Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang des Direktionsrechts
Orientierungssatz
1. Eine Feststellungsklage (§ 256 ZPO) muß sich aber nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis im ganzen erstrecken, sie kann vielmehr auch - wie hier - einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis betreffen, wie bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder den Umfang einer Leistungspflicht.
2. Ein rechtlicher Interesse an der alsbaldigen Feststellung besteht immer dann, wenn dem Recht oder der Rechtslage eines Klägers die gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und ein Feststellungsurteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen.
3. Das Direktionsrecht (Weisungsrecht) ist das Recht des Arbeitgebers, die Arbeitsbedingungen, insbesondere Art, Zeit und Ort der Arbeitsleistung, einseitig zu bestimmen. Es beruht auf dem Arbeitsvertrag und gehört zum wesentlichen Inhalt eines jeden Arbeitsverhältnisses. Das Direktionsrecht kann aber nur so weit ausgeübt werden, wie ihm gesetzliche, tarifliche oder einzelvertragliche Regelungen nicht entgegenstehen.
4. Hier hat sich die Arbeitspflicht des leitenden Redakteurs durch eine Dienstanweisung in einer festgelegten Art und Weise konkretisiert, so daß die Dienstanweisung Vertragsinhalt wurde und auch zukünftig die Arbeitsleistung konkretisiert. Diese besondere Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses mußte im Lauf von mehr als eineinhalb Jahrzehnten das Vertrauen des Arbeitnehmers darauf begründen, seine Stellung habe sich in bestimmter Weise verfestigt und werde nicht mehr zu seinem Nachteil verändert werden. Das Direktionsrecht ist insoweit eingeschränkt.
Normenkette
BGB § 611; ZPO § 256
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 16.03.1987; Aktenzeichen 6 Sa 1163/86) |
ArbG Bonn (Entscheidung vom 30.09.1986; Aktenzeichen 2/5 Ca 952/86) |
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Umfang des Direktionsrechts des Beklagten im Verhältnis zum Kläger.
Der Kläger ist seit dem 1. Oktober 1969 als Leitender Redakteur im Bonner Büro des Beklagten beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 7. Oktober 1969 heißt es u. a. wie folgt:
"§ 1
(1) Der Arbeitnehmer wird mit Wirkung vom 01.10.1969
beim Saarländischen Rundfunk als Leitender Redakteur
auf unbestimmte Zeit eingestellt.
...
(3) Beschäftigungsort ist Bonn.
(4) Der Arbeitnehmer hat bei der Erfüllung seiner dienst-
lichen Verpflichtungen den gesetzlichen Bestimmungen,
den Dienstanweisungen und den Anordnungen seiner
Vorgesetzten nachzukommen.
(5) Soweit sich aus diesem Vertrag nichts anderes
ergibt, finden auf das Arbeitsverhältnis die Bestim-
mungen des Manteltarifvertages in seiner jeweils
gültigen Fassung Anwendung.
§ 2
(1) Aufgabengebiet:
Leitender Redakteur
...
(3) ...Eine andere gleichwertige Beschäftigung des
Arbeitnehmers im Bereich des Hör- und Fernseh-
rundfunks ist unter Beibehaltung der in diesem
Vertrag vereinbarten Rechte des Arbeitnehmers möglich.
...
§ 10
(1) Mündliche Abreden sind nicht getroffen.
Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages be-
dürfen der Schriftform.
..."
Am 12. November 1969 erließ der Beklagte eine Dienstanweisung mit folgendem Wortlaut:
"Dienstanweisung für das Bonner Büro des Saarländischen
-------------------------------------------------------
Rundfunks
---------
Die beiden Redakteure des Bonner Büros sind gleichberech-
tigte Korrespondenten des Saarländischen Rundfunks. In ihrer
journalistischen Arbeit sind sie voneinander unabhängig.
In den Fragen der Organisation der Arbeit, der Gestaltung
des Dienstplanes und der finanziellen Aufwendungen sind
sie auf Zusammenarbeit angewiesen. Ist ein Einvernehmen
nicht zu erzielen, bleibt die Entscheidung jeweils der
Chefredaktion vorbehalten.
Der dienstältere Bonner Korrespondent übt die Funktion
des Leiters des Bonner Büros aus und ist für die admini-
strative Organisation verantwortlich. Beide sind berechtigt,
der Sekretärin Aufträge und Anweisungen zu geben. Ergeben
sich Schwierigkeiten, ist auch hier die Entscheidung der
Chefredaktion einzuholen.
Die Themen der Beiträge und die Partner für Interviews wer-
den in den täglichen Besprechungen gemeinsam festgelegt.
Jeder Korrespondent bearbeitet die von ihm vorgeschlagenen
Themen selbständig und bietet seine Beiträge der Redaktion
in Saarbrücken an.
Für die quantitative Arbeitsaufteilung gilt folgende
Richtlinie: Jeder Korrespondent liefert die Hälfte der
insgesamt im Laufe eines Monats aus Bonn angebotenen Bei-
träge. Davon kann abgewichen werden, wenn zwischen beiden
darüber Einvernehmen besteht. Diese Richtlinie soll auch für
die Vergabe von Aufträgen an freie Mitarbeiter und andere
Korrespondenten bezüglich desVorschlagrechtes gelten. Auch
für Dienstreisen zur Teilnahme an Kongressen, Informations-
fahrten und Regierungsreisen soll eine gleichgewichtige
Regelung in Abstimmung mit der Chefredaktion vereinbart
werden.
Einer der Korrespondenten muß ständig zwischen 10 und
18 Uhr im Bonner Büro erreichbar sein. Alle Einladungen
müssen beiden Korrespondenten zur Kenntnis gebracht werden.
Der Saarländische Rundfunk muß bei allen wichtigen Veran-
staltungen, Pressekonferenzen und Empfängen vertreten sein.
Bei Meinungsverschiedenheiten, die die Zusammenarbeit im
Bonner Büro beeinträchtigen, sollen beide Korrespondenten
ihren Standpunkt und ihre Stellungnahme zur Meinung des
anderen der Chefredaktion schriftlich bekanntgeben, die
darüber entscheidet."
In einem Schreiben vom 13. Mai 1976 an den Kläger nahm der Beklagte auf die Dienstanweisung Bezug. Es heißt darin u.a.:
"Die von Ihnen angeführte Dienstanweisung vom
12. November 1969 war, wie Sie sicherlich
wissen, deshalb erfolgt, um eine reibungs-
lose Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Herrn
.... zu gewährleisten, ohne die Frage der
sonstigen Gleichstellung der beiden Korres-
pondenten zu berühren."
Ende des Jahres 1985 trat Herr G, der ebenfalls als Korrespondent im Büro des Beklagten tätig war, in den Ruhestand. Der Beklagte beschäftigt seit dieser Zeit einen weiteren Korrespondenten im Angestelltenverhältnis sowie einen freien Mitarbeiter, der ebenfalls als Korrespondent tätig ist.
Mit Schreiben vom 27. Januar 1986 leitete der Beklagte dem Kläger folgende Dienstanweisung zu:
"Dienstanweisung für das Bonner Büro
1. Die Leitung des Bonner Büros wird Herrn H B
übertragen.
2. Alle drei Mitarbeiter (Korrespondenten) des
Bonner Büros müssen grundsätzlich für alle Themen
in der Bundeshauptstadt zur Verfügung stehen. Der
Leiter ist für die Geschäftsverteilung im einzelnen
zuständig; Schwerpunkte der einzelnen Mitarbeiter
können dabei berücksichtigt werden.
3. Um die Kontakte zur Chefredaktion in Saarbrücken
effektiver zu gestalten, soll bis spätestens 10.30 Uhr
eine Besprechung der Mitarbeiter stattfinden. Dabei muß
eine Arbeitsaufteilung der mit Saarbrücken abgesprochenen
Themen vorgenommen werden. Eine aktuelle Ergänzung im
Laufe des Tages ist vorzunehmen.
Um eine zusätzliche Effektivität der Bonner Berichter-
stattung zu erreichen, kann der Leiter zum Beispiel im
wöchentlichen Turnus die vergleichsweise Funktion eines
Chefs vom Dienst übertragen. Das bedeutet, daß der
Betreffende ganztägig als Ansprechpartner für die
Chefredaktion in Saarbrücken zur Verfügung zu stehen
hat.
4. Das Bonner Büro nimmt zumindest mit an der Berichter-
stattung über Bundesparteitage teil. Ebenso wird es an
wichtigen europäischen Terminen, vor allem bei Gipfel-
konferenzen, teilnehmen.
Über Aktivitäten des SR in Bonn muß das Bonner Büro in-
formiert sein, um die Maßnahmen koordinieren zu können.
5. Geplante Dienstreisen der Mitarbeiter des Bonner Büros
sind vorher mit dem Leiter abzusprechen.
6. Frühere mündliche oder schriftliche Anweisungen, die
dieser Dienstanweisung entgegenstehen, werden hiermit
aufgehoben."
Der Kläger hat geltend gemacht, er habe die Dienstanweisung vom 12. November 1969 mit dem Chefredakteur des Beklagten "ausgehandelt". Durch diese Dienstanweisung habe der Beklagte von seinem Direktionsrecht Gebrauch gemacht. Damit hätten sich die vertraglichen Pflichten der Parteien konkretisiert und seien zum Vertragsinhalt geworden. Durch die Dienstanweisung vom 27. Januar 1986 habe der Beklagte sein Direktionsrecht überschritten. Die erstrebte Änderung der vertraglichen Beziehungen sei ohne Änderungskündigung nicht möglich.
Der Kläger hat beantragt festzustellen,
1.daß der Kläger mit dem Leiter des Bonner Büros des
Beklagten gleichberechtigter Korrespondent des Beklagten
und in seiner journalistischen Arbeit von dem Leiter
des Bonner Büros des Beklagten unabhängig ist;
2.daß die für das Bonner Büro des Beklagten zu regelnden
Fragen der Organisation der Arbeit, der Gestaltung des
Dienstplans und der finanziellen Aufgaben grundsätzlich
von dem Leiter des Bonner Büros des Beklagten und dem Klä-
ger gemeinsam entschieden werden und daß dann, wenn zwi-
schen dem Kläger und dem Leiter des Bonner Büros Einver-
nehmen nicht zu erzielen ist, die Chefredaktion des Be-
klagten für die Entscheidung zuständig bleibt;
3.daß der Kläger berechtigt ist, der Sekretärin des Bonner
Büros des Beklagten Aufträge und Anweisungen zu erteilen;
4.daß die Themen der Beiträge und die Partner für Interviews
des Bonner Büros des Beklagten von dem Leiter des Bonner
Büros und dem Kläger gemeinsam festgelegt werden;
5.daß der Kläger die von ihm zur eigenen Bearbeitung vor-
geschlagenen Themen selbständig bearbeitet und seine
Beiträge der Redaktion in Saarbrücken selbst anbietet;
hilfsweise festzustellen,
daß die dem Kläger mit Schreiben des Beklagten vom
27.1.1986 übersandte Dienstanweisung insoweit unwirk-
sam ist, als sie im Gegensatz zu den vorstehend unter
Ziffer 1 bis 5 genannten Positionen stehen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hält die Klage für unzulässig, weil Gegenstand des Rechtsstreits nur rechtliche Elemente des Vertragsverhältnisses des Klägers, nicht aber ein Rechtsverhältnis seien. Jedenfalls aber sei die Klage unbegründet. Durch die Dienstanweisung vom 27. Januar 1986 habe er, der Beklagte, lediglich von seinem Direktionsrecht Gebrauch gemacht. Dies erlaube ihm, Änderungen in der Organisationsstruktur vorzunehmen. Auch durch die grundgesetzlich geschützte Rundfunkfreiheit sei ihm freigestellt, in welcher Weise er sein Bonner Büro organisiere.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision, mit der der Kläger sein Klageziel weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
I. Der Feststellungsantrag des Klägers ist, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, zulässig.
1. Der Kläger begehrt im wesentlichen die Feststellung, daß er gleichberechtigter, vom Leiter des Bonner Büros unabhängiger Korrespondent des Beklagten ist, der die von ihm vorgeschlagenen Themen selbständig bearbeiten und seine Beiträge der Redaktion selbst anbieten kann, ohne sich mit dem Leiter des Bonner Büros vorher einigen zu müssen. Es geht folglich um den Umfang seiner Rechte und Pflichten im Verhältnis zum Leiter des Bonner Büros und zur Redaktion der Beklagten. Diese können Gegenstand eines Feststellungsantrages sein.
Zwar kann nach § 256 ZPO nur auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses geklagt werden; bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses werden nicht als zulässiger Streitgegenstand eines Feststellungsbegehrens angesehen (BGHZ 22, 43, 48; 68, 331, 332). Eine Feststellungsklage muß sich aber nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis im ganzen erstrecken, sie kann vielmehr auch - wie hier - einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis betreffen, wie bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder den Umfang einer Leistungspflicht (BAG Urteil vom 18. November 1968 - 3 AZR 255/67 - AP Nr. 134 zu § 242 BGB Ruhegehalt, zu I 1 und 2 der Gründe; BAGE 47, 238, 245 = AP Nr. 1 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht, zu A I der Gründe; vgl. ferner BAG Urteil vom 26. August 1986 - 3 AZR 94/85 - AP Nr. 1 zu § 52 HGB, zu II 1 der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt).
2. Der Kläger hat auch ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung, welche Rechte und Pflichten er im Verhältnis zum Leiter des Bonner Büros und zur Redaktion der Beklagten hat. Ein solches Interesse besteht immer dann, wenn dem Recht oder der Rechtslage eines Klägers die gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und ein Feststellungsurteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BAG Urteil vom 28. Dezember 1956 - 2 AZR 132/56 - AP Nr. 5 zu § 256 ZPO; BGH Urteil vom 7. Februar 1986 - V ZR 201/84 - WM 86, 690, jeweils m.w.N.; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 20. Aufl., § 256 Rz 63, m.w.N.). Das ist hier der Fall. Die Unsicherheit in der Rechtsstellung des Klägers folgt aus dem unterschiedlichen Inhalt der Dienstanweisungen des Beklagten von 1969 und 1986.
Weiter ist die vom Kläger erhobene Feststellungsklage das geeignete Mittel, den Streit der Parteien umfassend zu erledigen. Bei dem Beklagten als einem öffentlichen Arbeitgeber ist davon auszugehen, daß er sich auch an ein nicht vollstreckbares Feststellungsurteil halten wird (vgl. insoweit BAGE 36, 218, 222 = AP Nr. 19 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten).
II. Das Feststellungsverlangen des Klägers ist auch begründet.
1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Dienstanweisung vom 12. November 1969 sei nicht zum Inhalt des am 7. Oktober 1969 geschlossenen Arbeitsvertrages geworden. Die Dienstanweisung habe nicht den arbeitsvertraglichen Status des Klägers erweitern, vielmehr habe sie organisatorische und damit zusammenhängende Fragen der Zusammenarbeit zwischen dem Kläger und dem anderen Korrespondenten des Bonner Büros regeln sollen. Hinzu komme, daß nach § 10 des Arbeitsvertrages Änderungen und Ergänzungen der Schriftform bedürften. Auch habe sich die Tätigkeit des Klägers nicht auf die Selbständigkeit hin konkretisiert, wie sie sich aus der Dienstanweisung ergeben habe. Der Kläger habe nicht außer acht lassen können, daß die Dienstanweisung vom 12. November 1969 eng mit der Besetzung des Bonner Büros des Beklagten zusammengehangen habe. Er habe nicht verkennen dürfen, daß seine aus der Dienstanweisung vom 12. November 1969 sich ergebende relativ große journalistische Selbständigkeit eng verbunden gewesen sei mit der Organisation des Bonner Büros. Es habe auf der Hand gelegen, daß eine organisatorische oder personelle Veränderung, etwa ein Wechsel in der Person des anderen Korrespondenten oder das Hinzutreten weiterer journalistischer Mitarbeiter, seinen bisherigen Status in Frage stellen müsse.
Diese Begründung wird von der Revision zu Recht angegriffen.
2. Durch die mit Schreiben vom 27. Januar 1986 übermittelte Dienstanweisung hat der Beklagte den Rahmen seines Direktionsrechts überschritten.
a) Das Direktionsrecht (Weisungsrecht) ist das Recht des Arbeitgebers, die Arbeitsbedingungen, insbesondere Art, Zeit und Ort der Arbeitsleistung, einseitig zu bestimmen. Es beruht auf dem Arbeitsvertrag und gehört zum wesentlichen Inhalt eines jeden Arbeitsverhältnisses. Das Direktionsrecht kann aber nur so weit ausgeübt werden, wie ihm gesetzliche, tarifliche oder einzelvertragliche Regelungen nicht entgegenstehen (vgl. statt vieler BAGE 33, 71, 75 = AP Nr. 26 zu § 611 BGB Direktionsrecht, zu III 1 der Gründe, m.w.N.; BAG Urteil vom 14. Dezember 1961 - 5 AZR 180/61 - AP Nr. 17 zu § 611 BGB Direktionsrecht, zu II 1 der Gründe). Vorliegend ergeben sich Grenzen des Direktionsrechts des Beklagten aus dem Arbeitsvertrag des Klägers.
b) Die Arbeitspflicht des Klägers hat sich in der durch die Dienstanweisung vom 12. November 1969 festgelegten Art und Weise konkretisiert. Sie ist dadurch Vertragsinhalt geworden und stellt auch für die Zukunft die vom Kläger geschuldete Arbeitsleistung dar.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, der Kläger habe in den mehr als 16 Jahren, in denen er für den Beklagten tätig war, weitgehend selbständig, nur in Abstimmung mit einem anderen gleichgestellten Redakteur über den Inhalt seiner jeweiligen journalistischen Tätigkeit bestimmen können und habe Anweisungen nur von der Chefredaktion entgegenzunehmen brauchen. Mit dieser Selbständigkeit sei auch eine höhere Wertigkeit seiner Arbeit und für den Rundfunk- und Pressebereich ein höherer Sozialstatus verbunden. Beides werde ihm dadurch genommen, daß die neue Dienstanweisung für das Bonner Büro vorschreibe, der Kläger erhalte seine Aufträge von dem Leiter des Büros zugewiesen.
bb) Durch die vieljährige - über 16 Jahre sich fortsetzende - Tätigkeit des Klägers und durch die besonderen Umstände der Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses haben sich die Leistungspflichten und mit ihnen gleichzeitig auch die Leistungsrechte des Klägers konkretisiert. Die besonderen Umstände liegen darin, daß der Beklagte die Organisation seines Bonner Büros bis in alle Einzelheiten ganz auf die Zusammenarbeit des Klägers mit einem anderen - dienstälteren - Kollegen zugeschnitten hat und daß er sich in einem Schreiben seines Intendanten vom 13. Mai 1976 ausdrücklich auf die Dienstanweisung von 1969 bezogen hat. Diese besondere Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses mußte im Laufe von mehr als eineinhalb Jahrzehnten das Vertrauen des Klägers darauf begründen, seine Stellung habe sich in einer bestimmten Weise verfestigt und werde jedenfalls nicht mehr zu seinem Nachteil verändert werden. Dieser Vertrauensbildung hätte der Beklagte durch rechtzeitige Klarstellung dahin begegnen müssen, daß die Organisation nur beschränkte Gültigkeit haben solle. Das ist jedoch nicht geschehen.
Der Kläger mußte seinerseits auch nicht mit einer Veränderung der Organisation rechnen. Das folgt bereits daraus, daß der Beklagte keinerlei Gründe dafür vorgetragen hat, warum er die Organisation geändert hat oder habe ändern müssen.
cc) Auch das Schriftformerfordernis des § 10 des Arbeitsvertrages steht der dargestellten Konkretisierung nicht entgegen. Das Schriftformerfordernis umfaßt lediglich Änderungen und Ergänzungen des Arbeitsvertrages. Darum geht es vorliegend aber nicht. Durch die Konkretisierung des Arbeitsvertrages wurde der Vertrag weder verändert noch ergänzt, sondern lediglich inhaltlich in einer bestimmten Weise ausgestaltet.
c) Gegen diese Überlegungen läßt sich nicht einwenden, das Direktionsrecht, das für eine sachgemäße Leitung des Betriebes unentbehrlich ist, werde zu weitgehend eingeschränkt. Der Senat hat bereits in dem erwähnten Urteil vom 14. Dezember 1961 (5 AZR 180/61) darauf hingewiesen, eine Konkretisierung des Leistungsinhalts bedeute nicht, daß damit jede einseitige Einwirkungsmöglichkeit des Arbeitgebers auf die nunmehr Vertragsinhalt gewordene Art der Arbeitsleistung ausgeschlossen ist und nur noch im Wege der Änderungskündigung eine Änderung des vertraglichen Tätigkeitsbereichs erfolgen kann (vgl. AP Nr. 17 aaO, zu II 3 der Gründe). Das Direktionsrecht des Arbeitgebers hat zwar bei einem entsprechend konkretisierten Arbeitsvertrag eine Einschränkung erfahren, es ist aber nicht gänzlich weggefallen. Daher verbleibt dem Arbeitgeber auch nach der Konkretisierung ein - wenn auch eingeschränktes - Direktionsrecht.
Von diesem eingeschränkten Direktionsrecht war jedoch die Dienstanweisung vom 27. Januar 1986 nicht gedeckt. Sie steht insbesondere im Widerspruch zum Arbeitsvertrag des Klägers, soweit sie dem Leiter des Bonner Büros ausdrücklich die Zuständigkeit für die Geschäftsverteilung im einzelnen überträgt und dem Leiter des Büros ohne Absprache mit dem Kläger die Möglichkeit einräumt, den Kläger zu verpflichten, ganztägig als Ansprechpartner für die Chefredaktion zur Verfügung zu stehen. Das braucht der Kläger nicht hinzunehmen. Seinem Feststellungsbegehren konnte daher der Erfolg nicht versagt bleiben.
Dr. Thomas Dr. Gehring Dr. Olderog
Fischer Arntzen
Fundstellen