Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 26. November 1997 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin begehrt im Hauptsacheverfahren die Gewährung einer Rente wegen geminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag der Klägerin mit der Begründung ab, diese sei weder erwerbs- noch berufsunfähig. Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin blieben ohne Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen vom 26. November 1997 Beschwerde eingelegt und diese darauf gestützt, es liege ein Verfahrensfehler vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne. Das LSG habe § 62 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ (rechtliches Gehör) verletzt. Die Klägerin trägt hierzu ua im wesentlichen vor, das LSG habe übersehen, daß das in erster Instanz eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. M. … eindeutige Aussagen zur Häufigkeit ihrer (Arbeits-)Ausfälle wegen Migräneanfällen enthalte. Der Inhalt des Gutachtens des Dr. M. … finde in den Entscheidungsgründen des LSG keine Erwähnung, eine Auseinandersetzung damit finde nicht statt. Das Vorhandensein der ständigen Migräne und die dadurch bedingte Ausfallhäufigkeit trotz Behandlung hätten nach Erstellung des medizinischen Sachverständigengutachtens unstreitig festgestanden. Das LSG habe ihren nachgewiesenen Sachvortrag, insbesondere die Ausführungen Dr. M. … nicht zur Kenntnis genommen, jedenfalls aber ersichtlich nicht in seine Erwägungen einbezogen. Ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei weiter dadurch verletzt, daß das LSG sie nach Anhörung des berufskundlichen Sachverständigen Kurz nicht darauf hingewiesen habe, daß es die migränebedingte Ausfallhäufigkeit trotz vorliegender Gutachten nicht für erwiesen hält. Sie hätte dann weitere Ärzte als Zeugen dafür benennen können, daß sie wegen ihres Migräneleidens regelmäßig alle vier Wochen drei bis vier Tage arbeitsunfähig krank sei. So aber sei sie von der Tatsachen- und Beweiswürdigung des LSG überrascht worden.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat den Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht in der gebotenen Weise dargetan.
1. Wird als Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) die Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) gerügt, ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Entscheidung auf diesem Mangel beruht. Dazu muß ua vorgetragen werden, welchen erheblichen Vortrag das Gericht nicht zur Kenntnis genommen hat, welches Vorbringen dadurch verhindert worden ist und inwiefern das Urteil darauf beruht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 36; BSGE 69, 280, 284 = SozR 3-4100 § 128a Nr 5; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 233 mwN).
Bereits daran fehlt es hier. In der Beschwerdebegründung führt die Klägerin zwar aus, das Gutachten Dr. M. … und dessen Feststellungen zu ihrem Migräneleiden finde in den Entscheidungsgründen keine Erwähnung; eine Auseinandersetzung mit diesem Gutachten finde nicht statt, das LSG habe die Ausführungen Dr. M. … gar nicht zur Kenntnis genommen, diese jedenfalls nicht in seine Erwägungen einbezogen. Die Klägerin hat damit nicht dargetan, daß das LSG ihr Migräneleiden überhaupt nicht zur Kenntnis genommen und erwogen hat, zumal insoweit nicht nur auf den Inhalt der Entscheidungsgründe, sondern auch auf den Tatbestand eines Urteils abzustellen ist, wo vorliegend vom LSG (S 3 des Urteils) das Gutachten Dr. M. … dahin referiert wird, „wegen der schweren Migräne sei etwa alle 4 Wochen mit einer 3-4tägigen Arbeitsunfähigkeit zu rechnen”. Soweit es der Klägerin mit ihrem Vortrag um eine aus ihrer Sicht unzutreffende Beweiswürdigung seitens des LSG geht, kann diese mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angegriffen werden (vgl § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG).
2. Die Klägerin hat auch nicht dargetan, daß das LSG verfahrensfehlerhaft ihm obliegende Hinweispflichten verletzt hat. § 112 Abs 2 SGG, wonach der Vorsitzende darauf hinzuwirken hat, daß sich die Beteiligten über erhebliche Tatsachen vollständig erklären sowie angemessene und sachdienliche Anträge stellen, konkretisiert den Anspruch auf rechtliches Gehör. In diesem Rahmen besteht jedoch insbesondere gegenüber rechtskundig vertretenen Beteiligten weder eine allgemeine Aufklärungspflicht des Gerichts über die Rechtslage, noch die Pflicht, bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage bereits die endgültige Beweiswürdigung darzulegen, denn es kann und darf das Ergebnis der Entscheidung, die in der nachfolgenden Beratung des Gerichts erst gefunden werden soll, nicht vorwegnehmen. Es gibt keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern (BSG, Beschluß vom 28. Februar 1997 – 9 BV 15/97 – nicht veröffentlicht; vom 28. Februar 1991 – 2 BU 191/90 – nicht veröffentlicht).
Im übrigen hat die Klägerin auch nicht dargelegt, daß das LSG eine Überraschungsentscheidung getroffen hat. Voraussetzung dafür wäre, daß sie keine Gelegenheit gehabt hätte, sich vor Erlaß der Entscheidung zur Sach- und Rechtslage zu äußern. Dabei ist zu beachten, daß Verfahrensbeteiligte, insbesondere anwaltlich vertretene, grundsätzlich von sich aus alle vertretbaren Gesichtspunkte in Betracht ziehen und sich in ihrem Vortrag darauf einstellen müssen (vgl BVerfGE 86, 133, 144 f; BVerfG, Beschluß des 2. Senats – 1. Kammer vom 13. Oktober 1994 – 2 BvR 126/94 – DVBl 1995, 34). Die Klägerin hat nicht schlüssig vorgetragen, daß das LSG dadurch, daß es in den Entscheidungsgründen darauf abgestellt hat, die von der Klägerin geschilderten Migräneanfälle seien in der von ihr behaupteten Häufigkeit nicht nachgewiesen, ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat. Hierfür wäre es erforderlich gewesen, im einzelnen darzulegen, daß sie ungeachtet der Feststellungen des Internisten Dr. Sch., … „wonach der Halbseitenkopfschmerz durch intravenöse Injektionen regelmäßig zu beseitigen sei” und des Umstands, daß der Befundbericht Dr. K., … aus dem sich die migränebedingte Ausfallhäufigkeit nicht ergab, davon ausgehen durfte, die Bedeutung ihrer Migräneanfälle stehe außer Zweifel.
Schließlich hat die Klägerin auch nicht dargelegt, daß das Urteil des LSG auf den behaupteten Verfahrensfehlern beruht, die Berufung also dann, wenn die von ihr behauptete Ausfallhäufigkeit als erwiesen angesehen worden wäre, zwingend dazu hätte führen müssen, bei der Klägerin Erwerbsunfähigkeit (EU) anzunehmen. Zwar hat der berufskundliche Sachverständige ausgeführt, bei einer Ausfallhäufigkeit von drei bis vier Tagen alle vier Wochen genügten Arbeitsleistungen nicht mehr den von Arbeitgebern geforderten Mindestanforderungen. Im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde wäre es weiter erforderlich gewesen, aufzuzeigen, daß diese Auskunft des Sachverständigen nach der Rechtsauffassung des LSG, wenn es insoweit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gefolgt wäre, zwingend zur Annahme von EU geführt hätte (vgl zB BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr 14 S 43 f; BSGE 9, 192, 194; SozR 2200 § 1247 Nr 12). Auch an dieser Darlegung fehlt es.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 160a Abs 4 Satz 3 Halbsatz 2 SGG ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen