Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung Sozialplan
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Auslegung von Sozialplänen
2. Auslegung des zwischen der Unternehmensgruppe T. und den Gesamtbetriebsräten und Betriebsräten geschlossenen Sozialplans bei Eigenkündigung – Begriff der Veranlassung aufgrund von beabsichtigten Stilllegungen von Betriebsstätten/-teilen.
3. Werden Aufgaben, die bisher in einem der Unternehmen der Unternehmensgruppe ausgeführt wurden, von einem anderen Unternehmen übernommen, ist eine Eigenkündigung der Arbeitnehmerin auch dann nicht vom Arbeitgeber aufgrund von beabsichtigten Stilllegungen von Betriebsstätten/-teilen veranlasst, wenn kein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB anzunehmen ist.
Normenkette
BetrVG § 77
Verfahrensgang
ArbG Oberhausen (Entscheidung vom 31.10.2000; Aktenzeichen 3 Ca 1666/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 31.10.2000 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen – 3 Ca 1666/00 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten, ob der Klägerin ein Anspruch auf Abfindungszahlung nach dem Sozialplan zusteht.
Die 1970 geborene Klägerin war vom 01.09.1998 bis zum 31.03.2000 bei der Beklagten, die in der T. Unternehmensgruppe die Funktion des zentralen, international operierenden Wareneinkaufs wahrnahm und außerdem Großhandel betrieb, als Sachbearbeiterin zu einem monatlichen Gehalt von zuletzt 4.300,00 DM brutto beschäftigt. Nachdem sie zunächst als Sachbearbeiterin im Bereich Import, Abteilung Non-Food in M. eingesetzt worden war, wurde sie im Rahmen einer Sozialplanmaßnahme zum 01.10.1999 nach B. in eine Abteilung des Warenbereichs Obst und Gemüse versetzt. Die „Vereinbarung gemäß §§ 111 ff. BetrVG …” vom 22.04.1999 sah in § 4 vor:
4.2.Ausschluß betriebsbedingter Kündigungen
Bei einer Versetzung innerhalb der T. … wird die Möglichkeit einer betriebsbedingten ordentlichen Kündigung vor dem 01.07.1999 und ab dem 01.10.1999 für einen Zeitraum von 18 Monaten ausgeschlossen.
Mit Schreiben vom 30.09.1999 bestätigte die Beklagte „wunschgemäß”, dass in Zusammenhang mit der Versetzung die Vereinbarungen nach §§ 111 ff. BetrVG zur Anwendung kämen. Weiter heißt es in dem Schreiben:
Für die Berechnung der Fristen sind nicht die in den Vereinbarungen angegebenen Daten, sondern das Datum Ihres Wechsels – also der 01.10.1999 – maßgeblich.
Nachdem die T. Unternehmensgruppe Betriebsänderungen einschließlich eines damit verbundenen Personalabbaus plante, begannen am 14./15.01.2000 Sozialplanverhandlungen. Im Vorfeld hatte eine „Projektsitzung Super 2000” gemeinsam mit den Vertretern der Betriebsräte und der HBV u. a. am 22.12.1999 stattgefunden, in deren Protokoll es heißt:
Die Funktionen der T. bleiben – soweit erforderlich – erhalten. Die T. als juristische Einheit wird nicht mehr als erforderlich angesehen. Übergreifende Funktionen, z.B. Obst- und Gemüse-Einkauf, Nonfood-Einkauf, Importabwicklung und ggf. Delkredere werden zentralisiert. Alle übrigen Funktionen gehen in die operativen Geschäftsfelder über.
Bei der Beklagten wurde der Bereich des Großhandels vollständig stillgelegt. Zu den von dieser Stilllegung betroffenen Mitarbeitern gehörte die Klägerin nicht. Der Bereich des Zentraleinkaufs wurde inhaltlich nicht aufgegeben, sondern die Aufgaben wurden auf die K. K. AG und die P. Warenhandelsgesellschaft mbH verlagert. Der Zentraleinkauf für den Warenbereich Obst und Gemüse, in dem die Klägerin tätig gewesen war, wurde von der K. K. AG weitergeführt.
Am 24.02.2000 wurde ein Sozialplan, hinsichtlich dessen Einzelheiten auf Bl. 22 – 39 d. A. verwiesen wird, für die Unternehmensgruppe T. von den Vertretern der einzelnen Unternehmen und der jeweiligen Betriebsräte bzw. Gesamtbetriebsräte unterschrieben.
In Nr. 3 „Arbeitsplatzangebot, internes Arbeitsamt und Altersteilzeit” ist unter Absatz 12 geregelt:
Sind ArbeitnehmerInnen bereits zur Kündigung auf einer schriftlichen Personalliste seitens des Unternehmens vorgesehen oder sind Betriebsstätten/-teile zur Stillegung vorgesehen, führt die anschließende Eigenbewerbung der Mitarbeiter/Innen und Eigenkündigung nicht zum Ausschluß von Leistungen aus diesem Sozialplan.
Nr. 7 „Aufhebungsverträge” bestimmt:
(1) ArbeitnehmerInnen, denen der Verlust des bisherigen Arbeitsplatzes droht, oder die Tätigkeitsgruppen zuzuordnen sind, in denen ein Personalüberhang besteht, haben das Recht, den Abschluß eines Aufhebungsvertrages zwecks Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betriebsbedingten Gründen zu beantragen. Die AntragstellerInnen haben einen Leistungsanspruch gemäß der Regelungen in dieser Vereinbarung.
(2) Die Unternehmen der T. sind verpflichtet, einen Antrag auf betriebsbedingten Aufhebungsvertrag mit dem/der Antragsteller/in abzuschließen, sofern dieser auf einer Liste von zur Kündigung anstehenden MitarbeiterInnen steht oder durch den Abschluß des Aufhebungsvertrages Versetzungsmöglichkeiten für andere ArbeitnehmerInnen geschaffe...