Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe. Verwertbarkeit des Vermögens
Orientierungssatz
1. Wegen ihrer Zweckbestimmung, Nachteile für den Erwerb und das Fortkommen (und damit für den Lebensunterhalt) auszugleichen, ist dem Arbeitslosen grundsätzlich eine Verwertung der Verdienstausfallentschädigung zumutbar (§ 6 Abs 3 S 1 AlhiV).
2. Zur Zumutbarkeit der Verwertung des aus Schmerzensgeld erwachsenen Vermögens.
3. Zur Frage, der Zumutbarkeit der Verwertung des Vermögens - hier Baugrundstück - durch Verkauf bzw Belastung.
Normenkette
AFG § 134 Abs 1 S 1 Nr 3, § 134 Abs 1 Nr 3, § 137 Abs 1, § 137 Abs 2; AlhiV § 6 Abs 1; AlhiV § 6 Abs 2; AlhiV § 6 Abs 3 S 1; BGB §§ 842-843, 847
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin für die Zeit vom 1. März bis zum 31. Juli 1984 ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) zusteht, oder mangels Bedürftigkeit zu verneinen ist.
Die 1950 geborene Klägerin, die wiederholt Leistungen der Arbeitslosenversicherung bezogen hat, meldete sich am 12. August 1983 erneut arbeitslos und erhielt antragsgemäß Arbeitslosengeld (Alg). Dem wöchentlichen Leistungssatz von 325,80 DM lag ein gerundetes wöchentliches Arbeitsentgelt von 815,-- DM zugrunde. Der Anspruch auf Alg war am 29. Februar 1984 erschöpft.
Am 23. Februar 1984 beantragte die Klägerin Anschluß-Alhi. Dabei ergab sich, daß sie Eigentümerin eines 641 qm großen Grundstücks (Bodenrichtwert für das erschlossene Grundstück: 155,-- DM pro qm) ist, und über Bausparguthaben aus zwei Bausparverträgen verfügt (Vertragsnummer U 02, steuerlicher Vertragsbeginn Dezember 1974, Kontostand am 31. Dezember 1983: 12.088,52 DM; Vertragsnummer U 03, steuerlicher Vertragsbeginn März 1975, Kontostand am 12. Oktober 1983: 13.188,29 DM, wobei dieser Vertrag im November 1983 von bisher 30.000,-- DM auf 60.000,-- DM Bausparsumme aufgestockt worden ist).
Die Klägerin gab dazu an, das Geld für die Bausparverträge stamme aus einer Entschädigung für Verletzungen, die sie bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall (20. November 1971) erlitten habe. Über die Bausparguthaben könne sie nicht verfügen, da sie nur für den Erwerb eines Hauses oder einer Wohnung verwendet werden könnten. Das unbebaute Grundstück sei seit Generationen im Familienbesitz. Sie habe zwar die Absicht zu bauen, könne aber in der gegenwärtigen Situation keine konkreten Pläne machen.
Am 19. April 1984 schloß die Klägerin mit der Deutschen Bank einen Vertrag über die Ausbildung zur Bankkauffrau ab 1. August 1984, die von der Beklagten durch die Gewährung von Unterhaltsgeld (Uhg) gefördert wurde (Bescheid vom 5. September 1984).
Mit Bescheid vom 3. Mai 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 1984 lehnte die Beklagte den Antrag auf Anschluß-Alhi ab, weil die Klägerin über ein Vermögen (Baugrundstück) im Wert von 99.355,-- DM (641 qm x 155,-- DM) verfüge, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung der gesamten Erschließungskosten in Höhe von 18.287,58 DM und der Freigrenze von 8.000,-- DM verbleibe ein Betrag von 73.067,42 DM, der als Vermögen berücksichtigt werden müsse. Bei der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das wöchentliche Arbeitsentgelt in Höhe von 815,-- DM sei sie für einen Zeitraum von 89 Wochen nicht bedürftig und habe insoweit keinen Anspruch auf Alhi.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 18. April 1986). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Klägerin das erstinstanzliche Urteil sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. Mai 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 1984 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Alhi für die Zeit vom 10. Mai bis 31. Juli 1984 zu gewähren. Im übrigen hat das LSG die Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen.
Das LSG hat ausgeführt, die Klägerin habe aufgrund ihrer Gespräche mit der Deutschen Bank und der Vermittlungs- und Umschulungsbemühungen der Beklagten Alhi-Leistungen nur für knapp 15 Wochen in Höhe von 4.014,-- DM zu erwarten gehabt. Im Hinblick darauf wäre ein Verkauf des Grundstücks im Wert von annähernd 100.000,-- DM unwirtschaftlich gewesen. Auch eine Verwertung durch Belastung komme nicht in Betracht, da der Klägerin bei einem Ausbildungsentgelt in Höhe von 870,-- DM im ersten und 960,-- DM im zweiten Ausbildungsjahr nicht zumutbar gewesen sei, von diesem Einkommen die erforderlichen Zins- und Tilgungsleistungen zu bestreiten. Die Klägerin müsse sich aber auf die teilweise Verwertung ihrer beiden Bausparverträge verweisen lassen. Nach Auskunft der HUK-Coburg vom 5. April 1988 enthalte die ausgezahlte Entschädigung (38.097,-- DM) 11.250,-- DM Verdienstausfall und 9.000,-- DM Schmerzensgeld. Die Verwertung des aus dem Schmerzensgeld stammenden Vermögens könne billigerweise nicht erwartet werden, wohl aber die des übrigen Bausparguthabens, und zwar auch hinsichtlich der darin enthaltenen Verdienstausfallentschädigung in Höhe von 11.250,-- DM. Bei diesem von vornherein für den Lebensunterhalt bestimmten Geld komme ein Schutz über die in § 6 Abs 1 Alhi-VO genannte Grenze von 8.000,-- DM hinaus nicht in Betracht. Die Klägerin müsse sich deshalb die Bausparkonten ohne das Schmerzensgeld von 9.000,-- DM und abzüglich des Freibetrages von 8.000,-- DM mit insgesamt 8.268,81 DM anrechnen lassen. Bei einem wöchentlichen gerundeten Arbeitsentgelt von 815,-- DM fehle somit gemäß § 9 Alhi-VO bis zum 9. Mai 1984 die Bedürftigkeit, nicht aber für die anschließende Zeit bis zum 31. Juli 1984.
Gegen dieses Urteil haben die Klägerin und die Beklagte Revision eingelegt.
Die Klägerin wendet sich gegen die Anrechnung der Verdienstausfallentschädigung, die für das Jahr 1980 bezahlt und zur Fortsetzung des Studiums verwendet worden sei, während sie Alhi für den Zeitraum vom 1. März 1984 bis 31. Juli 1984 begehre.
Gegenüber der Revision der Beklagten trägt die Klägerin vor, das LSG sei zu Recht von der Unzumutbarkeit und Unwirtschaftlichkeit der Grundstücksverwertung ausgegangen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlußrevision der Klägerin zurückzuweisen, das Urteil des LSG aufzuheben, soweit es die Beklagte verurteilt hat, der Klägerin Alhi für die Zeit vom 10. Mai bis 31. Juli 1984 zu gewähren, und die Berufung der Klägerin auch insoweit zurückzuweisen.
Das LSG habe zu Recht die Verwertung der Verdienstausfallentschädigung als zumutbar erachtet, weil diese zur Bestreitung des Lebensunterhalts bestimmt gewesen sei. Unzutreffend habe dagegen das LSG hier die Zumutbarkeit der Verwertung des Grundstücks verneint, wie sich bereits aus § 6 Abs 2 Satz 1 Alhi-VO ergebe. Die Beurteilung der Zumutbarkeit nach der voraussichtlichen Dauer der Arbeitslosigkeit finde weder im Gesetz eine Stütze, noch ergebe sich für die Zukunft bezüglich der Rückzahlungsverpflichtung eine besonders starke wirtschaftliche Belastung.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet, die der Klägerin aber unbegründet.
Die Klägerin wendet sich - wie die Auslegung ihres Antrags im Revisionsverfahren ergibt (§ 123 SGG) - nur dagegen, daß das LSG bei der Bemessung desjenigen Teils ihres Bausparguthabens, dessen Verwertung es als zumutbar angesehen hat, lediglich das Schmerzensgeld in Höhe von 9.000,-- DM, nicht jedoch die Verdienstausfallentschädigung in Höhe von 11.250,-- DM ausgeklammert hat. Dies ist jedoch rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Anspruch auf Alhi setzt ua voraus, daß der Arbeitslose bedürftig ist (§ 134 Abs 1 Nr 3 AFG). Gemäß § 137 Abs 1 AFG ist der Arbeitslose bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann. Der Arbeitslose ist nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen die Gewährung von Alhi offenbar nicht gerechtfertigt ist (§ 137 Abs 2 AFG). Das Vermögen des Arbeitslosen wird dabei, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar ist, nach den §§ 6 ff der - insoweit auf der Ermächtigung des § 137 Abs 3 AFG beruhenden - Alhi-VO vom 7. August 1974 (BGBl I 1929), hier anwendbar in der zuletzt durch das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) geänderten Fassung, bis auf ein Schonvermögen von 8.000,-- DM berücksichtigt. Hiernach ist Vermögen grundsätzlich zu verbrauchen, bevor Alhi in Anspruch genommen werden kann. Bedürftigkeit besteht nicht für die Zahl voller Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich der Hauptbetrag der Alhi richtet (§ 9 Alhi-VO). Mit Recht hat das LSG die Verwertung der im Rahmen eines Bausparvertrages angelegten Verdienstausfallentschädigung als zumutbar angesehen.
Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß es sich bei dem Bausparguthaben der Klägerin - die insoweit auch keinen Verfügungsbeschränkungen unterlag (§ 7 Abs 2 Alhi-VO) - im Grundsatz um verwertbares Vermögen gehandelt hat (§ 6 Abs 1 und 2 Alhi-VO). Daß in das Bausparguthaben die Schmerzensgeldzahlung und die Verdienstausfallentschädigung eingeflossen sind, hindert also nicht von vornherein die Berücksichtigung dieses Vermögens bei der Bedürftigkeitsprüfung.
Die Frage, ob und inwieweit eine Verwertung des aus dem empfangenen Schmerzensgeld erwachsenen Vermögens auch zumutbar war, stellt sich hier nicht mehr. Denn soweit das LSG bei der Ermittlung des zu verwertenden Teils des Bausparguthabens neben dem sog Schonbetrag von 8.000,-- DM auch jene 9.000,-- DM (75 % von 12.000,-- DM gemäß der Haftungsquote) in Abzug gebracht hat, welche die Klägerin nach dem Verkehrsunfall als Schmerzensgeld erhalten hatte, ist dies von der Beklagten mit der Revision nicht angegriffen worden und begegnet im Hinblick auf die - nach § 163 SGG - bindend gewordenen Feststellungen des LSG keinen durchgreifenden Bedenken (vgl BSGE 14, 120 f).
Soweit allerdings die Klägerin mit der Revision geltend macht, ebenso wie der Schmerzensgeldbetrag hätten auch jene 11.250,-- DM unberücksichtigt bleiben müssen, die sie seinerzeit von der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners als Entschädigung für Verdienstausfall bzw für ein Verdienstausfallrisiko erhalten hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn Schmerzensgeld einerseits und Schadensersatz für Verdienstausfall andererseits sind nicht miteinander vergleichbare Ansprüche. Dementsprechend unterscheidet auch § 138 Abs 3 Nr 6 AFG bei der Einkommensanrechnung zwischen Leistungen zum Ausgleich eines Schadens und Leistungen, die ausgefallenes Einkommen ersetzen.
Das Schmerzensgeld stellt nach § 847 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) eine billige Entschädigung in Geld für diejenigen Schäden dar, die nicht vermögensrechtlicher Art sind (immaterieller Schaden). Es soll die Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie die dadurch verursachten weiteren nachteiligen Folgen, welche keinen Vermögenswert darstellen, also etwa die Beeinträchtigung der Lebensfreude, ausgleichen; darüber hinaus kommt dem Schmerzensgeld - je nach Lage des Falles - eine Genugtuungsfunktion zu (vgl Palandt, Kommentar zum BGB, 48. Aufl, § 847 Anm 1b und 3a).
Im Unterschied dazu soll die Entschädigung für Verdienstausfall die materiellen Nachteile für Erwerb und Fortkommen des Verletzten ausgleichen (§§ 842, 843 BGB). Dazu gehört auch der Ersatz für den Verdienstausfall, der durch einen verspäteten Eintritt in das Erwerbsleben entsteht (Palandt aaO § 842 Anm 2a). Deshalb ist das LSG im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, daß der der Klägerin seinerzeit zugeflossene Schadensersatzbetrag in Höhe von 11.250,-- DM zur Bestreitung des Lebensunterhalts bestimmt war, denn dieser Schadensersatzbetrag diente gemäß § 842 BGB dazu, die infolge der unfallbedingten Verletzungen verursachten wirtschaftlichen Nachteile für den Erwerb oder das Fortkommen der Klägerin auszugleichen. Eine Beeinträchtigung des Erwerbs oder des Fortkommens des Geschädigten wirkt sich aber regelmäßig gerade in der Weise aus, daß ihm zur Lebenshaltung weniger an Mitteln zur Verfügung steht, als ihm ohne das schädigende Ereignis zur Verfügung gestanden hätte. Von daher ist ein Außerachtlassen der Verdienstausfallentschädigung bzw des Vermögens, welches aus einer solchen Zahlung herrührt, nicht gerechtfertigt. Denn die Schadensersatzleistung nach § 842 BGB dient im Ergebnis demselben Zweck wie auch die Alhi. Auch diese soll den Lebensunterhalt sicherstellen, soweit er nicht auf andere Weise bestritten werden kann (§ 137 Abs 1 AFG). Hierin besteht ein maßgeblicher Unterschied zum Schmerzensgeld nach § 847 BGB, bei dem eine solche sachliche Kongruenz zu der Alhi gerade nicht besteht.
Wegen ihrer Zweckbestimmung, Nachteile für den Erwerb und das Fortkommen (und damit für den Lebensunterhalt) auszugleichen, ist dem Arbeitslosen grundsätzlich eine Verwertung der Verdienstausfallentschädigung zumutbar (§ 6 Abs 3 Satz 1 Alhi-VO). Dies bedingt auch der für die Alhi geltende Grundsatz, daß die Unterstützung aus öffentlichen Mitteln subsidiären Charakter hat.
Zur gleichen rechtlichen Beurteilung führt der Vortrag der Klägerin in der Revisionsbegründung, die von der Versicherung des Unfallgegners seinerzeit geleistete Zahlung sei für das Jahr 1980 bestimmt gewesen. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob es sich - wie die Beklagte meint - um einen nach § 163 SGG im Revisionsverfahren nicht berücksichtigungsfähigen neuen Tatsachenvortrag handelt. Denn fest steht jedenfalls, daß die Klägerin die Schadensersatzleistung nicht im Sinne der von ihr jetzt geltend gemachten Zweckbestimmung verbraucht, sondern vielmehr - zunächst - zur Kapitalbildung in Form von Bausparverträgen verwendet hat mit der Folge, daß ihr der Schadensersatzbetrag wirtschaftlich nach wie vor ungeschmälert zur Verfügung steht. Dann kann aber auch von ihr billigerweise erwartet werden, daß sie den entsprechenden Geldbetrag (nach der ursprünglichen Zweckbestimmung) zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts verwendet, nachdem infolge ihrer Arbeitslosigkeit ein konkretes Bedürfnis hierfür eingetreten ist. Dies gilt um so mehr, als sich nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin in ihrer Arbeitslosigkeit letztlich genau jenes Risiko verwirklicht hat, welches durch die unfallbedingten Verletzungen für ihr späteres Fortkommen herbeigeführt worden war; sie beruft sich nämlich darauf, daß die verletzungsbedingte Verzögerung des Abschlusses ihrer Ausbildung ursächlich dafür gewesen sei, daß sie nicht mehr in den Schuldienst übernommen wurde.
Demnach ist dem LSG zuzustimmen, daß bei der Zumutbarkeitsprüfung im Grundsatz die Verdienstausfallentschädigung nicht ebenso wie das Schmerzensgeld ausgeklammert werden durfte.
Nicht gefolgt werden kann jedoch der Rechtsauffassung des LSG, die Beklagte habe zu Unrecht bei der Bedürftigkeitsprüfung das Baugrundstück der Klägerin berücksichtigt. Die Revision der Beklagten ist daher begründet.
Nach § 6 Abs 2 Satz 1 Alhi-VO ist Vermögen insbesondere verwertbar, soweit seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Bei dem Grundstück der Klägerin handelt es sich unzweifelhaft um einen verwertbaren Vermögensgegenstand, denn das Grundstück kann übertragen oder belastet werden. Dies hat auch das LSG nicht verkannt. Es hat jedoch die Zumutbarkeit einer Verwertung des Grundstücks verneint. Dieser Auffassung des LSG vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Nach § 6 Abs 3 Satz 1 Alhi-VO ist die Verwertung zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und wenn sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise erwartet werden kann.
Nach den vom LSG getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, daß ein Verkauf des Grundstückes offensichtlich unwirtschaftlich gewesen wäre. "Offensichtlich unwirtschaftlich" ist eine Verwertung nur dann, wenn der dadurch erlangte bzw zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Mißverhältnis zum wirklichen Wert des verwerteten oder zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht oder stehen würde. Dies hat auch das LSG nicht angenommen. Vielmehr hat es die Unwirtschaftlichkeit der Verwertung mit der Relation zwischen dem Grundstückswert in Höhe von annähernd 100.000,-- DM und der voraussichtlich kurzen Dauer der Arbeitslosigkeit (zu erwartende Leistungen in Höhe von nur 4.014,-- DM) begründet. Abgesehen davon, daß die Dauer der Arbeitslosigkeit als solche kein Faktor für die Unwirtschaftlichkeit einer Verwertung ist, ist gerade eine kürzere Dauer der Arbeitslosigkeit eher ein Argument für die Wirtschaftlichkeit der Verwertung eines Grundstücks durch Verkauf oder Belastung. Denn nach dem Verkauf des Grundstücks und abzüglich der damit verbundenen Nebenkosten verbleibt dem Inhaber des Vermögens bei kurzer Dauer der Arbeitslosigkeit und zu überbrückendem Leistungszeitraum mehr als bei längerfristiger Arbeitslosigkeit.
Es kann auch nicht aus der zweiten Variante des § 6 Abs 3 Satz 1 Alhi-VO gefolgert werden, bei kurzzeitiger Arbeitslosigkeit könne eine Verwertung des Grundstückes billigerweise nicht erwartet werden. Dies zeigen insbesondere die in § 6 Abs 3 Ziffern 1 - 5 Alhi-VO aufgeführten Regelbeispiele, welche die Zumutbarkeit der Verwertung eines Vermögensgegenstandes näher konkretisieren.
Danach ist insbesondere nicht zumutbar die Verwertung von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für den Eigentümer oder seine Angehörigen eine unbillige Härte bedeuten würde (Ziffer 6), eines Hausgrundstückes von angemessener Größe, das der Eigentümer bewohnt, oder einer entsprechenden Eigentumswohnung oder eines Vermögens, das nachweislich zum alsbaldigen Erwerb eines solchen Hausgrundstückes oder einer solchen Eigentumswohnung bestimmt ist (Ziffer 7). An diesen Beispielen wird deutlich, daß es nicht schlechterdings die Länge oder Kürze einer Arbeitslosigkeit rechtfertigen kann, die Verwertung eines Vermögensgegenstandes als unzumutbar anzusehen. Vielmehr kann nur aufgrund besonderer Umstände und schutzwürdiger Interessen des Arbeitslosen die Verwertung des Vermögensgegenstandes im Einzelfall unzumutbar sein. Das LSG hat Umstände, nach denen die Verwertung des Grundstücks für die Klägerin unzumutbar gewesen wäre, nicht festgestellt. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, daß das Grundstück der Klägerin nicht zu den nach Ziff 6 oder Ziff 7 privilegierten Vermögensgegenständen gehört. Dies ist bereits im Urteil des SG zutreffend dargestellt worden.
Der vom LSG in den Vordergrund gestellte Gesichtspunkt der voraussichtlichen Dauer der Arbeitslosigkeit spielt lediglich insofern eine Rolle, als davon die Frage abhängen kann, welche Verwertungsmöglichkeit für den Arbeitslosen selbst die wirtschaftlichste ist. Gerade bei kurzer Dauer der Arbeitslosigkeit mag statt einer Verwertung durch Verkauf eher eine Verwertung in Form einer Belastung des Vermögensgegenstandes in Betracht kommen. Das LSG hat zwar auch letztere erwogen und insoweit ebenfalls die Zumutbarkeit der Verwertung verneint, weil die Klägerin im Falle einer Belastung des Grundstücks zur Kreditsicherung die sich hieraus ergebenden Verpflichtungen zur Tilgung und Zahlung der Zinsen des Kredits aus den Erträgnissen des unbebauten Grundstücks mit Rücksicht auf das voraussichtliche Einkommen als Auszubildende nicht erfüllen könne.
In diesem vom LSG angenommenen Sinn ist jedoch § 6 Abs 2 iVm Abs 3 Satz 1 Alhi-VO nicht zu verstehen. Schon der gedankliche Ansatz des LSG, eine Belastung des Grundstücks zur Kreditsicherung stelle letztlich keine Verwertung des Grundstücks im Sinne der Alhi-VO, sondern eine solche der Arbeitskraft dar, weil die Verwertbarkeit eines Vermögens auch die Tilgung der Schuld aus diesem Vermögen - regelmäßig aus Erträgnissen - voraussetze, ist unzutreffend. Die in § 6 Abs 2 Satz 1 Alhi-V0 ausdrücklich angesprochene Verwertungsform "Belastung" umfaßt jegliche Belastung von Vermögensgegenständen, gleichgültig, mit welchen Mitteln diese Belastung später getilgt werden soll. Nur für den Fall der Verfügungsbeschränkung des Inhabers des Vermögens ist nach § 6 Abs 2 Satz 2 Alhi-VO die Verwertbarkeit des Vermögens zu verneinen.
Wollte man die Konfliktlage - einerseits die Verwertung des Vermögens zur Beseitigung der Bedürftigkeit und Abwendung der Alhi, andererseits die Verpflichtung zur Rückzahlung privater Darlehen - stets im Sinne der Auffassung des LSG dahin lösen, daß die Eingehung einer solchen Verbindlichkeit - falls letztere nicht aus den Erträgnissen des Vermögens getilgt werden kann - für die Klägerin gemäß § 6 Abs 3 Satz 1 Alhi-VO unzumutbar sei, so wäre damit eine Verwertung des Vermögens, hier des Grundstücks, durch Belastung regelmäßig ausgeschlossen. Dies ist jedoch, wie der erkennende Senat bereits in einer Entscheidung vom 29. Mai 1990 (- 11 RAr 33/88 -) ausgeführt hat, nicht der Sinn der Regelung des § 6 Abs 3 Satz 1 Alhi-VO.
Nach den Feststellungen des LSG begründet aber auch die Einkommenssituation der Klägerin nicht die Annahme, daß die Verwertung des Grundstücks durch Belastung für sie unzumutbar gewesen wäre. Denn nach dem vom LSG zugrunde gelegten 15-Wochen-Zeitraum und den zu überbrückenden Alhi-Leistungen in Höhe von 4.014,-- DM war es für die Klägerin im Hinblick auf die Kurzzeitigkeit dieses Leistungszeitraums um so leichter, diesen ggf mit einem dinglich gesicherten Kredit zu überbrücken und nach dem Ende der Arbeitslosigkeit zurückzuzahlen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß sie ab 1. August 1984 nicht nur eine Ausbildungsvergütung in Höhe von monatlich 870,-- DM brutto bezogen hat, sondern ab diesem Zeitpunkt von der Beklagten Unterhaltsgeld (wöchentlich ungekürzt 308,40 DM) erhalten hat, auf das die Ausbildungsvergütung angerechnet wurde. Bei dieser Einkommenssituation der Klägerin, die sich außer dem Grundstück auch das Bausparguthaben in Höhe von 16.268,81 DM abzüglich des Schonvermögens von 8.000,-- DM anrechnen lassen muß, ergibt sich keine Unzumutbarkeit der Grundstücksverwertung durch Belastung.
Soweit die Klägerin einwendet, im Hinblick auf die Kurzzeitigkeit der Arbeitslosigkeit hätte die Zeit nicht ausgereicht, um überhaupt die Belastung des Grundstücks durchzuführen und den Belastungsbetrag zur Auszahlung zu bringen, folgt hieraus ebenfalls nicht die Unzumutbarkeit der Verwertung des Grundstücks. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine Frage der technischen Abwicklung im Einzelfall, die im Rahmen der Verwertung des Vermögens nach § 6 Alhi-VO keine Rolle spielt, solange die Verwertbarkeit des Grundstückes durch Verkauf oder Belastung feststeht. Dies ist - wie bereits eingangs ausgeführt - nach den Feststellungen des LSG und auch dem eigenen Vorbringen der Klägerin der Fall.
Muß hiernach das in dem Grundstück bestehende Vermögen berücksichtigt werden, ist die Bedürftigkeit der Klägerin auch für die Zeit vom 10. Mai bis 31. Juli 1984 zu verneinen. Die Entscheidung des LSG, das der Klägerin für diese Zeit einen Anspruch auf Alhi zuerkannt hat, war demzufolge aufzuheben und die Berufung der Klägerin insgesamt zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen