Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Richtlinien 92/50/EWG und 2004/18/EG. Öffentliche Dienstleistungsaufträge. Betriebliche Altersversorgung für Arbeitnehmer des kommunalen öffentlichen Dienstes. Direktvergabe von Verträgen ohne unionsweite Ausschreibung an Versorgungsträger, die in einem zwischen Sozialpartnern geschlossenen Tarifvertrag dazu bestimmt wurden
Beteiligte
Bundesrepublik Deutschland |
Tenor
1. Die Bundesrepublik Deutschland hat gegen die Verpflichtungen verstoßen, die sich für sie bis zum 31. Januar 2006 aus Art. 8 in Verbindung mit den Abschnitten III bis VI der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge und seit dem 1. Februar 2006 aus Art. 20 in Verbindung mit den Art. 23 bis 55 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ergaben, soweit Verträge über Dienstleistungen der betrieblichen Altersversorgung im Jahr 2004 durch kommunale Behörden oder Betriebe, die damals mehr als 4 505 Beschäftigte hatten, im Jahr 2005 durch kommunale Behörden oder Betriebe, die damals mehr als 3 133 Beschäftigte hatten, und in den Jahren 2006 und 2007 durch kommunale Behörden oder Betriebe, die damals mehr als 2 402 Beschäftigte hatten, ohne Ausschreibung auf der Ebene der Europäischen Union direkt an in § 6 des Tarifvertrags zur Entgeltumwandlung für Arbeitnehmer/-innen im kommunalen öffentlichen Dienst genannte Einrichtungen oder Unternehmen vergeben wurden.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Europäische Kommission, die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich Dänemark und das Königreich Schweden tragen ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 24. Juni 2008,
Europäische Kommission, vertreten durch G. Wilms und D. Kukovec als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch M. Lumma und N. Graf Vitzthum als Bevollmächtigte,
Beklagte,
unterstützt durch
Königreich Dänemark, vertreten durch B. Weis Fogh und C. Pilgaard Zinglersen als Bevollmächtigte,
Königreich Schweden, vertreten durch A. Falk und A. Engman als Bevollmächtigte,
Streithelfer,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts (Berichterstatter) und J.-C. Bonichot, der Kammerpräsidentin C. Toader sowie der Richter K. Schiemann, P. Kūris, E. Juhász, G. Arestis, T. von Danwitz, A. Arabadjiev und J.-J. Kasel,
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2010,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 14. April 2010
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland bis zum 31. Januar 2006 gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 8 in Verbindung mit den Abschnitten III bis VI der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) und seit 1. Februar 2006 gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 20 in Verbindung mit den Art. 23 bis 55 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134, S. 114) verstoßen hat, indem kommunale Behörden und Betriebe mit mehr als 1 218 Beschäftigten Dienstleistungsverträge über die betriebliche Altersversorgung ohne Ausschreibung auf der Ebene der Europäischen Union direkt an in § 6 des Tarifvertrags zur Entgeltumwandlung für Arbeitnehmer/-innen im kommunalen öffentlichen Dienst (TV-EUmw/VKA) genannte Einrichtungen und Unternehmen vergeben haben.
Rz. 2
In ihrer Erwiderung hat die Kommission den Gegenstand ihrer Klage umformuliert und beantragt, den behaupteten Verstoß insoweit festzustellen, als kommunale Behörden und Betriebe, die in den Jahren 2004-2005 mehr als 2 044 Beschäftigte hatten, in den Jahren 2006-2007 mehr als 1 827 Beschäftigte hatten und seit dem Jahr 2008 mehr als 1 783 Beschäftigte haben, solche Verträge ohne unionsweite Ausschreibung direkt an in § 6 des TV-EUmw/VKA genannte Einrichtungen und Unternehmen vergeben haben.
Rz. 3
In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission den Gegenstand ihrer Klage umformuliert und beantragt, diesen Verstoß insoweit festzustellen, als kommunale Behörden und Betriebe, die in den Jahren 2004-2005 mehr als 2 697 Beschäftigte und in den Jahren 2006-2007 mehr als 2 402 Beschäftigte hatten, solche Verträge ve...