Entscheidungsstichwort (Thema)
Einleitung des Beteiligungsverfahrens bei Versetzung
Normenkette
BPersVG § 75 Abs. 1 Nr. 3, § 69 Abs. 1 Sätze 1, 5, §§ 7, 1, 88, 6 Abs. 3, § 4 Abs. 3 S. 1; SGB IV § 31 Abs. 1, § 35 Abs. 1, § 36 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 26.09.1990; Aktenzeichen 3 Sa 30/90) |
ArbG Stuttgart (Urteil vom 21.03.1990; Aktenzeichen 3 Ca 709/89) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 26. September 1990 – 3 Sa 30/90 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Revision.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung bzw. Umsetzung.
Die Beklagte ist eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in K. Sie ist Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung für ihren Bereich. Der Kläger ist Volljurist. Mit Vertrag vom 2. Oktober 1978 wurde er bei der Beklagten als „juristischer Mitarbeiter” angestellt. Er wurde in der Bezirks Verwaltung S. beschäftigt. Nach dem Dienstvertrag vom 19. März 1981 stellte die Beklagte ihn unter ausdrücklicher Bezugnahme auf ihre Dienstordnung vom 1. Juli 1960 auf Lebenszeit an und reihte ihn in die BesGr. A 13 ein. Seit dem 1. April 1982 bezieht der Kläger Vergütung nach BesGr. A 14 gemäß einem Nachtrag zum Dienstvertrag vom 21. April 1982.
Zwischen den Parteien kam es bald zu Spannungen. Deshalb ordnete die Beklagte mit Verfügung vom 17. Oktober 1986 den Kläger für drei Monate zur Hauptverwaltung nach K. ab, wo ihm die Aufgabe gestellt wurde, eine Broschüre zum Thema „Mehr Bürgernähe – eine keineswegs unproblematische Vorgabe” zu erstellen. Die Beklagte wirft dem Kläger vor, diesen Auftrag zu unsachlichen, gegen sie gerichteten Ausführungen mißbraucht zu haben. Sie ordnete ihn aus diesem Grunde ab 23. März 1987 erneut nach K. ab, wogegen der Kläger mit Erfolg gerichtlich vorging (ArbG Stuttgart Urteil vom 29. Juli 1987 – 3 Ca 117/87 –; LAG Baden-Württemberg – 3 Sa 125/87 –).
Als die überarbeitete Broschüre ebenfalls nicht die Billigung der Beklagten fand, kam es zu erneuten Auseinandersetzungen zwischen den Parteien. Am 30. November 1987 wurde der Kläger vorläufig des Dienstes enthoben, was ebenfalls Gegenstand eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens (ArbG Stuttgart – 3 Ca 539/87 –) war.
Mit Schreiben vom 26. Januar 1988 sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger die Dienstentlassung nach §§ 10 und 11 ihrer Dienstordnung aus und kündigte das Dienstverhältnis gleichzeitig außerordentlich. Die Unwirksamkeit beider Maßnahmen steht inzwischen rechtskräftig fest. Der gegen die Kündigung gerichteten Feststellungsklage gab das Arbeitsgericht Stuttgart am 13. Juli 1988 (– 3 Ca 690/88 –) statt. Die Berufung der Beklagten wurde durch Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 17. April 1989 (– 3 Sa 13/89 –) zurückgewiesen. Über die gegen die Dienstentlassung gerichtete Klage entschied das Arbeitsgericht (– 3 Ca 872/88 –) ebenfalls am 13. Juli 1987. Die Berufung der Beklagten wies das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 27. September 1989 zurück. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten (– 2 AZN 587/89 –) hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts mit Beschluß vom 10. Januar 1990 als unzulässig verworfen.
Mit Verfügung vom 1. Februar 1989 wurde der Kläger, nachdem er mit Schreiben vom 27. Dezember 1988 und 9. Januar 1989 Gelegenheit zur Äußerung erhalten hatte, unter Aufhebung der vorläufigen Dienstenthebung mit Wirkung zum 15. Februar 1988 zur Hauptverwaltung nach K. versetzt.
Zuvor hatte die Beklagte zu dieser Maßnahme den örtlichen Personalrat in S. gehört, der der Versetzung zustimmte. Der örtliche Personalrat der Hauptverwaltung in K. wurde ebenfalls zuvor gehört. Er hat keine Erklärung abgegeben. So verfuhr auch der Gesamtpersonalrat, der durch Schreiben vom 19. Dezember 1988, unterzeichnet „Im Auftrag” durch den Personalleiter, um Zustimmung gebeten worden war. Das Schreiben an den Gesamtpersonalrat vom 19. Dezember 1988 lautet:
„Wie Sie wissen, wurde das Dienstverhältnis mit Herrn H. gelöst.
Trotz größten Bemühens war es der Verwaltung nicht gelungen, Arbeitsauffassung und Arbeitsstil bei Herrn H. zu verändern.
Im Interesse eines ungestörten Arbeitsablaufes blieb der Verwaltung keine andere Möglichkeit, als eben die Lösung des Dienstverhältnisses.
Sie wissen auch, daß sich die Verwaltung weiterhin stets bemüht hat, mit Herrn H. eine einvernehmliche Regelung im Hinblick auf die Lösung des Dienstverhältnisses zu treffen. Leider vergeblich.
Auch während der anhängigen Arbeitsgerichtsverfahren hat Herr H. keine Bereitschaft zu einer einvernehmlichen Regelung signalisiert.
Die beim Arbeitsgericht Stuttgart anhängigen Arbeitsgerichtsverfahren mußten durch Urteil abgeschlossen werden.
Aus formellen Gründen wurde den Klagen gegen die Dienstentlassung und außerordentlichen Kündigung stattgegeben.
Wenn sich die Verwaltung nun dazu entschlossen hat, Herrn H. nach K. zu versetzen, dann erst nach Abwägung aller Interessen. Besonders im Interesse des Arbeitsklimas in der BV S. ist diese Maßnahme absolut notwendig. Eine sinnvolle Weiterbeschäftigung für Herrn H. ist nur in K. möglich.
Die abgeschlossene Umstrukturierung in der Führungsspitze der BV S. darf durch eine Weiterbeschäftigung des Herrn H. in der BV S. auch im Interesse des sozialen Friedens und der sozialen Sicherheit für die von uns zu betreuenden Versicherten nicht gefährdet werden.
Die örtlichen Personalräte wurden um Zustimmung gebeten.
Die Verwaltung bittet auch Sie – als Gesamtpersonalrat – um Zustimmung zur Versetzung des Herrn H. nach K.”
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Versetzung sei unwirksam. Die Personalvertretung sei nicht ordnungsgemäß beteiligt, insbesondere sei der Gesamtpersonalrat unvollständig unterrichtet worden.
Ein sachlicher Grund für die Versetzung bestehe, zumal angesichts seiner familiären Bindung an S., nicht. Er sei zum Versetzungszeitpunkt nicht gehört worden; die Versetzungsverfügung enthalte nicht die Angabe der anderweitigen Tätigkeit.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß die Verfügung der Beklagten vom 1. Februar 1989 (Versetzung des Klägers nach K. zur Hauptverwaltung der Beklagten mit Wirkung vom 15. Februar 1989) rechtsunwirksam ist und daher der Kläger zur Arbeitsleistung bei der Beklagten in K. ab 15. Februar 1989 nicht verpflichtet ist,
hilfsweise hierzu,
den Beginn der streitbefangenen Versetzung mit dem 10. Januar 1990 festzusetzen,
- die Beklagte zur Rückversetzung des Klägers an die Bezirksverwaltung S., M. mit rechtlicher Rückwirkung ab 10. Januar 1990 zu verpflichten.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, die Versetzung vom 1. Februar 1989 sei rechtswirksam. Der Kläger könne in S. mit sinnvollen Aufgaben nicht beschäftigt werden. Einzige Möglichkeit sei eine Verwendung des Klägers im Innendienst in der Hauptverwaltung, bei der er nicht mit anderen Behörden, Mitgliedsbetrieben oder Versicherten in Berührung komme. Die Gründe, die sie für die Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung angeführt habe, gälten unverändert fort. Die Tätigkeit des Klägers in S. habe zu Beanstandungen geführt. Der Kläger habe in Verkennung der Aufgaben einer Berufsgenossenschaft aus Rechthaberei Arbeitsunfälle nicht anerkannt und die Versicherten zu jahrelangen Gerichtsverfahren genötigt. Die Korrespondenz des Klägers sei immer unverständlicher geworden. Polemik und Ironie gegenüber den Empfängern hätten sich gehäuft. Es sei zu zahlreichen Beschwerden von Versicherten und Sozialversicherungsträgern gekommen.
Die Personalvertretung sei wirksam beteiligt worden. Der Gesamtpersonalrat sei durch den Leiter der Personalabteilung im Auftrag des Hauptgeschäftsführers angehört worden. Der Hauptgeschäftsführer sei am 19. und 20. Dezember 1988 wegen ganztägiger auswärtiger dienstlicher Inanspruchnahme verhindert gewesen. Die Mitglieder des Gesamtpersonalrats seien über den Sachverhalt, wie er im vorliegenden Verfahren von ihr, der Beklagten, vorgetragen worden sei, unterrichtet gewesen.
Das Arbeitsgericht hat unter Abweisung der Klage im übrigen die Unwirksamkeit der mit Schreiben vom 1. Februar 1989 ausgesprochenen Versetzung festgestellt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen.
Mit der zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage, während der Kläger um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Versetzung bzw. Umsetzung des Klägers von S. nach K. sei unwirksam, weil die Personalvertretung an der personellen Einzelmaßnahme nicht wirksam beteiligt worden sei. Zur Mitbestimmung berufen sei im vorliegenden Fall der Gesamtpersonalrat nach § 82 Abs. 3 BPersVG. Der Gesamtpersonalrat sei nicht nach § 69 Abs. 2 BPersVG in ausreichendem Maße unterrichtet worden. Das Schreiben vom 19. Dezember 1988 enthalte keine Angaben über die für den Kläger in K. vorgesehene Position; auch der Zeitpunkt, zu dem die Versetzung habe erfolgen sollen, sei nicht bezeichnet. Der Gesamtpersonalrat sei auch nicht darüber informiert worden, daß der Kläger bis zum 30. Januar 1989 noch Gelegenheit gehabt habe, sich zu der beabsichtigten Versetzung zu äußern. Damit hätten sich aber noch für die Entscheidung des Gesamtpersonalrats erhebliche Tatsachen ergeben können.
Außerdem sei die Versetzung bzw. Umsetzung des Klägers wegen eines Mangels bei der Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens (§ 69 Abs. 2 in Verbindung mit § 88 Nr. 2 bzw. § 7 BPersVG) rechtswidrig. Für den Fall, daß dem Vorstand der Beklagten die Entscheidungsbefugnis für Versetzungen von DO-Angestellten vorbehalten sei, hätte dieser das Zustimmungsverfahren einleiten müssen (§ 88 Nr. 2 Satz 1 BPersVG). Insoweit könne auch von einer wirksamen Vertretung nicht ausgegangen werden, da dazu nur ein anderes Vorstandsmitglied in Betracht gekommen wäre (§ 88 Nr. 2 Satz 2 BPersVG). Am Ergebnis ändere sich nichts, wenn davon ausgegangen werde, die Entscheidungsbefugnis für Versetzungen von DO-Angestellten stehe dem Geschäftsführer der Beklagten zu. Im Rahmen der Einleitung des Versetzungsverfahrens hätten vorliegend weder der Geschäftsführer noch sein Stellvertreter gehandelt. Eine Delegation auf den Personalleiter entsprechend § 7 Satz 3 BPersVG sei nicht zulässig. Im übrigen habe die Beklagte auch nicht vorgetragen, ihr Hauptgeschäftsführer sei am 19. Dezember 1988 konkret verhindert gewesen und habe den Personalleiter deshalb mit der Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens betraut.
II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist der Senat im Ergebnis gefolgt.
1. Die Beklagte ist eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts, auf die das Bundespersonalvertretungsgesetz (vgl. §§ 1, 88 BPersVG) Anwendung findet.
Nach § 75 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG hat der Personalrat mitzubestimmen in Personalangelegenheiten der Angestellten bei Versetzung zu einer anderen Dienststelle und der Umsetzung innerhalb der Dienststelle, wenn sie mit einem Wechsel des Dienstorts verbunden ist. Der Kläger ist Angestellter im Sinne dieser Bestimmung. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BPersVG sind Angestellte im Sinne des Bundespersonalvertretungsgesetzes u.a. Beschäftigte, die nach der Dienstordnung Angestellte sind.
2. Die personelle Maßnahme der Beklagten unterfällt der Vorschrift des § 75 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG. Das Landesarbeitsgericht konnte unentschieden lassen, ob es sich um eine Versetzung oder Umsetzung handelte, weil auch die Umsetzung, da sie mit einem Wechsel des Wohnorts verbunden ist, mitbestimmungspflichtig wäre. Ob der Kläger im Sinne von § 75 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG „versetzt” wird, beurteilt sich auf der Grundlage des auf sein Beschäftigungsverhältnis anzuwendenden Statusrechts und nach Maßgabe des verwaltungsorganisatorischen Aufbaus der Dienststelle, der er angehört (BVerwG Beschluß vom 6. April 1984 – BVerwG 6 P 12.82 – Buchholz 238.36 § 6 Nds.PersVG Nr. 1). Die personalvertretungsrechtliche Verselbständigung einer Nebenstelle oder eines Dienststellenteils gemäß § 6 Abs. 3 BPersVG hat ausschließlich Bedeutung für den Aufbau der Personalvertretung; sie hat zur alleinigen Folge, daß für die verselbständigte Teileinheit der Dienststelle alle personalvertretungsrechtlichen Einrichtungen gesondert zu bilden sind (BVerwG, a.a.O.). Dementsprechend sind bei der Beklagten Personalräte und ein Gesamtpersonalrat gebildet worden.
3. Soweit eine Maßnahme der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, kann sie nach § 69 Abs. 1 BPersVG nur mit seiner Zustimmung getroffen werden. Nach § 69 Abs. 2 Satz 1 BPersVG wird das Mitbestimmungsverfahren dadurch eingeleitet, daß der Leiter der Dienststelle den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme unterrichtet und seine Zustimmung beantragt. Zuständig für die Mitbestimmung ist der Personalrat derjenigen Dienststelle, die die Versetzung bzw. Umsetzung verfügt (BVerwGE 78, 257, 259; 81, 288, 289). Im vorliegenden Fall war der Leiter der Bezirksverwaltung S. der Beklagten nicht entscheidungsbefugt. Ist der Leiter des Dienststellenteils, bei dem der örtliche Personalrat gebildet ist, nicht zur Entscheidung befugt, ist der Gesamtpersonalrat zu beteiligen (§ 82 Abs. 3 BPersVG). Der Gesamtpersonalrat ist jedenfalls dann zuständig, wenn der Dienststellenleiter mit Wirkung für einen verselbständigten Dienststellenteil oder die Gesamtdienststelle entscheidet (Altvater/Bacher/Hörter/Sabottig/Schneider, BPersVG, 3. Aufl., § 82 Rz 11; für die Verteilung der Zuständigkeit zwischen dem bei einer Hauptverwaltung bestehenden Personalrat und der ebenfalls dort gebildeten Stufenvertretung nach § 82 Abs. 1 BPersVG vgl. BVerwGE 61, 51, 58 unter Hinweis auf BVerwGE 50, 80). Der Gesamtpersonalrat hat bei seiner Entscheidung auch die Belange der Beschäftigten der aufnehmenden Dienststelle zu berücksichtigen (vgl. entsprechend für die Stufenvertretung BVerwGE 78, 257, 259).
4. Mit Recht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß das für die Beklagte geltende Organisationsrecht die Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Personalangelegenheiten der sogenannten DO-Angestellten zwischen dem Vorstand und dem Geschäftsführer aufteilt. Nach § 31 Abs. 1, § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verwaltet der Vorstand den Versicherungsträger und vertritt ihn gerichtlich und außergerichtlich, soweit Gesetz oder sonstiges für den Versicherungsträger maßgebendes Recht nichts anderes bestimmen. Nach § 36 Abs. 1 SGB IV führt der Geschäftsführer hauptamtlich die laufenden Verwaltungsgeschäfte, soweit Gesetz oder sonstiges für den Versicherungsträger maßgebendes Recht nichts Abweichendes bestimmen, und vertritt den Versicherungsträger seinerseits insoweit gerichtlich und außergerichtlich.
Nach § 88 BPersVG gilt dieses Gesetz für bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung mit folgender Abweichung (Nr. 2 Satz 1 dieser Vorschrift): Abweichend von § 7 Satz 1 handelt für die Körperschaft oder Anstalt der Vorstand, soweit ihm die Entscheidungsbefugnis vorbehalten ist. § 7 Satz 1 BPersVG besagt, daß für die Dienststelle ihr Leiter handelt.
Der Wortlaut und Zusammenhang der genannten Vorschriften, die Entstehungsgeschichte des § 88 BPersVG und die in § 1 Satz 1 BPersVG enthaltenen Grundsätze über die Bildung von Personalvertretungen ergeben in Verbindung mit dem in § 6 BPersVG festgelegten Dienststellenbegriff, daß der Vorstand im Rahmen seiner Zuständigkeit nicht als personalvertretungsrechtlich eigenständige Dienststelle tätig wird, sondern, soweit er für beteiligungspflichtige Maßnahmen zuständig ist, als Leiter der Hauptverwaltung einer Berufsgenossenschaft. Er tritt dabei weder an die Stelle des ebenfalls als Leiter dieser Dienststelle tätigen Geschäftsführers noch verdrängt er diesen; vielmehr tritt er neben diesen mit der Folge, daß die Hauptverwaltung personalvertretungsrechtlich zwei Dienststellenleiter hat, deren Tätigkeit auf Grund der Zuständigkeit gegeneinander abgegrenzt ist und sich nicht überschneidet. Der Zweck der in § 88 Nr. 2 Satz 1 BPersVG getroffenen Regelung besteht, wie die Bezugnahme auf § 7 Satz 1 BPersVG zeigt, darin, den Vorstand zum Dienststellenleiter und damit zum Partner einer Personalvertretung zu machen (BVerwGE 61, 51, 53 f.).
a) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß, wenn der Vorstand für die Versetzung bzw. Umsetzung des Klägers entscheidungsbefugt gewesen wäre, das Mitbestimmungsverfahren nicht wirksam eingeleitet worden wäre. Die Beklagte hat nicht einmal durch den Geschäftsführer oder seinen ständigen Vertreter gehandelt. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob der Geschäftsführer mit der Vertretung nach § 88 Nr. 2 Satz 2 BPersVG beauftragt werden kann. Dies wird allgemein abgelehnt. Bei Sozialversicherungsträgern wird es nicht für zulässig gehalten, daß der Geschäftsführer, der dem Vorstand nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nur mit beratender Stimme angehört, mit der Vertretung beauftragt wird; dadurch würde die in § 88 Nr. 2 Satz 1 BPersVG getroffene Regelung, die der Personalvertretung gerade den Zugang zu dem entscheidungsbefugten Organ ermöglicht, in ihr Gegenteil verkehrt (Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 88 Rz 12; Altvater/Bacher/Hörter/Sabottig/Schneider, a.a.O., § 88 Rz 30).
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, daß das Beteiligungsverfahren auch dann unrichtig eingeleitet worden ist, wenn der Geschäftsführer hinsichtlich der Versetzung bzw. Umsetzung entscheidungsbefugt ist. Von den personellen Einzelmaßnahmen sind, soweit sie DO-Angestellte betreffen, Einstellung, Anstellung, Beförderung, Entlassung in den Ruhestand sowie die Beschlußfassung über die Festsetzung von Maßnahmen gegen den Angestellten wegen Nichterfüllung von Pflichten nach § 17 Nr. 5 und 6 der Satzung der Beklagten entsprechend der gesetzlichen Vorgabe (vgl. §§ 698, 699 RVO) dem Vorstand zugewiesen worden. Dem hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechts fehler entnommen, daß der Satzungsgeber davon ausgegangen ist, die das Statusverhältnis der DO-Angestellten nicht ändernde Versetzung bzw. Umsetzung sei eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung, für die der Geschäftsführer zuständig ist. Bei der Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens haben aber vorliegend weder der Geschäftsführer noch sein Stellvertreter gehandelt. Nach § 19 Abs. 3 der Satzung der Beklagten tritt im Verhinderungsfall an die Stelle des Geschäftsführers sein Stellvertreter. Außerhalb eines konkreten Verhinderungsfalls kann der Personalleiter der Berufsgenossenschaft nicht „allgemein” mit dieser Aufgabe betraut werden. Das ist personalvertretungsrechtlich nicht zulässig und wäre – falls geschehen – auch von der Satzung nicht gedeckt. Für § 7 BPersVG ist allgemein anerkannt, daß der Dienststellenleiter Beschäftigte, die zu selbständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten der Dienststelle befugt sind, nicht generell zu seinem Sondervertreter in Personalvertretungsangelegenheiten bestellen kann, weil diese Vorschrift abschließend regelt, wer im Bereich der Personalvertretung für die Dienststelle handelt (Urteil des Zweiten Senats vom 10. März 1983 – 2 AZR 356/81 – AP Nr. 1 zu § 66 LPVG NW, zu I 2 d der Gründe, m.w.N.; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, 4. Aufl., § 7 Rz 10). Das gilt entgegen der Auffassung der Revision auch für Satz 3 des § 7 BPersVG, der die Vertretung lediglich für einen Verhinderungsfall erweitert (Lorenzen/Haas/Schmitt, a.a.O., § 7 Rz 11 und 12; Fischer/Goeres in Fürst, GKÖD V, § 7 Rz 14). Satz 4 des § 7 BPersVG greift vorliegend ebenfalls nicht ein. Die Bestimmung ist erst durch Gesetz vom 10. Juli 1989 eingefügt, also lange nachdem der Kläger um- oder versetzt worden war.
c) Für das Mitbestimmungsverfahren insgesamt kann sich der Dienststellenleiter nur nach Maßgabe des § 7 BPersVG vertreten lassen. Mit der Vornahme einzelner Handlungen, insbesondere der Einleitung des Verfahrens, können jedoch im konkreten Fall auch andere Bedienstete beauftragt werden (vgl. Urteil des Siebten Senats vom 27. Februar 1987 – 7 AZR 652/85 – BAGE 54, 215, 222 f. = AP Nr. 41 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu I 3 a und b der Gründe). Für eine solche Beauftragung im Einzelfall ist jedoch im vorliegenden Fall nichts vorgetragen.
Dementsprechend ist unter allen denkbaren Gesichtspunkten das Beteiligungsverfahren für den Gesamtpersonalrat bezüglich der Um- bzw. Versetzung des Klägers unrichtig eingeleitet worden.
5. Das Landesarbeitsgericht ist, ohne dies weiter zu problematisieren, zu dem Ergebnis gelangt, die Maßnahme vom 1. Februar 1989 sei wegen fehlerhafter Beteiligung der Personalvertretung unwirksam. Für das Betriebsverfassungsgesetz hat der Senat entschieden, eine Versetzung, die ohne Zustimmung des Betriebsrats erfolgt, sei dem Arbeitnehmer gegenüber unwirksam (Urteil vom 26. Januar 1988 – 1 AZR 531/86 – BAGE 57, 242 = AP Nr. 50 zu § 99 BetrVG 1972). Ebenso hat er für das Bundespersonalvertretungsgesetz entschieden, daß eine Abordnung bzw. Versetzung ohne Beteiligung des Personalrats unwirksam ist (Urteil vom 15. Januar 1991 – 1 AZR 105/90 – zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt). Fraglich ist, ob dem Fall, daß die Versetzung ohne die Zustimmung des Personalrats erfolgt, der Fall gleichgestellt werden kann, daß das Mitbestimmungsverfahren nicht ordnungsgemäß eingeleitet worden ist. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat entschieden, daß die fehlerhafte Einleitung des personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsverfahrens die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge hat. Dies soll auch dann gelten, wenn der Personalrat nachträglich der Kündigung zugestimmt hat, weil dieser Verfahrens fehler im Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich der Dienststelle liege. Dies gilt auch dann, wenn der Verfahrens fehler darin besteht, daß das Mitbestimmungsverfahren von einem personalvertretungsrechtlich zur Vertretung der Dienststelle gegenüber dem Personalrat nicht zuständigen Bediensteten eingeleitet worden ist (BAG Urteil vom 10. März 1983 – 2 AZR 356/81 – AP Nr. 1 zu § 66 LPVG NW, zu II der Gründe = PersV 1985, 25 = PersR 1985, 12 mit Anm. von Altvater).
Mit Urteil vom 23. Februar 1989 – BVerwG 2 C 8.88 – (BVerwGE 81, 288 = DÖV 1989, 682 = PersV 1989, 528) hat der Zweite Senat des Bundesverwaltungsgerichts entschieden, daß die Versetzung (eines Beamten) mit Zustimmung des Personalrats nicht wegen eines vom Dienststellenleiter zu verantwortenden Mangels bei der Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens (§ 69 Abs. 2 Satz 1, § 7 BPersVG) rechtswidrig ist. Nach dieser Entscheidung soll das jedenfalls dann gelten, wenn ein derartiger formeller Mangel vom Personalrat nicht innerhalb der Äußerungsfrist des § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG beanstandet worden ist und sich auf dessen ausdrücklich erteilte Zustimmung nicht auswirken konnte (zustimmend Lorenzen/Haas/Schmitt, a.a.O., § 7 Rz 16; ablehnend Altvater/Bacher/Hörter/Sabottig/Schneider, a.a.O., § 69 Rz 10). Ob der Auffassung des Zweiten Senats des Bundesverwaltungsgerichts zu folgen ist, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Anders als in dem der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Februar 1989 zugrunde liegenden Sachverhalt hat vorliegend die zuständige Gesamtpersonalvertretung der personellen Einzelmaßnahme nicht zugestimmt. Die Maßnahme gilt auch nicht nach § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG als gebilligt. Nach § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG wird die Zustimmung zwar fingiert, wenn der Personalrat nicht innerhalb der Frist von sieben Arbeitstagen die Zustimmung schriftlich verweigert. Diese Frist beginnt aber erst dann zu laufen, wenn der Dienststellenleiter – hier der Geschäftsführer – das Verfahren ordnungsgemäß eingeleitet hat. Leitet – wie im vorliegenden Falle – eine Person das Mitbestimmungsverfahren ein, die dafür nicht zuständig ist, beginnt die Frist zur Äußerung des Personalrats nicht zu laufen. Solange die Beklagte diesen Fehler nicht korrigiert, bleibt die Versetzung bzw. Umsetzung individualrechtlich unwirksam.
Dementsprechend war die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Unterschriften
Dr. Kissel, Matthes, Dr. Weller, Dr. Federlin, Hilgenberg
Fundstellen