Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Zurückverweisung an Bühnenschiedsgerichtsbarkeit
Leitsatz (amtlich)
Im Aufhebungsverfahren des § 110 ArbGG dürfen die Gerichte für Arbeitssachen den Rechtsstreit nicht an die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit zurückverweisen.
Normenkette
BGB § 611; ArbGG § 110
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 24.02.1992; Aktenzeichen 14 (7) Sa 254/91) |
ArbG Köln (Urteil vom 13.12.1990; Aktenzeichen 11a Ca 6011/90) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 24. Februar 1992 – 14 (7) Sa 254/91 – aufgehoben.
Unter Zurückweisung der Anschlußberufung des Klägers wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13. Dezember 1990 – 11 a Ca 6011/90 – abgeändert.
Die Aufhebungsklage des Klägers wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses des Klägers und insoweit im Revisionsverfahren in erster Linie darüber, ob das Landesarbeitsgericht die Sache nach Aufhebung eines Schiedsspruches an das Bühnenoberschiedsgericht zwecks weiterer Tatsachenfeststellungen zurückverweisen durfte oder ob es diese selbst vornehmen und in der Sache entscheiden mußte.
Der gewerkschaftlich nicht organisierte Kläger ist bei der Beklagten seit dem 4. September 1978 zunächst aufgrund eines ersten Formulararbeitsvertrages vom 5. Juli 1978 als Chefmaskenbildner beschäftigt. Der Vertrag sollte laut seines § 2 mit Ablauf der Spielzeit 1979/1980 enden. Daneben stand nach § 6 des Vertrages beiden Vertragspartnern das Recht zu, den Vertrag zum Ende der Spielzeit 1979/1980 mit einer Erklärungsfrist bis zum 31. Oktober 1979 zu kündigen. Nach § 8 des Vertrages war die Austragung von Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis unter Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges vor den Bühnenschiedsgerichten und die Geltung des Bühnentechnikertarifvertrages (BTT) vom 25. Mai 1961 in seiner jeweils gültigen Fassung vereinbart.
Aufgrund eines weiteren Formularvertrages vom 1. April 1980 wurde der Kläger weiterbeschäftigt. In diesem mit dem ersten im übrigen inhaltsgleichen Vertrag war als Vertragsende der Ablauf der Spielzeit 1982/1983 vorgesehen und wiederum zusätzlich ein beiderseitiges Kündigungsrecht zum selben Termin, spätestens auszuüben am 31. Oktober 1982, vereinbart. Die Parteien setzten ihr Arbeitsverhältnis über das Ende der Spielzeit 1982/1983 hinaus ohne Abschluß eines weiteren schriftlichen Arbeitsvertrages fort.
Nach Anhörung des Klägers am 7. Juni 1989 erklärte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 30. Juni 1989, daß sein Arbeitsverhältnis über das Ende der Spielzeit 1989/1990 hinaus nicht verlängert werde und am 22. August 1990 ende. Dem hatte der Betriebsrat am 27. Juni 1989 zugestimmt. Diese sogenannte “Nichtverlängerungsmitteilung” beruhte auf der Anwendung des Tarifvertrages über die Mitteilungspflicht (TVM) vom 23. November 1977 in der Fassung vom 9. Juni 1980.
In § 1 Abs. 1b TVM heißt es:
“Dieser Tarifvertrag gilt für die unter den Bühnentechnikertarifvertrag – BTT – fallenden Angestellten.”
§ 2 TVM bestimmt u.a.:
- “
- Das Arbeitsverhältnis endet mit dem im Arbeitsvertrag vereinbarten Zeitpunkt. Ein mindestens für ein Jahr (Spielzeit) abgeschlossener Arbeitsvertrag verlängert sich zu den gleichen Bedingungen um ein Jahr (Spielzeit), es sei denn, eine Vertragspartei teilt der anderen bis zum 31. Oktober der Spielzeit, mit deren Ablauf der Arbeitsvertrag endet, schriftlich mit, daß sie nicht beabsichtigt, den Arbeitsvertrag zu verlängern (Nichtverlängerungsmitteilung).
- Besteht das Arbeitsverhältnis am Ende einer Spielzeit ununterbrochen mehr als acht Jahre (Spielzeiten), muß die Nichtverlängerungsmitteilung der anderen Vertragspartei bis zum 31. Juli der jeweils vorangegangenen Spielzeit schriftlich zugegangen sein.”
Der Kläger wandte sich gegen die Nichtverlängerung seines Arbeitsverhältnisses und beantragte am 19. Juli 1989 vor dem Bühnenschiedsgericht die Feststellung, daß das zwischen ihm und der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis über den 22. August 1990 hinaus fortbestehe. Die Berufung des Klägers gegen den klagabweisenden Schiedsspruch des Bühnenschiedsgerichts vom 18. September 1989 wies das Bühnenoberschiedsgericht mit Schiedsspruch vom 26. März 1990, dem klägerischen Prozeßbevollmächtigten am 24. August 1990 zugestellt, zurück. Dagegen hat der Kläger am 12. September 1990 vor dem Arbeitsgericht Köln die vorliegende Aufhebungsklage erhoben.
Nachdem in diesem Verfahren die wirksame Befristung des Arbeitsverhältnisses streitig geworden war, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis vorsorglich mit Schreiben vom 28. März 1991 zum 30. September 1991 unter Berufung auf betriebsbedingte Gründe. Die gesonderte Klage des Klägers auf Feststellung der Unwirksamkeit dieser Kündigung ist wegen ausschließlicher Zuständigkeit der Bühnenschiedsgerichtsbarkeit rechtskräftig als unzulässig abgewiesen worden (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10. Dezember 1992 – 2 AZR 340/92 –).
Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger insbesondere geltend gemacht, es sei kein befristetes, sondern ein unbefristetes Arbeitsverhältnis abgeschlossen worden. Denn anderenfalls wäre die Vereinbarung eines Kündigungsrechts in den Arbeitsverträgen sinnlos gewesen. Das Vorliegen einer Befristung könne auch nicht aus dem Tarifvertrag über die Mitteilungspflicht abgeleitet werden, weil dessen Geltung im Arbeitsvertrag nicht vereinbart gewesen sei. Ebensowenig könne von einer Betriebsüblichkeit, mit Bühnenmitarbeitern nur befristete Arbeitsverhältnisse einzugehen, ausgegangen werden. Die von der Beklagten vorgelegten befristeten Verträge anderer Mitarbeiter hätten nicht das jeweilige Grundarbeitsverhältnis, sondern nur bestimmte zuvor nicht ausgeübte Tätigkeiten betroffen, die aber in der Praxis auch nicht als befristet angesehen worden seien. Wenn Mitarbeiter ausgeschieden seien, dann sei dies nicht aufgrund von Nichtverlängerungsmitteilungen, sondern auf eigenen Wunsch geschehen. Es könne daher nicht aus seiner Stellung als Chefmaskenbildner geschlossen werden, ihm seien die Befristungen der Arbeitsverträge der ihm unterstellten Maskenbildner und damit insgesamt eine bei der Beklagten bestehende Übung, Arbeitsverträge nur befristet abzuschließen, bewußt gewesen.
Eine vereinbarte Befristung sei jedenfalls wegen Fehlens eines sachlichen Grundes unwirksam. Die Befristung könne nicht mit der angeblichen künstlerischen Natur seiner Tätigkeit begründet werden. Als Maskenbildner sei er nicht künstlerisch, sondern handwerklich tätig. Darüber hinaus sei er als Chefmaskenbildner zu 80 % mit Verwaltungs- und Organisationsarbeit, d.h. mit dem Einkauf von Materialien und Hilfsmitteln, der Fremdvergabe von Aufträgen, der Dienstplanerstellung für 25 Maskenbildner, mit der organisatorischen Abwicklung von Gastspielen, der Beurteilung der ihm unterstellten Maskenbildner und der Ausbildung der Volontäre beschäftigt. Nur den restlichen Teil seiner Arbeitszeit nehme die Zusammenarbeit mit dem Regisseur bei den Proben ein, der ihm dabei jedoch lediglich Verbesserungsanweisungen erteile.
Nachdem der Kläger erstinstanzlich nur beantragt hatte, die Schiedssprüche des Bühnenschiedsgerichts und des Bühnenoberschiedsgerichts aufzuheben und der Beklagten die Kosten des Schiedsverfahrens aufzuerlegen, hat er vor dem Landesarbeitsgericht ferner beantragt
festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Nichtverlängerungsmitteilung der Beklagten vom 30. Juni 1989 – dem Kläger zugegangen am 3. Juli 1989 – zum 22. August 1990 (Ende der Spielzeit 1989/1990) beendet worden ist, sondern unverändert über den Zeitpunkt hinaus fortbesteht.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und dazu im wesentlichen ausgeführt: Sie habe mit dem Kläger nur befristete Arbeitsverträge abgeschlossen. Das zusätzlich vereinbarte Kündigungsrecht entspreche ständiger Vertragspraxis bei ihr und ändere an der Befristung nichts; insbesondere handele es sich nicht um eine Abkehr von der Regel des Zeitarbeitsvertrages im Bühnenbereich. Die Kündigung sei nur eine weitere Möglichkeit zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Alle auf der Grundlage des BTT angestellten Arbeitnehmer gingen selbstverständlich vom Vorliegen eines Zeitarbeitsvertrages aus. Insbesondere seien alle Verträge mit Maskenbildnern befristet abgeschlossen worden. Dies sei auch dem Kläger, der in seiner Eigenschaft als Chefmaskenbildner selbst über Verlängerungen von Arbeitsverträgen der ihm unterstellten Maskenbildner entschieden habe, bekannt gewesen. Nach der Tarifvertragslage sei die spielzeitbezogene Befristung der Arbeitsverträge der Chefmaskenbildner sachlich gerechtfertigt, da sie eine künstlerische, jedenfalls überwiegend künstlerische Tätigkeit ausübten. Dieser von den Tarifvertragsparteien vorgenommenen Bewertung komme eine Richtigkeitsvermutung zu. Sollte der Kläger in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen, so müsse die Nichtverlängerungsmitteilung vom 30. Juni 1989 als ordentliche Kündigung verstanden werden.
Das Arbeitsgericht hat im Umfang der bei ihm anhängig gewordenen Anträge der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten und die Klageerweiterung des Klägers, die es als Anschlußberufung behandelt hat, das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und dahingehend neu gefaßt, daß die Sache unter Aufhebung des Schiedsspruchs des Bühnenoberschiedsgerichts an dieses zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wird. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Aufhebung des Berufungsurteils, soweit es seine Anschlußberufung zurückgewiesen hat, und die Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses über den 22. August 1990 hinaus. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Aufhebungsklage war abzuweisen. Denn entgegen der Würdigung des Landesarbeitsgerichts erweist sich der Schiedsspruch des Bühnenoberschiedsgerichts, durch den der klägerische Feststellungsantrag abgewiesen worden war, als rechtsfehlerfrei. Aufgrund des damit bestandskräftigen Schiedsspruchs steht rechtskräftig fest, daß das Arbeitsverhältnis am 22. August 1990 geendet hat, so daß auch die auf die gegenteilige Feststellung gerichtete Anschlußberufung des Klägers zurückzuweisen war.
I. Durch die Revision des Klägers sind sowohl der Streit über die Aufhebung des Schiedsspruchs (Aufhebungsverfahren) als auch die im Wege der Anschlußberufung erneut erhobene Feststellungsklage (Feststellungsverfahren) beim Bundesarbeitsgericht angefallen. Das Landesarbeitsgericht hat nicht etwa das Aufhebungsverfahren zugunsten des Klägers entschieden und lediglich das Feststellungsverfahren an das Bühnenoberschiedsgericht verwiesen, so daß die Entscheidung über die Aufhebung des Schiedsspruchs dadurch rechtskräftig geworden wäre, daß die Beklagte ihrerseits keine Revision eingelegt hat.
1. Jedenfalls bei der vorliegenden Fallgestaltung bilden Aufhebungsverfahren und Feststellungsverfahren schon deshalb eine untrennbare Einheit, weil sie denselben Streitgegenstand betreffen, auch wenn sich dieser in beiden Verfahren jeweils in einem anderen Verfahrensstadium befindet. Auch im Aufhebungsverfahren nach § 110 ArbGG besteht der materielle Streitgegenstand in dem Sachbegehren, das der Kläger vor dem Schiedsgericht anhängig gemacht hat. Denn wird die Aufhebungsklage rechtskräftig abgewiesen, so wird damit die Entscheidung des Bühnenoberschiedsgerichts über das klägerische Sachbegehren endgültig bestandskräftig. Wird der Aufhebungsklage dagegen rechtskräftig stattgegeben, so wird damit gerade die schiedsrichterliche Entscheidung über das Sachbegehren endgültig gegenstandslos. Solange schließlich das Aufhebungsverfahren noch nicht formell rechtskräftig abgeschlossen ist, bleibt der vor den Schiedsgerichten gestellte Sachantrag rechtshängig. Einem dennoch – wie im Entscheidungsfalle durch die Anschlußberufung des Klägers – nochmals gesondert bei den Gerichten für Arbeitssachen anhängig gemachten gleichartigen Antrag steht daher grundsätzlich der Einwand der Rechtshängigkeit entgegen (was freilich nicht notwendig ausschließt, daß aus Gründen der Prozeßwirtschaftlichkeit zugleich vorsorglich über ihn verhandelt und – unter dem Vorbehalt einer rechtskräftigen Aufhebung des Schiedsspruchs – auch entschieden werden kann).
2. Schon wegen dieser weitgehenden Gleichartigkeit des Streitgegenstands kann auch das angefochtene Urteil nicht dahin verstanden werden, daß es die Entscheidung des Bühnenoberschiedsgerichts über das klägerische Sachbegehren endgültig aufheben und lediglich das durch die Anschlußberufung nochmals anhängig gewordene Feststellungsbegehren an das Bühnenoberschiedsgericht verweisen wollte. Denn gerade dadurch, daß das Landesarbeitsgericht dem Bühnenoberschiedsgericht die Möglichkeit einer erneuten eigenen Sachentscheidung einräumt, macht es deutlich, daß das Berufungsurteil dem Kläger keine materielle oder verfahrensrechtliche Verstärkung seiner Rechtsposition gewähren soll, die im Falle eines Unterbleibens einer Revision der Beklagten der Rechtskraft fähig wäre.
3. Bei dieser Sachlage hätte der Kläger eine auf das Feststellungsverfahren beschränkte Überprüfung des Berufungsurteils durch das Revisionsgericht auch nicht dadurch erreichen können, daß er seine Revision ausdrücklich auf das Feststellungsverfahren beschränkt hätte. Ein derartiger Revisionsantrag wäre unzulässig gewesen. Trotz seiner mißverständlichen Formulierung ist der klägerische Revisionsantrag deshalb dahin zu verstehen, daß sich der Kläger insgesamt gegen die nochmalige Verhandlung seines Sachbegehrens vor der Bühnenschiedsgerichtsbarkeit wendet und eine abschließende Entscheidung durch die Gerichte für Arbeitssachen begehrt.
II. Das mithin insgesamt angegriffene Urteil des Landesarbeitsgerichts war aufzuheben, weil es zu Unrecht angenommen hat, der Spruch des Bühnenoberschiedsgerichts beruhe auf der Verletzung einer Rechtsnorm (§ 110 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG). Denn der Spruch des Bühnenoberschiedsgerichts ist rechtsfehlerfrei, so daß sich die Aufhebungsklage, ohne daß es dazu weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf, als unbegründet erweist. Gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO hatte der Senat daher die Aufhebungsklage abzuweisen.
1. Soweit das Landesarbeitsgericht einen Rechtsfehler des Bühnenoberschiedsgerichts darin gesehen hat, daß es die erforderliche Auslegung unterlassen habe, ob der Arbeitsvertrag des Klägers überhaupt befristet gewesen sei, kann sich der Senat dieser Würdigung nicht anschließen.
a) Die Parteien haben in § 2 ihres hier allein maßgeblichen Arbeitsvertrages vom 1. April 1980 vereinbart, daß der Vertrag am 25. August 1980 beginne und mit Ablauf der Spielzeit 1982/83 ende. Angesichts des eindeutigen Wortlauts dieser Befristungsvereinbarung würde sich die Frage ihrer Auslegung nur stellen, wenn mit dem Landesarbeitsgericht davon auszugehen wäre, daß die in § 2 des Arbeitsvertrages getroffene Beendigungsregelung durch das in § 6 des Arbeitsvertrages vereinbarte (spätestens am 31. Oktober 1982 zum Ende der Spielzeit 1982/83 auszuübende) Kündigungsrecht beider Parteien mehrdeutig geworden sei.
b) Das Landesarbeitsgericht hat eine solche Mehrdeutigkeit angenommen, weil das in § 6 des Arbeitsvertrages vorgesehene Kündigungsrecht keinen Sinn ergebe, wenn § 2 des Arbeitsvertrages als Vereinbarung einer Höchstbefristung zu verstehen sei. Der Vertrag sei daher insgesamt dahingehend auszulegen, daß die Parteien ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit mit einer Mindestdauer bis zum Ende der Spielzeit 1982/83 hätten eingehen wollen.
Dem kann der Senat nicht folgen. Auch neben der in § 2 des Arbeitsvertrages eindeutig vereinbarten (Höchst-)Befristungsregelung erweist sich das Kündigungsrecht in § 6 des Arbeitsvertrages als sinnvoll. Schon angesichts der häufigen Rechtsunsicherheit bei Befristungen im Bühnenbereich erscheint es aus dem Gesichtspunkt einer zur Vermeidung möglicher Streitfälle vorausschauenden Vertragsgestaltung verständlich, vorsorglich auch eine Kündigungsregelung zu treffen. Im übrigen ergibt sich aus dem vereinbarten Kündigungsrecht immerhin, daß den Parteien vor Ablauf der angegebenen Spielzeit kein Recht zur ordentlichen Kündigung zustehen sollte. Im Zusammenhang mit dem in § 2 des Arbeitsvertrages vereinbarten Beendigungszeitpunkt hat das Kündigungsrecht des § 6 des Arbeitsvertrages insofern eigenständige Bedeutung, als die Befristung des § 2 nicht nur die Höchst-, sondern auch die Mindestdauer des Vertrages angibt. Es ist gerade für Arbeitsverhältnisse im Bühnenbereich sinnvoll, wenn ihre einseitige Auflösung während einer laufenden Spielzeit ausgeschlossen ist, da Neueinstellungen grundsätzlich nur zu Beginn einer Spielzeit vorgenommen werden. Besonderes Gewicht kommt der Regelung des § 6 auch hinsichtlich der Kündigungsmöglichkeiten gerade des Arbeitnehmers zu. Insoweit wird klargestellt, daß auch er nur und spätestens am 31. Oktober 1982 zum Ende der Spielzeit 1982/83 kündigen kann. Schließlich spricht entscheidend gegen die vom Landesarbeitsgericht angenommene Vereinbarung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses mit Mindestdauer, daß diese Vertragsgestaltung im Bühnenbereich unüblich ist und daher nur als Individualregelung bei besonderen Verhältnissen des Einzelfalles in Betracht kommen dürfte, die Parteien hier jedoch das übliche bei der Beklagten für alle Fälle eines befristeten Arbeitsverhältnisses vorgesehene Vertragsformular verwendet haben.
c) Ist die Befristungsvereinbarung mithin nicht als mehrdeutig anzusehen, so ist es schon deshalb rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Bühnenoberschiedsgericht eine Auslegung unterlassen hat und von einer vereinbarten Höchstbefristung des Arbeitsvertrages zum Ende der Spielzeit 1982/83 ausgegangen ist. Es kann daher dahinstehen, welche rechtliche Bedeutung dem Umstand zukommt, daß der Kläger die Höchstbefristung seines Arbeitsvertrages im Verfahren vor den Bühnenschiedsgerichten noch in keiner Weise in Frage gestellt hatte. Da es sich bei der Auslegung eines Vertrages vorrangig um die Erforschung des wahren Willens der Vertragsparteien und damit einer inneren Tatsache handelt, dürfte im Entscheidungsfall die Würdigung naheliegen, daß es Sache des Klägers gewesen wäre, vor dem Bühnenoberschiedsgericht zumindest den Willen der Vertragspartner zu behaupten, sie hätten in Wahrheit ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit begründen wollen. Im arbeitsgerichtlichen Aufhebungsverfahren konnte er wegen dessen revisionsähnlichen Charakters dies nicht einfach nachholen. Vielmehr hätte er eine Verfahrensrüge des Inhalts erheben müssen, das Bühnenoberschiedsgericht habe seinen dahingehenden Vortrag übergangen.
2. Der Senat kann dem Landesarbeitsgericht auch nicht in seiner weiteren Überlegung folgen, das Bühnenoberschiedsgericht habe zu Unrecht nicht geprüft, ob sich das Arbeitsverhältnis der Parteien selbst dann, wenn es wirksam zum Ende der Spielzeit 1982/83 befristet gewesen wäre, durch die Weiterbeschäftigung des Klägers gemäß § 625 BGB auf unbestimmte Zeit verlängert hätte. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit zwar zutreffend erkannt, daß diese Vorschrift abdingbar ist (allgemeine Meinung, vgl. statt aller KR-Hillebrecht, 3. Aufl., § 625 BGB Rz 11, m.w.N.). Es hat jedoch nur eine mögliche Abdingung durch § 2 Abs. 1 des Tarifvertrages über die Mitteilungspflicht vom 23. November 1977 (TVM) in Betracht gezogen und diese verneint, weil der TVM auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung finde. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Die Parteien haben in § 8 ihres Arbeitsvertrages vom 1. April 1980 die Geltung des Bühnentechnikertarifvertrages vom 25. Mai 1961 (BTT) in seiner jeweils gültigen Fassung vereinbart. Zwar hat das Landesarbeitsgericht richtig gesehen, daß der TVM nicht Bestandteil des BTT ist und daß auch § 1 Abs. 1b TVM nur den persönlichen Geltungsbereich des TVM betrifft, ohne selbst die Geltung des TVM für das jeweilige Arbeitsverhältnis bewirken zu können. Bei der vorliegenden Vertragsgestaltung ist jedoch die Geltung des TVM als mitvereinbart anzusehen, denn erkennbar sollte der Kläger so behandelt werden, als sei er tarifgebunden. Dies zeigt sich u.a. auch daran, daß die Parteien in § 3 Ziff. 2 ihres Arbeitsvertrages von der Geltung auch des Anpassungsrahmentarifvertrages vom 3. Juni 1966 ausgegangen sind und dessen Regelung in § 3 Ziff. 1 des Arbeitsvertrages näher konkretisiert haben.
b) Wie das Landesarbeitsgericht selbst erkennt, ergibt sich überdies aus § 13 des von den Parteien vereinbarten BTT, daß dieser Tarifvertrag die Anwendung des TVM jedenfalls voraussetzt. § 13 BTT enthält Übergangsregelungen für im Zeitpunkt des Inkrafttretens des BTT am 1. April 1961 (vgl. § 14 Abs. 1 BTT) bereits bestehende Arbeitsverhältnisse. Dies gilt zwar nicht für das Arbeitsverhältnis des Klägers, worauf das Landesarbeitsgericht jedoch zu Unrecht abstellt. Zur Ermittlung dessen, was die Tarifvertragsparteien gewollt haben, ist auf alle Regelungen des Tarifvertrages abzustellen. Nach § 13 Abs. 1 bis 3 BTT gelten bestimmte Übergangsregelungen jeweils “bis zum Ablauf des Dienstverhältnisses durch Nichtverlängerungsmitteilung”. Damit haben die Tarifvertragsparteien erkennbar ihre Vorstellung zum Ausdruck gebracht, daß es sich insgesamt bei dem BTT unterfallenden Arbeitsverhältnissen um solche handelt, die durch Nichtverlängerungsmitteilung enden. Wie sich danach aus dem Wortlaut des § 13 BTT ergibt, haben sie dadurch auch solche außerhalb des BTT bestehenden Tarifbestimmungen mit einbezogen, die das Verfahren der Nichtverlängerungsmitteilung besonders regeln. Durch Vereinbarung des BTT wurde somit auch der TVM Vertragsbestandteil.
c) Auch der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in seinem die Parteien betreffenden Urteil vom 10. Dezember 1992 – 2 AZR 340/92 – festgestellt, die Parteien seien in der Vergangenheit von der Verbindlichkeit des TVM für ihr Arbeitsverhältnis ausgegangen. Dieser Würdigung schließt sich der erkennende Senat insbesondere auch angesichts des Verhaltens der Parteien bei der Durchführung des Anhörungsverfahrens vor der Nichtverlängerungsmitteilung der Beklagten vom 30. Juni 1989 an. Selbst noch vor dem Bühnenoberschiedsgericht hat der Kläger die von der Beklagten behauptete Geltung auch des TVM für sein Arbeitsverhältnis, die wegen der fehlenden Tarifgebundenheit des Klägers nur auf einzelvertraglicher Vereinbarung beruhen konnte, nicht bestritten.
d) Insgesamt zeigt sich damit, daß die Parteien mit der Unterstellung ihres Arbeitsvertrages unter den BTT dem Kläger auch den Schutzmechanismus des TVM zugute kommen lassen wollten und damit eine von § 625 BGB abweichende vertragliche Regelung getroffen haben. Es war daher nicht rechtsfehlerhaft, daß das Bühnenoberschiedsgericht die Anwendung des § 625 BGB nicht in Erwägung gezogen hat.
3. Das Bühnenoberschiedsgericht hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, daß die zum Ende der Spielzeit 1982/83 vereinbarte und durch das Unterbleiben von Nichtverlängerungsmitteilungen während der Spielzeiten 1983/84 bis 1988/89 als zum Ende der Spielzeit 1989/90 getroffen geltende Befristung des Arbeitsverhältnisses durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt war. Insoweit folgt der Senat der Würdigung des Landesarbeitsgerichts, gegen die sich auch die Revision nicht mehr substantiiert wendet.
a) Das Landesarbeitsgericht hat insoweit im Anschluß an die eingehenden und rechtlich bedenkenfreien Ausführungen des Bühnenoberschiedsgerichts zutreffend dargelegt, daß die von den Tarifvertragsparteien gebilligte Befristung der Arbeitsverhältnisse des künstlerisch tätigen Bühnenpersonals sachlich gerechtfertigt ist. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. Urteile vom 21. Mai 1981, BAGE 35, 309 = AP Nr. 15 zu § 611 BGB Bühnenengagementsvertrag und vom 18. April 1986, BAGE 51, 374 = AP Nr. 27 zu § 611 BGB Bühnenengagementsvertrag). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
b) Das Landesarbeitsgericht hat auch rechtsfehlerfrei die umfassend und sachverständig begründete Würdigung des Bühnenoberschiedsgerichts geteilt, daß der Kläger als Chefmaskenbildner durch § 2 Abs. 1 Nr. 6 BTT zu Recht dem künstlerisch tätigen Bühnenpersonal zugerechnet worden ist und auch tatsächlich einen künstlerischen Beruf ausübt. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat überdies in seinem bereits erwähnten, die Parteien betreffenden Urteil vom 10. Dezember 1992 – 2 AZR 340/92 – ausgeführt, durch die vertragliche Inbezugnahme des BTT hätten die Parteien ausdrücklich gebilligt, daß die Tätigkeit des Klägers als künstlerisch anzusehen sei; hieran müsse sich der Kläger festhalten lassen. Schließlich hat auch der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts die Tätigkeit der Maskenbildner als künstlerisch bewertet (Beschluß vom 28. Oktober 1986, BAGE 53, 237 = AP Nr. 32 zu § 118 BetrVG 1972).
III. Erweist sich damit die Aufhebungsklage als unbegründet, so steht aufgrund des Schiedsspruchs des Bühenoberschiedsgerichts rechtskräftig fest, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Ende der Spielzeit 1989/90, mithin am 22. August 1990, geendet hat. Die auf die gegenteilige Feststellung gerichtete Anschlußberufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
IV. Schon aus der Unbegründetheit der Aufhebungsklage folgt, daß das Landesarbeitsgericht den Rechtsstreit nicht an das Bühnenoberschiedsgericht zurückverweisen durfte. Aber auch unabhängig hiervon war eine derartige Zurückverweisung nicht zulässig. Vielmehr hätte das Landesarbeitsgericht, wenn es – entgegen der Würdigung des Senats – weitere tatsächliche Feststellungen für erforderlich hielt, diese selbst treffen und den Rechtsstreit selbst abschließend entscheiden müssen.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. Urteile vom 18. April 1986, BAGE 51, 374 = AP Nr. 27 zu § 611 BGB Bühnenengagementsvertrag und vom 26. April 1990 – 6 AZR 462/88 – AP Nr. 42 zu § 611 BGB Bühnenengagementsvertrag) ist das Aufhebungsverfahren des § 110 ArbGG zwar revisionsrechtlich ausgestaltet. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts rechtfertigt dies jedoch keine uneingeschränkte Anwendung des Revisionsrechts, sondern nur die entsprechende Anwendung einzelner revisionsrechtlicher Vorschriften, soweit dies mit der selbständigen Ausgestaltung des Bühnenschiedsgerichtsverfahrens einerseits und des arbeitsgerichtlichen Aufhebungsverfahrens andererseits vereinbar und durch die Beschränkung des § 110 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG auf die Überprüfung von Rechtfehlern geboten ist. Bühnenschiedsgerichtsbarkeit und arbeitsgerichtliches Aufhebungsverfahren sind nicht als einheitlicher Instanzenzug ausgestaltet. Vielmehr ersetzt die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit grundsätzlich die staatliche Gerichtsbarkeit; nur unter den Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 ArbGG können auf gesonderte Klage hin die Gerichte für Arbeitssachen den Schiedsspruch aufheben.
2. Nach diesen Grundsätzen muß im Verhältnis zwischen Bühnenschiedsgerichtsbarkeit und Arbeitsgerichtsbarkeit eine entsprechende Anwendung des § 565 Abs. 1 ZPO ausscheiden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. Urteile vom 16. August 1962 – 5 AZR 366/61 – AP Nr. 1 zu SaarlandArbeitsrechtseinführungsG und vom 23. August 1963 – 1 AZR 469/62 – AP Nr. 14 zu § 101 ArbGG 1953) ist mit der Entscheidung des Bühnenoberschiedsgerichts das Schiedsgerichtsverfahren verbraucht; nach Aufhebung des Schiedsspruchs des Bühnenoberschiedsgerichts steht die Kompetenz zur Sachentscheidung allein den Gerichten für Arbeitssachen zu. An dieser Rechtsprechung ist entgegen den im Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12. November 1985 (– 3 AZR 576/83 – AP Nr. 23 zu § 611 BGB Bühnenengagementsvertrag, zu II 3a der Gründe) für den Fall, daß nicht alle feststellungsbedürftigen Tatsachen im Schiedsverfahren bereits festgestellt seien, angedeuteten Vorbehalten schon deshalb festzuhalten, weil eine wiederholte Einschaltung der Schiedsgerichtsbarkeit insbesondere angesichts des dreistufigen Instanzenzugs der Arbeitsgerichtsbarkeit zu einer im Hinblick auf den Beschleunigungsgrundsatz nicht mehr hinnehmbaren Verfahrensverzögerung führen kann. Das Durchlaufen der Bühnenschiedsgerichtsbarkeit und des anschließenden Aufhebungsverfahrens bedeutet für die Prozeßparteien schon nach der derzeitigen Rechtslage eine erhebliche zeitliche Belastung. Bei einer entsprechenden Anwendung des für einen einheitlichen Instanzenzug konzipierten § 565 Abs. 1 ZPO auf das Verhältnis zwischen mehrstufiger Bühnenschiedsgerichtsbarkeit und mehrstufiger Arbeitsgerichtsbarkeit könnte es in zahlreichen Fällen zu einer mehrfachen Zurückverweisung und damit dazu kommen, daß ein Rechtsstreit überhaupt nicht mehr zeitnah und damit gemäß den Geboten effektiver Rechtsschutzgewährung entschieden werden kann.
Unterschriften
Dr. Seidensticker, Schliemann, Dr. Steckhan, Dr. Sponer, Bea
Fundstellen
Haufe-Index 845843 |
NZA 1993, 1102 |