Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluß von geringfügig Beschäftigten aus einem tarifvertraglichen Zusatzversorgungssystem
Leitsatz (amtlich)
1. Der tarifvertragliche Ausschluß von geringfügig Beschäftigten aus der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst ist aufgrund des von den Tarifvertragsparteien gewählten Gesamtversorgungssystems jedenfalls bis zum 31. März 1999 sachlich gerechtfertigt.
2. Dies gilt auch, soweit die Geringfügigkeit der Beschäftigung nach der bis zum 31. März 1999 geltenden Fassung des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV darauf beruhte, daß der Verdienst hieraus ein Sechstel des Gesamteinkommens des Arbeitnehmers nicht überstieg (Ergänzung zu BAG 27. Februar 1996 – 3 AZR 886/94 – BAGE 82, 193; 12. März 1996 – 3 AZR 993/94 – AP TV Arb Bundespost § 24 Nr. 1).
Normenkette
BetrAVG § 1; BeschFG §§ 2, 6; GG Art. 3 Abs. 1; BAT § 3 Buchst. n, § 46; SBG IV § 8 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. a.F.
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 22. September 1998 – 13 Sa 454/98 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz nur noch darum, ob das beklagte Land den Kläger so stellen muß, als wäre er in der Zeit zwischen dem 1. März und dem 31. Dezember 1993 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) versichert gewesen.
Der am 25. September 1935 geborene Kläger ist Diplom-Ingenieur. Er unterrichtet seit dem 15. April 1971 Mathematik und Physik an einem Gymnasium im Umfang von zunächst vier, dann, seit dem 1. September 1994, fünf Unterrichtsstunden pro Woche.
In der Zeit bis zum 31. Januar 1989 war der Kläger hauptberuflich bei einem kommunalen Verkehrsunternehmen beschäftigt. Danach hatte er bis zum 31. Juli 1990 eine Professurvertretung an einer Fachhochschule übernommen. Zwischen dem 1. August 1990 und dem 28. Februar 1993 war er arbeitslos. Vom 1. März 1993 bis zum 31. August 1994 folgte eine weitere Professurvertretung an einer Fachhochschule. Für diese Tätigkeit erhielt der Kläger ein Monatsgehalt von 7.864,87 DM.
Grundlage der Unterrichtstätigkeit des Klägers am Gymnasium ist der Dienstvertrag vom 7. Juni 1971, der für die Zeit ab dem 1. April 1991 durch Vertrag vom 14. August 1992 abgeändert wurde. In diesem Änderungsvertrag heißt es ua.:
„§ 1
… Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung. …
§ 2
Sobald der Arbeitnehmer die tariflichen Voraussetzungen des § 3 Buchst. n des BAT erfüllt und somit der BAT für den Angestellten nicht mehr gilt, wird dieser Änderungsvertrag gegenstandslos. Es gelten für das Arbeitsverhältnis sodann wieder die Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über den Dienstvertrag und die ergänzenden Bestimmungen des Nieders. Kultusministeriums zur Beschäftigung und Vergütung nebenberuflicher oder nebenamtlicher Lehrkräfte.”
Zwischen dem 1. März 1993 und dem 31. August 1994 erhielt der Kläger eine Vergütung nach Jahreswochenstunden, die sich in der Zeit bis zum 31. Dezember 1993 auf monatlich 584,48 DM belief. Die anteilige Vergütung nach den Entgelttarifverträgen zum BAT hätte 1.236,29 DM betragen. Mit seiner Klage hatte der Kläger ursprünglich beantragt festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger vom 1. März 1993 bis zum 31. August 1994 zeitanteilig nach VergGr. II a BAT zu vergüten und ihn so zu stellen, als wäre er mit Wirkung vom 1. März 1993 bis zum 31. August 1994 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder versichert.
Durch Teilvergleich vom 26. November 1997 haben die Parteien sich vor dem Arbeitsgericht dahin geeinigt, daß der Kläger jedenfalls für die Zeit vom 1. Januar 1994 bis zum 31. August 1994 anteilige Vergütung nach VergGr. II a BAT „nebst anteiliger Leistung zur VBL” erhält. Die Entgeltklage für die Zeit bis zum 31. Dezember 1993 haben die Vorinstanzen wegen Verjährung rechtskräftig abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger nur noch seinen Antrag weiter, ihn so zu stellen, als wäre er im Zeitraum vom 1. März bis zum 31. Dezember 1993 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder versichert gewesen. Er hat den Standpunkt eingenommen, die Beklagte schulde die von ihm geltend gemachte Gleichbehandlung auch für die Zeit vom 1. März bis zum 31. Dezember 1993. Die Nebenberuflichkeit seiner Tätigkeit rechtfertige den Ausschluß aus der VBL-Versicherung nicht.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Einrede der Verjährung erhoben. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Versicherung des Klägers bei der VBL habe nicht bestanden, weil die Einkünfte des Klägers aus seiner nebenberuflichen Tätigkeit im Streitzeitraum weniger als ein Sechstel des Gesamteinkommens ausgemacht habe. Der Kläger sei deshalb geringfügig Beschäftigter iSv. § 8 Abs. 1 Nr. 1 zweite Alternative SGB IV und nicht bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder zu versichern gewesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen, soweit der Kläger für den Streitzeitraum eine zeitanteilige Vergütung nach VergGr. II a BAT verlangt hat. Im übrigen, was die Zusatzversorgung angeht, hat es dem Klageantrag entsprochen. Gegen dieses Urteil haben der Kläger Berufung und die Beklagte Anschlußberufung eingelegt und ihre ursprünglichen Anträge weiterverfolgt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Klage auf die Anschlußberufung des beklagten Landes insgesamt abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat seine Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, daß das beklagte Land ihm für die Beschäftigungszeit als Gymnasiallehrer vom 1. März bis zum 31. Dezember 1993 eine Zusatzversorgung verschafft.
I. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder unmittelbar aus § 46 BAT iVm. dem Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe (Versorgungs-TV) sowie der Satzung der VBL noch aus dem Arbeitsvertrag der Parteien.
1. Ein tarifvertraglicher Anspruch scheidet schon deshalb aus, weil der Kläger nicht Mitglied einer Gewerkschaft ist. Die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst gelten für ihn deshalb nicht unmittelbar und zwingend nach § 4 Abs. 1 TVG.
2. Nach dem Wortlaut des Arbeitsvertrages vom 7. Juni 1991 besteht für den Kläger auch kein vertraglicher Versorgungsanspruch. Der Bundes-Angestelltentarifvertrag, dessen § 46 einen Anspruch auf Zusatzversorgung begründet, findet nach dem Arbeitsvertrag ebenso wie der Versorgungs-TV nur so lange auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung, wie der Kläger die Voraussetzungen des § 3 Buchst. n BAT nicht erfüllt, also nicht lediglich geringfügig iSv. § 8 SGB IV beschäftigt ist. Zwischen dem 1. März und dem 31. Dezember 1993 war der Kläger jedoch geringfügig iSv. § 8 Abs. 1 Nr. 1 zweite Alternative SGB IV geringfügig beschäftigt. Sein Einkommen aus der Tätigkeit als Gymnasiallehrer von damals 584,49 DM überstieg zusammen mit seinem Einkommen aus dem Hauptarbeitsverhältnis als Professurvertreter von 7.864,87 DM nicht ein Sechstel seines Gesamteinkommens. Ob dem Kläger auch schon für den Anspruchszeitraum anteilige Vergütung in Höhe von 1.236,29 DM zustanden, ist unerheblich. Ein solcher Anspruch ist, wie das Landesarbeitsgericht rechtskräftig entscheiden hat, jedenfalls nicht mehr durchsetzbar. Im übrigen würde auch dieser Monatsverdienst ein Sechstel des Gesamteinkommens nicht überschreiten.
II. Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Diese Anspruchsgrundlage (§ 1 Abs. 1 Satz 4 BetrAVG) ist im vorliegenden Zusammenhang im Verhältnis zwischen den Prozeßparteien nicht anwendbar. Das beklagte Land hat keine eigenständige Ordnung geschaffen, wonach es bestimmten Arbeitnehmern tarifvertragliche Rechte einräumt, die es anderen nicht gibt. Der mit dem Kläger geschlossene Arbeitsvertrag vom 7. Juni 1991 macht deutlich, daß das beklagte Land den Kläger lediglich so behandeln will, als wäre er tarifgebunden. Auf sein Arbeitsverhältnis soll der BAT, an den das beklagte Land gebunden ist, nur dann keine Anwendung finden, wenn die Voraussetzungen des § 3 Buchst. n BAT erfüllt sind „und somit der BAT für den Angestellten nicht gilt”.
In einem solchen Fall, in dem der Arbeitgeber lediglich die tarifliche Ordnung unabhängig von der Tarifgebundenheit der einzelnen Arbeitnehmer allgemein anwendet, kann es nur darum gehen, ob diese in Bezug genommene Ordnung ihrerseits gleichheitswidrig ist. Eine Bindung des Arbeitgebers an eigenes, die bei ihm bestehenden Arbeitsverhältnisse ordnendes Vorverhalten scheidet aus (BAG 7. März 1995 – 3 AZR 282/94 – BAGE 79, 236, 241 f.).
III. Der Kläger hat auch nicht deshalb einen arbeitsvertraglich vermittelten tarifvertraglichen Versorgungsanspruch, weil der Ausschluß geringfügig Beschäftigter aus dem Geltungsbereich des BAT und des Versorgungs-TV wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 BeschFG oder Art. 3 Abs. 1 GG unwirksam wäre.
1. Die Tarifvertragsparteien sind an den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden, der Teil der objektiven Wertordnung ist, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts Geltung beansprucht. Tarifverträge sind auch anhand des § 2 Abs. 1 BeschFG zu überprüfen. § 6 BeschFG erlaubt es den Tarifvertragsparteien nicht, Arbeitnehmer ohne sachlich vertretbare Gründe wegen des Umfangs ihrer vertraglich geschuldeten Arbeitszeit schlechter zu behandeln als andere (BAG 7. März 1995 – 3 AZR 282/94 – BAGE 79, 236, 242 f.).
2. § 3 Buchst. n BAT schließt allerdings Arbeitnehmer nicht allein deshalb aus dem Geltungsbereich des BAT und des Versorgungs-TV aus, weil ihre regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die regelmäßige Wochenarbeitszeit vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer (§ 2 Abs. 2 BeschFG). Es muß hinzukommen, daß der Verdienst, den sie aus dieser Tätigkeit erzielen, nur derart gering ist, daß sie in ihren Arbeitsverhältnissen nicht sozialversicherungspflichtig sind. Es ist deshalb zweifelhaft, ob eine solche tarifvertragliche Ausschlußregelung an § 2 Abs. 1 BeschFG oder am allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu messen ist. Letztlich kann dies unentschieden bleiben, weil die Prüfungsmaßstäbe sich hier nicht unterscheiden. Jedenfalls bis zum 31. März 1999 gibt es für die Schlechterstellung geringfügig Beschäftigter iSv. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV in Bezug auf die Zusatzversorgung einen sachlich rechtfertigenden Grund.
a) Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung bei der tariflichen Gewährung einer Leistung besteht, wenn sich aus dem tarifvertraglichen Leistungszweck Gründe herleiten lassen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, daß eine bestimmte Arbeitnehmergruppe, hier die der geringfügig Beschäftigten, die betreffende Leistung nicht erhalten (BAG 27. Februar 1996 – 3 AZR 886/94 – BAGE 82, 193, 199 mwN). Bei der Zwecksetzung haben die Tarifvertragsparteien einen weiten Gestaltungsspielraum. Sie entscheiden eigenverantwortlich darüber, welches Versorgungssystem sie wählen und welche Ziele sie damit im Einzelnen verfolgen.
b) Aus der dem Versorgungs-TV zu entnehmenden tarifvertraglichen Zwecksetzung ergibt sich die sachliche Rechtfertigung dafür, geringfügig Beschäftigte aus diesem Versorgungswerk auszunehmen.
Die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst wird im Rahmen eines Gesamtversorgungssystems gewährt. Gesetzliche Renten wegen Alters- oder verminderter Erwerbsfähigkeit werden bei der Berechnung der Zusatzversorgung berücksichtigt. Die als Gesamtversorgungssystem ausgestaltete Zusatzversorgung ergänzt die gesetzliche Rentenversicherung. Sie steht nicht losgelöst neben ihr, sondern ist mit ihr untrennbar verknüpft. Da die Gesamtversorgung aufgrund ihres Zwecks notwendigerweise das gesetzliche Rentenversicherungsrecht mit berücksichtigt, dürfen die Tarifvertragsparteien auch auf die sozialversicherungsrechtliche Rechtslage abstellen. Sie sind nicht verpflichtet, die Wertentscheidungen des Gesetzgebers im Bereich des Sozialversicherungsrechts durch teilweise Umgestaltung des von ihnen gewählten betrieblichen Zusatzversorgungssystems zu korrigieren.
§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV hat geringfügige Beschäftigungen von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht ausgenommen. Dies ist europarechtlich nicht zu beanstanden (EuGH 14. Dezember 1995 – C 317/93 – EuGHE I 1995, 4625). An dieser sozialversicherungsrechtlichen Regelung können sich die Tarifvertragsparteien orientieren.
c) Der sachlichen Rechtfertigung von § 3 Buchst. n BAT in Verbindung mit dem Versorgungs-TV steht nicht entgegen, daß betriebliche Altersversorgung auch Entgeltcharakter hat. Dies bedeutet nicht, daß Versorgungsleistungen stets dem Umfang der Arbeitsleistungen und der Dauer des Arbeitsverhältnisses entsprechen müssen. Tarifliche Versorgungsregelungen können sich auch an den Versorgungsverhältnissen der einzelnen Arbeitnehmer orientieren und die Deckung eines bestimmten Versorgungsbedarfs als Entgelt in Aussicht stellen. Es hängt von der Ausgestaltung des jeweiligen Versorgungssystems ab, welches Gewicht den individuellen Versorgungsverhältnissen zukommt. Bei dem im öffentlichen Dienst bestehenden Gesamtversorgungssystem hat die Rentenbiographie des einzelnen Arbeitnehmers entscheidende Bedeutung. Hier geht es darum, eine Grundsicherung, wie sie die gesetzliche Rentenversicherung darstellt, durch tarifliche Zusatzleistungen zu ergänzen. An einer solchen Grundsicherung fehlt es aber in den Fällen des § 8 Abs. 1 SGB IV. Der Ausschluß geringfügig Beschäftigter aus der Zusatzversorgung widerspricht deshalb nicht der Ergänzungsfunktion der betrieblichen Altersversorgung im öffentlichen Dienst. Er trägt ihr vielmehr Rechnung. Die Tarifvertragsparteien sind nicht verpflichtet, die fehlende Sozialversicherungsrente durch eine betriebliche Altersversorgung zu ersetzen. Auch sie können von der vom Sozialgesetzgeber zugrunde gelegten geringeren Schutzbedürftigkeit geringfügig Beschäftigter ausgehen.
3. Diese Gründe haben den Senat in seinen Urteilen vom 27. Februar 1996 (– 3 AZR 886/94 – BAGE 82, 193) und vom 12. März 1996 (– 3 AZR 993/94 – AP TV Arb Bundespost § 24 Nr. 1 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 11) veranlaßt, die Herausnahme von Arbeitnehmern aus dem Zusatzversorgungssystem des öffentlichen Dienstes als sachlich gerechtfertigt anzusehen, die nur in einem wegen seiner Geringfügigkeit nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 erste Alternative SGB IV) stehen (ebenso Blomeyer/Otto BetrAVG 2. Aufl. Einleitung Rn. 226; Höfer BetrAVG Stand 1999 ART Rn. 530 ff.; Andresen/Förster/Rößler/Rühmann Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung Teil 7 B Rn. 129; aA Kasseler Handbuch/Linck 2. Aufl. 4.2. Rn. 134 ff.). Sie rechtfertigten jedenfalls bis zur Neuregelung des Rechts der geringfügigen Beschäftigung mit Wirkung zum 1. April 1999 auch die Schlechterstellung von Arbeitnehmern wie dem Kläger, die nach der zweiten Alternative des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV als geringfügig Beschäftigte anzusehen sind.
Auch in solchen Beschäftigungsverhältnissen konnte bis zum 31. März 1999 eine gesetzliche Grundversorgung nicht erdient werden, die von den Tarifvertragsparteien hätte ergänzt werden können. Es kommt nicht darauf an, daß geringfügig Beschäftigte iSd. § 8 Abs. 1 Nr. 1 zweite Alternative SGB IV in ihrer Hauptbeschäftigung eine gesetzliche Alterssicherung erreichen. Maßstab für die tarifvertragliche Regelung sind das jeweilige einzelne Arbeitsverhältnis und die Pflichten, welche die Tarifvertragsparteien dem Arbeitgeber dieses Arbeitsverhältnisses auferlegen wollen. Es ist sachlich gerechtfertigt, daß die Tarifvertragsparteien ihn nicht dazu verpflichten, die fehlende Sozialversicherungsrente aus dieser Beschäftigung durch eine betriebliche Altersversorgung zu ersetzen.
Es kommt auch nicht darauf an, daß Arbeitnehmer wie der Kläger bei Anwendbarkeit des Versorgungs-TV und der Satzung der VBL auf ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der bestehenden Anrechnungsbestimmungen regelmäßig nur eine Versichertenrente und keine Versorgungsrente erdienen würden. Entscheidend ist für die sachliche Rechtfertigung der tarifvertraglichen Ungleichbehandlung, daß das von den Tarifvertragsparteien gewählte Zusatzversorgungssystem durch eine entsprechende enge Verknüpfung mit dem gesetzlichen Altersversorgungssystem auf die Ergänzung einer im Arbeitsverhältnis erdienten gesetzlichen Grundversorgung ausgerichtet ist. Diesem Zweck entspricht die Herausnahme geringfügig Beschäftigter aus dem tariflichen Versorgungswerk jedenfalls für die Zeit bis zum 31. März 1999.
Unterschriften
Reinecke, Kremhelmer, Bepler, Platow, Stemmer
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 22.02.2000 durch Freitag, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 436390 |
BB 2000, 1199 |
BB 2000, 519 |
DB 2000, 1083 |
DB 2000, 483 |
NJW 2000, 2043 |
NWB 2000, 846 |
ARST 2000, 188 |
ARST 2000, 209 |
EWiR 2000, 593 |
FA 2000, 130 |
FA 2000, 196 |
NZA 2000, 659 |
ZAP 2000, 524 |
ZTR 2000, 363 |
AP, 0 |
AuA 2000, 553 |
PersR 2000, 393 |
RiA 2001, 62 |
ZMV 2000, 86 |
ZfPR 2000, 115 |