht. Schadensersatz wegen unterbliebener Beförderung
Leitsatz (amtlich)
Zur Förderung als Personalratsmitglied vom Dienst freigestellter Soldaten.
Zu den Rechtsfolgen einer dem Prozeßgegner den ihm obliegenden Beweis vereitelnden Verletzung der Mitwirkungspflicht.
Normenkette
SG § 3; BPersVG §§ 8, 46 Abs. 3 S. 6; VwGO § 86; ZPO § 444
Verfahrensgang
VG Koblenz (Urteil vom 17.08.1993; Aktenzeichen 6 K 1668/92.KO) |
Tenor
Unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. August 1993 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz wird die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids der Stammdienststelle des Heers vom 07. Mai 1991 und des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung vom 27. April 1992 verpflichtet, den Kläger besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als wäre er zum 01. April 1991 zum Oberstabsfeldwebel befördert worden.
Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz, weil sie ihn nicht zum 01. April 1991 befördert hat.
Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der im Jahre 1940 geborene Kläger war bis zu seinem Dienstzeitende am 31. März 1993 Berufssoldat. Er war bis einschließlich Mai 1985 als Hauptfeldwebel auf dem für Stabsfeldwebel bzw. Hauptfeldwebel vorgesehenen Dienstposten „Sanitätsfeldwebel MTA – Radiologie” beim … in … eingesetzt. Seit dem 01. Juni 1985 war er als Mitglied des Personalrates des Krankenhauses von der dienstlichen Tätigkeit freigestellt und wurde auf einer Planstelle A9/A8mA „zbV” geführt. Am 01. Oktober 1989 erfolgte seine Beförderung zum Stabsfeldwebel.
Zum 30. September 1984 wurde der Kläger letztmals dienstlich beurteilt; er erhielt die Gesamtbewertung „2 C”. Diese Beurteilung wurde, da der Kläger inzwischen freigestellt war, zu den nachfolgenden Beurteilungsterminen „fortgeschrieben”, und zwar zum 30. September 1986 mit der Gesamtbewertung „2 C”, zum 30. September 1988 mit dem „Durchschnittssummenwert 2,4” und drei „Ausprägungsgraden B” und zum 30. September 1990 mit dem „Durchschnittssummenwert 2,0” und vier „Ausprägungsgraden B”.
Unter dem 22. März 1991 suchte der Kläger um seine Beförderung zum Oberstabsfeldwebel zum nächstmöglichen Zeitpunkt nach. Er begründete den Antrag damit, daß er nach der fiktiven Laufbahnnachzeichnung für freigestellte Personalratsmitglieder schon seit einiger Zeit zur Beförderung anstehe; schon am 01. Mai 1990 hätte er fiktiv auf einen Oberstabs Feldwebeldienstposten versetzt werden müssen.
Diesen Antrag lehnte die Stammdienststelle des Heeres mit Bescheid vom 07. Mai 1991 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Kläger sei zu seinem letztmöglichen Beförderungstermin am 01. April 1991 in das Beförderungsauswahlverfahren zum Oberstabsfeldwebel einbezogen worden. Dabei sei er mit den nicht freigestellten Stabsfeldwebeln/Oberstabsfeldwebeln seiner Ausbildungs- und Verwendungsreihe unter Heranziehung der fiktiv fortgeschriebenen Beurteilungen als Bewertungskriterien verglichen worden. Mit dem sich aus diesen Beurteilungen ergebenden Leistungsbild sei es nicht möglich gewesen, ihn fiktiv auf einen Oberstabsfeldwebeldienstposten zu versetzen; das aber sei die wesentliche Voraussetzung für eine Beförderung zum Oberstabsfeldwebel. Zur Einholung einer Ausnahmegenehmigung bestehe kein Grund. Der im Antrag vom 22. März 1991 erwähnte zum 01. Mai 1990 beförderte Stabsfeldwebel habe über ein deutlich höheres Leistungsbild als der Kläger verfügt.
Dagegen legte der Kläger fristgerecht Beschwerde ein, mit der er geltend machte: Die Entscheidung sei auf veraltete Vorschriften gestützt worden. Im übrigen hätte der Erlaß des Bundesministers des Innern vom 09. Juni 1987 – D I 4 – 212 152/12 – berücksichtigt werden müssen; danach hätte geprüft werden müssen, welche Soldaten mit ihm nach der Verwendung und Beurteilung zum Zeitpunkt der Freistellung vergleichbar gewesen seien und welche berufliche Entwicklung sie genommen hätten: Wären Soldaten dieser Vergleichsgruppe zum Oberstabsfeldwebel befördert worden, hätte die fiktive Laufbahnnachzeichnung erfolgen müssen. Statt dessen seien über ihn fiktive Beurteilungen erstellt worden, was im übrigen auch gegen das Verbot der Beurteilung freigestellter Personalratsmitglieder verstoße. Aus den ihm bekannten Vergleichsfällen ergebe sich, daß er mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Oberstabsfeldwebelstelle bei einem Röntgenschirm...