Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Übung. Pauschale Überstundenvergütung. Überstunden. pauschale Überstundenvergütung. betriebliche Übung im öffentlichen Dienst. regelmäßige Arbeitszeit bei der Feuerwehr. „vorübergehende Festlegung” einer Pauschalzahlung. Arbeitsleistung und Bereitschaftsdienst bei der Feuerwehr. Katastrophenschutz
Orientierungssatz
1. Die „vorübergehende Festlegung” von pauschalen Zahlungen für Überstunden in einer Dienststelle (hier: Feuerwehr) aus Anlaß einer Unsicherheit über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit begründet auch bei mehrjähriger Zahlung keinen dauerhaften Anspruch. Vielmehr müssen die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes stets mit einer Klärung der Rechtslage rechnen. Der Arbeitgeber kann jederzeit zu einer Vergütung nach dem maßgeblichen Tarifrecht übergehen. Ebenso können die Arbeitnehmer jederzeit eine korrekte tarifliche Vergütung der Überstunden einfordern.
2. Der Arbeitnehmer, der die Vergütung von Überstunden fordert, muß im einzelnen darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat (st. Rechtsprechung, zuletzt BAG 17. April 2002 – 5 AZR 644/00 – zVv. mwN). Er muß darlegen, welche geschuldete Tätigkeit er ausgeführt hat. Das gilt auch dann, wenn streitig ist, ob Arbeitsleistung oder Bereitschaftsdienst angefallen ist.
3. Die Tätigkeit eines Gerätewarts und Gruppenführers bei der kommunalen Berufsfeuerwehr ist spezifische Tätigkeit bei den Katastrophenschutzdiensten gem. Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 89/391/EWG vom 12. Juni 1989.
Normenkette
BGB § 145 ff., § 242
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Brandenburg vom 23. Januar 2001 – 2 Sa 517/00 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um Überstundenvergütung.
Der Kläger ist seit dem 1. Juni 1992 als Gerätewart und Gruppenführer der Feuerwehr bei der Beklagten beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 30. Juni 1992 zugrunde, der eine durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 56 Stunden vorsieht. Kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit gelten die einschlägigen Tarifverträge des öffentlichen Dienstes. Außerdem verweist der Arbeitsvertrag auf den Bundes-Angestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung sowie auf die für Angestellte des Arbeitgebers im Gebiet nach Art. 3 des Einigungsvertrags jeweils geltenden sonstigen Regelungen. Der Kläger war zunächst in VergGr. VII BAT-O, dann in VergGr. VI b BAT-O eingruppiert.
Am 9. Oktober 1991 fand eine „Arbeitsbesprechung Feuerwehr” im Hauptamt der Beklagten statt, an der der Wehrleiter, vier Feuerwehrleute (ABM), der amtierende Bürgermeister und die Hauptamtsleiterin teilnahmen. Darüber verhält sich eine von der Hauptamtsleiterin unterzeichnete Aktennotiz vom 21. Oktober 1991. Hiernach führte der Wehrleiter H am 9. Oktober 1991 ua. aus, ein Problem bestehe darin, daß mit vier Leuten die Schichtbesetzung nicht abgesichert werden könne, deshalb erhöht Überstunden aufträten und des weiteren bisher (ab 1. Juli 1991) keine Bezahlung der Überstunden, der Nacht- und Wochenendarbeit erfolgt sei. In der Aktennotiz heißt es abschließend:
„Für die Bezahlung der Überstunden wird vorübergehend eine pauschale Bezahlung von 40 h im Monat festgelegt.”
Die Beklagte zahlte dann ab Dezember 1991 entsprechende monatliche Pauschalvergütungen für Überstunden. Auch der Kläger erhielt seit dem Beginn des Vertragsverhältnisses die als persönliche Zulage bezeichnete Pauschalvergütung, zuletzt in Höhe von 1.407,70 DM brutto/Monat. Zum 1. Januar 1999 stellte die Beklagte die Zahlung der Zulage ein.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 17. Juni 1999 die Weiterzahlung der Zulage von der Beklagten verlangt und dieses Begehren mit der vorliegenden Klage für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis 30. April 2000 weiterverfolgt. Er hat geltend gemacht, er habe eine auf die pauschale Bezahlung von Überstunden gerichtete arbeitsvertragliche Vereinbarung. Jedenfalls bestehe eine entsprechende betriebliche Übung. Die Beklagte habe sich über die Grundlagen der Zahlung nicht geirrt; ein etwaiger Irrtum sei jedenfalls unbeachtlich. Da seine regelmäßige Normalarbeitszeit höchstens 40 Stunden/Woche betrage, habe er auch zu vergütende Überstunden geleistet. Er arbeite ständig an fünf Tagen in der Woche jeweils elf Stunden, nämlich von 6.00 bis 18.00 bzw. 18.00 bis 6.00 Uhr mit zweimal einer halben Stunde Pause. Er leiste keinen Bereitschaftsdienst, sondern ausweislich des Schichtplans ausschließlich voll zu vergütende Arbeit. Hilfsweise hat der Kläger sein Zahlungsbegehren auf einen Vergütungsanspruch für die Ableistung von drei Überstunden täglich gestützt. Der Kläger hat, soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse, beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 22.516,90 DM brutto nebst 4 % Zinsen nach bestimmter Staffel zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Ein tariflicher oder einzelvertraglicher Anspruch auf die persönliche Zulage bestehe nicht. In der Vergangenheit habe sie die regelmäßige Arbeitszeit falsch beurteilt und die persönliche Zulage rechtsirrtümlich gezahlt. Seit dem 21. April 1999 sei auf das Arbeitsverhältnis die Verordnung über die Arbeitszeit für die Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes in den Feuerwehren und den Leitstellen der Landkreise im Land Brandenburg (AZV Feu) anzuwenden. Der Kläger leiste in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst. Überstunden seien nicht angefallen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, da der Kläger weder eine persönliche Zulage noch Überstundenvergütung für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 30. April 2000 beanspruchen kann.
I. Der Anspruch auf die pauschale Zulage ergibt sich nicht aus Tarifrecht. Der Kläger beruft sich auch nicht auf tarifliche Vorschriften. Ebensowenig ist ein derartiger Anspruch in „sonstigen Regelungen” begründet, die im Arbeitsvertrag in Bezug genommen sind.
II. Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 30. Juni 1992 regelt keine Zulage. Die Beklagte hat dem Kläger darüber hinaus kein ausdrückliches Angebot gemacht, das der Kläger gem. § 151 BGB angenommen haben könnte. Ob die Erklärung vom 9. Oktober 1991 ein Angebot iSd. Rechtsgeschäftslehre (§ 145 BGB) darstellt und welchen Inhalt ein etwaiges Angebot hätte, kann dahinstehen; denn die Erklärung vom 9. Oktober 1991 ist nicht gegenüber dem Kläger abgegeben worden, der zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bei der Beklagten beschäftigt war.
III. Die Beklagte hat auch keine stillschweigende Erklärung abgegeben, dauerhaft eine pauschale Überstundenvergütung zu zahlen.
1. Zwar wurden pauschale Zulagen gezahlt, als der Kläger das Arbeitsverhältnis aufnahm. Die Beklagte behielt diese Handhabung dann über mehrere Jahre bei. Daraus durfte der Kläger aber nicht schließen, sie werde die Zahlung auf Dauer unabhängig von der tatsächlichen Rechtslage fortführen. Der Kläger hat nichts dafür vorgetragen, daß er hierauf vertrauen konnte. Vielmehr hat das Landesarbeitsgericht zutreffend darauf hingewiesen, der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes wolle im Zweifel Normenvollzug betreiben und sei dazu auch verpflichtet. Die durch Anweisungen vorgesetzter Dienststellen, Verwaltungsrichtlinien, Verordnungen und gesetzliche Regelungen, vor allem aber durch die Festlegungen des Haushaltsplans gebundenen öffentlichen Arbeitgeber sind anders als private Arbeitgeber gehalten, die Mindestbedingungen des Tarifrechts und die Haushaltsvorgaben bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen zu beachten. Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes muß grundsätzlich davon ausgehen, daß ihm sein Arbeitgeber nur die Leistungen gewähren will, zu denen er rechtlich verpflichtet ist. Ohne besondere Anhaltspunkte darf der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst deshalb auch bei langjähriger Gewährung von Vergünstigungen, die den Rahmen rechtlicher Verpflichtungen überschreiten, nicht darauf vertrauen, die Übung sei Vertragsinhalt geworden und werde unbefristet weitergewährt. Der Arbeitnehmer muß damit rechnen, daß eine fehlerhafte Rechtsanwendung korrigiert wird (BAG 14. September 1994 – 5 AZR 679/93 – AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 46 = EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 32, zu II 1 b der Gründe mwN).
2. Die anwendbaren tariflichen oder sonstigen Vorschriften sahen eine pauschale Zulage für Überstunden zu keiner Zeit vor. Allerdings war dies den Parteien von Anfang an bekannt. Gleichwohl trat keine dauerhafte Bindung ein. Der Kläger konnte sich über den Grund der Zahlung, nämlich die Besprechung vom 9. Oktober 1991, informieren. Danach wollten ersichtlich weder die Arbeitgeberin noch die Arbeitnehmer auf eine korrekte Abrechnung und Vergütung von Überstunden auf Dauer verzichten; vielmehr sollte „vorübergehend” eine pauschale Bezahlung erfolgen. „Vorübergehend” bezeichnet angesichts der bei der Beklagten bestehenden Unklarheiten über die Grundlagen der Vergütung keinen zeitlich fest bestimmten, auch nicht lediglich einen kurzen Zeitraum; denn es bedurfte aus der Sicht der Beteiligten einer Klärung, die auf verschiedene Art und Weise möglich erschien. Insbesondere kam nicht nur eine Änderung der Rechtslage, zB durch Verbeamtung der Feuerwehrleute oder Schaffung eines neuen Tarif- oder Beamtenrechts infrage, vielmehr hatten die Arbeitnehmer jederzeit auch mit einer Klärung der bestehenden Rechtslage durch die Beklagte zu rechnen. Daß eine Klärung dann jahrelang nicht erfolgte, führt nicht dazu, daß die Zulage an die Stelle einer tariflichen Überstundenvergütung trat oder unabhängig von Ableistung und Umfang der Überstunden zu zahlen war. Ein entsprechendes Vertrauen des Klägers wäre nicht gerechtfertigt, weil der Kläger nach den Umständen annehmen mußte, die Beklagte werde als Arbeitgeberin des öffentlichen Dienstes zu einer tarifgerechten Handhabung zurückkehren. Dies sollte offenbar sobald wie möglich geschehen. Die nur vorübergehende Festlegung ohne nähere Bestimmung erlaubt nicht die Annahme einer weitergehenden Bindung; denn eine übertarifliche Leistung sollte erkennbar gerade nicht gewährt werden. Darauf beruft sich der Kläger auch nicht.
3. Danach kommt es entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht darauf an, ob sich die Beklagte geirrt hat. Die fehlende Bindung resultiert nicht aus einer irrtümlichen Annahme der Leistungspflicht. Die Beklagte hat die Zahlung nie auf Vorschriften gestützt, die einen solchen Anspruch nicht vorsehen. Vielmehr war bekannt, daß eine pauschale Zulage im „Regelwerk” nicht vorgesehen war. Wenn man sich gleichwohl auf eine solche verständigte, dann sollte dies weder eine übertarifliche Leistung, noch eine auf Dauer verbindliche, die Tariflage ersetzende Regelung darstellen, sondern der seinerzeit gegebenen Unsicherheit über die regelmäßige Arbeitszeit bei der Feuerwehr Rechnung tragen. Die Beklagte irrte auch nicht über die regelmäßige Arbeitszeit als der Grundlage für die Normalvergütung; dann hätte es keiner pauschalen Zulage bedurft. Vielmehr bestand eine Ungewißheit, die Veranlassung zu einer vorübergehenden Pauschalvergütung gab. Deshalb mußte allen Beteiligten nach Sinn und Zweck der Festlegung vom 9. Oktober 1991 klar sein, daß die Beklagte hinsichtlich der Behandlung etwaiger Überstunden jederzeit zu der bestehenden tariflichen Rechtslage übergehen durfte. Auch die Arbeitnehmer durften jederzeit eine korrekte Vergütung der Überstunden einfordern.
4. Die Beklagte hat deshalb zu Recht ab dem 1. Januar 1999 von der weiteren Zahlung der tariflich nicht vorgesehenen und einzelvertraglich nicht vereinbarten Zulage Abstand genommen. Sie brauchte dazu keinen besonderen Grund, sondern konnte erklären, die Behandlung der Überstunden erfolge nunmehr nach den maßgeblichen Tarifverträgen und den sonstigen anwendbaren Regelungen.
IV. Danach lag auch eine auf dauerhafte Zahlung einer Pauschalvergütung gerichtete betriebliche Übung nicht vor. Eine betriebliche Übung setzt voraus, daß eine bestimmte betriebliche Praxis den Schluß erlaubt, der Arbeitgeber wolle sich vertragsrechtlich in bestimmter Weise binden (BAG 14. September 1994 aaO, zu II 1 a der Gründe; 21. Januar 1997 – 1 AZR 572/96 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 64 = EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 36, zu II 2 b aa der Gründe; 13. März 2002 – 5 AZR 755/00 – nv., mwN). Wie ausgeführt, durften die Arbeitnehmer weder nach der Erklärung vom 9. Oktober 1991 noch nach der anschließenden Handhabung darauf vertrauen, die Beklagte werde die Pauschalzahlungen beibehalten und nicht zu einer tarifgerechten Überstundenvergütung übergehen. Die Arbeitnehmer mußten auch damit rechnen, daß die Beklagte den Zeitpunkt hierfür nach ihren Vorstellungen wählen werde, so wie sie selbst eine „exakte” Überstundenvergütung beanspruchen konnten, sobald ihnen das opportun erschien.
V. Das Landesarbeitsgericht hat den Anspruch auf Überstundenvergütung gem. § 611 BGB iVm. tariflichen Vorschriften im Ergebnis zutreffend verneint.
1. Der Arbeitnehmer, der die Vergütung von Überstunden fordert, muß im einzelnen darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Der Anspruch auf Überstundenvergütung setzt ferner voraus, daß die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren (BAG 17. April 2002 – 5 AZR 644/00 – zVv., mwN). Der Arbeitnehmer muß darlegen, von welcher Normalarbeitszeit er ausgeht und daß er tatsächlich gearbeitet hat. Ist streitig, ob in einem Zeitraum Arbeitsleistungen erbracht wurden, trifft den Arbeitnehmer nach den allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast. Der Arbeitnehmer muß darlegen, welche (geschuldete) Tätigkeit er ausgeführt hat. Das gilt auch dann, wenn streitig ist, ob Arbeitsleistung oder Bereitschaftsdienst angefallen ist. Je nach der Einlassung des Arbeitgebers besteht eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast (vgl. auch BAG 24. Oktober 2001 – 5 AZR 245/00 – zVv., zu I 1 der Gründe).
2. Das Landesarbeitsgericht hat diese Maßstäbe angelegt. Erhebliche Rechtsfehler hat die Revision nicht gerügt.
a) Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, daß und in welchem Umfang er Überstunden für die Beklagte geleistet habe. Aus den eingereichten Unterlagen ergebe sich lediglich die Anwesenheit am Arbeitsplatz über 40 Wochenstunden hinaus. Der Wochendienstplan sei so allgemein gehalten, daß eine konkrete Arbeitsleistung des Klägers nicht ersichtlich werde. Dies gelte insbesondere für die Fülle von theoretischen Seminaren und Ausbildungsthemen. Auch die Wartungs- und Pflegedienste sowie die Überprüfungshandlungen für das technische Gerät nähmen einen derartig großen Zeitraum im Tagesablauf ein, daß nicht zu erkennen sei, welche konkreten Tätigkeiten der Kläger als Überstunden für die Beklagte erbracht habe. Dazu hätte der Kläger, jedenfalls nach dem Einwand der Beklagten, der Kläger habe in erheblichem Maße Bereitschaftsdienst entsprechend der AZV Feu geleistet, gem. der gerichtlichen Auflage näher vortragen müssen. Schließlich seien die aktuellen Einsätze zu berücksichtigen, zu deren Häufigkeit und Umfang der Kläger ebenfalls nichts weiter mitgeteilt habe.
b) Die Revision bringt gegen diese Würdigung des Sachvortrags des Klägers nur vor, das Gericht hätte einen Hinweis geben müssen, wenn es die Dienstpläne und exemplarischen Tagesabläufe nicht als ausreichend ansehe, um den Arbeitseinsatz des Klägers feststellen zu können. Diese Rüge ist unzulässig, weil die Revision nicht ausführt, was der Kläger auf einen entsprechenden Hinweis ergänzend vorgetragen hätte. Im übrigen hat das Landesarbeitsgericht im Auflagenbeschluß vom 20. Dezember 2000 einen deutlichen Hinweis gegeben. Dem ist der Kläger nicht nachgekommen; er hat nur seinen bisherigen Sachvortrag wiederholt.
c) Danach ist die Ableistung von Überstunden nicht wie erforderlich dargelegt. Die auf der Würdigung des Klagevortrags beruhende Feststellung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe nicht über 40 Stunden wöchentlich hinaus gearbeitet (bzw. entsprechende Arbeit nicht ausreichend dargelegt), ist für das Revisionsgericht bindend (§ 561 Abs. 2 ZPO). Das Landesarbeitsgericht hat die Anforderungen an die Substantiierung nicht überspannt, sondern zu Recht deswegen hoch angesetzt, weil eine elfstündige Arbeitsleistung je Schicht auf Grund der ständigen Wiederholung des Programms sowohl tagsüber als auch nachts sehr unwahrscheinlich erscheint.
3. Soweit der Kläger Bereitschaftsdienst geleistet hat, kommt ihm die Richtlinie des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (93/104/EG) vom 23. November 1993 – ABl. EG Nr. L307 vom 13. Dezember 1993, S 18 – nicht zugute.
a) Nach deren Artikel 2 Ziff. 1 ist Arbeitszeit iSd. Richtlinie jede Zeitspanne, während der ein Arbeitnehmer gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt. Zwar hat der EuGH mit Urteil vom 3. Oktober 2000 (- Rs C 303/98 – Simap – AP EWG-Richtlinie Nr. 93/104 Nr. 2 = NZA 2000, 1227) entschieden, daß ein ärztlicher Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit in der Gesundheitseinrichtung insgesamt als Arbeitszeit und ggf. als Überstunden im Sinne der Richtlinie anzusehen sei. Doch hat der EuGH vergütungsrechtliche Konsequenzen bisher nicht gezogen. Insoweit hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts (29. November 2001 – 4 AZR 736/00 – zVv., zu II 5 c bb der Gründe) darauf hingewiesen, die Entscheidung des EuGH betreffe allein die Frage, ob Bereitschaftsdienst Arbeitszeit im Sinne des öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzes sei (vgl. auch LAG Schleswig-Holstein 18. Dezember 2001 – 1 Sa 116 b/01 – DB 2002, 693).
b) Der Senat braucht zu der Frage, ob die Ableistung von Bereitschaftsdienst unter europarechtlichen Gesichtspunkten eine Vergütung nach Maßgabe der regulären Arbeitszeit erfordert, nicht Stellung zu nehmen. Die Richtlinie 93/104/EG findet auf den Kläger keine Anwendung.
aa) Die genannte Richtlinie findet nach ihrem Artikel 1 Abs. 3 mit bestimmten Ausnahmen Anwendung auf alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche im Sinne des Art. 2 der Richtlinie 89/391/EWG vom 12. Juni 1989 (ABl. EG Nr. L183 vom 29. Juni 1989, Seite 1). Die Richtlinie 89/391/EWG findet nach ihrem Art. 2 Abs. 2 keine Anwendung, soweit dem Besonderheiten bestimmter spezifischer Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, zB bei den Streitkräften oder der Polizei, oder bestimmter spezifischer Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten zwingend entgegenstehen. In diesen Fällen ist dafür Sorge zu tragen, daß unter Berücksichtigung der Ziele der Richtlinie eine größtmögliche Sicherheit und ein größtmöglicher Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer gewährleistet ist. Zum Anwendungsbereich der Richtlinien hat der EuGH im Urteil vom 3. Oktober 2000 (aaO) unter Nr. 32 – 36 ausgeführt, die Ausnahme nach Art. 2 Abs. 2 der Grundrichtlinie beziehe sich auf bestimmte spezifische Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung gewährleisten sollen und für ein geordnetes Gemeinwesen unentbehrlich sind (ebenso EuGH 3. Juli 2001 – Rs C 241/99 – AuR 2001, 355).
bb) Diese Ausnahme erstreckt sich demnach gerade auch auf den Bereich der Feuerwehr. Das entspricht dem Wortlaut und dem Zweck der Vorschrift und ist so eindeutig, daß es einer Vorlage an den EuGH nicht bedarf. Wollte man die Feuerwehr nicht als Katastrophenschutzdienst ansehen, bliebe keine Ausnahme mehr übrig. Die Tätigkeit des Klägers betrifft gerade auch den spezifischen Katastrophenschutzeinsatz. Mit der Tätigkeit eines Rettungsassistenten in einem bodengebundenen Rettungsdienst (vgl. Anfragebeschluß des ArbG Lörrach 26. September 2001 – 5 Ca 147/01 – AuR 2002, 114) ist sie nicht ohne weiteres gleichzusetzen. Ein nicht bekämpfter Brand führt nämlich regelmäßig zu einer Katastrophe, während das hinsichtlich der Bergung der Verletzten bei einem Unfall oder hinsichtlich des Transports von kranken Menschen nicht auf der Hand liegt.
4. Auf die weitere Begründung des Landesarbeitsgerichts, es fehle an der zeitlichen Zuordnung der Überstunden, und auf die hiergegen gerichteten Rügen der Revision kommt es danach nicht an. Ebenso ist die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers nicht erheblich. Jedenfalls hat der Kläger nicht in einer Leitstelle (§ 5 AZV Feu) gearbeitet. Findet § 4 AZV Feu Anwendung, hat der Kläger sogar noch eine Stunde wöchentlich zu wenig gearbeitet (Bereitschaftsdienst geleistet).
VI. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Müller-Glöge, Mikosch, Linck, Mandrossa, Sappa
Fundstellen
Haufe-Index 770834 |
BuW 2003, 38 |
ARST 2003, 23 |
NZA 2003, 120 |
ZTR 2002, 544 |
EzA-SD 2002, 7 |
EzA |
PersV 2002, 457 |
ZfPR 2003, 50 |
NJOZ 2003, 1929 |