Entscheidungsstichwort (Thema)
Privatisierung der Wohnungswirtschaft
Leitsatz (amtlich)
Art. 22 Abs. 4 Satz 4 Einigungsvertrag steht der Anwendbarkeit von § 613a BGB im Rahmen der schrittweisen Überführung des kommunalen Wohnungsbestandes in eine marktwirtschaftliche Wohnungswirtschaft nicht entgegen.
Normenkette
Einigungsvertrag Art. 22 Abs. 4; Anlage I Kapitel XIX Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 2; Anlage I Kapitel XIX Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 3; BGB § 177 Abs. 1, § 613a; UmwG §§ 58, 55; Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17. Mai 1990 (GBl. I S. 255) § 57 Abs. 3; Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17. Mai 1990 (GBl. I S. 255) § 53; Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17. Mai 1990 (GBl. I S. 255) § 21 Abs. 3; EGBGB Art. 232 § 5 Abs. 2 Nr. 2; ZPO § 308 Abs. 1 S. 1, §§ 523, 536, 561 Abs. 2; ArbGG § 64 Abs. 6
Verfahrensgang
BezirksG Dresden (Urteil vom 24.06.1992; Aktenzeichen 1 Sa 13/92) |
KreisG Dresden (Urteil vom 04.11.1991; Aktenzeichen 7 Ca 223/91) |
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob und mit welchem Inhalt zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.
Der Kläger war seit dem 15. Februar 1988 bei dem VEB G… Dresden, einem dem Rat der Stadt Dresden unterstellten Betrieb, beschäftigt. Er war stellvertretender Leiter des Betriebsteiles Süd.
Nach dem 3. Oktober 1990 verwaltete die Landeshauptstadt Dresden den Wohnungsbestand des VEB im Rahmen der allgemeinen Stadtverwaltung. Dabei griff sie auf die weiterhin vorhandenen Strukturen des VEB zurück, die unselbständiger Bestandteil der Stadtverwaltung wurden. Der Kläger betreute in diesem Rahmen weiterhin dieselben Grundstücke, die er auch vor dem 3. Oktober 1990 betreut hatte.
Am 5. November 1990 vereinbarten der Kläger und sein damaliger Vorgesetzter, Herr K…, mündlich, daß der Kläger künftig als “Leiter Vermietung” des Betriebsteiles Süd tätig sein sollte. Seitdem nahm der Kläger die damit verbundenen Aufgaben tatsächlich wahr. Ein entsprechender schriftlicher Änderungsvertrag sollte ausgefertigt werden. Hierzu kam es nicht. Als der Kläger im März 1991 nach dem Verbleib des Änderungsvertrages fragte, erhielt er die Auskunft, daß dieser nicht anerkannt werden könne, weil vorher eine Ausschreibung der Stelle erfolgen müsse. Daraufhin bewarb sich der Kläger vorsorglich auf die zwischenzeitlich innerbetrieblich ausgeschriebene Stelle. Einen schriftlichen vom Inhalt der Vereinbarung vom 5. November 1990 abweichenden Änderungsvertrag unterzeichnete der Kläger nicht.
Im Frühjahr 1991 entschied die Landeshauptstadt Dresden, den VEB in vier Vermögensmassen aufzuteilen. Es sollten zwei wohnungswirtschaftliche Teile, eine Wärmeversorgung sowie ein besonderer Wohnungsbestand entstehen. Die Stadtverordnetenversammlung faßte am 20. Juni 1991 den Beschluß, die zwei wohnungswirtschaftlichen Vermögensmassen in Gesellschaften mit beschränkter Haftung umzuwandeln, wobei eine dieser Vermögensmassen der Beklagten zugeordnet wurde. Der Betriebsteil Süd des ehemaligen VEB war Bestandteil der der Beklagten im Rahmen der geplanten Umwandlung zugeordneten Vermögensmasse.
Aus diesem Vorgang heraus entstand die Beklagte, die am 28. Juni 1991 als “S… GmbH” ins Handelsregister des Kreisgerichts Dresden eingetragen wurde.
Der Kläger erhielt seit dem 3. Oktober 1990 seine Gehaltszahlungen ebenso wie die übrigen Beschäftigten des ehemaligen VEB von der Landeshauptstadt Dresden. Mit Schreiben vom 9. September 1991 ordnete die Landeshauptstadt Dresden die ehemaligen Arbeitnehmer des Betriebsteiles Süd an die Beklagte befristet für die Zeit vom 28. Juni bis zum 31. Dezember 1991 ab. Die Landeshauptstadt Dresden stellte den Kläger ab dem 1. Januar 1992 unter Fortzahlung seiner Bezüge von der Arbeitsleistung frei.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 6. Mai 1991, beim Kreisgericht Dresden eingegangen am 13. Mai 1991, Klage gegen die “G… GmbH i.G.” auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses und der Wirksamkeit der Vereinbarung vom 5. November 1990 erhoben. Im Termin vom 19. Juli 1991 hat er das Beklagtenrubrum in “S… GmbH” geändert.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der VEB G… Dresden sei mit Wirksamwerden des Beitritts der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik Deutschland als Rechtspersönlichkeit untergegangen und Vermögen der Landeshauptstadt Dresden geworden. Daraus ergebe sich der Übergang seines Arbeitsverhältnisses zunächst auf die Stadt Dresden. Mit Gründung der Beklagten durch gesellschaftsrechtliche Umwandlung sei sein Arbeitsverhältnis auf die Beklagte übergegangen. Inhalt seines Arbeitsverhältnisses sei die Stellung als “Leiter Vermietung”.
Er hat beantragt
festzustellen, daß er seit dem 5. November 1990 bei der Beklagten als Leiter Vermietung beschäftigt ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, das Arbeitsverhältnis des Klägers bestehe seit dem 3. Oktober 1990 mit der Landeshauptstadt Dresden und sei nicht auf sie, die Beklagte, übergegangen. Ihre Gründung durch gesellschaftsrechtliche Umwandlung stelle keinen Betriebsinhaberwechsel dar. Die Arbeitsverhältnisse seien nicht übergegangen.
In jedem Falle könne sie durch die mündliche Vereinbarung vom 5. November 1990 nicht gebunden sein. Herr K… habe keine Vollmacht zu einer solchen Vereinbarung mit dem Kläger gehabt.
Das Kreisgericht hat der Klage stattgegeben. Das Bezirksgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Bezirksgericht zugelassene Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist zum Teil begründet. Zwischen den Parteien hat zwar zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zweiter Instanz ein Arbeitsverhältnis bestanden, doch ist der Kläger kein “Leiter Vermietung”, sondern zu den ursprünglich mit dem VEB vereinbarten Bedingungen angestellt.
A. Das Bezirksgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Das unstreitig zwischen dem Kläger und dem ehemaligen VEB G… seit dem 15. Februar 1988 bestehende Arbeitsverhältnis sei am 3. Oktober 1990 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Landeshauptstadt Dresden übergegangen. Zugleich sei der VEB als juristische Person untergegangen.
Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Stadt Dresden sei am 28. Juni 1991 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Beklagte übergegangen. Die Beklagte sei an diesem Tag durch Eintragung ins Handelsregister entstanden. Die Übertragungsumwandlung sei als Fall der Gesamtrechtsnachfolge anerkannt. Rechtsfolge sei daher der Übergang des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Stadt Dresden auf die Beklagte, denn der Kläger habe unstreitig in dem Betriebsteil gearbeitet, der durch die Umwandlung auf die Beklagte übergegangen sei.
Inhalt des Arbeitsverhältnisses sei die Stellung des Klägers als “Leiter Vermietung”. Das Arbeitsverhältnis sei so übergegangen, wie es zwischen dem Kläger und dem Rechtsvorgänger der Beklagten, der Stadt Dresden, bestanden habe. Die am 5. November 1990 zwischen dem Kläger und Herrn K… vereinbarte Arbeitsvertragsänderung sei wirksam.
Es könne offenbleiben, ob Herr K… zu diesem Zeitpunkt Vollmacht gehabt habe, Vereinbarungen mit Wirkung für und gegen die Stadt Dresden zu treffen, denn jedenfalls sei die Vertragsänderung mit dem an das Kreisgericht gerichteten Schriftsatz der G… Dresden vom 14. Juni 1991 genehmigt worden. Im Inhalt des Schreibens sei eine Bestätigung der Vereinbarung zu sehen. Die Vertretungsmacht der G…, zu diesem Zeitpunkt eine Dienststelle der Stadt, ergebe sich aus den Grundsätzen über das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht, denn die zur Vertretung der Stadt berechtigten Organe hätten bei Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt erkennen und verhindern können, daß die Dienststelle G… rechtsgeschäftliche Erklärungen für die Stadt abgebe.
B. Das Urteil des Bezirksgerichts ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben.
I. Die Rüge der Revision, der Tenor des angefochtenen Urteils sei zu unbestimmt, ist unbegründet. Ein Urteil ist aufzuheben, wenn sein Tenor widersprüchlich oder so unbestimmt ist, daß nicht erkennbar ist, inwieweit ein Anspruch zuerkannt oder abgewiesen ist (BGHZ 5, 240, 245 f.). Der Tenor ist jedoch der Auslegung zugänglich, wobei dafür auch die Entscheidungsgründe herangezogen werden dürfen (vgl. schon RG Urteil vom 13. Februar 1931 – 213/30 II – JW 1931, 1892, 1894; BGH, aaO). Kann auf diese Weise der Widerspruch oder die Unbestimmtheit geklärt werden, liegt kein zur Aufhebung des Urteils führender Verfahrensmangel vor. Aufgrund der ausdrücklichen Erläuterungen in den Entscheidungsgründen auf den S. 25 und 26 des Urteils läßt sich der Inhalt des Tenors hinreichend deutlich bestimmen. Das Bezirksgericht hat das erstinstanzliche Urteil nicht abgeändert, sondern den Sinn der erstinstanzlichen Entscheidung selbst zuvor durch Auslegung ermittelt und den Tenor im Sinne des Ergebnisses dieser Auslegung klargestellt. Mit der Klarstellung des Tenors sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien erst ab Gründung der Beklagten besteht und ihr gegenüber die mit der Stadt Dresden am 5. November 1990 vereinbarte Änderung des Arbeitsverhältnisses wirkt. Indem das Berufungsgericht auf S. 26 des Urteils ausführt, das Urteil des Kreisgerichts sei insoweit nicht unrichtig, sondern lediglich mißverständlich gewesen, gibt es zu erkennen, daß schon die erstinstanzliche Entscheidung in diesem Sinne zu verstehen sei. Diese Auslegung durch das Berufungsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
II. Entgegen der Ansicht der Revision ist diese Neufassung des Tenors nicht unzulässig, denn ein Berufungsgericht darf den Tenor des angefochtenen Urteils klarer fassen (Zöller/Schneider, ZPO, 17. Aufl., § 536 Rz 12) oder berichtigen (Wieczorek/Rössler, ZPO, 2. Aufl., § 536 Anmerkung E). Wie unter I. ausgeführt, hat das Bezirksgericht die erstinstanzliche Entscheidung ausgelegt und den Tenor entsprechend dem Ergebnis der Auslegung klarer gefaßt. Es hat die Entscheidung nicht etwa zum Nachteil der Beklagten abgeändert. Daher liegt kein Verstoß gegen § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 536 ZPO vor.
III. Die Rüge der Revision, der Tenor des angefochtenen Urteils gehe über den Antrag des Klägers hinaus, ist unbegründet; ein Verstoß gegen § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 523, 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegt nicht vor. Das Bezirksgericht hat dem Kläger nicht mehr und auch qualitativ nichts anderes zugesprochen, als zuletzt von ihm beantragt.
C. Die Entscheidung des Bezirksgerichts ist nicht frei von Rechtsfehlern.
I. Die Klage ist zulässig. Die Beklagte ist parteifähig. Nach dem vom Bezirksgericht festgestellten Tatbestand ist zwar zweifelhaft, ob die zum Entstehen der Beklagten führende Umwandlung gemäß § 58 Abs. 1 UmwG zulässig war, doch können diese Bedenken letztlich dahinstehen, denn nach den Grundsätzen über die sogenannte fehlerhafte Gesellschaft müßte die Beklagte in jedem Falle als parteifähig behandelt werden. Nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft kann eine solche auch entstehen, wenn der Entstehungsakt an rechtlichen Mängeln leidet. Sie ist im Rechtsverkehr solange als wirksame Gesellschaft zu behandeln, bis ihre Auflösung von einem hierzu Berechtigten verlangt und ihre Abwicklung vollzogen ist.
II. Die Klage ist nur insoweit begründet, wie der Kläger die Feststellung begehrt, daß im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zweiter Instanz zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden hat; im übrigen ist sie unbegründet.
1. Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht ein Arbeitsverhältnis.
a) Ursprünglich stand der Kläger seit dem 15. Februar 1988 in einem Arbeitsverhältnis mit dem VEB G… Dresden. Er hatte die Stellung des stellvertretenden Leiters des Betriebsteiles Süd.
b) Dieses Arbeitsverhältnis ist aufgrund Art. 22 Abs. 4 Satz 3 Einigungsvertrag mit Wirksamwerden des Beitritts der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Landeshauptstadt Dresden übergegangen. Hierüber besteht zwischen den Parteien kein Streit, denn von den Möglichkeiten der Umwandlung war hinsichtlich des ehemaligen VEB G… Dresden vor dem 3. Oktober 1990 kein Gebrauch gemacht worden.
c) Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist auf die Beklagte übergegangen. Dabei kann als nicht entscheidungserheblich offenbleiben, ob sich der Übergang des Arbeitsverhältnisses mit der Eintragung der Beklagten ins Handelsregister am 28 . Juni 199 1 durch Gesamtrechtsnachfolge aufgrund des § 58 Abs. 2 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 Satz 2 UmwG oder gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vollzog. Sollte die Umwandlung vom 20./28. Juni 1991 unwirksam gewesen und deshalb die Gesamtrechtsnachfolge einschließlich des damit verbundenen Übergangs von Arbeitsverhältnissen nicht eingetreten sein, läge jedenfalls ein rechtsgeschäftlicher Betriebsteilübergang im Sinne von § 613a BGB vor.
aa) Bei Wirksamkeit der Umwandlung wäre das Arbeitsverhältnis des Klägers von der Landeshauptstadt Dresden auf die Beklagte im Wege der Gesamtrechtsnachfolge aufgrund des § 58 Abs. 2 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 Satz 2 UmwG übergegangen.
(1) Gemäß § 58 Abs. 1 UmwG können Gebietskörperschaften von ihnen betriebene Unternehmen in Gesellschaften mit beschränkter Haftung umwandeln. Gegenstand der Umwandlung muß daher ein Unternehmen der Gemeinde sein. Ein Unternehmen ist nach allgemeiner Definition eine organisatorische Einheit, in der ein oder mehrere zusammengefaßte Betriebe einen wirtschaftlichen oder ideellen Zweck verfolgen (vgl. nur Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 7. Aufl., § 18 IV). Danach ermöglicht die Vorschrift jedenfalls die Umwandlung von Eigenbetrieben (vgl. Hachenburg/Schilling, GmbH-Gesetz, 7. Aufl., § 77 Anhang I UmwG, § 58 Rz 1). Eigenbetriebe sind gemäß § 57 Abs. 3 Ziff. 1 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17. Mai 1990 (GBl. I S. 255) Unternehmen der Gemeinde ohne eigene Rechtspersönlichkeit. § 53 Abs. 1 Nr. 3 Kommunalverfassung, in dem ebenfalls die Formulierung des “wirtschaftlichen Unternehmens ohne eigene Rechtspersönlichkeit” verwendet wird, macht deutlich, daß die Einordnung eines gemeindlichen Unternehmens als Eigenbetrieb eine organisatorische Selbständigkeit erfordert. Nach dieser Vorschrift ist ein Eigenbetrieb Sondervermögen, das nach § 53 Abs. 2 Satz 2 Kommunalverfassung im Haushalt gesondert ausgewiesen sein muß. Dies entspricht der allgemeinen Definition, nach der Eigenbetriebe organisatorisch aus der allgemeinen Verwaltung ausgegliedert sind. Die Stadt Dresden hatte die Organisation des ehemaligen VEB G… nicht verändert und ihn als unselbständigen Teil der Verwaltung geführt. Danach hätte hinsichtlich des die Beklagte betreffenden Vermögens kein umwandlungsfähiger Eigenbetrieb bestanden.
(2) Gleichwohl wurde die am 20. Juni 1991 beschlossene Umwandlung durchgeführt und die Beklagte mit Datum vom 28. Juni 1991 ins Handelsregister als GmbH eingetragen. Gemäß § 58 Abs. 2 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 Satz 2 UmwG wären im Falle der wirksamen Umwandlung mit der Eintragung die Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten, die Gegenstand der Umwandlung waren, auf die Beklagte übergegangen. Zugleich wäre mit der insofern eintretenden Gesamtrechtsnachfolge das Arbeitsverhältnis des Klägers übergegangen, denn dieses war allein dem übergegangenen Betrieb zuzuordnen. Vor dem 3. Oktober 1990 arbeitete der Kläger im Betriebsteil Süd des ehemaligen VEB und betreute dort bestimmte, diesem zugewiesene Grundstücke. Sowohl nach dem 2. Oktober 1990 als auch nach dem 28. Juni 1991 betreute er dieselben Grundstücke. Die entsprechende Feststellung ist von der Revision nicht angegriffen worden und insoweit gemäß § 561 Abs. 2 ZPO für den Senat bindend.
bb) Wäre die Umwandlung deshalb unwirksam, weil unselbständige Vermögensmassen gemäß § 58 Abs. 1 UmwG nicht von einer Umwandlung erfaßt sein können, läge ein rechtsgeschäftlicher Betriebsteilübergang im Sinne des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vor.
(1) § 613a BGB ist entgegen der Ansicht der Revision auf den vorliegenden Fall grundsätzlich anwendbar. Soweit die Revision meint, die Nichtanwendbarkeit der Norm ergebe sich daraus, daß im Endeffekt kein Eigentümerwechsel stattgefunden habe, da letztlich die Stadt Dresden alleiniger Eigentümer der Beklagten geblieben sei, ist dies keine Frage der Anwendbarkeit, sondern eine Frage des Vorliegens der Voraussetzungen der Vorschrift, nämlich ob überhaupt ein Betriebsinhaberwechsel stattgefunden hat.
Der Anwendbarkeit von § 613a BGB steht nicht Art. 22 Abs. 4 Satz 4 Einigungsvertrag entgegen. Die Revision führt hierzu aus, daß Art. 22 Abs. 4 Satz 4 Einigungsvertrag einen speziellen Auftrag enthalte, den Wohnungsbestand schrittweise in eine marktwirtschaftliche Wohnungswirtschaft zu überführen. Dies erfordere, die Zahl der Arbeitnehmer nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten zur Vermeidung einer damit nicht verträglichen Kostenlast anzupassen. Dem stehe die Rechtsfolge des § 613a BGB, nämlich der Übergang aller Arbeitnehmer auf die neu zu gründenden Unternehmen, entgegen, weil auf diesem Wege der aufgeblähte Verwaltungsapparat übernommen werden müßte. Anders ausgedrückt meint die Revision, § 613a BGB dürfe deshalb keine Anwendung finden, weil die Vorschrift die Rationalisierungsmaßnahmen verhindere, die notwendig seien, um dem Auftrag des Art. 22 Abs. 4 Satz 4 Einigungsvertrag gerecht zu werden. Dies überzeugt nicht, weil § 613a Abs. 4 Satz 2 BGB jedenfalls und erst recht in seiner für das Beitrittsgebiet bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Fassung des Art. 232 § 5 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB keinen Arbeitgeber hindert, betriebswirtschaftlich notwendige Maßnahmen durch entsprechende Unternehmerentscheidungen umzusetzen und gemäß § 1 KSchG betriebsbedingt zu kündigen (vgl. Ascheid, NZA 1991, 873, 878 f.). Auf diesem Wege und besonders im öffentlichen Dienst nach Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 2 und 3 EV konnten und können die tatsächlich notwendigen Rationalisierungen erreicht werden, so daß § 613a BGB dem Auftrag aus Art. 22 Abs. 4 Satz 4 Einigungsvertrag nicht entgegensteht.
(2) Der auf die Beklagte übergegangene ehemalige Betriebsteil des VEB stellt einen Betriebsteil im Sinne des § 613a BGB dar.
(a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 35, 104 = AP Nr. 24 zu § 613a BGB; BAGE 47, 13 = AP Nr. 39 aaO; BAGE 48, 345 = AP Nr. 41 aaO; BAGE 48, 365 = AP Nr. 42 aaO; BAG Urteil vom 10. Juni 1988 – 2 AZR 801/87 – AP Nr. 82 aaO) gehören zu einem Betrieb im Sinne von § 613a BGB nur die sächlichen und die immateriellen Betriebsmittel. Diese machen einen Betrieb dann aus, wenn der neue Inhaber mit ihnen und mit Hilfe der Arbeitnehmer bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgen kann. Entscheidend ist, ob der neue Inhaber mit den übernommenen Betriebsmitteln den Betrieb oder Betriebsteil im wesentlichen fortführen kann. Die Übertragung eines Betriebs setzt nicht die Übernahme aller Betriebsmittel voraus. Bei einem Dienstleistungsunternehmen kann das know-how und der good-will, also die Einführung des Unternehmens auf dem Markt und die Fachkenntnisse eingearbeiteter Mitarbeiter in ihrer Bedeutung für die Fortführung des Betriebs, im Vordergrund stehen. Nach außen kann dies deutlich werden durch den Eintritt des neuen Inhabers in bestehende Lieferverträge oder die Übernahme von Aufträgen und der Kundenkartei. Für die Frage, welche Betriebsbestandteile und Betriebsmittel zur Annahme eines funktionstüchtigen Betriebs übergehen müssen, ist auf den arbeitstechnischen Zweck des jeweiligen Betriebs abzustellen.
Ein Betriebsteil ist eine organisatorische Teileinheit, die innerhalb eines Betriebs eine bestimmte Teilaufgabe wahrnimmt und nicht nur eine untergeordnete Hilfsfunktion ausübt (BAGE 48, 365, 371 = AP Nr. 42 zu § 613a BGB, zu II 1 der Gründe). Eine organisatorische Selbständigkeit in dem Maße, wie sie für das Vorliegen eines Eigenbetriebs oder eines Unternehmens vorausgesetzt wird, ist dabei nicht erforderlich.
(b) Vom Übergang auf die Beklagte war vollständig einer der beiden wohnungswirtschaftlichen Unternehmensteile erfaßt, die aus dem von der Stadt Dresden übernommenen ehemaligen VEB gebildet wurden. Hierzu gehörten Grundstücke und die diesen zugeordneten Beziehungen zu Dritten (wie z. B. Mietverhältnisse). Sie waren zwar Bestandteil der allgemeinen Verwaltung; mit ihnen wurde jedoch ein eigenständiger Betriebszweck im Sinne einer Dienstleistung und nicht nur eine Hilfsfunktion verfolgt, nämlich die wohnungswirtschaftliche Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich eines Teiles der Stadt Dresden.
Die zur Weiterverfolgung dieses Zweckes notwendigen Betriebsmittel hat die Beklagte übernommen. Sie ist weiterhin in denselben Betriebsräumen tätig. Sie verfolgt im wesentlichen den Betriebszweck weiter, denn aus dem Handelsregisterauszug ergibt sich, daß Gegenstand des Unternehmens weiterhin die wohnungswirtschaftliche Versorgung der Bevölkerung ist. Daran ändert es nichts, wenn sich die Beklagte als Unternehmen in privatrechtlicher Form marktwirtschaftlich orientiert, und neben den Zweck der wohnungswirtschaftlichen Versorgung zunehmend Gewinnerzielungsabsicht als weiterer Zweck träte.
(3) Der Übergang vollzog sich kraft Rechtsgeschäfts im Sinne des § 613a BGB. Ein solches liegt schon dann vor, wenn der Erwerber mit Willen des Veräußerers die Leitungsmacht des Betriebs aufgrund eines unwirksamen Rechtsgeschäfts übernimmt (BAGE 48, 59 = AP Nr. 44 zu § 613a BGB). Dies kann durch eine unwirksame gründende Umwandlung geschehen.
(4) Der Betriebsteil ist auf einen neuen Inhaber übergegangen. Inhaber war zunächst die Landeshauptstadt Dresden und ist jetzt die Beklagte, die als GmbH ein anderes Rechtssubjekt ist.
(5) Gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB sind die Arbeitsverhältnisse der im übergegangenen Betriebsteil beschäftigten Arbeitnehmer auf die Beklagte übergegangen. Der Kläger gehörte zu der vom Betriebsübergang erfaßten Belegschaft, denn er war überwiegend für den vom Übergang erfaßten Betriebsteil tätig (vgl. BAGE 39, 208, 214 = AP Nr. 31 zu § 613a BGB, zu 1c der Gründe).
d) Dem Übergang des Arbeitsverhältnisses steht in beiden Alternativen nicht entgegen, daß der Kläger weiterhin die Gehaltszahlungen von der Stadt Dresden erhielt. Insbesondere kann in der Entgegennahme des Geldes durch den Kläger nicht eine Willenserklärung im Hinblick auf einen Neuabschluß eines Arbeitsvertrages mit der Stadt Dresden gesehen werden. Dies verbietet sich angesichts der Tatsache, daß der Kläger durch ausdrückliches Handeln, nämlich durch die Klageerhebung, seinen entgegenstehenden Willen deutlich zum Ausdruck brachte.
e) Ebenso rechtfertigt die “Abordnung” vom 9. September 1991 durch die Landeshauptstadt Dresden, von der nach deren Willen auch der Kläger erfaßt sein sollte, kein anderes Ergebnis. Zum Zeitpunkt der Abordnung war die Stadt nicht mehr Arbeitgeber des Klägers, so daß diese Abordnung ihn nicht mehr erfassen konnte.
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Inhalt auf die Beklagte übergegangen ist, den es zur Zeit des Übergangs hatte. Die Beklagte ist in die Rechte und Pflichten, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, eingetreten. Diese haben sich durch den Eintritt nicht verändert.
3. Inhalt des Arbeitsverhältnisses zum maßgeblichen Zeitpunkt war jedoch nicht, daß der Kläger bereits ab dem 5. November 1990 die Stellung als “Leiter Vermietung” innehatte. Ein entsprechender Änderungsvertrag ist zwischen dem Kläger und seinem damaligen Arbeitgeber, der Landeshauptstadt Dresden, nicht wirksam zustande gekommen. Die Änderung der Arbeitsaufgabe des Klägers wurde zwar am 5. November 1990 zwischen ihm und Herrn K… vereinbart. Sie hat die Landeshauptstadt Dresden jedoch nicht gebunden. Herr K… hat die Stadt Dresden nicht wirksam vertreten. Herr K… hatte keine Vollmacht. Die Grundsätze über die Anscheinsvollmacht führen nicht zu einem anderen Ergebnis. Die für die Personalentscheidungen nach § 21 Abs 3 lit. c Kommunalverfassung grundsätzlich zuständige Gemeindevertretung hätte bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht erkennen und verhindern können, daß der ehemalige Leiter des Betriebsteils Süd des ehemaligen VEB, Herr K…, Personalentscheidungen traf und durchführte. Tatsachen, die hierauf schließen lassen, hat der Kläger nicht vorgetragen.
Der Änderungsvertrag ist nicht durch Genehmigung seitens des Vertretenen wirksam geworden (§ 177 Abs. 1 BGB). Insbesondere konnte er durch das an das Kreisgericht gerichtete Schreiben der “Gebäudewirtschaft Dresden” vom 14. Juni 1991 nicht mehr wirksam genehmigt werden. Die Genehmigung eines schwebend unwirksamen Rechtsgeschäfts ist nur solange möglich, wie der Schwebezustand andauert. Wird die Genehmigung endgültig versagt, ist eine danach erfolgende Erklärung nicht als Genehmigung mit rückwirkender Kraft zu werten. Dabei muß die Versagung der Genehmigung ebensowenig wie die Genehmigung selbst ausdrücklich erfolgen. Es reicht aus, wenn der Vertretene unmißverständlich erkennen läßt, daß er das Rechtsgeschäft nicht gegen sich gelten lassen will. Eine diesen Anforderungen entsprechende Erklärung ist spätestens im März 1991 abgegeben worden. Nach seinem eigenen Vortrag wurde dem Kläger auf Nachfrage mehrfach mitgeteilt, daß die Vereinbarung nicht anerkannt werden könne. Der Kläger hat diese Erklärung auch im Sinne der Verweigerung der Genehmigung aufgefaßt. Die Klageerhebung im Mai 1991 macht hinreichend deutlich, daß der Kläger davon ausging, der Änderungsvertrag sei von der Stadt Dresden nicht anerkannt worden. Eine rückwirkende Genehmigung war demnach im Juni 1991 nicht mehr möglich.
Aus dem Umstand, daß der Kläger vorläufig als “Leiter Vermietung” beschäftigt wurde, kann kein stillschweigendes Angebot einer Änderungsvereinbarung gefolgert werden, denn die Beklagte leugnete jede arbeitsvertragliche Beziehung zum Kläger.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Ascheid, Dr. Wittek, Dr. Müller-Glöge, Mache, Dr. Pühler
Fundstellen
Haufe-Index 856733 |
BAGE, 174 |
BB 1994, 2148 |
NZA 1995, 172 |