Revision aufgehoben 31.01.2002

 

Verfahrensgang

ArbG Bocholt (Urteil vom 06.05.1999; Aktenzeichen 1 Ca 353/99)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 31.01.2002; Aktenzeichen 6 AZR 214/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 06.05.1999 – 1 Ca 353/99 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte vom Kläger verlangen kann, während der Rufbereitschaft innerhalb von 20 Minuten nach Abruf die Arbeit in der anästhesistischen Abteilung aufzunehmen.

Der am 04.04.1958 geborene Kläger ist seit dem 15.05.1982 als Krankenpfleger im St. A. Hospital im Funktionsbereich „Anästhesie” tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Bestimmungen der AVR-Caritas Anwendung. Im Rahmen seiner pflegerischen Tätigkeit wird er außerhalb seiner normalen Dienstzeit zum Bereitschaftsdienst, mit Wirkung vom 01.04.1998 zusätzlich zur Rufbereitschaft herangezogen (§ 7 Abs. 3 Anl. 5 zu den AVR-Caritas). Zeitgleich mit der Einführung des Rufdienstes im pflegerischen Bereich hat die Beklagte am 30.03.1998 angeordnet, dass während der abzuleistenden Rufdienste die Arbeit innerhalb von 20 Minuten nach Abruf aufgenommen werden müsse. Hierzu sieht sich der Kläger, der nicht in B., sondern in B. wohnt, nicht immer imstande. Um dieser Anordnung zunächst Folge leisten zu können, hat er sich während der in den Monaten April bis September 1998 angeordneten Rufdienste nicht zu Hause in B., sondern bei Bekannten in B. aufgehalten. Weil er in der beschriebenen Zeitvorgabe eine unzulässige Einschränkung seiner freien Bestimmung des Aufenthaltsortes während des Rufdienstes (§ 7 Abs. 3 der Anl. 5 zu den AVR-Caritas) sieht, hat er im Rahmen der Schlichtung versucht, diese zeitliche Beschränkung zu verbessern. Dies ist ihm nicht gelungen. Der Vorschlag der Schlichtungsstelle, die Definition des § 121 BGB in die Anordnung der Beklagten vom 30.03.1998 zu übertragen, wurde seitens der Beklagten nicht akzeptiert. Ihrer Meinung nach müsse die Arbeitsaufnahme nach Abruf zeitlich kalkulierbar sein.

Am 10.08.1998 teilten der Kläger und weitere sieben Pflegekräfte der Anästhesie der Beklagten mit, an ihrer Auffassung festzuhalten und die festgelegte Frist von 20 Minuten nicht zu akzeptieren. Sie würden weiterhin ihren Dienst nach Abruf unverzüglich aufnehmen, gerade so wie es die Verkehrssituation zulasse. Weitere zeitliche Einschränkungen werteten sie als rechtswidrige Überschreitung des Direktionsrechts der Beklagten. Diese hielt ihrerseits an der starren Zeitgrenze von 20 Minuten fest. Sie erklärte dies unter dem 03.09.1998 als unbedingt notwendig und kündigte bei Nichtbeachtung arbeitsrechtliche Konsequenzen an (Bl. 18 d. A.). Sie begründete ihre Haltung mit dem Hinweis, dass die Patientenversorgung für sie oberste Priorität habe. Obwohl die Beklagte den Teilnehmern des Rufdienstes im Krankenhaus eine kostenlose Übernachtungsmöglichkeit anbot, sahen sich die Pflegekräfte weiterhin außerstande, die Anordnung der Beklagten zu akzeptieren, zumal sie einen Unterschied zur Anwesenheitsbereitschaft nicht erkennen könnten.

Weil es bei der unterschiedlichen Auffassung der Parteien blieb, wehrt sich der Kläger mit der beim Arbeitsgericht Bocholt am 19.02.1999 erhobenen Klage gegen die Anweisung der Beklagten vom 30.03.1998. Er hat weiterhin die Auffassung vertreten, die Beklagte überschreite mit ihrer Anweisung die Definition der kurzfristigen Arbeitsaufnahme. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Beklagte übersehe, dass er diese Zeitvorgabe von zu Hause nicht einhalten könne. Mit ihrer Anordnung schränke sie folglich seine freie Bestimmung des Aufenthaltsortes ein. Dieser sei der Beklagten lediglich anzuzeigen, um abrufbar zu sein. Im übrigen weiche sie ohne ersichtlichen Grund von der zeitlichen Festlegung in anderen Fachbereichen ab. Dort werde die kurzfristige Arbeitsaufnahme mit 30 Minuten definiert. Diesen zeitlichen Rahmen könne er einhalten, weil er 25 Minuten von zu Hause aus benötige, um die Arbeit anzutreten. Die Übernachtung im Krankenhaus während des Rufdienstes könne von ihm nicht verlangt werden.

Die Beklagte hat weiterhin die Auffassung vertreten, im Rahmen des § 7 Abs. 3 der Anl. 5 zu den AVR bestimmen zu können, welcher Zeitraum unter einer kurzfristigen Arbeitsaufnahme zu verstehen sei. Bei der zeitlichen Konkretisierung habe sie durchaus die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt.

Mit Urteil vom 06.05.1999 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Anordnung der Beklagten vom 30.03.1998 rechtswidrig ist. Im übrigen hat es die für das Berufungsverfahren nicht mehr relevante Zahlungsklage abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, die Feststellungsklage sei zulässig. Dem Kläger sei es im Rahmen des § 256 ZPO nicht verwehrt, neben einem Rechtsverhältnis auch streitige Teilbereiche desselben auf ihre Rechtswirksamkeit hin überprüfen zu lassen, solange hierdurch das Ziel der Befriedungsfunk...

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