Entscheidungsstichwort (Thema)
Bereitschaftsdienst. Abgeltung durch Freizeit. Zulässigkeit der Abgeltung von Bereitschaftsdienstzeiten durch Freizeitausgleich. Zustimmung des Beschäftigten zum Freizeitausgleich. Konkludente Zustimmung zum Freizeitausgleich durch widerspruchslose Inanspruchnahme der gewährten Freizeit
Orientierungssatz
1. Im Geltungsbereich des TVöD-K war vor dem Inkrafttreten des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BT-K vom 1. August 2006 die Abgeltung von Bereitschaftsdienstzeiten durch entsprechende Freizeit (Freizeitausgleich) auch dann zulässig, wenn für den Beschäftigten kein Arbeitszeitkonto iSv. § 10 TVöD-K eingerichtet war.
2. Die Regelung in § 8.1 Abs. 7 Satz 1 TVöD-K, wonach anstelle der Auszahlung des Bereitschaftsdienstentgelts Freizeitausgleich ua. dann zulässig ist, wenn der Beschäftigte dem Freizeitausgleich zustimmt, knüpft die Zustimmung an keine Form. Der Beschäftigte kann seine Zustimmung zum Freizeitausgleich deshalb auch durch widerspruchs- und vorbehaltlose Inanspruchnahme des ihm vom Arbeitgeber gewährten Freizeitausgleichs zum Ausdruck bringen.
Normenkette
TVöD-BT-K i.d.F. vom 13. September 2005 § 46 Abs. 5; TVöD-AT § 9 Abs. 1 S. 2 Buchst. a; BAT § 15 Abs. 6a Unterabs. 3 S. 1
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 23.06.2008; Aktenzeichen 4 Sa 2/08) |
ArbG Stuttgart (Urteil vom 16.11.2007; Aktenzeichen 13 Ca 469/06) |
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 23. Juni 2008 – 4 Sa 2/08 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin verlangt vom Beklagten tarifliches Bereitschaftsdienstentgelt für die Monate Oktober 2005 bis Mai 2007 in rechnerisch unstreitiger Höhe von insgesamt 4.531,50 Euro brutto.
Rz. 2
Die Klägerin ist seit Januar 1988 im Klinikum des Beklagten als OP-Schwester beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach der Überleitung vom Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K) seit dem 1. Oktober 2005 nach den jeweils gültigen Vorschriften dieses Tarifvertrags. Der Beklagte glich die von der Klägerin geleisteten Bereitschaftsdienste in der Zeit vom 1. April 2003 bis zum 31. März 2006 zu 85 Prozent durch Freizeit aus. Die restlichen Bereitschaftsdienstzeiten vergütete er.
Rz. 3
In einem an die Pflegedirektion des Klinikums gerichteten Schreiben vom 21. November 2005 bat die Klägerin um die Aufstockung ihrer Arbeitszeit von 60 Prozent auf 75 Prozent der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit sowie um eine unveränderte Vergütung ihrer Bereitschaftsdienste. Eine vom Beklagten mit dem Personalrat getroffene Vereinbarung sah vor, dass bei neu eingestellten Beschäftigten und bei einer Änderung der wöchentlichen Arbeitszeit die Bereitschaftsdienste vollständig durch entsprechende Freizeit ausgeglichen werden. Der Beklagte machte deshalb die Zustimmung der Klägerin zur vollständigen Abgeltung ihrer Bereitschaftsdienste durch Freizeitausgleich zur Voraussetzung für eine Vertragsänderung. Am 13. März 2006 vereinbarten die Parteien schriftlich die von der Klägerin gewünschte Aufstockung der Arbeitszeit ab dem 1. April 2006. In einem Schreiben vom 5. April 2006 bat die Klägerin die Pflegedirektion des Klinikums, ihr trotz der Änderung des Arbeitsvertrags zum 1. April 2006 15 Prozent der Bereitschaftsdienste zu bezahlen. Der Beklagte entsprach dieser Bitte nicht und glich die von der Klägerin in der Zeit von April 2006 bis Mai 2007 geleisteten Bereitschaftsdienste vollständig durch entsprechende Freizeit aus.
Rz. 4
In § 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-AT heißt es:
“Bereitschaftszeiten werden zur Hälfte als tarifliche Arbeitszeit gewertet (faktorisiert).”
Rz. 5
Bis zum 31. Juli 2006 regelten § 46 Abs. 5 TVöD-BT-K und § 8.1 Abs. 5 der von den Tarifvertragsparteien am 7. Februar 2006 vereinbarten durchgeschriebenen Fassung des TVöD-K (TVöD-K aF):
“Das Bereitschaftsdienstentgelt kann im Falle der Faktorisierung nach § 10 Abs. 3 im Verhältnis 1:1 in Freizeit abgegolten werden.”
Rz. 6
§ 10 Abs. 3 TVöD-K bestimmt:
“Auf das Arbeitszeitkonto können Zeiten, die bei Anwendung des nach § 6 Abs. 2 festgelegten Zeitraums als Zeitguthaben oder als Zeitschuld bestehen bleiben, nicht durch Freizeit ausgeglichene Zeiten nach § 8 Abs. 1 Satz 5 und Abs. 2 sowie in Zeit umgewandelte Zuschläge nach § 8 Abs. 1 Satz 4 gebucht werden. Weitere Kontingente (z.B. Rufbereitschafts-/Bereitschaftsdienstentgelte) können durch Betriebs-/Dienstvereinbarung zur Buchung freigegeben werden. Die/Der Beschäftigte entscheidet für einen in der Betriebs-/Dienstvereinbarung festgelegten Zeitraum, welche der in Satz 1 genannten Zeiten auf das Arbeitszeitkonto gebucht werden.”
Rz. 7
Nach der Neufassung des TVöD-K mit Wirkung ab dem 1. August 2006 durch den Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BT-K (ÄTV Nr. 1) vom selben Tag heißt es in diesem Tarifvertrag ua.:
Ҥ 8.1
Bereitschaftsdienstentgelt
(1) Zum Zwecke der Entgeltberechnung wird nach dem Maß der während des Bereitschaftsdienstes erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistungen die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit wie folgt als Arbeitszeit gewertet:
…
…
(4) Das Entgelt für die nach den Absätzen 1 und 3 zum Zwecke der Entgeltberechnung als Arbeitszeit gewertete Bereitschaftsdienstzeit bestimmt sich nach der Anlage G.
…
(6) Anstelle der Auszahlung des Entgelts nach Absatz 4 für die nach den Absätzen 1 und 3 gewertete Arbeitszeit kann diese bei Ärztinnen und Ärzten bis zum Ende des dritten Kalendermonats auch durch entsprechende Freizeit abgegolten werden (Freizeitausgleich). … Nach Ablauf der drei Monate wird das Bereitschaftsdienstentgelt am Zahltag des folgenden Kalendermonats fällig.
(7) An Beschäftigte, die nicht von Absatz 6 erfasst werden, wird das Bereitschaftsdienstentgelt gezahlt (§ 24 Abs. 1 Satz 3), es sei denn, dass ein Freizeitausgleich zur Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes erforderlich ist oder eine entsprechende Regelung in einer Betriebs- oder einvernehmlichen Dienstvereinbarung getroffen wird oder die/der Beschäftigte dem Freizeitausgleich zustimmt. In diesem Fall gilt Absatz 6 entsprechend.
(8) Das Bereitschaftsdienstentgelt nach den Absätzen 1, 3, 4 und 5 kann im Falle der Faktorisierung nach § 10 Abs. 3 in Freizeit abgegolten werden. …
§ 9
Bereitschaftszeiten
(1) Bereitschaftszeiten sind die Zeiten, in denen sich die/der Beschäftigte am Arbeitsplatz oder einer anderen vom Arbeitgeber bestimmten Stelle zur Verfügung halten muss, um im Bedarfsfall die Arbeit selbständig, ggf. auch auf Anordnung, aufzunehmen und in denen die Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen. Für Beschäftigte, in deren Tätigkeit regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten fallen, gelten folgende Regelungen:
a) Bereitschaftszeiten werden zur Hälfte als tarifliche Arbeitszeit gewertet (faktorisiert).
…”
Rz. 8
Die Klägerin hat gemeint, der Beklagte habe ihr auch für die im Anspruchszeitraum geleisteten Bereitschaftsdienste tarifliches Bereitschaftsdienstentgelt zu zahlen, für die er ihr entsprechende Freizeit gewährt habe. Nach dem Inkrafttreten des TVöD-K aF zum 1. Oktober 2005 sei die Abgeltung von Bereitschaftsdiensten durch Freizeit bis zum 31. Juli 2006 nur bei einem eingerichteten Arbeitszeitkonto tariflich zulässig gewesen. Nach der Neufassung des TVöD-K durch den ÄTV Nr. 1 vom 1. August 2006 sei der Freizeitausgleich an ihre Zustimmung geknüpft gewesen. Diese habe nicht vorgelegen. Sie habe anlässlich der Aufstockung ihrer Arbeitszeit ab dem 1. April 2006 der Abgeltung der Bereitschaftsdienste durch entsprechende Freizeit nicht zugestimmt. Der Annahme einer sie bindenden Vereinbarung über den Freizeitausgleich stehe die Schriftformklausel im Arbeitsvertrag entgegen. Eine solche Abrede hätte als Nebenabrede auch nach § 2 Abs. 3 Satz 1 TVöD zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedurft. Die Zustimmung zum Freizeitausgleich habe zudem nicht vor dem Inkrafttreten der Neufassung des TVöD-K am 1. August 2006 erklärt werden können. Schließlich sei die zum Freizeitausgleich erforderliche Zustimmung ein Gestaltungsrecht, das die/der Beschäftigte nach der tariflichen Regelung temporär ausüben könne.
Rz. 9
Die Klägerin hat beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
1.164,09 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. August 2006, 531,17 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. September 2006, 531,17 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Oktober 2006, 258,82 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. November 2006, 227,94 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Dezember 2006, 233,32 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Januar 2007, 397,12 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Februar 2007, 170,01 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. März 2007, 456,56 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. April 2007, 391,35 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Mai 2007 und 169,95 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Juni 2007 zu zahlen.
Rz. 10
Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, er habe die Aufstockung der wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin an ihre Zustimmung mit der Abgeltung der Bereitschaftsdienste durch entsprechende Freizeit geknüpft. Mit dem Abschluss des Änderungsvertrags vom 13. März 2006 habe die Klägerin dem Freizeitausgleich wirksam zugestimmt. Diese Vereinbarung habe seine Vergütungspflicht betroffen und habe damit nicht als Nebenabrede schriftlich abgeschlossen werden müssen. Die Schriftformklausel im Arbeitsvertrag hätten die Parteien formlos abbedingen können. An diese Vereinbarung sei die Klägerin gebunden. Freizeitausgleich für Bereitschaftsdienste sei auch vor dem Inkrafttreten des ÄTV Nr. 1 zum TVöD-K am 1. August 2006 ohne die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos zulässig gewesen.
Rz. 11
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Rz. 12
I. Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Der Klägerin steht das beanspruchte Bereitschaftsdienstentgelt nicht zu. Die von der Klägerin im Anspruchszeitraum geleisteten Bereitschaftsdienste sind, soweit der Beklagte bis März 2006 nicht 15 Prozent der Bereitschaftsdienstzeit vergütet hat, vollständig durch entsprechende Freizeit abgegolten. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage deshalb jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Rz. 13
1. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat sie für die in den Monaten Oktober 2005 bis Juli 2006 geleisteten Bereitschaftsdienste nicht deshalb nach § 8.1 Abs. 4 TVöD-K aF Anspruch auf Bereitschaftsdienstentgelt iHv. 1.164,09 Euro brutto, weil für geleistete Bereitschaftsdienste nach dem Inkrafttreten des TVöD am 1. Oktober 2005 bis zur Neufassung des TVöD-K durch den ÄTV Nr. 1 Bereitschaftsdienstentgelt gezahlt werden musste, wenn kein Arbeitszeitkonto eingerichtet war.
Rz. 14
a) Allerdings haben die Tarifvertragsparteien des TVöD-K die in § 15 Abs. 6a Unterabs. 3 Satz 1 BAT getroffene Regelung nicht übernommen. Danach konnte die zum Zwecke der Vergütungsberechnung als Arbeitszeit zu wertende Zeit des Bereitschaftsdienstes bis zum Ende des dritten Kalendermonats durch entsprechende Arbeitsbefreiung ausgeglichen werden (Freizeitausgleich). Dies rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien des TVöD-K aF Freizeitausgleich nur noch bei einem eingerichteten Arbeitszeitkonto zulässig sein sollte. Hätten die Tarifvertragsparteien des TVöD-K aF den bis zum 30. September 2005 weithin üblichen Freizeitausgleich, der oft auch im Interesse der Beschäftigten liegt, nur bei einem eingerichteten Arbeitszeitkonto erlauben und im Übrigen verbieten wollen, hätten sie ein entsprechendes Verbot in die tarifliche Regelung aufnehmen müssen. Daran fehlt es. Wenn der TVöD-K aF keine § 15 Abs. 6a Unterabs. 3 Satz 1 BAT nachgebildete Vorschrift enthält, kann daraus nur abgeleitet werden, dass die Tarifvertragsparteien des TVöD-K aF anders als die Tarifvertragsparteien des BAT die Entscheidung, ob Bereitschaftsdienstentgelt gezahlt oder Freizeitausgleich gewährt wird, nicht mehr allein dem Arbeitgeber überlassen wollten.
Rz. 15
b) Aus § 8.1 Abs. 5 TVöD-K aF, wonach das Bereitschaftsdienstentgelt im Falle der Faktorisierung nach § 10 Abs. 3 im Verhältnis 1:1 in Freizeit abgegolten werden kann, folgt entgegen der Auffassung der Klägerin nichts anderes. Der Wortlaut des § 8.1 Abs. 5 TVöD-K aF, von dem bei der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags zunächst auszugehen ist (st. Rspr., Senat 25. Oktober 2007 – 6 AZR 95/07 – mwN, BAGE 124, 284, 289), zwingt nicht zu der Annahme, dass ein Freizeitausgleich nur bei einem eingerichteten Arbeitszeitkonto iSv. § 10 TVöD-K zulässig war. Das Wort “nur” enthält § 8.1 Abs. 5 TVöD-K aF nicht. Bei dieser Vorschrift handelte es sich um eine Durchführungsbestimmung. Sie regelte vom Wortsinn her lediglich, dass und wie Bereitschaftsdienstzeiten auf ein eingerichtetes Arbeitszeitkonto gebucht werden konnten. Da Bereitschaftsdienstzeiten ebenso wie Bereitschaftszeiten zum Zwecke der Vergütungsberechnung von den Tarifvertragsparteien nicht vollständig als Arbeitszeit gewertet werden, können Bereitschaftsdienstzeiten und Bereitschaftszeiten ohne die Umrechnung in zu vergütende Arbeitszeit nicht in ein Arbeitszeitkonto eingestellt werden. Das haben die Tarifvertragsparteien gesehen. Sie haben in § 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-AT und in § 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-K bestimmt, dass Bereitschaftszeiten zur Hälfte als tarifliche Arbeitszeit gewertet (faktorisiert) werden. In welchem Umfang Bereitschaftsdienste zum Zwecke der Vergütungsberechnung als Arbeitszeit zu bewerten sind, haben sie in § 8.1 TVöD-K geregelt. In § 8.1 Abs. 5 TVöD-K aF haben sie für die zur Einstellung in ein Arbeitszeitkonto erforderliche Umwandlung auf das Bereitschaftsdienstentgelt abgestellt. Damit haben sie das in ein Arbeitszeitkonto gebuchte Zeitguthaben aus geleisteten Bereitschaftsdiensten zugleich den Regeln dieses Kontos unterworfen und klargestellt, dass der Freizeitausgleich nicht bis zum Ende des dritten Kalendermonats erfolgen muss, wie dies § 15 Abs. 6a Unterabs. 3 Satz 1 BAT anordnete.
Rz. 16
c) Für das Auslegungsergebnis spricht auch die Tarifgeschichte. Unter der Geltung des § 15 Abs. 6a Unterabs. 3 Satz 1 BAT und damit bis zum 30. September 2005 konnte der Arbeitgeber Bereitschaftsdienstentgelt zahlen oder Bereitschaftsdienstzeiten nach deren Umrechnung in zu vergütende Arbeitszeit durch entsprechende Arbeitsbefreiung abgelten. Nach der Neufassung des TVöD-K durch den ÄTV Nr. 1 ist nach § 8.1 Abs. 7 Satz 1 TVöD-K Freizeitausgleich ua. mit Zustimmung der/des Beschäftigten zulässig. Ist ein Arbeitszeitkonto eingerichtet, kann aber nach § 8.1 Abs. 8 TVöD-K das Bereitschaftsdienstentgelt im Falle der Faktorisierung auch nach § 10 Abs. 3 in Freizeit abgegolten werden. Der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien des TVöD-K sich nicht einmal ein Jahr nach dem Inkrafttreten dieses Tarifvertrags am 1. Oktober 2005 zu der in § 8.1 Abs. 7 Satz 1 TVöD-K getroffenen Regelung veranlasst sahen, legt nahe, dass sie den Freizeitausgleich im Vergleich zur bisherigen Rechtslage im Wesentlichen nicht völlig anderen Regeln unterwerfen, sondern nur klarstellen wollten, dass Freizeitausgleich mit Zustimmung des Beschäftigten tariflich auch ohne ein eingerichtetes Arbeitszeitkonto zulässig ist.
Rz. 17
d) Dass ein Freizeitausgleich auch in der Zeit vom 1. Oktober 2005 bis zum 31. Juli 2006 tariflich zulässig war, hat auch die Klägerin zunächst so gesehen. In ihren an die Pflegedirektion des Klinikums gerichteten Schreiben vom 21. November 2005 und vom 5. April 2006 hat sie selbst darum gebeten, dass 15 Prozent der Bereitschaftsdienstzeit bezahlt und 85 Prozent und damit der weitaus größte Teil der Bereitschaftsdienstzeit durch entsprechende Freizeit abgegolten werden.
Rz. 18
2. Ohne Erfolg rügt die Klägerin, das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, sie habe dem Freizeitausgleich zugestimmt.
Rz. 19
a) Die vom Landesarbeitsgericht bejahte Frage, ob die Parteien im Zusammenhang mit der von der Klägerin gewünschten Aufstockung ihrer Arbeitszeit im März 2006 vereinbart haben, dass die von der Klägerin geleisteten Bereitschaftsdienste künftig vollständig durch entsprechende Freizeit ausgeglichen werden, bedarf keiner Entscheidung. Dies gilt auch für die Frage, ob die Klägerin im Falle einer wirksamen vertraglichen Abrede an diese auch nach dem Inkrafttreten des ÄTV Nr. 1 am 1. August 2006 noch gebunden wäre oder es sich entsprechend der Ansicht der Klägerin bei der nach § 8.1 Abs. 7 Satz 1 TVöD-K erforderlichen Zustimmung der/des Beschäftigten zum Freizeitausgleich um ein temporär auszuübendes Gestaltungsrecht handelt und eine erteilte Zustimmung somit jederzeit widerrufen werden kann.
Rz. 20
b) Dass die Klägerin damit einverstanden war, dass die von ihr in den Monaten Oktober 2005 bis März 2006 geleisteten Bereitschaftsdienste größtenteils durch entsprechende Freizeit ausgeglichen wurden, ergibt sich nicht nur daraus, dass die Klägerin den ihr vom Beklagten gewährten Freizeitausgleich vorbehaltlos in Anspruch genommen hat. In ihrem an die Pflegedirektion des Klinikums gerichteten Schreiben vom 21. November 2005 hat die Klägerin ausdrücklich darum gebeten, dass die Vergütung des Bereitschaftsdienstes unverändert bleibt. Da der Beklagte seit April 2003 die von der Klägerin geleisteten Bereitschaftsdienste zu 85 Prozent in Freizeit ausgeglichen hatte, hat die Klägerin mit ihrer Bitte, die Vergütung des Bereitschaftsdienstes nicht zu verändern, zugleich einem Freizeitausgleich in diesem Umfang zugestimmt.
Rz. 21
c) Die Zustimmung der Klägerin lag auch bezüglich der Abgeltung der in den Monaten April 2006 bis Mai 2007 geleisteten Bereitschaftsdienste durch entsprechende Freizeit vor. Allerdings hat der Beklagte ab dem 1. April 2006 nicht mehr 15 Prozent der Bereitschaftsdienstzeit vergütet, sondern nur noch Freizeitausgleich gewährt. Dies entsprach zwar nicht der Bitte der Klägerin in ihren an die Pflegedirektion des Klinikums gerichteten Schreiben vom 21. November 2005 und 5. April 2006. Maßgeblich ist jedoch, dass die Klägerin den ihr vom Beklagten gewährten Freizeitausgleich in der Folgezeit widerspruchs- und vorbehaltlos in Anspruch genommen und diesem damit konkludent zugestimmt hat. Die nach § 8.1 Abs. 7 Satz 1 TVöD-K erforderliche Zustimmung der/des Beschäftigten zum Freizeitausgleich ist an keine Form gebunden. Die/der Beschäftigte muss sie deshalb nicht ausdrücklich, sondern kann sie auch konkludent durch widerspruchs- und vorbehaltlose Hinnahme der gewährten Freizeit erklären.
Rz. 22
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Fischermeier, Brühler, Spelge, Jerchel, Hoffmann
Fundstellen
Haufe-Index 2284293 |
NWB 2009, 3783 |
FA 2010, 252 |
FA 2010, 31 |
NZA 2010, 472 |
StuB 2010, 80 |
ZTR 2010, 18 |
ZTR 2010, 195 |
ArztR 2010, 164 |
AuA 2010, 47 |
AuA 2011, 54 |
EzA-SD 2009, 8 |
PersV 2010, 272 |
RiA 2010, 145 |
ZMV 2010, 45 |
öAT 2010, 17 |
AUR 2009, 424 |
AUR 2010, 225 |
NWB direkt 2009, 1239 |
SPA 2009, 3 |