Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung der Geschäftsführerin eines Vereins wegen illoyalen Verhaltens. Ausschlussfrist nach § 626 Abs. 2 BGB. Anhörungsfrist. Kündigung wegen illoyalen Verhaltens
Leitsatz (amtlich)
Betreibt die Geschäftsführerin eines Vereins auf intrigante Weise zielgerichtet die Abwahl des Vereinsvorsitzenden, kann dies die außerordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.
Orientierungssatz
1. Die Verfassung eines rechtsfähigen Vereins wird grundsätzlich durch die Vereinssatzung bestimmt (§ 25 BGB). Gemäß § 40 Satz 1 BGB sind die gesetzlichen Vorgaben bzgl. der Beschlussfassung eines Vereinsvorstands nach § 28 iVm. § 32 BGB satzungsdispositiv. Ein Verein kann insoweit selbst bestimmen, welche Voraussetzungen für einen wirksamen Vorstandsbeschluss erfüllt sein müssen. Dementsprechend kann zur Sicherung der Handlungsfähigkeit des Vereins in einer Vereinssatzung festgelegt werden, dass die Beschlussfähigkeit des Vorstands auch dann gegeben ist, wenn nicht alle Vorstandsposten besetzt sind.
2. Der Arbeitnehmer ist gemäß § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, Störungen des Betriebsfriedens oder Betriebsablaufs zu vermeiden. Verhält sich ein Arbeitnehmer bewusst illoyal gegenüber Vorgesetzten und führt dies zu einer gewichtigen Störung des Betriebsfriedens, kann eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ggf. auch ohne Abmahnung gerechtfertigt sein.
3. Betreibt die Geschäftsführerin eines Vereins durch gezieltes Einwirken auf Vereinsmitglieder die Abwahl des Vereinsvorsitzenden oder des gesamten Vorstands, wird der Vereinsfriede hierdurch erheblich gestört.
4. Bei Pflichtverletzungen, die zu einem Gesamtverhalten zusammengefasst werden können, beginnt die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB erst mit Kenntnis des letzten Vorfalls, der ein weiteres und letztes Glied in der Kette der Ereignisse bildet, die in ihrer Gesamtheit zum Anlass für eine Kündigung genommen werden.
5. Der Kündigungsberechtigte, der bislang nur Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann nach pflichtgemäßem Ermessen weitere Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB zu laufen begänne. Soll der Kündigungsgegner angehört werden, muss dies innerhalb einer kurzen Frist erfolgen. Sie darf im Allgemeinen nicht mehr als eine Woche betragen. Der Beginn der einwöchigen Anhörungsfrist richtet sich wie bei der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB nach dem Kenntnisstand des Kündigungsberechtigten bzgl. des möglichen Kündigungsgrunds.
6. Ob die Anhörung tatsächlich zu einem Aufklärungsergebnis geführt hat, lässt sich erst nach ihrer Durchführung einschätzen und ist für die vorgelagerte Frage, ob eine Anhörung für erforderlich gehalten werden durfte, ohne Belang.
7. Die Anforderungen an eine fristhemmende Anhörung richten sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Anhörung muss sich aber immer auf einen greifbaren Sachverhalt beziehen. Der Anzuhörende muss die Möglichkeit haben, bestimmte, zeitlich und räumlich eingegrenzte Tatsachen ggf. zu bestreiten und Tatsachen aufzuzeigen, welche die für die Kündigung sprechenden Umstände entkräften.
Normenkette
GG Art. 9 Abs. 1; BGB §§ 25, 26 Abs. 1, §§ 28, 32, 40 S. 1, § 241 Abs. 2, § 314 Abs. 2 S. 3, § 626 Abs. 1, 2 Sätze 1-2; Satzung der Deutschen Verkehrswacht – Landesverkehrswacht Sachsen e.V. i.d.F. vom 27. April 2013 §§ 10-11, 12 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 16. Juli 2015 – 9 Sa 15/15 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier Kündigungen des Beklagten.
Der Beklagte ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein, dessen Zweck die Förderung der Unfallverhütung ist. Er bildet den Dachverband für seine örtlichen Mitgliedsverbände und beschäftigt nicht mehr als zehn Arbeitnehmer. Seine Satzung enthält in der Fassung vom 27. April 2013 auszugsweise folgende Bestimmungen:
„§ 4
Mitgliedschaft
(1) |
Ordentliche Mitglieder der Landesverkehrswacht sind: |
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a.) |
die örtlichen Verkehrswachten |
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b.) |
die Mitglieder des Vorstandes |
… |
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§ 10
Vorstand
(1) |
Der Vorstand besteht aus |
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- dem Präsidenten
- drei Vizepräsidenten
- dem Schatzmeister
- dem Schriftführer
- bis zu zehn Beisitzern
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(2) |
Der Vorstand ist verantwortlich für die Durchführung der Verkehrswachtarbeit. Er beschließt über alle im ganzen Land einheitlich durchzuführenden Maßnahmen, soweit sie sich auf den Zweck des Vereins gemäß § 2 dieser Satzung beziehen. Diese Beschlüsse sind für alle örtlichen Verkehrswachten bindend. |
… |
|
§ 11
Präsidium
(1) |
Das Präsidium besteht aus |
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- dem Präsidenten
- den drei Vizepräsidenten
- dem Schatzmeister
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(2) |
Je zwei Mitglieder des Präsidiums vertreten gemeinsam die Landesverkehrswacht Sachsen. |
(3) |
Das Präsidium leitet die Landesverkehrswacht und beschließt über deren laufende Geschäfte, soweit sie nicht nach der Satzung in die Zuständigkeit anderer Vereinsorgane fallen. Das Präsidium ist beschlussfähig, wenn drei Mitglieder anwesend sind. |
(4) |
Das Präsidium bleibt bis zur Wahl von Nachfolgern im Amt. Zur Aufrechterhaltung seiner Arbeitsfähigkeit kann der Vorstand eines seiner Mitglieder bis zur Wahl mit der Wahrnehmung der Geschäfte eines Präsidiumsmitgliedes beauftragen. |
|
… |
§ 12
Geschäftsführung
(1) |
Am Sitz der Landesverkehrswacht Sachsen wird eine Geschäftsstelle unterhalten, die von einem Geschäftsführer oder einer Geschäftsführerin geleitet wird. |
(2) |
Der (die) Geschäftsführer(in) wird vom Präsidium angestellt und bei Erfordernis vom Präsidium entlassen. |
|
…” |
Die 1961 geborene Klägerin war zuletzt auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 1. November 2011 für den Beklagten als dessen Geschäftsführerin tätig. Der Vertrag bestimmt die Geltung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006.
Im Frühjahr 2013 kam es zwischen der Klägerin und dem damaligen Präsidenten K sowie dem Schatzmeister L zu Unstimmigkeiten bzgl. der Behandlung angeblicher Überstunden der Klägerin und Reisekostenabrechnungen des Präsidenten. Die Klägerin beauftragte daraufhin einen Rechtsanwalt mit der Abfassung eines Schreibens an den Präsidenten, das auch den weiteren Mitgliedern des Präsidiums zur Kenntnis gegeben werden sollte. In einer E-Mail der Klägerin an ihren Rechtsanwalt vom 12. August 2013 heißt es ua.:
„Der Präsident und der Schatzmeister lehnen es momentan nur mündlich ab, dass Sie von Überstunden Kenntnis hatten. D.h. er geht davon aus, dass eine mit 40 Std. beschäftigte Geschäftsführerin eine mit 40 Std. angestellte Buchhalterin in der eigentlichen Arbeitszeit ersetzen kann. Das ist aber nicht mein Problem.
Ich möchte nämlich unserem Präsidenten nachweisen, dass er durch sein Verhalten unseren Verein wirtschaftlich sehr schadet.
Wir sind als LVW projektgefördert beim SMWA und beim SMI. D.h. wir bekommen pro vertraglich vereinbarten Projekt Projektkosten und Regiekosten.
Unsere Regiekosten können wir pro fürs Projekt geleisteter Stunde mit 37,47 EUR den Ministerien und bis zu einer Höhe von 12.000,00 EUR auch der Deutschen Verkehrswacht in Rechnung stellen.
…
Da es Herr K gemeinsam mit Herrn L ablehnt, von Überstunden etwas zu wissen, (da will mich einer ärgern) gehe ich jetzt davon aus, dass keine Anordnung erfolgte. Dadurch sind die Überstunden ja eigentlich gar nicht entstanden und damit kann ich die nun mittlerweile 300 Überstunden auch nicht einem Ministerium gegenüber abrechnen. Daher entgehen uns momentan 11.241,00 EUR als Verein. …
Wäre das ein Ansatz, bei dem man sagen kann das durch die Fehlentscheidung des Präsidenten und des Schatzmeisters ein wirtschaftlicher Schaden … entstanden ist? Nun habe ich die Entscheidung ja nicht schriftlich, so dass der Präsident ja wie er es momentan gern tut sagen kann, das habe ich nicht so gesagt oder eben anders gemeint.
Ich hätte von der Taktik her eine Frage, ob ich Ihm ein Schreiben diesbezüglich abfordern kann welches in etwa so lautet:
Sehr geehrter Herr K,
im Protokoll der Präsidiumssitzung vom 15.07.2013 und vom Personalgespräch vom 23.07.2013 wird nichts über das Handling der von mir geleisteten Stunden in Vertretung von Frau F geschrieben. Auf Nachfrage bei Herrn R teilte dieser mir mit, dass er das Thema in der Präsidiumssitzung kurz angesprochen hat und Herr L geäußert hätte, dass Sie und Herr L das entschieden haben, dass ich diese Stunden ohne Ihr Wissen geleistet habe. Da ich ja nicht wieder Gefahr laufen möchte mir berichtete Dinge falsch wieder zu geben hätte ich dazu gern eine klare Aussage von Ihnen.
Mir wäre sehr wichtig, dass Herr K dies ablehnt, denn bei einer wirtschaftlichen Schädigung des Vereins sehen unsere Verkehrswachten rot. …”
Eine weitere E-Mail der Klägerin an ihren Rechtsanwalt vom 22. August 2013 enthält folgende Passage:
„Abgestimmt haben wir dass Sie in meinem Namen ein Schreiben an Herrn K und in Kenntnis der anderen Präsidiumsmitglieder schicken, in denen die Vorwürfe stehen. Allerdings sind wir auch zur Erkenntnis gekommen, dass es von der Taktik her besser ist, dass die Präsidiumsmitglieder Herrn K am 11.09.2013 zur Präsidiumssitzung die Vertrauensfrage stellen sollten. Wenn er sich einsichtig zeigt, und seine Unterlagen nimmt und geht haben wir das erreicht was notwendig ist, wenn nicht werden wir danach handeln und die Verkehrswachten ins Boot holen. Damit kann aber dann auch jeder leben, da wir Ihm ja selbst die Wahl lassen, sich selbst zurückzuziehen und nicht mit den Verkehrswachten drohen. …”
Der Rechtsanwalt fertigte unter dem Datum des 9. September 2013 ein entsprechendes Schreiben, welches allen Präsidiumsmitgliedern vor Beginn einer Präsidiumssitzung am 11. September 2013 zugegangen war. Dem Präsidium gehörten zu diesem Zeitpunkt neben dem Präsidenten die Vizepräsidenten Z, M, R sowie der Schatzmeister L an.
Unter dem Datum des 12. September 2013 wandte sich der Präsident mit folgendem Schreiben an die Mitglieder der örtlichen Verkehrswachten:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
am 11.09.2013 fand in der Geschäftsstelle der Landesverkehrswacht Sachsen eine planmäßige Präsidiumssitzung statt. In dieser sollte auch geklärt werden, welche Aufgaben und Maßnahmen erforderlich sind, um die derzeit bestehenden Unstimmigkeiten zwischen dem Präsidium und der Geschäftsführerin zu beseitigen. Diese Unstimmigkeiten beziehen sich auf die inhaltliche Ausrichtung der Arbeit der Landesverkehrswacht und auf die Geschäftsführung durch Frau P im Besonderen.
Zu Beginn der Präsidiumssitzung erklärte der Vizepräsident Herr Z, dass er sein Wahlamt mit sofortiger Wirkung und unbefristet ruhen lässt. Über diese Entscheidung will er Sie persönlich informieren. Anschließend hat auch der Vizepräsident Herr R erklärt, dass er sein Wahlamt mit sofortiger Wirkung und unbefristet ruhen lässt. Damit können beide Herren bis zum Widerruf ihrer Entscheidung ihr Amt als Vizepräsident in der Landesverkehrswacht Sachsen e.V. nicht wahrnehmen. In der am gleichen Tag folgenden Vorstandssitzung habe ich die Vorstandsmitglieder über die bestehenden Unstimmigkeiten zwischen Präsidium und der Geschäftsführerin und über die Erklärungen der beiden Vizepräsidenten informiert.
Nach der Rückkehr des Schatzmeisters aus dem Urlaub, werde ich in der 39. KW eine außerordentliche Präsidiumssitzung einberufen, in welcher wir nach praktikablen Möglichkeiten zur Lösung des Problems suchen werden. Ich kann Ihnen versichern, dass ich mich dabei ausschließlich von den Interessen der Landesverkehrswacht und die der örtlichen Verkehrswachten leiten lassen werde. Über das Ergebnis werde ich Sie zeitnah informieren.
…”
Am 15. September 2013 nahm die Klägerin per E-Mail Kontakt zu dem Vorsitzenden der Verkehrswacht „Z L” auf. Auszugsweise heißt es darin:
„…
nun mal zu dem Schreiben. Ich nehme an, dass du dir das Schreiben vom Präsident mal etwas genauer angeschaut hast. Nach meiner Auffassung (habe erst nächste Woche einen Termin beim RA) liefert er uns mehrere Steilvorlagen.
Schreiben 1. Abschnitt:
‚Diese Unstimmigkeiten beziehen sich auf die inhaltliche Ausrichtung der Arbeit der Landesverkehrswacht und auf die Geschäftsführung durch Frau P im Besonderen.’
…
Dies sagt uns nun, dass der Präsident der LVW Sachsen mit der Inhaltlichen Ausrichtung der LVW nicht einverstanden ist, denn die 2 ruhenden Vizepräsidenten z.B. Herr R werden wohl nichts gegen die Ausrichtung haben.
…
Euer Schreiben müsste bitte an die LVW (Vorstand) adressiert werden. Ich warte im Moment noch auf eine Antwort des RA, ob als Zweck Abwahl des Präsidiums genannt werden kann. Bitte das Schreiben vorbereiten aber noch nicht abschicken. Ich melde mich dann sehr kurzfristig. Wichtig ist, dass das Schreiben bis 24.09.2013 bei uns sein muss.
…
Momentan kann der Zweck so lauten:
Im Namen der Mitglieder der Gebietsverkehrswacht Z L
e.V. fordere ich die umgehende Durchführung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung um sich in dieser mit der fragwürdigen Arbeitsweise des Präsidenten und des Präsidiums auseinanderzusetzen. Der Zweck dieser außerordentlichen Mitgliederversammlung kann nach unserer Meinung nur die Abwahl des Präsidiums sein.”
In einer E-Mail vom selben Tag richtete die Klägerin ein Schreiben an die Verkehrswacht „S”. Darin schlug die Klägerin vor, ein Schreiben an die Vorstandsmitglieder des Beklagten mit folgendem Inhalt zu schicken:
„Sehr geehrte Vorstandsmitglieder,
mit dem Schreiben von Herrn K vom 12.09.2013 können wir uns nicht einverstanden erklären, im Gegenteil wir sind völlig Fassungslos.
Wie kommt ein Präsident der 8 Jahre Schatzmeister und nun bereits über 2 Jahre Präsident der LVW ist zu der plötzlichen Erkenntnis, dass er und seine Präsidiumsmitglieder mit der inhaltlichen Ausrichtung der Arbeit der Landesverkehrswacht Sachsen nicht einverstanden sind bzw. es derartige Unstimmigkeiten gibt, die dazu führen, dass zwei Präsidiumsmitglieder ihr Amt ruhen lassen?
…
Wenn der Präsident schreibt das er sich ausschließlich von den Interessen der Landesverkehrswacht und die der örtlichen Verkehrswachten leiten lassen will, warum tritt er mit seinem ‚geschrumpften’ Präsidium nicht zurück. Danach wäre ein Neuanfang für die sächsischen Verkehrswachten möglich. Vertrauen diesem Präsidium gegenüber ist von unserer Seite aus nicht mehr vorhanden.
Die Mitglieder der Verkehrswacht ‚S’ fordern vom Vorstand der Landesverkehrswacht Sachsen e.V. die sofortige Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung mit dem Grund Rechenschaftslegung des Präsidiums der Landesverkehrswacht Sachsen und dem Zweck der Abwahl des Präsidiums.”
Am 19. September 2013 versandte die Klägerin eine E-Mail an die Mitglieder des Beklagten. Darin heißt es:
„Sehr geehrte Mitglieder der Landesverkehrswacht,
wie ich bereits angekündigt habe, gibt es größere Probleme mit unserem Präsidenten. Am vergangenen Mittwoch fand die Präsidiums- und Vorstandssitzung statt bei der wir noch die Hoffnung hatten, dass unser Präsident Einsicht zeigt dass er hier nicht schalten und walten kann wie er will.
In dieser Präsidiumssitzung kam es nun zu der Situation dass 2 Vizepräsidenten ihre Funktion ruhen lassen. In der Vorstandssitzung danach wurde Herr K mehrfach aufgefordert, sein Amt niederzulegen. Alles fruchtete nicht. Nun bleibt nur noch die Möglichkeit, dass die Verkehrswachten und die natürlichen Mitglieder eine außerordentliche Mitgliederversammlung fordern. In dem beigefügten Schreiben sagt Herr K (wenn man es wirklich gut liest,) dass er mit der Inhaltlichen Ausrichtung der Arbeit der Landesverkehrswacht nicht einverstanden ist. Dann auch nicht mit der GF aber dass ist nur nebenbei. Ich bitte zu beachten, dass die Landesverkehrswacht unser Verein ist und unser Verein 60 Mitglieder hat und der Präsident nicht einverstanden ist mit der inhaltlichen Ausrichtung unseres Vereins. Ich benötige bitte von jedem Mitglied ein Schreiben, in dem man sein Unverständnis zum Ausdruck bringt über dieses Schreiben. Jeder der hier angeschriebenen wird hat sich für die Landesverkehrswacht eingesetzt.
Wichtig ist, dass in diesem Schreiben ein Grund angegeben werden muss. Dazu habe ich gerade einen Anwalt eingebunden. Ich schicke Ihnen spätestens am Montag dazu noch einmal ein paar Vorschläge. In der Hoffnung auf Ihre Unterstützung und das diese Situation nun endlich vorbei geht verbleibe ich
…”
Die Vizepräsidenten R und Z nahmen ihre Funktionen wieder auf. Am 25. September 2013 fand eine Präsidiumssitzung statt, bei der auch die Klägerin anwesend war. Im Lauf dieser Sitzung richteten Mitglieder des Präsidiums Fragen an die Klägerin. Deren Inhalt ist zwischen den Parteien zum Teil streitig geblieben. Der Beklagte hat ein Protokoll der Sitzung vorgelegt, welches bzgl. der Befragung der Klägerin auszugsweise wie folgt lautet:
„Frage: Welche Aktivitäten und Äußerungen haben Sie im Zusammenhang mit den von den örtlichen Verkehrswachten und den Mitgliedern der Landesverkehrswacht eingegangenen Briefen getätigt? Mit welcher Zielsetzung haben Sie die Gespräche in den örtlichen Verkehrswachten geführt? Welche Verkehrswachten haben Sie kontaktiert?
- Mit den eingegangenen Briefen habe ich nichts zu tun. Ich habe keine Gespräche diesbezüglich geführt.
…
Frage: Was verstehen Sie unter Loyalität?
- Ich habe kein Vertrauensverhältnis zu Herrn K, daher kann ich ihm gegenüber nicht loyal sein.
Frage: Haben Sie noch etwas hinzuzufügen?
- Nein, ich habe nichts hinzuzufügen.”
Am 4. Oktober 2013 trat Herr R von seiner Funktion als Vizepräsident des Beklagten zurück. Ein Nachfolger wurde am 10. Mai 2014 gewählt.
In der Präsidiumssitzung am 7. Oktober 2013 beschlossen die damals verbliebenen Mitglieder des Präsidiums einstimmig, der Klägerin wegen grober Pflichtverletzungen eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung zu erklären. Das Kündigungsschreiben sollte durch den Präsidenten K und den Vizepräsidenten M unterschrieben werden. Der Klägerin ging ein solches Kündigungsschreiben mit Datum vom 7. Oktober 2013 am 9. Oktober 2013 zu.
Der Beklagte beauftragte nachfolgend eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit einer Begutachtung der Tätigkeit der Klägerin. Nach Vorlage der Ergebnisse kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin mit Schreiben vom 22. April 2014, der Klägerin zugegangen am 24. April 2014, erneut fristlos und hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Termin.
Die Klägerin hat die Kündigungen für unwirksam gehalten. Sie seien schon mangels ordnungsgemäßer Beschlussfassung des Präsidiums unwirksam. Das Präsidium sei aufgrund des Rücktritts des Vizepräsidenten R bis zur Wahl seines Nachfolgers nicht vollständig besetzt gewesen, da eine Beauftragung nach § 11 Abs. 4 Satz 2 der Satzung nicht erfolgt sei. Die Satzung des Beklagten enthalte keine Bestimmung, wonach die Beschlussfähigkeit des Präsidiums auch dann gegeben wäre, wenn nicht alle Präsidiumsämter besetzt sind. § 11 Abs. 3 Satz 2 der Satzung, der die Anwesenheit von drei Präsidiumsmitgliedern für die Beschlussfähigkeit fordere, sei bei Ausscheiden eines Präsidiumsmitglieds nicht einschlägig. § 12 Abs. 2 der Satzung erfordere bei Einstellung und Entlassung der Geschäftsführerin bzw. des Geschäftsführers zudem eine einstimmige Entscheidung des vollbesetzten Präsidiums. Hierbei handle es sich nicht um ein laufendes Geschäft iSd. § 11 Abs. 3 Satz 1 der Satzung.
Ohnehin habe kein „Erfordernis der Entlassung” iSd. § 12 Abs. 2 der Satzung und kein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB bestanden. Sie habe die Anerkennung der erbrachten Überstunden nicht zum eigenen materiellen Vorteil erstrebt, sondern um Schaden vom Beklagten abzuwenden. Der Beklagte könne von dem Sächsischen Innenministerium Personalkosten mit einem bestimmten Entgeltsatz pro geleisteter Arbeitsstunde ersetzt verlangen. Ihre vom Präsidenten zu Unrecht nicht anerkannten Überstunden hätten daher nicht in Rechnung gestellt werden können. Dem Beklagten fehlten deswegen über 10.000,00 Euro.
Sie habe auch nicht versucht, die Mitglieder zu manipulieren und den Präsidenten zum Rücktritt zu zwingen. Als Reaktion auf dessen Schreiben vom 12. September 2013 sei ein Teil der Mitglieder mit dem Anliegen an sie herangetreten, ihnen bei einem Antwortschreiben an den Vorstand behilflich zu sein. Die Erfüllung dieser Bitte habe zu ihren Aufgaben als Geschäftsführerin gezählt. Sie habe das Präsidium in der Sitzung am 25. September 2013 diesbezüglich nicht belogen. Zu den Schreiben, welche den Beklagten als Reaktion auf die Mitteilung des Präsidenten vom 12. September 2013 erreicht hatten, sei sie nicht befragt worden. Das vom Beklagten über die Präsidiumssitzung vom 25. September 2013 gefertigte Protokoll sei insoweit falsch.
Zudem hätte es vor einer Kündigung einer Abmahnung bedurft. Eine solche sei nicht erfolgt, obwohl das Arbeitsverhältnis bereits seit dem 1. Februar 2003 bestanden habe und beanstandungsfrei verlaufen sei.
Die fristlose Kündigung vom 7. Oktober 2013 scheitere auch daran, dass die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht eingehalten sei. Der Sachverhalt sei dem Beklagten länger als zwei Wochen vor dem Zugang der Kündigung am 9. Oktober 2013 bekannt gewesen. Dies gelte auch bzgl. der fraglichen E-Mail-Korrespondenz mit den Mitgliedern des Beklagten vom 15. bzw. 19. September 2013. Diese sei dem Beklagten am 15. bzw. 19. September 2013 zur Kenntnis gelangt. Damit sei der Sachverhalt geklärt gewesen und es habe kein Anlass für zusätzliche Ermittlungen bestanden. Nach dem 19. September 2013 habe der Beklagte auch keine neuen Erkenntnisse gewonnen.
Die fristlose Kündigung vom 22. April 2014 sei ebenfalls ungerechtfertigt. Der Bericht der Wirtschaftsprüfer habe keinen Kündigungsgrund ergeben.
Die Klägerin hat beantragt
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 7. Oktober 2013 beendet worden ist;
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 7. Oktober 2013 beendet worden ist;
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 22. April 2014 beendet worden ist;
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 22. April 2014 beendet worden ist.
Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags angeführt, die Kündigungen seien satzungskonform beschlossen worden und das Verhalten der Klägerin erfülle die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung. Das erst seit einer Neubegründung am 1. November 2011 bestehende Arbeitsverhältnis sei bereits mit Zugang der Kündigung vom 7. Oktober 2013 beendet worden.
Das Präsidium sei in der Sitzung am 7. Oktober 2013 gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 der Satzung mit vier anwesenden Mitgliedern beschlussfähig gewesen. § 12 Abs. 2 der Satzung stelle keine erhöhten Anforderungen. Der sog. Rücktritt des Vizepräsidenten R sei für die Beschlussfähigkeit des Präsidiums unbeachtlich. Er sei nach § 11 Abs. 4 Satz 1 der Satzung bis zur Wahl des Nachfolgers formell noch im Amt gewesen. Zudem sei der Rücktritt unwirksam, weil er zur Unzeit erfolgt sei. Herr R habe mit seinem Rücktritt das Ziel verfolgt, die Klägerin als seine Lebensgefährtin vor einer Kündigung zu bewahren. Darin liege ein rechtsmissbräuchliches Verhalten.
Ein wichtiger Grund für die Kündigung liege darin, dass die Klägerin sich mehrfach illoyal gegenüber dem Präsidenten und dem Präsidium verhalten habe. Sie habe ihre Treuepflicht verletzt und den Betriebsfrieden gestört, indem sie versucht habe, die Mitglieder des Beklagten zu manipulieren und den Präsidenten zum Rücktritt zu zwingen. Ausweislich der E-Mail-Korrespondenz mit dem im August 2013 beauftragten Rechtsanwalt habe sie bereits zu diesem Zeitpunkt die Abwahl des Präsidenten geplant. Dies habe sie ausschließlich im Eigeninteresse getan. Insbesondere habe sie die Vergütung der von ihr behaupteten Überstunden erreichen wollen. Einnahmen des Vereins im Rahmen einer Kostenerstattung wären dabei nicht zu erzielen gewesen. Die Vereinstätigkeit werde durch das zuständige Staatsministerium pauschal und somit unabhängig von geleisteten Arbeitsstunden finanziert.
Die zweiwöchige Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB sei gewahrt. Ab dem 19. September 2013 seien Schreiben von Mitgliedern eingegangen, die angesichts des Konflikts mit der Klägerin vermuten ließen, dass sie von dieser in der Absicht initiiert worden seien, das Präsidium abwählen zu lassen. Deshalb sei die Klägerin in der Anhörung vom 25. September 2013 nach diesen Mitgliederschreiben befragt worden. Die Anhörung sei in dem vorgelegten Sitzungsprotokoll zutreffend wiedergegeben. Der erst durch die Anhörung der Klägerin vollends offenbarte Sachverhalt sei dann im Präsidium am 7. Oktober 2013 in der Gesamtschau beraten worden. Die vorgenommene Interessenabwägung sei zu Lasten der Klägerin ausgefallen. Eine Abmahnung sei angesichts der Schwere der Pflichtverletzungen entbehrlich gewesen. Die Anhörung habe außerdem gezeigt, dass die Klägerin auch nach einer Abmahnung ihr Verhalten nicht geändert hätte.
Das Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung vom 7. Oktober 2013 wegen Versäumung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB für unwirksam gehalten und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis habe aufgrund der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung vom 7. Oktober 2013 mit Ablauf des 31. März 2014 geendet. Dabei ist das Arbeitsgericht von einem Bestand des Arbeitsverhältnisses seit dem 1. Februar 2003 ausgegangen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung und der Beklagte Anschlussberufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Kündigungsschutzklage insgesamt abgewiesen. Die Kündigung vom 7. Oktober 2013 habe das Arbeitsverhältnis fristlos aufgelöst. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageziele weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 7. Oktober 2013 nicht bejaht werden. Der Kündigung liegt zwar auch bei einem wirksamen Rücktritt des Vizepräsidenten R ein nach der Vereinssatzung wirksamer Beschluss des Präsidiums zugrunde. Wegen des grob illoyalen Verhaltens der Klägerin und der damit verbundenen Störung des Vereinsfriedens besteht auch ohne vorherige Abmahnung ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses. Der Senat konnte aber nicht abschließend beurteilen, ob die fristlose Kündigung vom 7. Oktober 2013 gemäß § 626 Abs. 2 BGB innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung von den maßgebenden Tatsachen erklärt wurde. Den durch das Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen lässt sich nicht hinreichend entnehmen, ob eine ordnungsgemäße Anhörung der Klägerin am 25. September 2013 den Fristbeginn gehemmt hat. Hieraus folgt die Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
1. Die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin wurde am 7. Oktober 2013 vom Präsidium des Beklagten auch bei angenommener Vakanz eines Präsidiumspostens in Übereinstimmung mit den satzungsrechtlichen Vorgaben beschlossen.
a) Die Verfassung eines rechtsfähigen Vereins wird grundsätzlich durch die Vereinssatzung bestimmt (§ 25 BGB). Gemäß § 40 Satz 1 BGB sind die gesetzlichen Vorgaben bzgl. der Beschlussfassung eines Vereinsvorstands nach § 28 iVm. § 32 BGB satzungsdispositiv. Ein Verein kann insoweit selbst bestimmen, welche Voraussetzungen für einen wirksamen Vorstandsbeschluss erfüllt sein müssen. Dies entspricht der verfassungsrechtlich gewährleisteten Vereinsautonomie. Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit, sich zu Vereinigungen des privaten Rechts zusammenzuschließen. Der Schutz des Grundrechts umfasst sowohl für Mitglieder als auch für die Vereinigung die Selbstbestimmung über die eigene Organisation, das Verfahren ihrer Willensbildung und die Führung ihrer Geschäfte (BVerfG 24. September 2014 – 1 BvR 3017/11 – Rn. 13).
b) Bei dem Beklagten wird die Beschlussfähigkeit des Vorstands in § 11 Abs. 3 Satz 2 der Satzung geregelt. Dabei ist ohne Belang, dass der nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BGB zwingend zu bildende Vorstand nach § 11 der Satzung als Präsidium bezeichnet wird.
aa) § 40 Satz 1 BGB, der „nachgiebige”, dh. abdingbare Vorschriften des Vereinsrechts aufzählt, nennt § 26 Abs. 1 BGB nicht. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BGB muss der Verein einen Vorstand haben. § 26 Abs. 1 Satz 2 BGB weist dem Vorstand die Stellung des gesetzlichen Vertreters des Vereins zu. Ein in einer Vereinssatzung vorgesehenes Gremium ohne Vertretungsmacht kann daher nicht der Vorstand im rechtlichen Sinne sein. Es entspricht allerdings verbreiteter Übung, dass bei der Abfassung von Vereinssatzungen Organbezeichnungen gewählt werden, die sich mit der gesetzlichen Terminologie des Vereinsrechts nicht in Einklang bringen lassen (vgl. Sauter/Schweyer/Waldner Der eingetragene Verein 20. Aufl. Rn. 308 mwN; Oestreich RPfleger 2002, 67). Vorstand im Sinne der Satzung und Vorstand im Sinne des BGB sind nicht notwendig identisch (Palandt/Ellenberger 76. Aufl. § 26 BGB Rn. 3). So kann der vertretungsberechtigte Vorstand auch als Präsidium bezeichnet sein (vgl. MünchHdbGesR/Waldner Bd. 5 § 25 Rn. 56).
bb) Demnach handelt es sich bei dem Präsidium des Beklagten um dessen Vorstand, auch wenn die Satzung in § 10 diese Bezeichnung für ein anderes Organ verwendet. § 11 Abs. 2 der Satzung weist die Vertretung des Beklagten den Mitgliedern des Präsidiums zu. Für den „Vorstand” nach § 10 der Satzung ist hingegen keine Vertretungsmacht vorgesehen. Es handelt sich um ein fakultatives Vereinsorgan, dem nur die in § 10 der Satzung vorgesehenen Aufgaben zukommen.
c) Ausgehend von der seitens der Klägerin vertretenen Rechtsauffassung, infolge des Rücktritts des Vizepräsidenten R sei das Präsidium nicht vollständig besetzt gewesen, wäre die Kündigung der Klägerin am 7. Oktober 2013 gleichwohl formell satzungskonform beschlossen worden. Die von der Revision in Abrede gestellte Beschlussfähigkeit wäre auch dann gegeben gewesen.
aa) § 12 Abs. 2 der Satzung lässt sich entgegen der Revision nicht entnehmen, dass die Entlassung der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers eine einstimmige Entscheidung des vollbesetzten Präsidiums voraussetzt. Die Vorschrift enthält keine speziellen Vorgaben zur Beschlussfähigkeit des Präsidiums. Diese bestimmt sich vielmehr auch bei der Entscheidung über die Anstellung und Entlassung der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers nach § 11 Abs. 3 Satz 2 der Satzung.
bb) Die Voraussetzungen der Beschlussfähigkeit nach § 11 Abs. 3 Satz 2 der Satzung sind erfüllt.
(1) In einer Vereinssatzung kann zur Sicherung der Handlungsfähigkeit des Vereins bestimmt werden, dass die Beschlussfähigkeit des Vorstands auch dann gegeben ist, wenn nicht alle Vorstandsposten besetzt sind (vgl. MüKoBGB/Arnold 7. Aufl. § 28 Rn. 3; Burhoff Vereinsrecht 9. Aufl. Rn. 577; Reichert VereinsR 13. Aufl. Rn. 2576; Bamberger/Roth/Schöpflin BGB 3. Aufl. § 28 Rn. 3; Sauter/Schweyer/Waldner Der eingetragene Verein 20. Aufl. Rn. 245a; Otto in jurisPK-BGB 8. Aufl. § 28 BGB Rn. 5; Stöber/Otto Handbuch Vereinsrecht 11. Aufl. Rn. 442, 557; aA wohl Steffen in BGB-RGRK 12. Aufl. § 28 Rn. 3). Die von der Revision angeführten Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 17. Januar 1985 (– BReg 2 Z 74/84 –) und 24. Mai 1988 (– BReg 3 Z 53/88 –) befassen sich ebenso wie Hadding (in Soergel 13. Aufl. § 28 Rn. 4) nicht mit solchen Satzungsregelungen. Sieht eine Satzung die Aufrechterhaltung der Beschlussfähigkeit des Vorstands auch bei Nichtbesetzung einer Position vor, wird hierdurch entgegen der Auffassung der Revision die demokratische Legitimation eines von der Mitgliederversammlung gemäß § 27 Abs. 1 BGB bestellten Vorstands nicht verletzt. Die Legimation der verbleibenden Vorstandsmitglieder wird durch eine Vakanz nicht beseitigt.
(2) Entgegen der Revision ist § 11 Abs. 3 Satz 2 der Satzung des Beklagten zu entnehmen, dass die Beschlussfähigkeit des Präsidiums auch bei nicht vollständiger Besetzung aller Präsidiumsposten gegeben sein kann.
(a) Der Senat kann die Satzungsbestimmungen selbst auslegen. Das Revisionsgericht ist bei der Auslegung von Satzungsrecht nicht auf die Überprüfung beschränkt, ob die Auslegung des Tatrichters gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder wesentliche Tatsachen außer Acht gelassen hat (vgl. BGH 13. Oktober 2015 – II ZR 23/14 – Rn. 24, BGHZ 207, 144).
(b) Der Wortlaut des § 11 Abs. 3 Satz 2 der Satzung ist eindeutig. Die Beschlussfähigkeit des fünfköpfigen Präsidiums wird nur von der Anwesenheit dreier Präsidiumsmitglieder abhängig gemacht. Aus welchem Grund ein weiteres Mitglied nicht anwesend ist, spielt nach dem Wortlaut der Satzungsregelung für die Beschlussfähigkeit keine Rolle. Es macht daher keinen Unterschied, ob ein Mitglied vorübergehend (zB durch Urlaub oder Krankheit) oder dauerhaft (zB wegen Tod oder Rücktritt) verhindert ist.
(c) Die Beschlussfähigkeit des Präsidiums trotz einer Abwesenheit von (höchstens) zwei seiner Mitglieder dient der Handlungsfähigkeit des Präsidiums. Diese Zielsetzung deckt sich mit der des § 11 Abs. 4 Satz 2 der Satzung, wonach der „Vorstand” iSd. § 10 der Satzung im Falle der Beendigung der Amtszeit eines Präsidiumsmitglieds ein Vorstandsmitglied mit der Wahrnehmung der Geschäfte eines Präsidiumsmitglieds bis zur Wahl eines Nachfolgers beauftragen kann. Die Regelung dient ausdrücklich der „Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit” des Präsidiums. Der Satzungsgeber war sich folglich bewusst, dass das Ende der Amtszeit eines oder mehrerer Präsidiumsmitglieder Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit des Präsidiums haben kann und wollte eine Lähmung des Präsidiums verhindern. Entgegen der Revision hat er dem „Vorstand” iSd. § 10 der Satzung einen Ermessensspielraum gelassen, ob dieser eine Beauftragung nach § 11 Abs. 4 Satz 2 der Satzung vornehmen will „kann … beauftragen”). Damit wird eine situationsgerechte Reaktion auf eine Vakanz ermöglicht. Bei erhöhtem Arbeitsanfall wird eine Beauftragung in Betracht gezogen werden, anderenfalls bleibt die Beschlussfähigkeit des Präsidiums auch bei einer Nichtbesetzung nach § 11 Abs. 3 Satz 2 der Satzung bestehen.
(d) Mit dieser Konzeption ist die Auffassung der Revision, wonach eine dauerhafte Vakanz, die nicht durch eine Beauftragung nach § 11 Abs. 4 Satz 2 der Satzung ausgeglichen wurde, zur Beschlussunfähigkeit des Präsidiums führt, nicht vereinbar. Zusammen mit § 11 Abs. 4 Satz 2 der Satzung sichert § 11 Abs. 3 Satz 2 der Satzung die Beschlussfähigkeit des Präsidiums sowohl bei vorübergehender als auch bei dauerhafter Abwesenheit von bis zu zwei seiner Mitglieder. Es kann daher unentschieden bleiben, ob Satzungsregelungen, die für die Beschlussfähigkeit nur eine Mindestzahl von Anwesenden bei einer Vorstandssitzung fordern, überhaupt die Beschlussfähigkeit ausschließen wollen, wenn die geforderte Mindestanzahl von Vorstandsmitgliedern nicht mehr vorhanden ist (ablehnend Burhoff Vereinsrecht 9. Aufl. Rn. 577).
(3) In der Sitzung am 7. Oktober 2013 war das Präsidium beschlussfähig.
Es beschlossen vier von fünf Präsidiumsmitgliedern einstimmig die Entlassung der Klägerin.
d) Folglich ist ohne Belang, ob die Wirksamkeit der Kündigung überhaupt von einem ordnungsgemäßen Präsidiumsbeschluss abhängt oder ob es hierauf im Außenverhältnis zur Klägerin nicht ankommt, weil die wirksame Vertretung des Vereins eine satzungskonforme interne Willensbildung grundsätzlich nicht erfordert (vgl. hierzu Palandt/Ellenberger 76. Aufl. § 26 BGB Rn. 7; BeckOK BGB/Schöpflin Stand 1. Februar 2017 BGB § 28 Rn. 6 unter Verweis auf BT-Drs. 16/13542 S. 14; Otto in jurisPK-BGB 8. Aufl. § 26 BGB Rn. 36; Erman/ Westermann BGB 14. Aufl. § 28 Rn. 1).
2. Die mit Schreiben vom 7. Oktober 2013 erklärte Kündigung ist durch einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. Damit liegt auch ein „Erfordernis der Entlassung” iSv. § 12 Abs. 2 der Satzung vor.
a) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich” und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (BAG 17. November 2016 – 2 AZR 730/15 – Rn. 20; 20. Oktober 2016 – 6 AZR 471/15 – Rn. 14).
b) § 12 Abs. 2 der Satzung stellt keine höheren Anforderungen an einen Kündigungsgrund. Die Satzungsnorm soll nur verdeutlichen, dass das Präsidium eine Entlassung nicht grundlos vornehmen darf. Die gesetzlichen Bestandsschutzregelungen werden nicht im Sinne eines höheren Schutzniveaus modifiziert. § 12 Abs. 2 der Satzung ist daher auch mit der Unabdingbarkeit des Rechts zur außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB vereinbar (vgl. hierzu APS/Vossen 5. Aufl. BGB § 626 Rn. 7 ff.).
c) Das Landesarbeitsgericht hat ohne revisiblen Rechtsfehler das Vorliegen eines wichtigen Grundes iSd. § 626 Abs. 1 BGB angenommen. Die Klägerin hat sich gegenüber dem Präsidenten des Beklagten in hohem Maße illoyal verhalten und damit den Vereinsfrieden erheblich gestört. Dies rechtfertigt die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
aa) Die Klägerin hat in schwerwiegender Weise gegen ihre arbeitsvertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen ihres Arbeitgebers (§ 241 Abs. 2 BGB) verstoßen.
(1) Der Arbeitnehmer ist gemäß § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, Störungen des Betriebsfriedens oder Betriebsablaufs zu vermeiden (vgl. AR/Fischermeier 8. Aufl. § 626 BGB Rn. 74). Dies entspricht dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers an der Wahrung des Betriebsfriedens und der Einhaltung der betrieblichen Ordnung als Voraussetzung einer funktionierenden Arbeitsorganisation. Deshalb muss der Arbeitgeber bspw. unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der Position eines Vorgesetzten führen können, nicht hinnehmen (vgl. zu ehrverletzenden Äußerungen BAG 10. Dezember 2009 – 2 AZR 534/08 – Rn. 17). Ein bewusst illoyales Verhalten gegenüber Vorgesetzten kann abhängig von den Umständen des Falls einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen (vgl. BAG 13. April 2000 – 2 AZR 259/99 – zu II 4 der Gründe, BAGE 94, 228). Dies gilt jedenfalls dann, wenn es eine tatsächliche Störung des Betriebsfriedens bewirkt hat (vgl. hierzu BAG 17. März 1988 – 2 AZR 576/87 – BAGE 58, 37; ErfK/Müller-Glöge/Niemann 17. Aufl. § 626 BGB Rn. 155; KR/Fischermeier 11. Aufl. § 626 BGB Rn. 432, 124; Stahlhacke/Preis 11. Aufl. Rn. 652).
(2) Dies ist hier der Fall. Die Klägerin hat die zwischen ihr und Teilen des Präsidiums bestehenden Differenzen gegenüber Vereinsmitgliedern nicht nur offenbart, sondern die Mitglieder instrumentalisiert, um den Rücktritt des Präsidenten bzw. die Abwahl des Präsidiums durchzusetzen. Die an ihren Rechtsanwalt gerichteten E-Mails vom 12. und 22. August 2013 belegen, dass die Klägerin schon damals den Rücktritt oder die Abwahl insbesondere des Präsidenten anstrebte. Nachdem dessen Rücktritt nicht erfolgte, wandte sich die Klägerin mit E-Mails vom 15. und 19. September 2013 an Mitglieder des Beklagten und forderte diese auf, eine außerordentliche Mitgliederversammlung zu verlangen. Dabei machte die Klägerin deutlich, dass im Rahmen dieser Versammlung die Neuwahl des Präsidiums stattfinden sollte. Hinsichtlich der Formulierung der Mitgliederschreiben gab die Klägerin konkrete Hilfestellung. Hierzu wäre sie als Geschäftsführerin selbst dann nicht verpflichtet gewesen, wenn einzelne Mitgliedsverbände sie hierum gebeten hätten. Im Gegenteil wäre es dann ihre Pflicht gewesen, im Sinne des Vereinsfriedens auf die Mitglieder mäßigend einzuwirken und das Präsidium über die Situation zu informieren. Stattdessen hat die Klägerin versucht, eine Eskalation herbeizuführen, um die von ihr persönlich verfolgten Ziele durchzusetzen. In der Gesamtschau hat die Klägerin eine Intrige – insbesondere gegen den Präsidenten – initiiert. Dies führte dazu, dass die Mitgliedsverbände sich zumindest zum Teil gegen das Präsidium stellten und die von der Klägerin gewünschten Schreiben verfassten. Selbst wenn die von der Klägerin behauptete Unzufriedenheit einiger Mitglieder mit der Arbeit des Präsidenten bestanden hätte, hat die Klägerin mit ihrer Vorgehensweise den Konflikt in pflichtwidriger Weise verstärkt.
bb) Dem Beklagten war die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist auch bei Berücksichtigung der Interessen der Klägerin nicht zumutbar.
(1) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Zu berücksichtigen sind regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Sie scheidet aus, wenn es ein „schonenderes” Gestaltungsmittel – etwa Abmahnung, Versetzung, ordentliche Kündigung – gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit einer außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck – nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses – zu erreichen (BAG 20. Oktober 2016 – 6 AZR 471/15 – Rn. 30 mwN).
(2) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Interessen des Beklagten an der fristlosen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch dann überwiegen, wenn entsprechend der Angabe der Klägerin von einer Betriebszugehörigkeit von mehr als zehn Jahren auszugehen wäre.
(a) Es ist nicht zu verkennen, dass eine fristlose Kündigung die Klägerin in sozialer Hinsicht erheblich trifft. Die Klägerin hatte zum Kündigungszeitpunkt das 51. Lebensjahr bereits vollendet und dürfte angesichts der sehr spezifischen bisherigen Tätigkeit als Geschäftsführerin einer Landesverkehrswacht Schwierigkeiten haben, eine vergleichbare Neuanstellung zu finden.
(b) Dennoch überwiegt wegen der Schwere der Pflichtverletzung das Beendigungsinteresse des Beklagten. Die Klägerin hat durch ihre planvolle und konfliktorientierte Vorgehensweise eine weitere vertrauliche Zusammenarbeit mit dem Präsidium in seiner damaligen Zusammensetzung praktisch unmöglich gemacht. Sie hat erkennen lassen, dass sie die Loyalität zum Präsidium bzw. zum Präsidenten von ihrer eigenen Einschätzung abhängig macht und bereit ist, ihre Ziele unter Inkaufnahme erheblicher vereinsinterner Spannungen gegen das Präsidium durchzusetzen. Dies belegt der Umstand, dass sie den Präsidenten gegenüber den Mitgliedsverbänden für die entstandenen Meinungsverschiedenheiten verantwortlich machte. Für diese einseitige Darstellung bestand kein Anlass. Entgegen der Auffassung der Revision hatte der Präsident die Klägerin durch sein Schreiben vom 12. September 2013 nicht in Misskredit gebracht. Das Schreiben berichtet vielmehr in neutraler Diktion über die „derzeit bestehenden Unstimmigkeiten zwischen dem Präsidium und der Geschäftsführerin” und den Verlauf der Präsidiumssitzung am 11. September 2013. Ein Bedürfnis der Klägerin nach „Verteidigung” kann daraus objektiv nicht abgeleitet werden.
Die Aggressivität der Vorgehensweise der Klägerin lässt sich auch mit der von ihr behaupteten Überzeugung, zum Wohle des Beklagten zu handeln, nicht rechtfertigen. Es mag sein, dass die Klägerin entsprechend der Revisionsbegründung davon ausging, die Vereinsinteressen als „Sachnächste” am besten beurteilen zu können. Das Landesarbeitsgericht hat unter Bezugnahme auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils jedoch nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die Klägerin auch ein finanzielles Eigeninteresse verfolgte (Vergütung von Überstunden). Dessen ungeachtet war die dargestellte Instrumentalisierung der Mitgliedsverbände zur Erzwingung einer Neuwahl offensichtlich kein angemessenes Mittel der Konfliktlösung. Letztlich überhöht die Klägerin die Bedeutung ihrer Einschätzung der Vereinsinteressen und negiert die Leitungsfunktion des Präsidiums nach § 11 Abs. 3 Satz 1 der Satzung. Allein deswegen bestand der Konflikt nicht nur zwischen ihr und dem Präsidenten, wie die Revision behauptet. Zudem hat die Klägerin in ihren E-Mails vom 15. September 2013 in ihrem Textentwurf ausdrücklich die Abwahl des gesamten Präsidiums als Zweck der außerordentlichen Mitgliederversammlung benannt. Damit war die Führungsstruktur des Beklagten als solche betroffen.
(c) Die außerordentliche Kündigung ist keine unverhältnismäßige Reaktion auf die dargestellte Pflichtverletzung der Klägerin.
(aa) Die Behauptung der Revision, „eine klare und unmissverständliche schriftliche Anweisung des Präsidenten des Beklagten, dass die Klägerin dasjenige zu machen habe, was der Präsident vorgibt”, hätte ausgereicht, um künftige Störungen zu vermeiden, ist angesichts der von der Klägerin gezeigten Ablehnung der Autorität des Präsidenten nicht nachvollziehbar.
(bb) Eine Abmahnung war gemäß § 314 Abs. 2 Satz 3 BGB entbehrlich. Die Pflichtverletzung war so schwerwiegend, dass selbst deren erstmalige Hinnahme durch den Beklagten nach objektiven Maßstäben unzumutbar und offensichtlich ausgeschlossen war (vgl. BAG 19. November 2015 – 2 AZR 217/15 – Rn. 24; 20. November 2014 – 2 AZR 651/13 – Rn. 22, BAGE 150, 109).
3. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat aber nicht abschließend beurteilen, ob die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB eingehalten ist.
a) Gemäß § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann eine außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist der Fall, sobald er eine zuverlässige und hinreichend vollständige Kenntnis der einschlägigen Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen soll oder nicht (BAG 20. Oktober 2016 – 6 AZR 471/15 – Rn. 51; 16. Juli 2015 – 2 AZR 85/15 – Rn. 54). Handelt es sich bei dem Arbeitgeber um eine juristische Person, ist grundsätzlich die Kenntnis des gesetzlich oder satzungsgemäß für die Kündigung zuständigen Organs maßgeblich. Sind für den Arbeitgeber mehrere Personen gemeinsam vertretungsberechtigt, genügt grundsätzlich die Kenntnis schon eines der Gesamtvertreter (BAG 18. Juni 2015 – 2 AZR 256/14 – Rn. 48 mwN).
b) Im Falle des Beklagten ist dessen Präsidium nach § 12 Abs. 2 der Satzung für die Kündigung der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers zuständig. Nach dem Vortrag des Beklagten haben die Mitglieder des Präsidiums erst durch die Anhörung der Klägerin am 25. September 2013 von den kündigungsrelevanten Tatsachen hinreichend Kenntnis erlangt. Dies würde für die Wahrung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB ausreichen, da die Kündigung vom 7. Oktober 2013 der Klägerin am 9. Oktober 2013 zugegangen ist. Auf Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen lässt sich jedoch nicht beurteilen, ob die Klägerin ordnungsgemäß angehört wurde. Die Revision rügt zu Recht die Nichtberücksichtigung des diesbezüglichen Vortrags der Klägerin.
aa) Die Kenntnis der Präsidiumsmitglieder von den Ereignissen bis einschließlich des 19. Septembers 2013 führt nicht zur Versäumung der Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB. Das Präsidium durfte die Anhörung der Klägerin zur Aufklärung der Gesamtumstände für erforderlich halten. Bei einer ordnungsgemäßen Anhörung am 25. September 2013 wäre diese auch hinreichend zeitnah durchgeführt worden.
(1) Bei Pflichtverletzungen, die zu einem Gesamtverhalten zusammengefasst werden können, beginnt die Ausschlussfrist erst mit Kenntnis des letzten Vorfalls, der ein weiteres und letztes Glied in der Kette der Ereignisse bildet, die in ihrer Gesamtheit zum Anlass für eine Kündigung genommen werden (vgl. BAG 24. November 1983 – 2 AZR 327/82 – zu B V der Gründe mwN; 27. Juni 1980 – 7 AZR 445/78 – zu II der Gründe; KR/Fischermeier 11. Aufl. § 626 BGB Rn. 343 mwN; BeckOK BGB/Fuchs Stand 1. Februar 2017 BGB § 626 Rn. 57; HaKo/Gieseler 5. Aufl. § 626 BGB Rn. 124; MüKoBGB/Henssler 7. Aufl. § 626 Rn. 308; ErfK/Müller-Glöge/Niemann 17. Aufl. § 626 BGB Rn. 214; Stahlhacke/Preis 11. Aufl. Rn. 801; APS/Vossen 5. Aufl. BGB § 626 Rn. 134).
(2) Das illoyale Verhalten der Klägerin, welches zu einer Störung des Vereinsfriedens geführt hat und deshalb als Kündigungsgrund angeführt wird, stellt eine solche Pflichtverletzung dar. Maßgeblich ist das Gesamtverhalten der Klägerin im Sinne einer zielgerichteten Vorgehensweise, die sich aus mehreren Einzelakten zusammensetzt. Es ist daher nicht allein auf das Schreiben des Rechtsanwalts der Klägerin vom 9. September 2013 oder deren E-Mails vom 15. bzw. 19. September 2013 abzustellen. Das allein kündigungsberechtigte Präsidium durfte vielmehr eine Anhörung der Klägerin zur Gewinnung eines Gesamtüberblicks für erforderlich halten.
(a) Der Kündigungsberechtigte, der bislang nur Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann nach pflichtgemäßem Ermessen weitere Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB zu laufen begänne. Dies gilt allerdings nur so lange, wie er aus verständigen Gründen mit der gebotenen Eile Ermittlungen durchführt, die ihm eine umfassende und zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhalts und der Beweismittel verschaffen sollen. Soll der Kündigungsgegner angehört werden, muss dies innerhalb einer kurzen Frist erfolgen. Sie darf im Allgemeinen nicht mehr als eine Woche betragen (BAG 16. Juli 2015 – 2 AZR 85/15 – Rn. 54 mwN; 12. Februar 2015 – 6 AZR 845/13 – Rn. 94, BAGE 151, 1). Der Beginn der einwöchigen Anhörungsfrist richtet sich wie bei der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB nach dem Kenntnisstand des Kündigungsberechtigten bzgl. des möglichen Kündigungsgrunds (vgl. BAG 27. Januar 2011 – 2 AZR 825/09 – Rn. 22, BAGE 137, 54; 5. Juni 2008 – 2 AZR 25/07 – Rn. 27; 15. Mai 1987 – 7 AZR 262/86 – zu II 2 der Gründe; 3. November 1977 – 2 AZR 400/76 – zu II 1 der Gründe; 6. Juli 1972 – 2 AZR 386/71 – zu II 3 der Gründe, BAGE 24, 341). Für den Beginn der Anhörungsfrist bzgl. Pflichtverletzungen, die sich zu einem Gesamtverhalten zusammenfassen lassen, bedeutet das, dass auch die einwöchige Anhörungsfrist erst mit Kenntnis des Vorfalls anläuft, der ein weiteres und letztes Glied in der Kette der Ereignisse bildet, die in ihrer Gesamtheit den Kündigungsentschluss tragen.
(b) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei auf den 19. September 2013 als Beginn der einwöchigen Anhörungsfrist abgestellt. An diesem Tag versandte die Klägerin eine E-Mail an alle Mitglieder mit dem Aufruf eine außerordentliche Mitgliederversammlung zu fordern. Im Rahmen des Konflikts mit der Klägerin durfte das Präsidium diesen den gesamten Verein betreffenden Vorfall zum Anlass nehmen, eine außerordentliche Kündigung der Klägerin zu erwägen und ihre Anhörung für erforderlich zu halten. Der Sachverhalt war noch nicht geklärt. Es war nicht auszuschließen, dass die Befragung der Klägerin zu neuen Erkenntnissen bzgl. ihrer Kontakte mit den Mitgliedsverbänden führte. Zudem bestand für die Klägerin bei einer Anhörung die Möglichkeit, ihr Handeln zu erläutern und ggf. zu rechtfertigen. Ob die Anhörung tatsächlich zu einem solchen Aufklärungsergebnis geführt hat, lässt sich erst nach ihrer Durchführung einschätzen und ist für die vorgelagerte Frage, ob eine Anhörung für erforderlich gehalten werden durfte, ohne Belang (vgl. BAG 20. März 2014 – 2 AZR 1037/12 – Rn. 14; 1. Februar 2007 – 2 AZR 333/06 – Rn. 19).
bb) Nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts steht aber noch nicht fest, ob der Beklagte mit einer ordnungsgemäßen Anhörung der Klägerin in der Präsidiumssitzung am 25. September 2013 sachdienliche Ermittlungen angestellt hat, welche die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB hemmen konnten.
(1) Die Anforderungen an eine fristhemmende Anhörung richten sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Anhörung muss sich aber immer auf einen greifbaren Sachverhalt beziehen. Der Anzuhörende muss die Möglichkeit haben, bestimmte, zeitlich und räumlich eingegrenzte Tatsachen ggf. zu bestreiten und Tatsachen aufzuzeigen, welche die für die Kündigung sprechenden Umstände entkräften.
(2) Die Revision rügt zu Recht, das Landesarbeitsgericht habe den Vortrag der Klägerin zum Inhalt ihrer Befragung am 25. September 2013 unberücksichtigt gelassen. Das Landesarbeitsgericht hat nur festgestellt, dass eine Anhörung der Klägerin stattgefunden habe. Es hat sich aber nicht mit dem Vortrag der Klägerin auseinandergesetzt, wonach sie entgegen dem beklagtenseits vorgelegten Protokoll nicht zu den eingegangenen Briefen der Mitgliedsverbände und zu etwaigen Gesprächen mit diesen befragt worden sei. Gleiches gelte für die angebliche Frage zu ihrer Loyalität. Zudem blieb ungeklärt, ob der Klägerin Gelegenheit zur Darstellung ihrer Sicht und damit auch zur Entlastung gegeben wurde.
(3) Das Landesarbeitsgericht wird den Verlauf der Anhörung der Klägerin bezogen auf den angeführten Kündigungsgrund daher aufklären müssen. Sowohl der beweisbelastete Beklagte als auch die Klägerin haben Zeugen für den jeweils behaupteten Inhalt der Befragung angeboten.
4. Sollte am 25. September 2013 eine den Anforderungen genügende Anhörung stattgefunden haben, wäre die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB gewahrt und die außerordentliche Kündigung vom 7. Oktober 2013 wirksam. Anderenfalls wird das Landesarbeitsgericht die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 7. Oktober 2013 zu prüfen haben. Bei der Berechnung der Kündigungsfrist wäre die streitige Frage der Beschäftigungszeit zu klären, um die nach § 34 Abs. 1 Satz 2 TV-L maßgebliche Frist ermitteln zu können. § 34 Abs. 3 Satz 1 TV-L sieht vor, dass Beschäftigungszeit die Zeit ist, die bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis zurückgelegt wurde, auch wenn sie unterbrochen ist.
Unterschriften
VRiBAG Dr. Fischermeier ist wegen Urlaubs an der Beifügung seiner Unterschrift verhindert. Spelge, Spelge, Krumbiegel, Kammann, M. Jostes
Fundstellen
Dokument-Index HI11236229 |