Leitsatz (redaktionell)
(Kein Anspruch des Betriebsrats auf Installierung von technischen Anlagen nach § 80 Abs 2 BetrVG)
1. Der Betriebsrat kann nach § 80 Abs 2 Satz 2 1. Halbsatz BetrVG an Arbeitsplätzen mit Lärmbelästigung vom Arbeitgeber nicht die Installierung von Meßgeräten verlangen, um auf diese Weise Unterlagen über die tatsächliche Lärmbelästigung der Arbeitnehmer zu erhalten.
2. Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber lediglich die Überlassung vorhandener oder jederzeit erstellbarer Unterlagen verlangen.
Normenkette
BetrVG § 40 Abs. 2, § 80 Abs. 1-2; ArbGG § 83 Fassung: 1979-07-02
Verfahrensgang
LAG Hamm (Entscheidung vom 07.09.1983; Aktenzeichen 12 TaBV 35/83) |
ArbG Münster (Entscheidung vom 25.02.1983; Aktenzeichen 1 BV 18/82) |
Gründe
Die Beteiligten streiten über den Umfang der gesetzlichen Verpflichtung des Arbeitgebers aus § 80 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BetrVG, dem Betriebsrat auf Verlangen die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
I. Der Antragsteller ist der 7-köpfige Betriebsrat der Antragsgegnerin. Diese unterhält einen Industriebetrieb der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie. Sie ließ in der Vergangenheit an einigen Arbeitsplätzen berufsgenossenschaftliche Messungen über Lärmbelästigungen durchführen. Des weiteren stellte sie selbst Messungen an. Die dabei entstandenen Unterlagen stellte sie dem Betriebsrat zur Verfügung.
Einige Arbeitnehmer der Antragsgegnerin, darunter der Vorsitzende des Antragstellers, verlangten eine Erschwerniszulage nach § 5 des auf ihr Arbeitsverhältnis anzuwendenden Lohnrahmenabkommens in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 26. September 1967/15. April 1970 nach dem Stand vom 19. Februar 1975 (LRA), der für Arbeiten unter hohen körperlichen Belastungen oder besonders starken Umgebungseinflüssen, die über die normalen Erschwernisse erheblich hinausgehen, einen Zuschlag von 6 % des Ecklohns des Lohntarifvertrages für jede derartige Arbeitsstunde vorsieht. Die Klage des Betriebsratsvorsitzenden wurde vom Arbeitsgericht rechtskräftig abgewiesen, weil es ihm nicht gelungen war, die Voraussetzungen des § 5 LRA darzulegen. Die anderen Arbeitnehmer nahmen daraufhin die Klage zurück.
Während dieser Klageverfahren leitete der Antragsteller das vorliegende Beschlußverfahren - in erster Instanz unter Beteiligung der Arbeitnehmer B, Be, H, K, R und St (Beteiligte zu 3 bis 8) - ein.
Der Betriebsrat hat vorgetragen, einige Arbeitnehmer arbeiteten in einem von der Berufsgenossenschaft gekennzeichneten Lärmschutzbereich. Dort träten in erheblichem Zeitumfang Lärmwerte auf, die eindeutig zu gesundheitlichen Schäden bei den beschäftigten Arbeitnehmern führten. Es gehöre zu den Aufgaben des Antragstellers nach § 80 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG, das zu überprüfen. Deshalb müsse die Antragsgegnerin Lärmmeßgeräte anschaffen und laufend Messungen vornehmen. Diese Anlagen (unstreitiger Investitionspreis pro Arbeitsplatz etwa 23.000,-- DM) gehörten ebenso wie die an den Geräten gefertigten Ergebnisse zu den Unterlagen im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BetrVG. Die bisherigen Messungen der Antragsgegnerin seien nur sehr kurzfristig an bestimmten Tagen zu Zeiten vorgenommen worden, die den tatsächlichen Gegebenheiten der üblichen Arbeitszeit der betroffenen Arbeitnehmer nicht entsprächen.
Der Antragsteller hat beantragt,
der Antragsgegnerin aufzugeben, an
den Arbeitsplätzen der Beteiligten
zu 3) bis 8) nicht manipulierbare sowie
einer wissenschaftlichen Überprüfung
standhaltende, zu jedem Zeitpunkt während
der Arbeitszeiten der Beteiligten zu
3) bis 8) ablesbare und für den Zeitraum
der Arbeitszeiten der Beteiligten zu
3) bis 8) nicht anzuzweifelnde, "geschriebene
Lärmmeßwerte" aufzeichnende Meßgeräte aufzu-
stellen und die sich ergebenden Werte dem
Antragsteller vorzulegen.
Die Antragsgegnerin hat Zurückweisung des Antrags beantragt und geltend gemacht, der Antrag sei nur eingebracht worden, um einigen Arbeitnehmern als Klägern zu ermöglichen, ihrer Darlegungs- und Beweislast im Urteilsverfahren nachzukommen. Der Antrag sei daher unzulässig. Abgesehen davon, seien diese Arbeitnehmer auch nicht in einem Lärmbereich tätig. Weder ihre eigenen Aufzeichnungen noch die wiederholten berufsgenossenschaftlichen Messungen hätten irgend etwas in der Hinsicht ergeben, was die Ansprüche des Antragstellers begründen könnten. Aus § 80 Abs. 2 BetrVG könne sie nicht verpflichtet werden, teure Investitionen für Meßgeräte vorzunehmen, um überhaupt erst Unterlagen herzustellen. § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG setze voraus, daß die Unterlagen vorhanden seien.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Dagegen richtete sich die Beschwerde des Antragstellers und der vom Arbeitsgericht beteiligten Arbeitnehmer. Letztere ist auf Anregung des Landesarbeitsgerichts zurückgenommen worden. Die Beschwerde des Antragstellers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er sein Antragsziel weiter, während die Antragsgegnerin um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.
II. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend die Beteiligungsbefugnis der vom Arbeitsgericht beteiligten Arbeitnehmer verneint und diese nach deren Anhörung zu ihrer Beteiligungsbefugnis nicht weiter am Verfahren beteiligt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist gemäß § 83 Abs. 3 ArbGG in einem arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren Beteiligter, wer von der zu erwartenden Entscheidung in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen oder berührt wird (BAG 37, 31, 36; 39, 259, 261 = AP Nr. 2 und 5 zu § 83 ArbGG 1979). Die Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze durch Lärm beeinflußt sein sollen, sind vom Ausgang des Verfahrens allenfalls insoweit betroffen, als sich ihre Möglichkeit verbessern könnte, angebliche Individualrechte prozessual durchzusetzen. Eine eigene betriebsverfassungsrechtliche Position wird nicht berührt.
III. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der geltend gemachte Anspruch des Antragstellers lasse sich aus § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG nicht herleiten. Das folge schon aus dem Wortlaut der Bestimmung. Zwar sei dem Antragsteller zuzugeben, daß es sich bei Unterlagen im Sinne der Norm nicht nur um Schriftstücke, sondern um alle Arten von Aufzeichnungen handele. Darunter fielen auch auf Datenträgern gespeicherte Daten. Jedoch spreche der Gesetzestext von "einem zur Verfügung stellen" dieser Unterlagen. Das bedeute, daß die Unterlagen bereits existieren müßten. Denn das Wort sei nach allgemeinem Sprachgebrauch gleichzusetzen mit "einem zur Verfügung bereithalten". Aus dem Wort "bereithalten" müsse allein schon auf die Existenz der Unterlagen geschlossen werden. Bereithalten könne man nur etwas Bereites, also etwas bereits Geschaffenes und damit Existentes. Für die Richtigkeit dieser grammatikalischen Interpretation spreche auch die teleologische Auslegung der Norm. Der § 80 BetrVG umschreibe allgemeine Aufgaben des Betriebsrats und weise dem Betriebsrat in Abs. 1 Ziff. 1 insbesondere eine Überwachungsfunktion in bezug auf den Arbeitgeber zu. Sinn und Zweck einer Überwachung sei es festzustellen, ob der Überwachte unter Berücksichtigung der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten sich richtig verhalten habe. Das Informationsrecht aus § 80 Abs. 2 BetrVG solle den Betriebsrat in die Lage versetzen, eine Entscheidung des Arbeitgebers nachzuvollziehen. Es solle ihm aber nicht einen Informationsvorsprung sichern, der vom Arbeitgeber anhand der ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen wiederum nicht nachvollzogen werden könne. Der Antrag lasse sich auch nicht aus § 40 Abs. 2 BetrVG herleiten.
IV. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BetrVG, wonach dem Betriebsrat auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen sind, im Ergebnis zu Recht verneint.
1. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin scheitert das Verlangen des Betriebsrats nicht daran, daß dieser seinen Antrag mit dem Ziel stellt, mit den zukünftigen Unterlagen die Beweissituation einiger Arbeitnehmer in Individualrechtsstreitigkeiten zu verbessern. Das Tatbestandsmerkmal "zur Durchführung seiner Aufgaben" ist im Kontext mit dem Aufgabenkatalog des Betriebsverfassungsgesetzes zu sehen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Dazu gehört die Bestimmung des § 80 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG, wonach der Betriebsrat unter anderem die Überwachungsaufgabe hat, daß die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Tarifverträge durchgeführt werden. Es ist Pflicht des Betriebsrats, die Verpflichtungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern aus Tarifnormen zu überwachen und gegebenenfalls auf Einhaltung zu dringen (BAG 24, 349 = AP Nr. 1 zu § 80 BetrVG 1972; Fitting/-Auffarth/Kaiser, BetrVG, 14. Aufl., § 80 Rz 3). Die Stärkung individualrechtlicher Positionen z.B. für ein laufendes oder künftiges individualrechtliches Klageverfahren, in dem tarifliche Ansprüche geltend gemacht werden oder geltend gemacht werden sollen, gehört zur Durchführung der Betriebsratsaufgaben. Die damit verbundene Verbesserung der etwaigen künftigen prozessualen Situation der betroffenen Arbeitnehmer verbietet die Annahme des Tatbestandsmerkmals nicht, zumal der Gesetzgeber für den Idealfall davon ausgeht, daß der Arbeitgeber bei zutreffender Rüge des Betriebsrats unmittelbare Konsequenzen zieht, z.B. den tarifwidrigen Zustand beendet und entsprechende Verpflichtungen erfüllt. Die Einhaltung der Überwachungspflicht seitens des Betriebsrats führt in diesem Fall sogar zu einer unmittelbaren Besserstellung der einzelnen Arbeitnehmer (im Ergebnis ebenso Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 80 Rz 14; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 80 Rz 6; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, BetrVG, 2. Aufl., § 80 Rz 3; Thiele, GK-BetrVG, 3. Bearb., November 1982, § 80 Rz 7, 8, 13).
2. Die von den Meßgeräten produzierten Meßergebnisse sind Unterlagen im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BetrVG.
a) Auf die Form der Unterlagen kommt es nicht an. Zwar geht das Schrifttum weitgehend von schriftlichen Unterlagen aus, wohl in Anlehnung an den in § 80 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BetrVG ausdrücklich genannten Begriff der Liste (Fitting/Auffarth/Kaiser, aaO, § 80 Rz 20 ff.; Hess/Schlochauer/Glaubitz, aaO, § 80 Rz 36 ff.; Thiele, aaO, § 80 Rz 47 f.; Föhr, Vorlage von Unterlagen des Arbeitgebers an den Betriebsrat und Wirtschaftsausschuß, DB 1976, 1378). Es fallen jedoch auch die Daten in einem Datenträger unter den Begriff der Unterlagen im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BetrVG (so für § 80 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz, BAG 42, 113 = AP Nr. 18 zu § 80 BetrVG 1972; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 80 Rz 44; Stege/Weinspach, BetrVG, 5. Aufl., § 80 Rz 11 a). Es kann sich auch um Tonträger, Fotos und im Einzelfall um Teile der Produktion (Ausschußware) handeln, wenn davon die tarifgerechte Entlohnung abhängt (so zutreffend Galperin/Löwisch, aaO, § 80 Rz 30; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, aaO, § 80 Rz 28).
b) Die Unterlagen müssen allerdings in ihren verschiedenen Formen vorhanden sein, wenn ein Anspruch auf § 80 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BetrVG gestützt wird. Davon geht das oben angegebene Schrifttum aus, wenn auch das Wort "vorhanden" ausdrücklich nur von Thiele (aaO) genannt wird. Das entspricht auch der Meinung des erkennenden Senats. So hat er im Beschluß vom 17. März 1983 - 6 ABR 33/80 - (BAG 42, 113 = AP Nr. 18 zu § 80 BetrVG 1972) zu § 80 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BetrVG entschieden, daß es auf die Form der Liste nicht ankomme und der Begriff "Liste" sich auch auf in EDV-Anlagen gespeicherte, d.h. bereits vorhandene Gehaltsdaten beziehe. Soweit die Rechtsbeschwerde diese Entscheidung für ihre Auffassung in Anspruch nimmt und meint, § 80 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BetrVG impliziere auch den Anspruch auf noch zu erstellende Listen, beruht das daher auf einer Fehlinterpretation.
3. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Der Betriebsrat hat zwar gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG einen Anspruch auf Zurverfügungstellung der zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen und vorhandenen, nicht aber auch auf Herstellung solcher Unterlagen.
a) Der Wortlaut der Norm verbietet allerdings nicht die Annahme, der Betriebsrat könne den Arbeitgeber nicht wegen erst zukünftig zugänglicher Unterlagen in Anspruch nehmen. Lehnt es beispielsweise der Arbeitgeber schon zu einer Zeit ab, in der Unterlagen erwartet werden, aber noch nicht vorliegen, diese dem Betriebsrat zugänglich zu machen, so kann der Betriebsrat vorsorglich seinen Anspruch geltend machen, sei es als Feststellungsantrag, sei es als Leistungsantrag entsprechend § 259 ZPO. Dahin geht das Begehren des Betriebsrats im Streitfall jedoch nicht. Der Antragsteller will nicht künftig vom Arbeitgeber unstreitig anfallende Unterlagen zur Verfügung gestellt bekommen, sondern einen H e r s t e l l u n g s a n s p r u c h durchsetzen. Ein solcher wird vom Wortlaut des § 80 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BetrVG nicht gedeckt. Soweit Thiele (aaO, § 80 Rz 49) einen Herstellungsanspruch bejaht, ist damit keine originäre Herstellung gemeint, sondern die Zusammenstellung von vorhandenen Unterlagen, also die Fertigstellung von Auszügen oder Kopien (a.A. ohne Begründung Föhr, aaO).
b) Auch der gesetzliche Zusammenhang spricht gegen einen Herstellungsanspruch des Betriebsrats. § 80 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BetrVG ist ein Unterfall der in § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG genannten Unterrichtungspflichten des allgemeinen Aufgabenkatalogs (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs in der BT-Drucks. 6/1786, S. 47; nach Auffassung des Ersten Senats in seinem Beschluß vom 11. Juli 1972 - 1 ABR 2/72 - BAG 24, 349, 352 = AP Nr. 1 zu § 80 BetrVG 1972 gehören beide Regelungen von ihrem Regelungszweck her innerlich zusammen). Dabei handelt es sich um den allgemeinen Teil des materiellen Betriebsverfassungsgesetzes. Von Systematik und Bedeutung tritt die Norm gegenüber den in gesonderten Vorschriften festgehaltenen besonderen Unterrichtungsrechten zurück, z.B. § 89 Abs. 2 Satz 2, § 90, § 92 Abs. 1 Satz 1, § 99 Abs. 1, § 100 Abs. 2 Satz 1, § 102 Abs. 1 Satz 2 und § 105 BetrVG. Dort ist die Unterrichtung teilweise Bestandteil konkreter Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte und ihre Verletzung löst direkte Rechtsfolgen aus. Die allgemeine Unterrichtungspflicht des § 80 BetrVG bildet aber keinen Ansatz für die Durchsetzung konkret erzwingbarer Mitbestimmungsrechte. Die Vorschrift berechtigt nicht zu Eingriffen in die Betriebsführung (Hess/Schlochauer/Glaubitz, aaO, § 80 Rz 5 und 6). Diese Erkenntnis spricht dagegen, aus § 80 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz BetrVG einen Herstellungsanspruch für Unterlagen abzuleiten.
c) Auch Sinn und Zweck der Vorschrift rechtfertigen nicht die Annahme eines Herstellungsanspruchs. Die Rechtsbeschwerde meint zwar, die Aufgabe des Betriebsrats, die arbeitgeberseitige Einhaltung der Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zu überwachen, sei einschränkbar und manipulierbar, wenn sich aus § 80 Abs. 2 BetrVG allein das Recht des Betriebsrats herleiten ließe, nur bereits beim Arbeitgeber vorhandene Unterlagen zur Verfügung gestellt zu bekommen. Wenn der Arbeitgeber in Ausführung von Gesetzen, Verordnungen und Tarifverträgen es unterlasse, Unterlagen überhaupt zu erstellen (z.B. aus Kosteneinsparungsgründen oder um dem Betriebsrat keine Unterlagen zur Verfügung stellen zu müssen), so hätte es der Arbeitgeber in der Hand, die Überwachungsfunktion des Betriebsrat eigenmächtig zu beschränken. Das könne nicht der Sinn und Zweck des § 80 Abs. 2 BetrVG sein. Damit werde der gegen Gesetz und Recht verstoßende Arbeitgeber begünstigt.
Das ist jedoch aus zweierlei Gründen unzutreffend.
aa) Entgegen der Unterstellung der Rechtsbeschwerde ist der Betriebsrat nicht Kontrolleur des Arbeitgebers. Die Überwachungsaufgabe des § 80 BetrVG macht dem Betriebsrat nicht zu einem dem Arbeitgeber übergeordneten Kontrollorgan (Dietz/Richardi, aaO, § 80 Rz 13; Galperin/Löwisch, aaO, § 80 Rz 1; Thiele, aaO, § 80 Rz 17; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, aaO, § 80 Rz 3; Fitting/Auffarth/Kaiser, aaO, § 80 Rz 2). Das Überwachungsrecht des Betriebsrats ist vielmehr im Licht der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu sehen. Es ist partnerschaftlich in Form ergänzender Beobachtung zu verstehen, nicht in einem Über/Unterordnungsverhältnis. Diese partnerschaftliche Zusammenarbeit zu ermöglichen, bedingt die Information des Betriebsrats durch den Arbeitgeber und gegebenenfalls eine gerichtliche Durchsetzungsmöglichkeit des Informationsanspruchs, gestattet aber nicht einen Anspruch zur Herstellung bisher nicht vorhandener bzw. ergänzender Informationsmaterialien. In diesem Fall ginge es nicht mehr um den gebotenen Informationsgleichstand zur Durchführung der partnerschaftlichen Kontrolle, sondern im Ergebnis um eine selbständige Ausübung von Rechten. Dafür bedarf es einer konkreten Anspruchsnorm außerhalb der genannten allgemeinen Aufgaben. Daran fehlt es aber.
bb) Etwaigen Manipulationen des Arbeitgebers steht der Betriebsrat auch nicht machtlos gegenüber. Er kann bei der zuständigen Berufsgenossenschaft anregen, ihre Überwachungspflicht nach §§ 712 ff. RVO in Verb. mit den Vorschriften der Unfallverhütungsvorschrift Lärm und des § 15 Arbeitsstättenverordnung wahrzunehmen. Er hat weiter die Möglichkeit, vom Arbeitgeber die diesem so zukommenden Unterlagen zur Verfügung gestellt zu bekommen und damit seiner Überwachungspflicht zu genügen. Wenn auch der Betriebsrat bei einem solchen Vorstoß unmittelbar lediglich die Überwachung der öffentlich-rechtlichen Bestimmungen veranlassen kann, so erreicht er mit der berufsgenossenschaftlichen Feststellung der Lärmmeßwerte auch eine Überwachungsmöglichkeit hinsichtlich der tariflichen Inhaltsnorm. Soweit der Betriebsrat meint, den Ergebnissen entgegenhalten zu müssen, die Messungen seien dem Umfang nach nicht ausreichend oder nicht repräsentativ, so führt das zu einer erneuten Einschaltung der Berufsgenossenschaft ggfls. entsprechend den vom Betriebsrat angeregten Vorgaben, nicht aber zu dem geforderten Herstellungsanspruch.
4. Soweit der Antragsteller A u f s t e l l u n g von Lärmmeßgeräten verlangt, kann dem nicht aus § 80 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BetrVG entsprochen werden. Geräte zur Anfertigung von Unterlagen sind keine Unterlagen im Sinne der Vorschrift. Derartige Anlagen sind mit Unterlagen nicht gleichzusetzen. Der Antragsteller will diese Geräte auch gar nicht zur Verfügung gestellt bekommen, sondern im Betrieb an bestimmten Arbeitsplätzen aufgestellt haben. So fehlt es für diesen Teil des Antrags sowohl an den Voraussetzungen auf der Tatbestands- als auch auf der Rechtsfolgenseite. Ein Teilantrag dieses Inhalts könnte angesichts dessen überhaupt nur Erfolg haben, wenn der zweite Teil des Antrags - der auf Vorlage von anzufertigenden Unterlagen - zu bejahen gewesen wäre und dieser erste Teil des Antrags notwendiger Annex wäre.
5. Der Anspruch des Betriebsrats auf Aufstellung von Lärmmeßgeräten scheitert zudem am fehlenden Tatbestandsmerkmal "erforderlich". Diese Voraussetzung bezieht sich auf den Umfang der Unterlagen (BAG Beschluß vom 28. Mai 1974 - 1 ABR 101/73 - AP Nr. 7 zu § 80 BetrVG 1972). Die Anschaffung von Maschinen im Wert von 23.000,-- DM pro Arbeitsplatz ist nicht erforderlich, weil Messungen der Berufsgenossenschaft und des Arbeitgebers vorliegen und durch Anregung weiterer Messungen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechende Unterlagen jederzeit herbeigeschafft werden können. Das hätte der Antragsteller bei gewissenhafter Überlegung und ruhiger, vernünftiger Würdigung aller Umstände erkennen können (BAG Urteile vom 6. August 1981 - 6 AZR 505/78 - und - 6 AZR 1086/79 - AP Nr. 39 und 40 zu § 37 BetrVG 1972).
6. Ein Aufstellungs- und Herstellungsanspruch folgt schließlich auch nicht aus § 80 Abs. 1 Ziff. 2 BetrVG, wonach der Betriebsrat Maßnahmen beantragen kann, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen. Denn aus § 80 Abs. 1 Ziff. 2 BetrVG allein folgt nur ein Anregungsrecht. Der Betriebsrat kann seine Anregung nur durchsetzen, wenn ihm insoweit ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht zusteht. In diesem Fall ist aber der vorgeschriebene Weg der betrieblichen Einigung zu gehen (vgl. §§ 87, 91, § 95 Abs. 2, § 98 Abs. 4, §§ 109, 112 BetrVG; Fitting/Auffarth/-Kaiser, aaO, § 80 Rz 9; Dietz/Richardi, aaO, § 80 Rz 19; Hess/-Schlochauer/Glaubitz, aaO, § 80 Rz 20).
7. Der Anspruch des Betriebsrats auf Aufstellung der Meßgeräte folgt auch nicht aus § 40 Abs. 2 BetrVG. Danach hat der Arbeitgeber in erforderlichem Umfang für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung Räume, sachliche Mittel, Büropersonal zur Verfügung zu stellen. An den tatbestandlichen Voraussetzungen "laufende Geschäftsführung" und "erforderlicher Umfang" fehlt es jedoch. Der Antragsteller will die Meßgeräte auch gar nicht zur Verfügung gestellt bekommen, sondern im Betrieb an bestimmten Arbeitsplätzen aufgestellt haben. Meßgeräte gehören zudem nicht wie Schränke, Schreibmaterialien, Schreibmaschine, Diktiergerät, Porto, Stempel, Fernsprecher, Gesetzbücher, Zeitschriften, Kommentare zu den für die laufenden täglichen Geschäfte benötigten sächlichen Mittel. Vielmehr handelt es sich um Gegenstände, die für die Erfüllung einer konkreten, nur punktuell anfallenden Aufgabe benutzt werden sollen.
Dr. Röhsler Schneider Dörner
Dr. Walz Oberhofer
Fundstellen
Haufe-Index 440587 |
BAGE 52, 316-325 (LT1-2) |
BAGE, 316 |
BB 1987, 195 |
BB 1987, 195-196 (LT1-2) |
DB 1987, 101-102 (LT1-2) |
ARST 1988, 21-22 (LT1-2) |
JR 1987, 132 |
NZA 1986, 598 |
NZA 1987, 134-136 (LT1-2) |
RdA 1987, 61 |
SAE 1987, 230-233 (LT1-2) |
ZTR 1987, 218-220 (LT1-2) |
AP § 80 BetrVG 1972 (LT1-2), Nr 25 |
AR-Blattei, Betriebsverfassung XIVG Entsch 1 (LT1-2) |
AR-Blattei, ES 530.14.7 Nr 1 (LT1-2) |
EzA § 80 BetrVG 1972, Nr 27 (LT1-2) |