Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezahlung von Pausenzeiten - tarifvertragliche Besitzstandsklausel - Protokollnotiz zu § 2 Abs 1 MTV für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie - Pausenvergütungsregelung durch Einigungsstellenspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach der Besitzstandsklausel in der Protokollnotiz zu § 2 Abs 1 MTV für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie vom 17.1.1997 ist es dem Arbeitgeber untersagt, bezahlte Pausen, die bisher in Dreischichtbetrieben im Rahmen der tariflichen regelmäßigen Wochenarbeitszeit gewährt wurden, mit der Arbeitszeitverkürzung auf 36 bzw 35 zu verrechnen.

2. Ein Spruch der Einigungsstelle, der keine Regelungen über die Bezahlung von Pausenzeiten enthält, verstößt jedenfalls dann nicht gegen die Besitzstandsklausel des MTV, wenn eine zeitlich vorangegangene Betriebsvereinbarung, die eine Bezahlung von Pausenzeiten im Sinne der Protokollnotiz vorsah, zeitlich befristet abgeschlossen war und durch Zeitablauf endete. In einem solchen Fall liegt in dem Spruch der Einigungsstelle keine "Verrechnung" der bisherigen bezahlten Pausenzeiten mit der Arbeitszeitverkürzung im Sinne der Besitzstandsklausel des MTV.

 

Orientierungssatz

Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 1 AZR 598/00.

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.06.2001; Aktenzeichen 1 AZR 598/00)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 07.07.1999 - Aktz. 2 Ca 647/99 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Bezahlung von Pausen im Rahmen des bei der Beklagten bestehenden Dreischichtbetriebs.

Der Kläger ist bei der Beklagten im Wechsel in der Früh-, Spät- und Nachtschicht beschäftigt. Kraft wechselseitiger Verbandszugehörigkeit sind die Tarifverträge für gewerbliche Arbeitnehmer in der papier-, pappe- und kunststoffverarbeitenden Industrie auf das Arbeitsverhältnis anwendbar.

Im Betrieb der Beklagten bestand eine "Betriebsvereinbarung über die regelmäßige Arbeitszeit im Werk A. vom 21.2.1996". In ihrem Einleitungssatz ist bestimmt: "Auf Grund der im gültigen Manteltarifvertrag vom 1. Juli 1991 festgelegten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 36,0 Stunden wird folgende Vereinbarung über die regelmäßige Arbeitszeit im Werk A. getroffen". Nach der Arbeitszeitregelung unter Ziff. 1 der Vereinbarung erhielt der Kläger von den 30-minütigen Pausen, die in den einzelnen Schichten vorgesehen waren, 15 Minuten in der Früh- und Spätschicht und 30 Minuten in der Nachtschicht bezahlt. Nach Ziff. 10 der Betriebsvereinbarung war die Übereinkunft bis zum 31.10.1997 befristet.

Nach dem 31.10.1997 entlohnte die Beklagte auf Grundlage der Betriebsvereinbarung vom Februar 1996 bis einschließlich des Monats März 1998 dem Kläger weiterhin die Pausenzeiten. Die letzte Bezahlung erfolgte zusammen mit der Entgeltberechnung für den Monat April 1998.

In den Monaten März und April 1998 tagte im Betrieb der Beklagten und auf ihre Initiative eine Einigungsstelle. Ziel der Beklagten bei den Verhandlungen war es, die Lohnkosten zu reduzieren. Sie strebte eine Reduzierung der Leistungszulagen und eine Abschaffung der Regelung an, die eine Bezahlung von Pausenzeiten vorsah. Hinsichtlich des Dreischichtbetriebs konnte in den Beratungen insoweit keine Einigung erzielt werden. Am 29.4.1998 kam es zu einem "Spruch der Einigungsstelle über die regelmäßige Arbeitszeit im Werk A. ab dem 1.5.1998". Die für den Kläger geltende Arbeitszeitregelung unter Ziff. 1 sieht eine Bezahlung von Pausenzeiten nicht mehr vor. Nach Ziff. 6 der Vereinbarung - "Anwendungsdauer" - gelten die Arbeitszeitregelungen ab dem 1.5.1998. Eine Befristung der Regelungen ist nicht vorgesehen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Betriebsvereinbarungen vom 21.2.1996 und den Spruch der Einigungsstelle vom 29.4.1998 verwiesen.

Der am 26.5.1992 unterzeichnete und von den Tarifvertragsparteien mit Wirkung zum 1.3.1991 in Kraft gesetzte Manteltarifvertrag sieht in § 2 eine schrittweise Herabsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 35 Stunden vor. In einer gleichfalls am 26.5.1992 niedergelegten Protokollnotiz zum Anhang D des Tarifvertrags haben die Vertragsparteien zu § 2 Ziff. 1 (Arbeitszeit) geregelt, dass bezahlte Pausen, die bisher in Dreischichtbetrieben im Rahmen der tariflichen regelmäßigen Wochenarbeitszeit gewährt wurden, nicht mit der Arbeitszeitverkürzung auf 36 beziehungsweise 35 Stunden verrechnet werden dürfen. In der seit dem 17.1.1997 gültigen Fassung des Manteltarifvertrags wird die Einführung der 35-Stunden-Woche nicht wie ursprünglich vorgesehen auf den 1.11.1997 datiert, sondern auf den 1.4.1998 verschoben.

Mit seiner Klage macht der Kläger auf Grundlage der Betriebsvereinbarung vom 21.2.1996 die Bezahlung von Pausenzeiten für den Monat Oktober 1998 geltend, nachdem er diesen Betrag bereits mit Schreiben vom 15.1.1999 erfolglos von der Beklagten v...

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