Entscheidungsstichwort (Thema)
Ernennung von Beamten in den „corps” des Führungspersonals und des Fachpersonals und Berufsausbildungspersonals im Außendienst des Strafvollzugs. Richtlinie des EWGRL 107/76 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsausbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen. Nach männlichen und weiblichen Bewerbern getrennte Einstellungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1.
Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag verstoßen, daß sie für die Ernennung von Beamten in den „corps” des Führungspersonals und des Fachpersonals und Berufsausbildungspersonals im Außendienst des Strafvollzugs sowie in der Gesamtheit der fünf „corps” der Staatspolizei ein nach Geschlecht getrenntes, von der EWGRL 107/76 des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsausbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen nicht gedecktes Einstellungsverfahren beibehalten hat.
2.
Die in Art 2 Abs 2 der EWGRL 207/76 für Tätigkeiten, für deren Ausübung das Geschlecht eine unabdingbare Voraussetzung darstellt, vorgesehene Ausnahme vom Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung erstreckt sich im Falle eines Amtes „corps”), bei dem nach männlichen und weiblichen Bewerbern getrennte Einstellungsverfahren aufgrund der vorgenannten Bestimmung gerechtfertigt sind, auf die Tätigkeiten, die dem höheren Dienstgrad des betroffenen „corps” entsprechen, auch wenn einige dieser Tätigkeiten nicht notwendigerweise von Personen ausgeübt werden müssen, die dem einen oder dem anderen Geschlecht angehören. Das ergibt sich aus der Notwendigkeit, den Beamten Laufbahnen zu eröffnen sowie aus der Bedeutung, die der beruflichen Erfahrung beizumessen ist.
3.
Die nach Art 2 Abs 2 der EWGRL 207/76 zulässigen Ausnahmeregelungen dürfen nur spezifische berufliche Tätigkeiten betreffen. Sie müssen hinreichend durchschaubar sein, um von der Kommission wirksam kontrolliert werden zu können, und grundsätzlich für eine Anpassung an die gesellschaftliche Entwicklung geeignet sein. Diesen Anforderungen entspricht eine Praxis nicht, die darin besteht, daß bei jedem Einstellungsvorgang in einem „corps”, in dem ein Rückgriff auf die vorgenannte Ausnahme nur für bestimmte Tätigkeiten gerechtfertigt ist, die jeweiligen prozentualen Anteile der Dienstposten festgesetzt werden, die mit Männern beziehungsweise mit Frauen zu besetzen sind, ohne daß eine Rechtsvorschrift hierfür irgendwelche objektiven Kriterien vorschreiben würde. Ein derartiges Vorgehen verhindert nämlich jede Form der Kontrolle seitens der Kommission, der zuständigen Gerichte oder der durch diskriminierende Maßnahmen beschwerten Personen.
Normenkette
EWGVtr Art. 169; RL 76/207 Art. 2 Abs. 2
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Fundstellen
Haufe-Index 1150847 |
EuGHE 1988, 3559 |
ZAR 1988, 185 |