Entscheidungsstichwort (Thema)
AGG. Beschwerdestelle. Mitbestimmung. Beschwerdestelle nach § 13 AGG. Mitbestimmung des Betriebsrats
Leitsatz (amtlich)
Jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber darauf beschränkt, die Beschäftigten lediglich im Sinne des § 12 ABs. 5 AGG über die für die Behandlung von Beschwerden nach § 13 AGG zuständigen Stellen zu unterrichten, bestehen keine Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
Normenkette
AGG § 12 Abs. 5, § 13 Abs. 1-2; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
ArbG Trier (Urteil vom 19.12.2007; Aktenzeichen 1 BV 162/07) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 19.12.2007 – 1 BV 162/07 – wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten um die Rechtswirksamkeit eines Beschlusses der Einigungsstelle vom 13.07.2007 im Zusammenhang mit der Errichtung einer Beschwerdestelle nach § 13 Abs. 1 AGG, nachdem die Einigungsstelle mit dem genannten Beschluss ihre Unzuständigkeit festgestellt und das Einigungsstellenverfahren eingestellt hat.
Die Antragsgegnerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Der Antragsteller (im Folgenden: Betriebsrat) ist der für die Region T. gewählte Betriebsrat. Die Filialen der Region T. wurden zunächst vom Verkaufsbüro der Arbeitgeberin in S. betreut. Aufgrund einer Mitte November 2007 in Kraft getretenen neuen Betriebsorganisation gehört das frühere Verkaufsbüro S. nunmehr zu dem Betriebsbüro A-Stadt bei G..
Mit Rundschreiben aus Dezember 2006 (Bl. 145 d. A.) hat die Arbeitgeberin mitgeteilt, sie habe eine betriebliche Beschwerdestelle gem. § 13 AGG eingerichtet. Die Mitarbeiter werden hierin gebeten, alle das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz betreffenden Beschwerden an das für sie zuständige Verkaufsbüro zu richten. Ausweislich der übereinstimmenden Erklärung der Beteiligten im erstinstanzlichen Anhörungstermin vom 16.11.2007 (Bl. 143 d. A.) ist Beschwerdestelle i. S. d. § 13 AGG das genannte Vertriebsbüro in A-Stadt.
Der Betriebsrat ist der Auffassung, ihm stünde hinsichtlich der genannten Maßnahme ein Mitbestimmungsrecht zu. Auf Antrag des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht Saarbrücken mit Beschluss vom 22.03.2007 (Az.: 1 BV 4/07, Bl. 155 d. A.) zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit der Regelungsthematik „Einrichtung einer Beschwerdestelle gem. § 13 Abs. 1 AGG” einen Vorsitzenden Richter des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz bestellt und die Zahl der von den Beteiligten jeweils zu benennenden Beisitzer auf zwei festgesetzt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Arbeitgeberin zum Landesarbeitsgericht Saarland hat dieses mit Beschluss vom 06.06.2007, Az.: 2 TaBV 2/07 (Bl. 146 ff. d. A.) zurückgewiesen.
Im Einigungsstellentermin vom 30.07.2007 beantragte die Arbeitgeberin, die Einigungsstelle möge sich für unzuständig erklären und das Verfahren einstellen. Im zweiten Abstimmungsdurchgang unter Beteiligung des Vorsitzenden ergab sich für diesen Antrag eine Mehrheit. Der Vorsitzende traf sodann die Feststellung, dass sich die Einigungsstelle für unzuständig erklärt hat und das Verfahren daher einzustellen sei.
In der Begründung ihres Beschlusses hat die Einigungsstelle die Auffassung vertreten, dass die vom Betriebsrat erstrebten Regelungen betreffend Errichtung, Besetzung sowie Verfahren der Beschwerdestelle nicht dem (erzwingbaren) Mitbestimmungsrecht unterliegen. Die Errichtung und die personelle Besetzung der Beschwerdestelle stelle keine nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Maßnahme dar. Durch die Benennung der zuständigen Stelle erfülle der Arbeitgeber insoweit lediglich seine gesetzliche Verpflichtung aus § 12 Abs. 5 Satz 1 AGG. Auch unter dem Gesichtspunkt „Regelung des Beschwerdeverfahrens” ergebe sich keine Zuständigkeit der Einigungsstelle. Angesichts des Tenors des in der Beschwerdeinstanz bestätigten Beschlusses des Arbeitsgerichts Saarbrücken erscheine es bereits zweifelhaft, ob hinsichtlich dieser Materie überhaupt ein Vorsitzender der Einigungsstelle bestellt worden sei. Auch habe die Arbeitgeberin keine verbindlichen Regeln über die Behandlung von Beschwerden und die Durchführung des Beschwerdeverfahrens aufgestellt. Ein Initiativrecht zur Aufstellung einer Beschwerdeordnung bestehe nicht.
Mit dem zunächst beim Arbeitsgericht Saarbrücken am 27.07.2007 eingegangenen Antrag begehrt der Betriebsrat die Feststellung, dass der Spruch der Einigungsstelle unwirksam sei. Das Arbeitsgericht Saarbrücken hat das Streitverfahren an das Arbeitsgericht Trier verwiesen.
Der Betriebsrat hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bestehe sowohl hinsichtlich der Errichtung einer zuständigen Stelle, als auch ihrer Besetzung sowie auch hinsichtlich der Einführung eines konkreten Beschwerdeverfahrens. Dies beinhaltet auch ein Initiativrecht des Betriebsrats.