Im Bereich der Länder sind bei der Beschäftigung von Ärztinnen und Ärzten die Bestimmungen des zwischen der TdL und den Gewerkschaften ver.di sowie dbb tarifunion abgeschlossenen und am 01.11. 2006 in Kraft getretenen Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) mit den Sonderregelungen in § 41 für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken und in § 42 für Ärztinnen und Ärzte außerhalb von Universitätskliniken zu beachten.
Der zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und der Gewerkschaft Marburger Bund am 30.10.2006 abgeschlossene Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) ist ein eigenständiger Tarifvertrag und findet anstelle der Sonderregelungen in § 41 für die im Marburger Bund organisierten Ärztinnen und Ärzten Anwendung (Normative Bindung an den TV-Ärzte). Für die betriebliche Praxis bedeutet dies, dass der Träger eines Universitätsklinikums als Arbeitgeber vom Geltungsbereich zweier von verschiedenen Gewerkschaften abgeschlossenen Tarifverträgen erfasst wird, während für den jeweiligen Arbeitnehmer je nach Tarifbindung nur einer der beiden Tarifverträge Anwendung findet (sogenannte Tarifpluralität).
Lt. BAG sollten in einem Betrieb aus nachvollziehbaren Gründen immer nur die Vorschriften eines Tarifvertrags zur Anwendung kommen. Rechtliche und tatsächliche Unzuträglichkeiten, die sich aus einem Nebeneinander von Tarifverträgen in einem Betrieb ergeben, sollten hierdurch vermieden werden. Das BAG hat jedoch seine bisherige Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben und zugelassen, dass in einem Betrieb mehrere Tarifverträge nebeneinander Anwendung finden können. Es gibt auch keinen übergeordneten Grundsatz, dass für verschiedene Arbeitsverhältnisse derselben Art in einem Betrieb nur einheitliche Tarifregelungen zur Anwendung kommen können. Die Tarifnormen des jeweiligen Tarifvertrags gelten nämlich für Arbeitnehmer/innen kraft Koalitionsmitgliedschaft unmittelbar (soweit die/der einzelne Arbeitnehmer/in jeweils Mitglied in nur einer der tarifschließenden Gewerkschaften ist), und zwar auch dann, wenn für den Arbeitgeber mehrere Tarifverträge Anwendung finden. Da die jeweiligen Tarifregelungen nicht durch einen anderen Tarifvertrag, an den der Arbeitgeber ebenfalls gebunden ist, verdrängt werden können, kommt in derartigen Fällen einer "Tarifpluralität" der Grundsatz der Tarifeinheit nicht zum Tragen. Im Ergebnis heißt dies, dass in einem Universitätsklinikum für Ärztinnen und Ärzte durchaus unterschiedliche Tarifregelungen zur Anwendung kommen können.
Welchem Tarifvertrag das einzelne Arbeitsverhältnis unterliegt, bestimmt sich nämlich nach der Gewerkschaftszugehörigkeit der/des Ärztin/Arztes. Bei einer Mitgliedschaft im Marburger Bund gilt der TV-Ärzte, bei Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di oder in der dbb tarifunion gilt der TV-L.
Im Falle einer "Tarifkonkurrenz" (Ärztin oder Arzt ist z.B. Mitglied sowohl bei der Gewerkschaft ver.di als auch beim Marburger Bund) gilt nach der Rechtsprechung die Regel, dass nach dem Grundsatz der Spezialität der sachnähere Tarifvertrag den sachfremderen Tarifvertrag verdrängt. Als sachnäher ist dabei der Tarifvertrag anzusehen, der den betrieblichen Besonderheiten am ehesten Rechnung trägt. Dies wird regelmäßig der Tarifvertrag mit dem engeren Geltungsbereich sein. Somit kommt dem Tarifvertrag die vorrangige Geltung zu, dem die weit überwiegende Zahl der Arbeitnehmer der betroffenen Beschäftigungsgruppe angehört.
Die nachstehenden Ausführungen betreffen die ärztespezifischen Regelungen (Sonderregelungen) in § 41 TV-L. Sie gelten für die an Universitätskliniken beschäftigten Ärzte und Zahnärzte (Ärzte), die überwiegend Aufgaben in der Patientenversorgung wahrnehmen und die in den Geltungsbereich des TV-L fallen.
Auf die Regelungen, die denen des TV-L für alle Beschäftigten entsprechen wie zum Beispiel Arbeitsvertrag, Versetzung, Teilzeitbeschäftigung, Urlaub, Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Entgeltfortzahlung wird nicht bzw. nur dort, wo es dem besseren Verständnis dient, eingegangen.
Die Bestimmungen des § 41 TV-L waren anfangs weitgehend mit wortgleich mit denjenigen des TV-Ärzte; die sprachlichen Abweichungen (z.B. "Beschäftigte" anstatt "Ärztinnen und Ärzte") und einige weitere inhaltliche Unterschiede bezogen sich auf eher unwesentliche Punkte (z. B. Arbeitsleistung am Aufenthaltsort bei Rufbereitschaft). In der Zwischenzeit haben sich beide Tarifwerke immer weiter auseinander entwickelt, so dass Aussagen zu den Bestimmungen im TV-L nicht mehr in jedem Fall für den TV-Ärzte herangezogen werden können. Es ist im Einzelfall zu prüfen, welcher Tarifvertrag Anwendung findet.
Die an Universitätskliniken tätigen Ärztinnen und Ärzte haben bis auf wenige Ausnahmen schon von ihrer Aufgabenstellung her eine besondere Nähe zur universitären Lehre und Forschung (Wissenschaft). Die Sonderregelungen des § 41 zeigen deshalb einen engen Bezug zu den Sonderregelungen des § 40 für Beschäftigte an Hochschulen und...