Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Beschluss vom 20.04.1998; Aktenzeichen 12 L 4/97) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. April 1998 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob die Nichtheranziehung ärztlicher Mitarbeiter zum Bereitschaftsdienst und zur Rufbereitschaft einer Klinik der Mitbestimmung der Personalvertretung unterliegt.
Im Jahre 1991 wurde die radiologische Klinik der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in drei selbständige Kliniken unterteilt: die Klinik für Nuklearmedizin, die Klinik für radiologische Diagnostik und die Klinik für Strahlentherapie. Die in der letztgenannten Klinik als Ärzte beschäftigten Beteiligten zu 2 und 3 wurden zum gemeinsamen Bereitschaftsdienst und zur gemeinsamen Rufbereitschaft der drei Kliniken herangezogen. Der für die Organisation dieser Dienste verantwortliche Leiter der Klinik für radiologische Diagnostik teilte im März 1995 den Beteiligten zu 2 und 3 mit, sie würden aus organisatorischen Gründen künftig nicht mehr zum Bereitschaftsdienst und zur Rufbereitschaft herangezogen. Ein vom Dienststellenleiter – damals das Direktorium des Klinikums – vorsorglich eingeleitetes Mitbestimmungsverfahren, in dessen Verlauf der Beteiligte zu 1 seine Zustimmung verweigert hatte, wurde Mitte 1996 eingestellt.
Das vom Dienststellenleiter angerufene Verwaltungsgericht hat antragsgemäß festgestellt, daß die Nichtheranziehung der Beteiligten zu 2 und 3 zum Bereitschaftsdienst und zur Rufbereitschaft ab April 1995 nicht der Mitbestimmung des Beteiligten zu 1 unterlegen habe und daß auch in vergleichbaren Fällen ein Mitbestimmungsrecht nicht bestehe. Der gegen die letztgenannte abstrakte Feststellung gerichteten Beschwerde des Beteiligten zu 1, des Personalrats (W) des Klinikums, hat das Oberverwaltungsgericht stattgegeben, indem es den erstinstanzlichen Beschluß geändert und den Antrag insoweit abgelehnt hat. Zur Begründung hat es im angefochtenen Beschluß ausgeführt: Die im März 1995 getroffene Entscheidung, die Beteiligten zu 2 und 3 künftig nicht mehr an der Rufbereitschaft und am Bereitschaftsdienst teilnehmen zu lassen, sei nicht als schlichtes Unterlassen, sondern als positiv ausgrenzende Maßnahme zu werten. Diese habe innerdienstlichen Charakter gehabt, weil es nicht um die Einschränkung der Dienstbereitschaft des Klinikums, sondern um die Auswahl der ärztlichen Mitarbeiter gegangen sei. Die Ausgrenzung der Beteiligten zu 2 und 3 habe sich auf die übrigen Beschäftigten der Dienststelle im Sinne einer zusätzlichen Belastung ausgewirkt. Sie habe nicht auf Weisungen beruht, die die Erledigung zu leistender Arbeit regelten, weil solche – der Mitbestimmung nicht unterliegende – Weisungen die Art und Weise des Dienstes beträfen, nicht aber die Frage, ob überhaupt Dienst geleistet werde.
Zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde trägt der Antragsteller vor: Bei der Entscheidung, einen Arzt nicht zum Bereitschaftsdienst oder zur Rufbereitschaft heranzuziehen, handele es sich um bloßes Unterlassen, nicht aber um ein aktives Tun. Ein ärztlicher Mitarbeiter habe nämlich keinen Anspruch auf Heranziehung zum Bereitschaftsdienst oder zur Rufbereitschaft. Da die Heranziehungsentscheidung vor Aufstellung jedes Dienstplanes jeweils neu gefällt werde, finde keine positive Ausgrenzung statt, sondern lediglich ein auf den einzelnen Arzt bezogenes „Nichtstun”. Entgegen der Annahme des Oberverwaltungsgerichts sei es in den Anlaßfällen ausschließlich um die Außenwirksamkeit der Maßnahme gegangen. Der verantwortliche Klinikdirektor habe nämlich die Beteiligten zu 2 und 3 nicht mehr für geeignet gehalten, den Bereitschaftsdienst und die Rufbereitschaft wahrzunehmen. Mit der streitigen Maßnahme sei bezweckt worden, die Dienstbereitschaft mit einem einer Universitätsklinik entsprechenden fachlichen Niveau aufrechtzuerhalten. Demgegenüber seien die dienststelleninternen Auswirkungen völlig nebensächlich gewesen. Der Mitbestimmungspflichtigkeit der streitigen Maßnahme stehe ferner entgegen, daß es um eine Weisung gehe, die lediglich die Erledigung der zu leistenden Arbeit regele. Die Nichtheranziehung ärztlicher Mitarbeiter zum Bereitschaftsdienst und zur Rufbereitschaft beinhalte lediglich, daß ihnen bestimmte Modalitäten der Arbeitserbringung nicht auferlegt würden. Dies beträfe die Art und Weise der Diensterbringung, nicht aber die Frage, ob überhaupt Arbeit zu leisten sei. Entgegen der Annahme des Oberverwaltungsgerichts ergebe sich die Mitbestimmungspflichtigkeit schließlich nicht daraus, daß die Nichtheranziehung Auswirkungen auf die übrigen Beschäftigten der Dienststelle habe.
Der Antragsteller beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben und festzustellen, daß das Unterlassen der Heranziehung eines ärztlichen Mitarbeiters in den Bereitschaftsdienst oder die Rufbereitschaft der Kliniken der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in Fällen wie denjenigen der Beteiligten zu 2 und 3 nicht mitbestimmungspflichtig sei.
Der Beteiligte zu 1 beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluß.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde des antragstellenden Dienststellenleiters, als welcher mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung der Universitätsklinika in Schleswig-Holstein vom 28. Oktober 1998, GVOBl Schl.-H. S. 313, zum 1. Januar 1999 der Vorstand des Klinikums anzusehen ist, ist nicht begründet. Der angefochtene Beschluß des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 88 Abs. 2 des Gesetzes über die Mitbestimmung der Personalräte – S-HPersVG – vom 11. Dezember 1990, GVOBl Schl.-H. S. 577, in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 28. Oktober 1998, GVOBl Schl.-H. S. 313, i.V.m. § 93 Abs. 1 ArbGG). Die Nichtheranziehung ärztlicher Mitarbeiter zum Bereitschaftsdienst und zur Rufbereitschaft in Fällen, die denjenigen der Beteiligten zu 2 und 3 vergleichbar sind, unterliegt der Mitbestimmung des Beteiligten zu 1.
1. Das Mitbestimmungsrecht des Personalrechts entfällt nicht schon deswegen, weil § 51 S-HPersVG als die insoweit maßgebliche Vorschrift zu denjenigen Bestimmungen zählt, die das Bundesverfassungsgericht im Beschluß vom 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 – (BVerfGE 93, 37, 41) für verfassungswidrig erklärt hat. Denn es hat zugleich entschieden, daß das Schleswig-Holsteinische Mitbestimmungsgesetz vom 11. Dezember 1990 bis zur – noch ausstehenden – Neuregelung mit der Maßgabe anwendbar bleibt, daß die Einigungsstelle nur Empfehlungen ohne Bindungswirkung beschließen kann. Diese Einschränkung berührt nicht die hier streitige Frage, ob überhaupt ein Mitbestimmungsfall vorliegt (Beschluß vom 18. Dezember 1996 – BVerwG 6 P 6.94 – Buchholz 251.95 § 51 S-HPersVG Nr. 1).
2. Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 S-HPersVG bestimmt der Personalrat mit bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen, die die Beschäftigten der Dienststelle insgesamt, Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken. Jedoch findet gemäß § 51 Abs. 1 Satz 3 S-HPersVG die Mitbestimmung nicht statt bei Weisungen an einzelne oder mehrere Beschäftigte, die die Erledigung dienstlicher Obliegenheiten oder zu leistende Arbeit regeln. Die danach zur Feststellung eines Mitbestimmungsrechts des Personalrats erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen liegen in Fällen der hier in Rede stehenden Art vor.
a) Die Nichtheranziehung ärztlicher Mitarbeiter zum Bereitschaftsdienst oder zur Rufbereitschaft in Fällen der vorliegenden Art ist zunächst als Maßnahme im Sinne von § 51 Abs. 1 Satz 1 S-HPersVG anzusehen. Nach den Erläuterungen in den Gesetzesmateralien liegt eine Maßnahme vor, wenn eine Regelung getroffen wird, die sich auf die Beschäftigten auswirkt oder sie betrifft. Die Maßnahme muß auf eine Veränderung des bestehenden Zustandes abzielen. Nach Durchführung der Maßnahme müssen das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben. Keine Maßnahme der Dienststelle ist das Unterlassen einer Handlung, weil dadurch keine Veränderung des bestehenden Zustandes eintritt (LTDrucks 12/996 S. 107). Diese Beschreibung stimmt mit der in der Senatsrechtsprechung anerkannten Definition der personalvertretungsrechtlichen Maßnahme überein (Beschluß vom 18. Dezember 1996 a.a.O.).
Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts haben die Beteiligten zu 2 und 3 auch nach der Aufspaltung der radiologischen Klinik noch jahrelang am gemeinsamen Bereitschaftsdienst und der gemeinsamen Rufbereitschaft der drei neu gebildeten Kliniken teilgenommen, bis im März 1995 der Leiter der Klinik für radiologische Diagnostik sie davon entbunden hat. Dies spricht schon bei natürlicher Betrachtungsweise dafür, von einer Entscheidung der Dienststelle und damit von einer Handlung durch positives Tun auszugehen, die der Mitbestimmung des Personalrats prinzipiell zugänglich ist. Aber auch die wertende personalvertretungsrechtliche Betrachtungsweise kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Für diese Bewertung ist es ohne Belang, ob die auf dem Direktionsrecht des Arbeitgebers beruhende Heranziehung zum Bereitschaftsdienst bzw. zur Rufbereitschaft in regelmäßigen Abständen aktualisiert wurde oder auf unbestimmte Zeit angelegt war. Unabhängig von den möglichen Varianten arbeitsrechtlicher Gestaltung bedeutete die Nichtheranziehung zu den fraglichen Diensten nach jahrelanger entgegengesetzter Praxis für die Beteiligten zu 2 und 3 eine erhebliche Veränderung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. Zum einen wirkte sich der Ausschluß von der weiteren Wahrnehmung des Bereitschaftsdienstes für die Beteiligten zu 2 und 3 auf den Inhalt ihrer Arbeitsverträge aus (vgl. Nr. 8 Abs. 5 Satz 1 der Sonderregelungen 2 c BAT). Zum anderen erfuhren mit der Nichtheranziehung zu den fraglichen Diensten ihre Arbeitsbedingungen eine nachhaltige Änderung.
Dagegen kann nicht eingewandt werden, daß die einschlägigen seit April 1991 geltenden tarifvertraglichen Normen in § 15 Abs. 6 a und 6 b BAT zwar eine Verpflichtung des Angestellten regeln, der Anordnung von Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft durch den Arbeitgeber Folge zu leisten, nicht aber zugleich auch einen Anspruch des Angestellten auf Beteiligung am Bereitschaftsdienst bzw. an der Rufbereitschaft vorsehen (so bereits zum Rechtszustand vor April 1991: BAG, Urteil vom 4. Dezember 1986 – 6 AZR 123/84 –). Raum für eine Beteiligung der Personalvertretungen ist nicht nur dann, wenn durch die in Aussicht genommenen Entscheidungen der Dienststelle Rechtsansprüche der Arbeitnehmer berührt werden, sondern auch dann, wenn es um die Einhaltung der Grundsätze von Recht und Billigkeit unter Einschluß des Gleichbehandlungsgebots geht (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 S-HPersVG). Um die Beachtung dieser Grundsätze geht es auch bei der Anordnung von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft (BAG, Beschluß vom 21. Dezember 1982 – 1 ABR 14/81 – BAGE 41, 200, 205; Urteil vom 4. Dezember 1986 – 6 AZR 123/84 –; Urteil vom 25. Oktober 1989 – 2 AZR 633/88 – AP § 611 BGB Direktionsrecht Nr. 36 Bl. 346). Diese Maßnahmen sind für die betroffenen Arbeitnehmer nicht nur mit zeitlichen Belastungen, sondern auch mit finanziellen Vergünstigungen verbunden, so daß sich Fragen der Gleichbehandlung bei der Einbeziehung ebenso wie bei der Nichteinbeziehung in den Bereitschaftsdienst bzw. die Rufbereitschaft stellen. Den Ausschluß der Beteiligten zu 2 und 3 von diesen Diensten hat daher das Oberverwaltungsgericht zu Recht als ausgrenzende Maßnahme gewertet, die zu ihrer Rechtfertigung sachlicher Begründung bedarf und daher auch Anknüpfungspunkt für eine Beteiligung der Personalvertretung sein kann.
b) Die Entbindung der Beteiligten zu 2 und 3 von der Teilnahme am Bereitschaftsdienst und der Rufbereitschaft ab April 1995 war eine innerdienstliche Maßnahme im Sinne von § 51 Abs. 1 Satz 1 S-HPersVG.
aa) Bereits der Wortlaut der vorbezeichneten Bestimmung, der von „personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen” spricht, zeigt auf, daß „innerdienstlich” der Oberbegriff für die drei zuvor genannten Merkmale ist. Personelle, soziale und organisatorische Maßnahmen unterliegen somit der Mitbestimmung, wenn sie innerdienstlicher Natur sind. Unter personellen Maßnahmen versteht der Gesetzgeber solche, die sich auf das Beschäftigtenverhältnis der Betroffenen auswirken. Soziale Maßnahmen wirken sich dagegen auf die berufliche Situation im Sinne einer Veränderung der Arbeitsbedingungen aus. Organisatorische Maßnahmen schließlich zielen auf Veränderungen der Dienststelle ab und wirken sich auf diese Weise auf die Beschäftigten aus (LTDrucks 12/996 S. 107).
Aus der zuletzt genannten Begriffsbeschreibung ergibt sich, daß es hier nicht um organisatorische Maßnahmen ging, obwohl für die Nichtheranziehung der Beteiligten zu 2 und 3 zum Bereitschaftsdienst bzw. zur Rufbereitschaft offiziell „organisatorische Gründe” angegeben wurden. Denn Veränderungen in der Organisation des Klinikums waren mit der streitigen Maßnahme nicht bezweckt. Namentlich ist den Feststellungen im angefochtenen Beschluß nicht zu entnehmen, daß mit der Entbindung der Beteiligten zu 2 und 3 zugleich die gemeinsame Organisation des Bereitschaftsdienstes und der Rufbereitschaft für die drei betroffenen Kliniken aufgegeben werden sollte. Die streitige Maßnahme war dagegen insofern personeller Natur, als sich durch die Nichtbeteiligung am Bereitschaftsdienst eine Modifikation des Arbeitsvertrages ergab (Nr. 8 Abs. 5 Satz 1 SR 2c BAT). Jedenfalls stellte sich die Entbindung für die Beteiligten zu 2 und 3 als Veränderung ihrer Arbeitsbedingungen dar, indem ihnen die Möglichkeit genommen wurde, durch Beteiligung am Bereitschaftsdienst und der Rufbereitschaft Zusatzverdienste zu erzielen.
bb) Die Maßnahme hatte innerdienstlichen Charakter. Dies ist der Fall, wenn es sich um die Regelung eines ausschließlich oder primär dienststelleninternen Sachverhalts handelt (LTDrucks 12/996 S. 107). Wie in den zitierten Gesetzesmaterialien klargestellt wird, entfällt die Mitbestimmung nicht schon dadurch, daß solche Maßnahmen auch Auswirkungen auf außerhalb der Dienststelle stehende Dritte haben. Die Mitbestimmung will der Gesetzgeber nur ausschließen, wenn die Dienststelle einen Sachverhalt regelt, der ausschließlich oder primär nach außen gerichtet ist. Dieser Leitlinie des Landesgesetzgebers hat das Bundesverfassungsgericht in seinem bereits zitierten Beschluß vom 24. Mai 1995 zum Schleswig-Holsteinischen Mitbestimmungsgesetz nicht widersprochen. Es hat dort vielmehr durchaus anerkannt, daß innerdienstliche Maßnahmen der Mitbestimmung der Personalvertretung prinzipiell zugänglich sind (a.a.O. S. 70). Es ist dabei davon ausgegangen, daß durch die innerdienstlichen Maßnahmen, welche die spezifischen Interessen der Beschäftigten berühren, behördenintern erst die Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Amtsaufgaben geschaffen werden (a.a.O. S. 68). Allein der zwangsläufige Zusammenhang mit der nach außen gerichteten Aufgabenerfüllung nimmt somit einer die Beschäftigteninteressen berührenden Maßnahme nicht den innerdienstlichen Charakter. So liegt es auch im vorliegenden Fall.
Unter Bereitschaftsdienst versteht das einschlägige Tarifvertragsrecht die Verpflichtung des Angestellten, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen (§ 15 Abs. 6 a Unterabsatz 1 Satz 1 BAT). Demgegenüber beinhaltet Rufbereitschaft die Verpflichtung des Angestellten, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen (§ 15 Abs. 6 b Unterabsatz 1 Satz 1 BAT). Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft unterscheiden sich im wesentlichen danach, ob der Aufenthaltsort des Arbeitnehmers während des fraglichen Zeitraums vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer selbst bestimmt wird. Beiden Instituten ist gemeinsam, daß sie nach Wortlaut, rechtssystematischem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der zitierten tarifvertraglichen Normen Sonderregelungen gegenüber der regelmäßigen Arbeitszeit darstellen. Arbeitszeitbezogene Regelungen sind aber geradezu klassischer Bestandteil der Arbeitsbedingungen und berühren als solche spezifische Beschäftigteninteressen. Sie gehören daher zu denjenigen Maßnahmen, mit denen dienstintern die Voraussetzungen für die Aufgabenerfüllung geschaffen werden.
cc) Regelungen des Bereitschaftsdienstes und der Rufbereitschaft von der Mitbestimmung auszunehmen, besteht um so weniger Anlaß, als das Schleswig-Holsteinische Mitbestimmungsgesetz in § 2 Abs. 1 und § 51 vom Grundsatz der Allzuständigkeit des Personalrats ausgeht und – anders als sonst typischerweise die Personalvertretungsgesetze in Bund und Ländern – keinen Beteiligungskatalog mehr vorsehen. In diesem Zusammenhang hat der schleswig-holsteinische Landesgesetzgeber klargestellt, daß bei der Einordnung einer Maßnahme als mitbestimmungspflichtig zunächst auf die Kataloge des bisherigen Rechts zur Mitbestimmung und Mitwirkung zurückgegriffen werden kann, da diese das neue Recht mitumfaßt (LTDrucks 12/996 S. 107). Maßnahmen, die nach den in Bund und Ländern geltenden Beteiligungskatalogen für die Mitbestimmung des Personalrats in Betracht kommen, sind daher auch von der weit gefaßten Regelung in § 51 Abs. 1 S-HPersVG erfaßt. Regelungen betreffend Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft können aber – je nach Abfassung der gesetzlichen Beteiligungskataloge – durchaus zu den mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen gehören (vgl. Beschluß vom 20. Dezember 1988 – BVerwG 6 P 16.85 – BVerwGE 81, 122; Beschluß vom 30. Januar 1996 – BVerwG 6 P 50.93 – Buchholz 251.5 § 74 HePersVG Nr. 1; vgl. ferner zu § 87 BetrVG: BAG, Beschluß vom 21. Dezember 1982 – 1 ABR 14/81 – BAGE 41, 200). Soweit der Senat bei der Anordnung von Rufbereitschaft ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats verneint hat (Beschluß vom 1. Juni 1987 – BVerwG 6 P 8.85 – Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 48; Beschluß vom 26. April 1988 – BVerwG 6 P 19.86 – Der Personalrat 1988, 186; Beschluß vom 2. September 1988 – BVerwG 6 P 23.86 – ZfPR 1989, 44), geschah dies in Anwendung und Auslegung des jeweiligen Katalogtatbestandes; eine generelle Aussage des Inhalts, bei Rufbereitschaft scheide ein Mitbestimmungsrecht ungeachtet der jeweils einschlägigen Normierung in jedem Falle aus, war damit nicht verbunden.
dd) Freilich ist nicht zu verkennen, daß die Entscheidung über die Teilnahme der Beteiligten zu 2 und 3 am Bereitschaftsdienst und der Rufbereitschaft in nicht unerheblichem Maße den Amtsauftrag des Klinikums berührte. Den Feststellungen im angefochtenen Beschluß ist lediglich zu entnehmen, daß die streitige Maßnahme laut Mitteilung des Leiters der Klinik „aus organisatorischen Gründen” erfolgt sei und daß der Antragsteller Zweifel an der fachlichen Qualifikation der Beteiligten zu 2 und 3 – anders als in der Vorkorrespondenz – im gerichtlichen Verfahren nicht mehr angemeldet habe. Hiergegen hat die Rechtsbeschwerde Verfahrensrügen nicht erhoben.
Ungeachtet dessen ist allerdings auch nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts erkennbar, daß zwischen der Nichtzugehörigkeit der Beteiligten zu 2 und 3 zur neu geschaffenen Klinik für radiologische Diagnostik und der Entscheidung des Leiters dieser Klinik, jene nach jahrelangem Einsatz nicht mehr zum Bereitschaftsdienst und zur Rufbereitschaft heranzuziehen, anscheinend auch ein medizinisch begründeter Zusammenhang besteht. Dies wird bestätigt durch die Darstellung im – durch einen Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht gegenstandslos gewordenen – Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 3. April 1996 – H 5 b Ca 2583/95 – und im erstinstanzlich vorgelegten Schreiben des Direktors der Klinik für radiologische Diagnostik vom 7. Dezember 1995. Die sich daraus ergebende Frage danach, ob die Beteiligten zu 2 und 3 für die weitere Wahrnehmung des Bereitschaftsdienstes und der Rufbereitschaft in der Klinik für radiologische Diagnostik fachlich hinreichend qualifiziert waren, betraf die Qualität der Patientenversorgung und damit die ordnungsgemäße Wahrnehmung des Amtsauftrages des Klinikums. Auch daraus kann jedoch nicht geschlußfolgert werden, daß die streitige Maßnahme der Mitbestimmung des Beteiligten zu 1 entzogen war. Vielmehr sind innerdienstliche Maßnahmen in dem Maße, wie sie die Wahrnehmung von Amtsaufgaben gegenüber dem Bürger berühren, in abgestufter Weise der Mitbestimmung der Personalvertretung zugänglich (BVerfG, Beschluß vom 24. Mai 1995, a.a.O. S. 70 ff.). Welcher der drei vom Bundesverfassungsgericht in der vorgenannten Entscheidung erörterten Bereiche die hier streitige Maßnahme zuzuordnen ist, kann auf sich beruhen. Denn bei innerdienstlichen Maßnahmen, die schwerpunktmäßig die Erledigung von Amtsaufgaben betreffen, bleibt für eine personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung in der Weise Raum, daß die Entscheidung der Einigungsstelle den Charakter einer Empfehlung an die zuständige Dienstbehörde hat (BVerfG, a.a.O. S. 73). In anderer Weise ist aber die personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung nach der vom Bundesverfassungsgericht getroffenen Übergangsregelung (a.a.O. S. 41, 85) in Schleswig-Holstein bis zu einer gesetzlichen Neuregelung ohnehin nicht möglich, wie bereits eingangs dargelegt wurde. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß der Personalrat eine rechtlich einwandfrei zustande gekommene und daher rechtlich nicht zu beanstandende Beurteilung der dafür zuständigen Klinikleitung, wonach ein bestimmter ärztlicher Mitarbeiter nicht (mehr) ausreichend für einen bestimmten Bereitschaftsdienst qualifiziert sei, im Mitbestimmungsverfahren hinzunehmen hat. Denn es ist ihm verwehrt, auf diese Weise in den dienstrechtlichen und fachlichen Beurteilungsspielraum der Klinikleitung einzudringen.
c) Für die Mitbestimmungspflichtigkeit einer innerdienstlichen Maßnahme genügt es nach § 51 Abs. 1 Satz 1 S-HPersVG, wenn sie einzelne Beschäftigte betrifft. Dies war hier der Fall. Denn die streitige Entbindung vom Bereitschaftsdienst und der Rufbereitschaft betraf die Beteiligten zu 2 und 3. Daß sich die Maßnahme auch auf die übrigen Beschäftigten der Dienststelle auswirkt, ist dagegen nach § 51 Abs. 1 Satz 1 S-HPersVG nicht zwingend. Die Ausführungen in Abschn. II 3 des angefochtenen Beschlusses sind daher nicht tragend, so daß die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerdebegründung ins Leere gehen.
Im übrigen ist die Schlußfolgerung im angefochtenen Beschluß, die Ausgrenzung der Beteiligten zu 2 und 3 gehe mit einer Mehrbelastung oder Belastung anderer einher, wenn der Dienstbetrieb uneingeschränkt fortgesetzt werde, nicht zu beanstanden. Die Ausführungen in Abschn. II 4 der Rechtsbeschwerdebegründung sind offensichtlich ungeeignet, die Richtigkeit jener Würdigung in Zweifel zu ziehen.
d) Der Ausschluß der Beteiligten zu 2 und 3 vom Bereitschaftsdienst und der Rufbereitschaft ist nicht als Weisung im Sinne von § 51 Abs. 1 Satz 3 S-HPersVG anzusehen, die der Mitbestimmung nicht unterliegt. Die vorbezeichnete Vorschrift stellt nach den Erläuterungen in den Gesetzesmaterialien klar, daß dienstliche Weisungen, die sich auf die Erledigung der von der Dienststelle zu erfüllenden Aufgaben beziehen, nicht der Mitbestimmung unterliegen (LTDrucks 12/996 S. 107). Nicht mitbestimmungspflichtig sind daher alle Maßnahmen des Dientvorgesetzten, welche die Wahrnehmung des Amtsauftrages gegenüber dem Bürger betreffen. Darum geht es hier jedoch nicht.
Amtsauftrag des Klinikums ist die Patientenversorgung. Darauf bezogene fachliche Weisungen des Leiters einer Klinik haben die in dessen Zuständigkeitsbereich tätigen ärztlichen Mitarbeiter auszuführen. Die Beteiligung des Personalrats ist dabei ausgeschlossen. Die Auswahl des ärztlichen Personals für den Bereitschaftsdienst und die Rufbereitschaft ist als solche nicht selbst schon Aufgabenerfüllung. Vielmehr werden dadurch die dienstinternen Voraussetzungen für die Erfüllung des Amtsauftrages geschaffen. Solche die Beschäftigten in ihren rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen betreffenden Maßnahmen sind der Mitbestimmung der Personalvertretung zugänglich, wie bereits oben unter 2 b ausgeführt wurde.
Schließlich kann die Mitbestimmungspflichtigkeit der streitigen Maßnahme nicht in der Erwägung verneint werden, die Anordnung von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft sei aus verfassungsrechtlichen Gründen allein dem Direktionsrecht des Arbeitgebers überantwortet (vgl. für die Anordnung von Überstunden den im erstinstanzlichen Beschluß zitierten Senatsbeschluß vom 23. Januar 1996 – BVerwG 6 P 54.93 – Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 35 S. 10 f.). Denn zwischen den Beteiligten ist die Notwendigkeit von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft zur ordnungsgemäßen Patientenversorgung nicht im Streit. Es geht vielmehr um die Auswahl der davon betroffenen ärztlichen Mitarbeiter, ohne daß damit die von der Klinikleitung für die ordnungsgemäße Patientenversorgung für erforderlich gehaltene Dienstbereitschaft nach Art und Maß in Frage gestellt wird.
3. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 8 Abs. 2 Satz 2, § 10 Abs. 1 BRAGO.
Unterschriften
Niehues, Albers, Eckertz-Höfer, Büge, Graulich
Fundstellen
Haufe-Index 1097422 |
ZBR 2000, 277 |
ZTR 2000, 280 |
PersR 2000, 199 |
PersV 2001, 78 |
DVBl. 2000, 1146 |
PflR 2001, 73 |
www.judicialis.de 1999 |