Gleitzeitmodelle werden im TV-L in der Protokollerklärung zu § 8 Abs. 4 und zu Abschnitt II erwähnt, ohne dass für diese Modelle Regelungen aufgestellt werden. Die Tarifvertragsparteien haben insoweit die Gestaltungsfreiheit respektiert, im Rahmen derer die früheren Anwender von BAT und BMT-G solche Arbeitszeitmodelle entwickelt und in aller Regel zur beiderseitigen Zufriedenheit praktisch umgesetzt haben.
Die Protokollerklärung zu § 6 lautet:
"Gleitzeitregelungen sind unter Wahrung der jeweils geltenden Mitbestimmungsrechte unabhängig von den Vorgaben zu Arbeitszeitkorridor und Rahmenzeit (Absätze 6 und 7) möglich. Sie dürfen keine Regelungen nach Absatz 4 enthalten."
Die Protokollerklärung betrifft bisher bestehende Gleitzeitregelungen ebenso wie solche, die auf der Grundlage des TV-L künftig eingeführt werden. Unter "Gleitzeitregelungen" sind dabei alle Arbeitszeitmodelle zu verstehen, bei denen es grundsätzlich keinen fest vorgegeben Anfang und kein fest vorgegebenes Ende der täglichen Arbeitszeit gibt. Der Begriff ist weit auszulegen. Er umfasst insbesondere auch diejenigen Modelle, bei denen nicht einmal mehr feste Anwesenheitszeiten (Kernzeiten) vorgeschrieben sind, die die Arbeitszeiten z. B. auf der Grundlage von sog. "Servicezeiten" oder Mindestbesetzungsstärken in Verbindung mit Teamabsprachen regeln.
Gleitzeitregelungen sind unabhängig von den im TV-L geregelten Arbeitszeitmodellen der täglichen Rahmenzeit und des wöchentlichen Arbeitszeitkorridors. Sie werden durch diese Arbeitszeitmodelle in keiner Weise eingeschränkt.
Nach einer bestehenden Gleitzeitregelung darf die Arbeitsleistung in der Zeit von 6 Uhr bis 21 Uhr erbracht werden. Zugleich existiert eine Dienstvereinbarung, durch die eine tägliche Rahmenzeit von 6 Uhr bis 18 Uhr festgelegt wurde.
Hier wird die "erlaubte" Zeit der Arbeitsleistung nicht beschränkt. Sie darf auch künftig über 18 Uhr hinaus bis 21 Uhr erbracht werden. Dabei würden in dieser Zeit anfallende Arbeitsstunden den Begriff der Überstunde erst erfüllen, wenn sie vom Arbeitgeber "angeordnet" worden wären.
- Ist ein wöchentlicher Arbeitszeitkorridor von 45 Stunden vereinbart, bedeutet dies ebenfalls keine Beschränkung für die nach einer Gleitzeitregelung festgelegte Zeit, innerhalb derer die Arbeitsleistung erbracht werden darf.
Der Hintergrund für diese Regelung war eine Auseinandersetzung darüber, ob bestehende und künftige Gleitzeitregelungen durch ausdrückliche tarifvertragliche Regelungen "eingefangen", d. h. beschränkt werden sollten. Die Tarifvertragsparteien haben sich darauf geeinigt, im TV-L weder eine Beschränkung noch überhaupt eine Regelung bewährter Gleitzeitmodelle vorzunehmen. Dies ermöglicht die Fortsetzung und die Neueinführung von Gleitzeitmodellen und damit einen wirtschaftlichen Umgang mit der Arbeitszeit bei gleichzeitig regelmäßig hohem Grad der Zufriedenheit bei den Beschäftigten.
Eine eher geringe Einschränkung liegt insoweit vor, als dass die Protokollerklärung zu § 6 TV-L klarstellt, dass Gleitzeitregelungen nicht zugleich Regelungen zu Abweichungen von den Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes (Öffnungsklausel gemäß § 6 Abs. 4 TV-L) enthalten dürfen. Sind Arbeitgeber und Beschäftigte der Auffassung, dass dringende betriebliche/dienstliche Gründe Regelungen zu Öffnungen von den Beschränkungen des Arbeitszeitgesetzes erfordern, so können entsprechende Vereinbarungen außerhalb von Gleitzeitregelungen getroffen werden.
Um die Wirksamkeit von Öffnungsklauseln nach dem Arbeitszeitgesetz sicherzustellen, sollten diese in eine eigenständige Betriebs-/Dienstvereinbarung und nicht in eine Gleitzeitregelung aufgenommen werden.
Wird dies befolgt, so ist eine weitere Einschränkung durch die Protokollerklärung zu § 6 TV-L nicht gegeben.
Zur Frage der Entstehung von Überstunden bei Gleitzeit, hat das LAG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 23.1.2013 wichtige und für die Praxis hilfreiche Grundsätze festgeschrieben. Das LAG Rheinland-Pfalz weist darauf hin, dass der Zeitrahmen, innerhalb dessen der Arbeitnehmer seine Arbeit im Rahmen des vertraglich vereinbarten Umfangs zu erbringen hat, nach § 106 GewO dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegt, soweit er nicht durch Arbeitsvertrag, Betriebs-/Dienstvereinbarung, Tarifverträge oder Gesetz festgelegt ist. Außerhalb des in einer Dienstvereinbarung festgelegten Gleitzeitrahmens erbrachte Arbeitsleistungen sind grundsätzlich nicht vertragsgemäße vergütungspflichtige Arbeitsleistungen.