Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme von Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis
Normenkette
Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung für die Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden vom 10. März 1994 Nr. 3.1
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 14.01.1997; Aktenzeichen 7 Sa 60/96) |
ArbG Stuttgart (Urteil vom 04.03.1996; Aktenzeichen 19 Ca 10611/95) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 14. Januar 1997 – 7 Sa 60/96 – hinsichtlich des Zahlungsantrags aufgehoben.
Insoweit wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten noch darüber, ob die Beklagte dem Kläger Schadensersatz schuldet, weil sie ihn nach Abschluß der Berufsausbildung nicht in ein Arbeitsverhältnis übernommen hat.
Der Kläger wurde von der Beklagten seit dem 26. August 1991 zum Industriemechaniker, Fachrichtung Betriebstechnik, ausgebildet. Am 23. Januar 1995 bestand er die Abschlußprüfung. Auf das Ausbildungsverhältnis fand kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung für die Metallindustrie Nordwürttemberg/Nord baden vom 10. März 1994 (TV BS) Anwendung. Dort ist u.a. folgendes bestimmt:
„…
3. Übernahme von Auszubildenden
3.1 Auszubildende werden im Grundsatz nach erfolgreich bestandener Abschlußprüfung für mindestens sechs Monate in ein Arbeitsverhältnis übernommen, soweit dem nicht personenbedingte Gründe entgegenstehen. Der Betriebsrat ist hierüber unter Angabe der Gründe zu unterrichten.
3.2 Mit Zustimmung des Betriebsrates kann von der Verpflichtung nach Absatz 3.1 abgewichen werden, wenn das Angebot eines Arbeitsverhältnisses wegen akuter Beschäftigungsprobleme im Betrieb nicht möglich ist oder der Betrieb über seinen Bedarf hinaus Ausbildungsverträge abgeschlossen hat.
…”
Im November 1994 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie sei nicht bereit, ihn nach Abschluß seiner Ausbildung in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Sie berief sich auf krankheitsbedingte Fehlzeiten des Klägers während der Dauer des Ausbildungsverhältnisses sowie darauf, daß er am 5. Dezember 1991 ermahnt worden war, weil er sein Berichtsheft nicht pünktlich zur Kontrolle vorgelegt hatte, und daß er am 25. Februar 1994 in der Zeit von 13.55 Uhr bis 14.15 Uhr am Ausbildungsplatz gefehlt hatte.
Mit der am 16. November 1995 eingereichten Klage hat der Kläger geltend gemacht, gegen die Beklagte einen Anspruch auf Abschluß eines Arbeitsvertrags zu haben. Im Berufungsverfahren hat der Kläger seine Klage um den Zahlungsantrag zu 2) erweitert.
Der Kläger hat in den Tatsacheninstanzen zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
dem Kläger einen unbefristeten – hilfsweise auf mindestens sechs Monate befristeten – höchsthilfsweise bis zum 16. Oktober 2038 befristeten – Arbeitsvertrag anzubieten mit Wirkung ab 25. Januar 1995 – hilfsweise: ab Rechtskraft einer obsiegenden Entscheidung im vorliegenden Verfahren – als Industriemechaniker – hilfsweise als Maschinenbediener (Kostenstelle 323010) – höchsthilfsweise: als Bandarbeiter in der Montage zu folgenden Bedingungen:
- Schichtarbeit,
- individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit: 36 Stunden bis 30. September 1995, 35 Stunden seit 1. Oktober 1995,
- Leistungslohn,
- Arbeitswert 17, hilfsweise Arbeitswert 14;
- an den Kläger 9.906,87 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem sich errechneten Nettobetrag seit dem 1. September 1995 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers und sein übriges Fehlverhalten sowie sein abgemahntes Verhalten seien als personenbedingte Gründe im Sinne der Nr. 3.1 TV BS anzusehen, so daß sie berechtigt gewesen sei, den Kläger nicht in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen; das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger nur noch seinen Zahlungsantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist hinsichtlich des allein noch im Streit befindlichen Zahlungsantrags begründet und führt insoweit zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht, § 565 Abs. 1 ZPO. Denn die Abweisung dieses Antrags beruht auf einer unzutreffenden Auslegung des Antrags und auf dem Verfahrensfehler des Landesarbeitsgerichts, nicht auf die Stellung sachdienlicher Anträge hingewirkt zu haben.
A. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, über den Klageantrag zu 2) sei nicht zu entscheiden, weil er im Verhältnis zum Klageantrag zu 1) als unechter Hilfsantrag gestellt worden sei. Nach der eindeutigen und unmißverständlichen Erklärung des Klägers habe dieser Antrag nur dann zur Entscheidung anfallen sollen, wenn das Gericht dem Antrag zu 1) in irgendeiner Fassung stattgibt.
Diese Würdigung steht bereits in Widerspruch zum Tatbestand des Berufungsurteils, in dem das Landesarbeitsgericht die Klageanträge zu 1) und 2) ohne ein zwischen ihnen bestehendes unechtes Eventualverhältnis wiedergibt. Überdies handelt es sich um eine Auslegung der Klageanträge, die insbesondere dem klägerischen Schriftsatz vom 8. August 1996 widerspricht. Wie die Revision ordnungsgemäß gerügt hat, hat das Landesarbeitsgericht jedenfalls gegen seine Pflicht aus § 139 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen, auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken. Die nach der Auslegung des Landesarbeitsgerichts vom Kläger vorgenommene Verknüpfung seiner Anträge war ungewöhnlich, mißverständlich und insbesondere mit dem inhaltlichen Vorbringen des Klägers nicht zu vereinbaren. Das Landesarbeitsgericht hätte daher den Kläger darauf hinweisen müssen, daß die von ihm gewählte Verknüpfung der Anträge, so wie das Landesarbeitsgericht diese Verknüpfung verstand, ungeeignet war, seinem offenkundigen Begehren auf Schadensersatz in Form der Geldentschädigung Rechnung zu tragen. Da die Entscheidung über den Zahlungsantrag auf diesem Verfahrensfehler beruht, konnte das Urteil keinen Bestand haben.
B. Der Senat konnte die Sache allerdings nicht abschließend entscheiden, weil das Landesarbeitsgericht keine Tatsachen zur Beurteilung des von ihm nicht behandelten Antrags festgestellt hat. Das wird es nachzuholen und dabei folgendes zu beachten haben:
I. Der Zahlungsantrag kann aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes begründet sein, weil die Beklagte den Kläger im Anschluß an seine Berufsausbildung zu Unrecht nicht nach § 3 TV BS in ein Arbeitsverhältnis übernommen hat.
1. Der erkennende Senat hat im Anschluß an das Senatsurteil vom 14. Mai 1997 (– 7 AZR 159/96 – AP Nr. 2 zu § 611 BGB Übernahme ins Arbeitsverhältnis, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen) mit Urteilen vom 14. Oktober 1997 (– 7 AZR 298/96 – und – 7 AZR 811/96 –, beide ebenfalls zur Veröffentlichung vorgesehen, jeweils zu I 1 bis I 4 der Gründe; vgl. auch Senatsurteil vom 12. November 1997 – 7 AZR 422/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen, zu I 2 der Gründe) entschieden, daß die Bestimmung der Nr. 3 TV BS zwar nicht zur automatischen Begründung eines Arbeitsverhältnisses führt, wohl aber den ausbildenden Arbeitgeber verpflichtet, dem Auszubildenden im unmittelbaren Anschluß an die erfolgreich bestandene Abschlußprüfung die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis für die Dauer von mindestens sechs Monaten anzubieten, soweit kein tariflicher Ausnahmetatbestand vorliegt.
a) Der Senat hat ausgeführt, daß die Tarifnorm der Nr. 3 TV BS ein an den Arbeitgeber gerichtetes Einstellungsgebot enthält, das von § 1 Abs. 1 TVG gedeckt ist. Das gilt entgegen der im vorliegenden Rechtsstreit vertieften Rechtsauffassung der Beklagten auch für Normen zur Regelung bereits laufender Rechtsverhältnisse. Auch sie entstehen in Ausübung kollektiver Privatautonomie und beruhen mittelbar auf dem Willen des tarifgebundenen Arbeitgebers, der mit dem Verbandsbeitritt seinen Verband zum Abschluß von Normen legitimiert hat. Der Verbandsbeitritt bewirkt die Unterwerfung unter geltendes und künftiges Tarifrecht. Soweit dadurch Grundrechte der einzelnen Verbandsmitglieder nach Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 GG durch überraschende wie z.B. „rückwirkende” Regelungen beeinträchtigt werden, üben die staatlichen Gerichte als Grundrechtsverpflichtete im Sinne des Art. 1 Abs. 3 GG im Rahmen der ihnen obliegenden Schutzpflicht die Kontrolle darüber aus, ob die grundrechtlichen Belange der Koalitionsmitglieder in angemessener Weise berücksichtigt sind. So verhält es sich im Streitfall, wie der Senat in seinen bereits angezogenen Urteilen vom 14. Oktober 1997 (BAG, a.a.O.) ausführlich dargelegt hat. Das gilt auch hinsichtlich des Einstellungsgebots für bereits beschäftigte Auszubildende. Bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen und von Ausbildungsverhältnissen muß der Arbeitgeber stets damit rechnen, daß ihm die Tarifvertragsparteien hinsichtlich dieser Arbeitsverhältnisse später zusätzliche unmittelbar und zwingend geltende Verpflichtungen auferlegen. Im übrigen handelt es sich nicht um eine echte Rückwirkung im Sinne des verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbots, weil nicht in einen abgeschlossenen Tatbestand eingegriffen wird.
b) Aufgrund der Nr. 3 TV BS kann der Auszubildende vom Arbeitgeber nur den Abschluß eines Arbeitsvertrages für die Dauer von sechs Monaten verlangen, nicht aber für einen längeren Zeitraum oder auf unbestimmte Dauer. Dies ergibt sich auch aus dem Zweck der tariflichen Regelung. Die Tarifvertragsparteien haben verhindern wollen, daß der Auszubildende im unmittelbaren Anschluß an seine Berufsausbildung arbeitslos wird. Die Vermeidung einer solchen Anschlußarbeitslosigkeit dient zwei Zwecken: Zum einen soll dem Auszubildenden durch eine an das Ausbildungsverhältnis anschließende Weiterbeschäftigung in einem Arbeitsverhältnis der Erwerb von Berufspraxis ermöglicht werden, um seine Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Zum anderen soll für den Fall einer sich an das sechsmonatige Arbeitsverhältnis anschließenden Arbeitslosigkeit erreicht werden, daß dem etwa später zu beanspruchenden Arbeitslosengeld gemäß § 112 Abs. 2 des damals geltenden AFG der in dem sechsmonatigen Arbeitsverhältnis erzielte Verdienst und nicht gemäß § 112 Abs. 5 Satz 2 AFG die niedrigere Ausbildungsvergütung zugrunde gelegt wird.
2. Der erkennende Senat hat in seinen oben angeführten Urteilen vom 14. Oktober 1997 (– 7 AZR 298/96 –, zu III der Gründe, und – 7 AZR 811/96 –, zu I 6 b der Gründe) entschieden, daß der ausbildende Arbeitgeber, sofern der Auszubildende seine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis nach Abschluß der Ausbildung verlangt hat, durch eine pflichtwidrige und schuldhafte Verweigerung der Abgabe eines der Tarifnorm entsprechenden Angebots in Schuldnerverzug geraten kann. Wird während des Schuldnerverzugs die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Auszubildenden für die Dauer von sechs Monaten in einem Arbeitsverhältnis zu beschäftigen, infolge Zeitablaufs unmöglich, ist er dem Auszubildenden nach § 280 in Verb, mit §§ 284, 287 Satz 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Ein solcher Schadensersatzanspruch des Auszubildenden ist jedoch nur auf eine Entschädigung in Geld gemäß § 251 Abs. 1 BGB gerichtet. Denn der Zustand, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 Satz 1 BGB), läßt sich nicht mehr dadurch herbeiführen, daß der Auszubildende erst längere Zeit nach Abschluß der Berufsausbildung in ein Arbeitsverhältnis übernommen wird, weil hierdurch die Zwecke der Tarifnorm nicht mehr erreicht werden könnten.
II.1. Infolgedessen wird das Landesarbeitsgericht auf der Grundlage der bereits angeführten Senatsurteile vom 14. Oktober 1997 (– 7 AZR 298/96 –, zu II 1 b der Gründe; und – 7 AZR 811/96 –, zu III 1 der Gründe) zunächst zu prüfen haben, ob die Beklagte zur Übernahme des Klägers verpflichtet war oder ob dieser Übernahme personenbedingte Gründe im Sinne der Nr. 3.1 TV BS entgegenstanden. Dabei wird das Landesarbeitsgericht davon auszugehen haben, daß die Tarifvertragsparteien den Begriff der „personenbedingten Gründe” nicht im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG verstanden wissen wollten. Denn beim TV BS geht es nicht um die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein bereits bestehendes bestandsgeschütztes Arbeitsverhältnis durch Kündigung aufgelöst werden kann, sondern darum, ob ein Arbeitsverhältnis überhaupt erst begründet werden soll. Auch die dem § 1 Abs. 2 KSchG zugrunde liegende Unterscheidung zwischen in der Person bzw. in dem Verhalten liegenden Gründen entspricht nicht dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien. Es kann nicht angenommen werden, die Tarifvertragsparteien hätten etwa in Fällen grober Pflichtverletzungen, die sich auf die Durchführung eines Arbeitsverhältnisses belastender auswirken können als Gründe in der Person des Auszubildenden, dem Arbeitgeber keine Möglichkeit zur Ablehnung der Übernahme einräumen wollen. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die Tarifvertragsparteien mit dem Begriff „personenbedingt” in Nr. 3.1 TV BS (im Gegensatz zu den aus der Arbeitgebersphäre stammenden Gründen der Nr. 3.2 TV BS) die aus der Sphäre des Auszubildenden stammenden und damit auch verhaltensbedingten Gründe erfassen wollten.
Schon hieraus ergibt sich, daß sich die tatrichterliche Würdigung, ob die im konkreten Einzelfall geltend gemachten „personenbedingten Gründe” einer Übernahme des Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis im Sinne der Nr. 3.1 TV BS „entgegenstehen”, nicht an vergleichbaren Begriffen des Kündigungsschutzgesetzes, sondern nur an Sinn und Zweck dieser tariflichen Regelung zu orientieren hat, wie er oben näher beschrieben worden ist. Beide dort genannten Zwecke sollen nach den Vorstellungen der Tarifvertragsparteien durch den Austausch von Leistung und Gegenleistung in einem funktionierenden Arbeitsverhältnis und nicht durch eine einseitige Leistung des Arbeitgebers an den Auszubildenden erreicht werden. Deshalb sind als „entgegenstehende personenbedingte Gründe” in erster Linie solche Umstände anzusehen, die einem zweckentsprechenden Vollzug des Arbeitsverhältnisses, auch unter dem Gesichtspunkt einer angemessenen Arbeitsleistung und/oder einem vertragsgerechten Verhalten des übernommenen Auszubildenden, in Frage stellen können.
Tatsachen für eine derartige Beeinträchtigung eines künftigen Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber darzulegen. Denn mit der Geltendmachung eines vom Regelfall abweichenden Ausnahmetatbestands macht der Arbeitgeber eine rechtsvernichtende Einwendung geltend. Der Arbeitgeber genügt seiner Darlegungslast nicht mit dem bloßen Hinweis auf vergangene Ereignisse, wie etwa während des Ausbildungsverhältnisses eingetretene Fehlzeiten. Erforderlich ist vielmehr eine Prognose des Arbeitgebers, in welcher Weise und in welchem Ausmaß das Arbeitsverhältnis durch zu erwartende Fehlzeiten in seiner zukünftigen Durchführung belastet sein werde. Hierfür können zwar in der Vergangenheit liegende krankheitsbedingte Fehlzeiten ein Indiz sein; dies erspart aber nicht den Vortrag des Arbeitgebers über Art und Umfang der drohenden Beeinträchtigung des ggf. nur sechs Monate andauernden Arbeitsverhältnisses. Da es an dieser Darlegung bisher fehlt, wird das Landesarbeitsgericht im erneuten Berufungsverfahren den Parteien insoweit Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu geben haben.
2. Die Ansicht der Beklagten, selbst bei Annahme einer objektiven Pflichtverletzung fehle es an ihrem Verschulden, weil ein entschuldbarer Rechtsirrtum über den Inhalt der unklaren und nicht leicht zu durchschauenden Tarifregelung vorliege, ist unzutreffend. Für das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums reicht es nicht aus, daß die Rechtslage ungeklärt ist. Darüber hinaus ist erforderlich, daß der Schuldner die Rechtslage sorgfältig geprüft und gewichtige Anhaltspunkte für die Richtigkeit der von ihm vertretenen Rechtsmeinung gefunden hat. Es genügt nicht, daß er sich auf eine ihm günstige Ansicht im Schrifttum berufen kann, wohl aber die Berufung auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (BAG Urteil vom 12. November 1992 – 8 AZR 503/91 – BAGE 71, 350 = AP Nr. 1 zu § 285 BGB). Im Streitfall ist weder ersichtlich, daß die Beklagte die Rechtslage sorgfältig geprüft hätte, noch hat sie auf Anhaltspunkte verweisen können, die die von ihr vertretene Rechtsmeinung als richtig erscheinen ließe. Wenn die Beklagte die ungeklärte Rechtslage ohne derartige konkrete Anhaltspunkte ausschließlich in einem ihr günstigen Sinne verstand, handelte sie auf eigenes Risiko.
3. Entgegen der Ansicht der Beklagten wäre ein Schadensersatzanspruch des Klägers nicht nach § 18 des Manteltarifvertrags für Arbeiter und Angestellte in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden verfallen. Denn ein Arbeitsverhältnis ist zwischen den Parteien nicht begründet worden; für Ausbildungsverhältnisse gilt die Ausschlußfrist gemäß § 1.1.3.3 dieses Manteltarifvertrags nicht. Der Manteltarifvertrag für Auszubildende in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden enthält ebensowenig eine Ausschlußfrist wie der TV BS. In der Protokollnotiz zum TV BS wird lediglich bestimmt, daß für den TV BS die Geltungsbereiche der Manteltarifverträge für Arbeiter und Angestellte sowie für Auszubildende maßgebend sind. Diese Vorschrift regelt mithin nur den Geltungsbereich des TV BS und macht die übrigen Bestimmungen der Manteltarifverträge nicht zu seinem Inhalt.
4. Zur Höhe eines möglichen Schadensersatzanspruchs kann der Senat wegen des Fehlens tatsächlicher Feststellungen keine näheren Hinweise geben. Das Landesarbeitsgericht wird zu klären haben, aufweiche Art von Beschäftigung das Übernahmeangebot hätte gerichtet sein müssen, um den tarifvertraglichen Anspruch des Klägers zu erfüllen. Danach richtet sich die Bestimmung des Arbeitsentgelts nach Art und Höhe, das die Beklagte dem Kläger zu entrichten gehabt hätte. Das ausgefallene Arbeitsentgelt ist seinerseits Grundlage für die Bestimmung des Geldersatzanspruchs.
Unterschriften
Dörner, Steckhan, Schmidt, Straub, Schiele
Fundstellen