Leitsatz (redaktionell)
1. Übernimmt ein kirchlicher Träger durch Rechtsgeschäft ein bisher von einem nichtkirchlichen Träger betriebenes Krankenhaus, um dort in Gestalt der Krankenpflege tätige Nächstenliebe zu üben und damit ein Stück Auftrag der Kirche in der Welt wahrzunehmen, so wird das Krankenhaus allein durch den Trägerwechsel zu einer karitativen Einrichtung der Kirche iS von BetrVG § 118 Abs 2, auf die das Betriebsverfassungsgesetz keine Anwendung findet. Ob die Mehrzahl der dort tätigen Arbeitnehmer sich bereits arbeitsvertraglich zu den besonderen Zielen der Arbeit eines kirchlichen Krankenhauses bekannt hat, ist unerheblich.
2. Eine Betriebsratswahl ist nichtig, wenn der Betrieb nicht dem Betriebsverfassungsgesetz unterliegt.
3. In einem arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren über die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl sind die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften beteiligungsbefugt, gleichgültig, auf welcher Seite sie sich an dem Verfahren beteiligen.
Normenkette
GG Art. 140; BetrVG § 2; BGB § 613a; BetrVG § 122; WRV Art. 137 Abs. 3; BetrVG § 118 Abs. 2; ArbGG § 83 Fassung: 1979-07-02, § 2a Fassung: 1979-07-02
Verfahrensgang
Gründe
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob der von einem kommunalen Träger übernommene Krankenhausbetrieb der Antragstellerin eine vom Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes ausgenommene karitative Einrichtung der evangelischen Kirche ist.
Die Antragstellerin ist eine gemeinnützige Betriebs- GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Johanniterorden ist. In der Satzung des Johanniterordens ist u.a. folgendes festgelegt:
"§ 3
Getreu seiner christlichen, ritterlichen Tradition verfolgt der Orden die in seiner Ordensregel festgelegten Grundsätze. Er widmet sich mit seinen Ordenswerken insbesondere der Pflege der Kranken, der Hilfeleistung bei Unfällen und in Notständen, der Fürsorge für Alter und Siechtum, der Betreuung körperlich und wirtschaftlich Schwacher sowie der Jugend. Der Orden unterhält Krankenhäuser und Anstalten aller Art; diese sollen in besonderem Maße der minderbemittelten Bevölkerung ihre Pflege angedeihen lassen. Er übernimmt auch die Leitung solcher Krankenhäuser und Anstalten, die seinem Schutz anvertraut werden und im Einklang mit seinen Grundsätzen stehen. Der Orden bildet Schwestern und Pflegepersonal aus. In Notzeiten widmet der Orden seine Kraft vornehmlich der Fürsorge und Pflege der Verwundeten, Kranken und sonstigen Opfer.
§ 5
Dem Orden kann nur angehören, wer sich an dessen christliche, ritterliche Tradition gebunden weiß und gewillt ist, sein Leben nach der Ordensregel zu führen. Der Johanniter- Ritter soll sich treu zum Bekenntnis der Evangelischen Kirche halten, das Kreuz als Zeichen seiner Erlösung tragen, des Evangeliums von Jesus Christus sich nirgends schämen, sondern es durch Wort und Tat bezeugen, den Angriffen des Unglaubens mutig und ritterlich im Glauben widerstehen und einen christlichen Wandel in Gottesfurcht, Wahrheit und Gerechtigkeit, guter Sitte und Treue führen.
Der Johanniter-Ritter soll die Verpflichtung zum Kampf gegen den Unglauben, zum Dienst und zur Pflege der Kranken als Zweck des Johanniterordens anerkennen ..."
Gegenstand des von der Antragstellerin betriebenen Unternehmens ist nach § 2 des Gesellschaftsvertrages
"der Betrieb der Johanniter-Kinderklinik für den Rhein-Sieg-Kreis und des noch zu bauenden Johanniter-Altenkrankenheimes für den Rhein-Sieg-Kreis in St. Augustin mit Pflegeschulen sowie sonstigen Ausbildungsstätten, Nebeneinrichtungen und Nebenbetrieben. Die Kinderklinik und das Altenkrankenheim sollen der stationären und ambulanten Untersuchung und Behandlung von Patienten ohne Rücksicht auf Geschlecht und Konfession dienen. Bürger des Rhein-Sieg- Kreises werden - abgesehen von Notfällen - bevorzugt aufgenommen."
Die Antragstellerin ist seit Mitte 1977 Mitglied des Diakonischen Werkes der evangelischen Kirche und hat am 17. Januar 1978 ihren Gesellschaftsvertrag wie folgt ergänzt:
"Die Gesellschaft nimmt ihre Aufgaben im Sinne der Diakonie als Lebensäußerung der Evangelischen Kirche wahr. Sie ist Mitglied des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im Rheinland."
Nach § 7 ihres Gesellschaftsvertrages hat die Antragstellerin einen Aufsichtsrat, der aus neun Mitgliedern besteht, wovon fünf Mitglieder durch die Gesellschaftsversammlung auf jeweils drei Jahre bestellt werden, während vier Mitglieder vom Rhein-Sieg-Kreis entsandt werden.
Die Antragstellerin übernahm im Jahre 1974 vom Rhein- Sieg-Kreis die von ihm betriebene Kreis-Kinderklinik in St. Augustin sowie sein auf demselben Gelände im Aufbau befindliches Alten-Krankenhaus. In dem Überlassungsvertrag vom 28. Januar 1975 heißt es, daß das Kinderkrankenhaus und das Altenkrankenheim als diakonische gemeinnützige Einrichtungen geführt werden.
§ 9 des Überlassungsvertrages trifft zur Übernahme der Arbeitsverhältnisse folgende Regelung:
"Die Johanniter-Gesellschaft tritt vom Beginn des Überlassungsverhältnisses an in die vom Rhein-Sieg-Kreis mit den Mitarbeitern abgeschlossenen Arbeitsverträge ein und übernimmt alle daraus sich ergebenden Verpflichtungen. Die zu übernehmenden Mitarbeiter werden in einer besonderen Liste erfaßt. Die Johanniter- Gesellschaft verpflichtet sich, der Arbeitsrechtlichen Vereinigung der Gemeinden und gemeinwirtschaftlichen Unternehmen in Nordrhein- Westfalen beizutreten.
Der z. Z. bei der Kinderklinik bestehende Personalrat bleibt als Mitarbeitervertretung im Sinne des Kirchengesetzes über die Bildung von Mitarbeitervertretungen in Kirchlichen Dienststellen vom 9. 1. 1969 bis zum Ablauf seiner Amtszeit im Amt. Sodann wird eine Mitarbeitervertretung nach diesem Gesetz gebildet."
Zur Zeit der Übernahme des Kinderkrankenhauses bestand dort gemäß der öffentlich-rechtlichen Rechtsform des Betriebes ein Personalrat. Im Jahre 1976 wurde erneut ein Personalrat gewählt. Im Jahre 1977 rügte die Antragstellerin die Rechtmäßigkeit der Wahl.
Am 31. Januar 1978 wurde in einer Betriebsversammlung beschlossen, die Wahl eines Betriebsrats einzuleiten, und der Wahlvorstand gewählt. Mit Schreiben vom 7. März 1978 beanstandete die Antragstellerin die vorgesehene Betriebsratswahl, weil das Betriebsverfassungsgesetz auf sie als karitative Einrichtung der Kirche keine Anwendung finde. Gleichwohl fand am 12. und 13. April 1978 die Betriebsratswahl statt, deren Ergebnis am 14. April 1978 bekannt gegeben wurde.
Ein großer Teil der bei der Antragstellerin beschäftigten Arbeitnehmer war schon vor der Übernahme der Kinderklinik durch die Antragstellerin dort tätig. Die Arbeitsverhältnisse waren auf der Grundlage der im öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge für Angestellte und Arbeiter abgeschlossen worden. Diese Arbeitsverträge wurden beim Trägerwechsel nicht auf eine neue Vertragsgrundlage umgestellt. Vielmehr versandte die Antragstellerin an die Arbeitnehmer am 18. September 1974 folgendes Rundschreiben:
"Sehr geehrter Mitarbeiter] Sehr geehrte Mitarbeiterin]
Mit Wirkung vom 1.9.1974 ist die Betriebsführung der Kinderklinik der Johanniter-Gesellschaft für Krankenpflege im Rhein-Sieg- Kreis Gemeinnützige Betriebs-GmbH übertragen worden.
Die Überleitung der in der Kinderklinik beschäftigten Angestellten und Arbeiter vom Rhein-Sieg-Kreis in die Johanniter-Gesellschaft ist in § 9 des Überlassungsvertrages in der Fassung vom 8.5.1974 zwischen dem früheren und jetzigen Träger geregelt. Die im öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge - Bundesangestellten- (BAT) und Bundesmanteltarifvertrag (BMTG) - und die diese ergänzenden Bezirkszusatztarifverträge sowie im Rahmen dieser Tarifverträge anzuwendenden Gesetze und Verordnungen sind weiterhin Rechtsgrundlage der Arbeitsverhältnisse der Angestellten und Arbeiter. Hierdurch ist sichergestellt, daß die Johanniter-Gesellschaft in die vom Rhein-Sieg-Kreis mit den Mitarbeitern abgeschlossenen Arbeitsverträge und die daraus sich ergebenden Verpflichtungen voll eintritt.
Gemäß § 9 des Überlassungsvertrages werden Sie hiermit mit Wirkung vom 1.9.1974 in den Dienst der Johanniter-Gesellschaft übernommen.
Ihr Einverständnis mit dieser rechtlichen Maßnahme wollen Sie bitte innerhalb von 14 Tagen, bis zum 4.10.1974, auf beigefügtem Vordruck abgeben."
Die dem Rundschreiben beigefügte Einverständniserklärung wurde von allen Mitarbeitern - zu jener Zeit waren 80 Angestellte und 72 Arbeiter beschäftigt - unterschrieben. Bei allen bis Ende 1977 vorgenommenen Neueinstellungen wurde ebenfalls der Arbeitsvertrag in der vor dem Trägerwechsel üblichen Form unter Bezugnahme auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes abgeschlossen. Erst ab April 1978 verwendet die Antragstellerin einen neuen Arbeitsvertrag, in dem einleitend darauf hingewiesen wird, daß der Johanniterorden und alle in seinen Einrichtungen tätigen Mitarbeiter dem Werk christlicher Nächstenliebe dienen und daß alle Mitarbeiter eine Dienstgemeinschaft bilden. Weiter heißt es dort, von den Mitarbeitern werde erwartet, daß ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Verantwortung für den Nächsten entspreche und daß sie die christliche Grundlage der diakonischen Arbeit anerkennen; der Arbeitsvertrag werde auf dieser Grundlage abgeschlossen. Bei der Einstellung von Mitarbeitern kommt es der Antragstellerin auf die Konfession der Bewerber nicht an; wesentlich ist aber, daß die Mitarbeiter einem christlichen Bekenntnis angehören.
Mitte Dezember 1979 waren bei der Antragstellerin außer 60 Krankenpflegeschülerinnen 238 Angestellte und Arbeiter tätig. 72 Mitarbeiter der Antragstellerin wurden zu diesem Zeitpunkt auf der Grundlage der vom Rhein-Sieg-Kreis verwendeten Arbeitsverträge und 80 Mitarbeiter auf der Grundlage der bis März 1978 verwendeten Arbeitsverträge beschäftigt. 86 Angestellte und Arbeiter sind mit den ab April 1978 eingeführten Arbeitsverträgen eingestellt worden.
Die Antragstellerin gewährt den Patienten, die in ihrer Krankenanstalt behandelt werden, keine eigentlichen karitativen (unentgeltlichen) Leistungen. Sie sieht dazu wegen der lückenlosen gesetzlichen Krankenversicherung auch keine Notwendigkeit. Sie erwartet indessen für das eingezahlte Stammkapital keine Verzinsung. Auch die Aufsichtsratsmitglieder werden unentgeltlich tätig. Der Johanniterorden organisiert in dem Krankenhaus die evangelische Krankenhaushilfe. Dabei handelt es sich um eine ehrenamtliche Betreuung von Patienten außerhalb der Tätigkeit des Pflegepersonals.
In dem vorliegenden Verfahren macht die Antragstellerin geltend, die Betriebsratswahl sei nichtig, weil sie als karitative Einrichtung der evangelischen Kirche gemäß § 118 Abs. 2 BetrVG dem Betriebsverfassungsgesetz nicht unterliege.
Sie hat beantragt
festzustellen, daß die am 12./13. April 1978 durchgeführte Betriebsratswahl nichtig ist.
Der Antragsgegner und die beteiligten Gewerkschaften zu 1) und 2) haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 3) hat keinen Antrag gestellt.
Der Antragsgegner vertritt die Auffassung, die Antragstellerin sei keine karitative Einrichtung im Sinne des § 118 Abs. 2 BetrVG, und hat dazu vorgetragen:
Nach § 5 der Ordenssatzung seien der Orden und seine Mitglieder zwar aufgefordert, sich zur evangelischen Kirche, ihrem Glaubensinhalt und auch zu ihren Symbolen ausdrücklich zu bekennen. Entgegen diesem klaren Auftrag sei in dem Kinderkrankenhaus jedoch keinerlei kirchliche oder sonstige Aktivität zu verspüren. Weder gebe es einen organisierten regelmäßigen Pfarrerbesuch - gleich welcher Konfession -, noch seien entsprechende Andachtsräume vorhanden. Damit werde an christlicher Aktivität in diesem Hause weniger angeboten als in anderen Häusern, die von weltlichen Krankenhausträgern betrieben würden. Das Kreuz als christliches Symbol sei in keinem Raum vorhanden. Auch würden neue Mitarbeiter in Zeitungsinseraten nicht für ein christliches Haus geworben. Vielmehr weise der Inhalt der Anzeigen ausschließlich auf die Tarif- und Sozialleistungen des öffentlichen Dienstes hin. Kennzeichnend sei auch, daß nach den eigenen Angaben der Antragstellerin eine große Zahl von Belegschaftsmitgliedern einen Arbeitsvertrag habe, der keinerlei Hinweis auf die besondere kirchliche Aufgabe der Johanniter-Gesellschaft für Krankenpflege habe.
Die Beteiligte zu 2) hat die Auffassung vertreten, die Antragstellerin könne die Mitarbeiterverträge und den sogenannten "dritten Weg" ohne die Zustimmung der Betroffenen im Streitfall nicht rechtswirksam werden lassen.
Die Antragstellerin ist diesen Auffassungen entgegengetreten. Sie hat vorgetragen:
Für die Beurteilung der Frage, ob die von ihr getragenen Krankenanstalten eine karitative Einrichtung der Kirche seien, müsse es unerheblich sein, daß die Krankenpflege nicht mehr wie zu früheren Zeiten teilweise unentgeltlich erfolge. Bei dem Kinderkrankenhaus St. Augustin gebe es ehrenamtliche Tätigkeiten in nicht unbeträchtlichem Umfang, beispielsweise in der Wahrnehmung der Aufsichtsrats-Tätigkeit und auch in der "evangelischen Krankenhilfe". Nach ihrer Satzung erfülle sie ihre Aufgaben im Sinne der Diakonie als Lebens- und Wesensäußerung der evangelischen Kirche. Sie sei Mitglied des als Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege anerkannten Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im Rheinland und damit zugleich dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland angeschlossen. Nach der sie bindenden Satzung des "Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im Rheinland e.V." könne sie nicht mehr Mitglied des Diakonischen Werkes bleiben, wenn sie ihren Verpflichtungen ihm gegenüber nicht nachkomme. Dies könne zur Folge haben, daß sie keine öffentlichen Mittel mehr erhalte. Daß sie sich nicht sogleich nach der Übernahme des Krankenhauses um die Anpassung der Arbeitsverhältnisse an das "Kirchengesetz über die Bildung von Mitarbeitervertretungen in kirchlichen Dienststellen" bemüht habe, finde in dem dreimaligen Wechsel der Geschäftsführung und den zunächst im Vordergrund stehenden Anstrengungen um die Konsolidierung und Vollbelegung des Hauses eine Erklärung. Aus demselben Grunde habe sich ihr Eintritt in das Diakonische Werk verzögert. Aus der Tatsache, daß sie - die Antragstellerin - vom Johanniterorden gegründet worden sei, um eine weltliche Einrichtung zu übernehmen, dürfe kein für sie negativer Schluß gezogen werden. Es stehe nach der grundgesetzlichen Ordnung jedermann frei, sein religiöses Bekenntnis auf erlaubte Weise zu betätigen. Der Johanniterorden habe die Einrichtungen des Rhein-Sieg-Kreises aus seinem christlichen Selbstverständnis heraus übernommen, um die Kranken- und Altenpflege in St. Augustin gemäß seinem Auftrag durchzuführen. Diese Übernahme habe zwingend zur Folge gehabt, daß das bisher angestellte Personal weiterbeschäftigt wurde. Eine Umstellung der Verträge auf die "diakonische Klausel" sei ohne die Zustimmung der Mitarbeiter nicht möglich gewesen. Wenn auch bei Neueinstellungen die "diakonische Klausel" erst später zum Zuge gekommen sei, so hänge dies mit den Schwierigkeiten zusammen, die sich nach der Übernahme der Klinik ergeben hätten. Zu Unrecht werde geltend gemacht, daß es in ihrem Betrieb an kirchlichen Aktivitäten fehle. In Kinderkliniken seien Krankenhausgottesdienste generell nicht üblich. Seit längerer Zeit sei indessen in der Klinik die evangelische Krankenhaushilfe tätig. Es handele sich um die sogenannten "grünen Schwestern", die freiwillig aus christlicher Nächstenliebe sich für die Patienten der Klinik einsetzten. Im übrigen könne an ideelle Dinge keine Meßlatte angelegt werden. Die Mitgliedschaft bei dem Kommunalen Arbeitgeberverband für Nordrhein-Westfalen habe sie erwerben müssen, weil sonst der Besitzstand der zu übernehmenden Mitarbeiter nicht hätte gewährleistet werden können. Zu diesem Besitzstand habe es auch gehört, daß die Arbeitnehmer nicht aus dem Dienstverhältnis mit dem öffentlichrechtlichen Arbeitgeber ausschieden, weil sie sonst die Anrechenbarkeit ihrer im öffentlichen Dienst verbrachten Dienstzeit verloren hätten. Ähnliche Überlegungen seien für ihre Mitgliedschaft bei der Rheinischen Zusatzversorgungskasse des Landschaftsverbandes in Köln maßgebend gewesen.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben den Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Verfahrensbegehren weiter, während der Antragsgegner und die beteiligte Gewerkschaft zu 2) um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bitten.
B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ist die angegriffene Betriebsratswahl nichtig.
I. In prozessualer Hinsicht bestehen keine Bedenken.
1. Es handelt sich vorliegend um eine Angelegenheit aus dem Betriebsverfassungsgesetz im Sinne von § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG 1979, in der nach § 2 a Abs. 2 ArbGG 1979 das Beschlußverfahren stattfindet. Die Beteiligten streiten um die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl. Diese Frage kann Gegenstand eines arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahrens sein (BAG AP Nr. 8 zu § 19 BetrVG 1972 (zu II 1 der Gründe)).
2. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin als der Arbeitgeberin und die Beteiligungsbefugnis des Antragsgegners als des Betriebsrats sind zweifelsfrei gegeben.
Auch die übrigen drei Beteiligten sind im vorliegenden Verfahren beteiligungsbefugt. Bei diesen Beteiligten handelt es sich um im Betriebe der Antragstellerin vertretene Gewerkschaften. Als solche werden sie durch die Entscheidung über die Nichtigkeit der Betriebsratswahl in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar berührt. Die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften sind von ihrer Aufgabe her berufen, an der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung mitzuwirken. Sie haben deshalb ein berechtigtes, vom Gesetzgeber anerkanntes Interesse an der gesetzmäßigen Konstituierung der betriebsverfassungsrechtlichen Vertretungsorgane der Belegschaft. Das ergibt sich insbesondere aus der Vorschrift des § 19 Abs. 2 BetrVG, die den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ein selbständiges Recht zur Anfechtung einer Betriebsratswahl wegen Gesetzesverstoßes gibt. Für das Wahlanfechtungsverfahren hat der Senat bereits ausgesprochen, daß die Gewerkschaften nicht nur dann Beteiligte an einem solchen Verfahren sind, wenn sie eine durchgeführte Wahl für anfechtbar halten und sie deshalb entweder selbst anfechten oder doch die anfechtenden Wahlberechtigten unterstützen, sondern auch dann, wenn sie die Wahl für wirksam halten und sich deshalb auf seiten der Antragsgegner am Verfahren beteiligen (BAG 23, 130 (133 f.) = AP Nr. 21 zu § 76 BetrVG (zu 1 a der Gründe); ebenso: Grunsky, ArbGG, 3. Aufl., § 83 Anm. 19; Dietz-Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 19 Anm. 46; GK-Thiele, BetrVG, § 19 Anm. 54). Für ein Beschlußverfahren, das die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl zum Gegenstand hat, kann nichts anderes gelten. Auch in einem solchen Verfahren sind die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften wegen ihres gesetzlich anerkannten Interesses an der Frage, ob der Betriebsrat wirksam gewählt worden ist, beteiligungsbefugt.
3. Das Rechtsschutzinteresse, dessen Vorhandensein in jeder Lage des Verfahrens und damit auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz von Amts wegen zu prüfen ist, besteht noch fort. Zwar hat die Betriebsratswahl, deren Nichtigkeit festgestellt werden soll, bereits am 12./13. April 1978 stattgefunden, so daß die dreijährige Amtszeit des damals gewählten Betriebsrats auch bei gültiger Wahl inzwischen abgelaufen wäre. Das Rechtsschutzbedürfnis ist dadurch aber nicht entfallen. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund hat nicht nur Bedeutung für die hier angegriffene Betriebsratswahl, sondern auch für die Wirksamkeit der Betriebsratsbeschlüsse sowie der nach dem Betriebsverfassungsgesetz mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen der Antragstellerin und darüber hinaus für jede weitere Wahl eines Betriebsrats in dem Kinderkrankenhaus der Antragstellerin; denn es geht um die Frage, ob die Kinderklinik überhaupt ein betriebsratsfähiger Betrieb ist.
II. Die Nichtigkeit der Betriebsratswahl kann auch nach Ablauf der für die Anfechtung einer Betriebsratswahl gesetzlich vorgeschriebenen Zwei-Wochen-Frist des § 19 Abs. 2 BetrVG jederzeit geltend gemacht werden.
Eine nichtige Betriebsratswahl ist nach allgemeiner Meinung dann anzunehmen, wenn es sich um einen Betrieb handelt, auf den das Betriebsverfassungsgesetz keine Anwendung findet, und es damit an den gesetzlichen Voraussetzungen für eine Betriebsratswahl überhaupt fehlt (Dietz-Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 19 Anm. 67; Fitting-Auffarth-Kaiser, BetrVG, 13. Aufl., § 19 Anm. 5; Galperin-Löwisch, BetrVG, 5. Aufl., § 19 Anm. 42; GK-Thiele, BetrVG, § 19 Anm. 70; Kammann-Hess-Schlochauer, BetrVG, § 19 Anm. 18; Stege-Weinspach, BetrVG, 4. Aufl., § 19 Anm. 15). Die hier angegriffene Betriebsratswahl vom 12./13. April 1978 ist mithin nichtig, wenn die Kinderklinik der Antragstellerin eine karitative Einrichtung der evangelischen Kirche im Sinne von § 118 Abs. 2 BetrVG ist und sie deshalb nicht unter den Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes fällt. Das ist entgegen der Ansicht der Vorinstanzen der Fall.
1. Nach seinem § 118 Abs. 2 findet das Betriebsverfassungsgesetz keine Anwendung auf Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform.
Die Herausnahme der Kirchen und ihrer karitativen und erzieherischen Einrichtungen aus dem Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes beruht auf dem den Religionsgemeinschaften in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleisteten Recht, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen und zu verwalten (Senatsbeschluß vom 6. Dezember 1977 - 1 ABR 28/77 -, BAG 29, 405 (409, 410) = AP Nr. 10 zu § 118 BetrVG 1972 (zu III 1 der Gründe)). Damit nimmt der Gesetzgeber auf das verfassungsrechtlich Gebotene Rücksicht (BVerfGE 46, 73 (95) = AP Nr. 1 zu Art. 140 GG (zu B II 4 der Gründe)).
Das den Kirchen verfassungsrechtlich verbürgte Selbstbestimmungsrecht bezieht sich nicht nur auf die organisierte Kirche und ihre rechtlich selbständigen Teile; vielmehr sind alle der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform Objekte, bei deren Ordnung und Verwaltung die Kirche grundsätzlich frei ist, wenn die Einrichtungen nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück Auftrag der Kirche in dieser Welt wahrzunehmen und zu erfüllen (BVerfGE 46, 73 (85) = AP Nr. 1 zu Art. 140 GG (zu B II 2 a der Gründe); BVerfGE 53, 366 (391) = AP Nr. 6 zu Art. 140 GG (zu C I 2 a der Gründe)). Die von der Verfassung gewährte selbständige Regelungs- und Verwaltungsbefugnis der Kirche erstreckt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mithin auch auf ihre "Vereinigungen, die sich nicht die allseitige, sondern nur die partielle Pflege des religiösen oder weltanschaulichen Lebens ihrer Mitglieder zum Ziel gesetzt haben. Voraussetzung ist aber, daß der Zweck der Vereinigung gerade auf die Erreichung eines solchen Zieles gerichtet ist. Das gilt ohne weiteres für organisatorisch oder institutionell mit Kirchen verbundene Vereinigungen wie kirchliche Orden, deren Daseinszweck eine Intensivierung der gesamtkirchlichen Aufgaben enthält. Es gilt aber auch für andere selbständige oder unselbständige Vereinigungen, wenn und soweit ihr Zweck die Pflege oder Förderung eines religiösen Bekenntnisses oder die Verkündung des Glaubens ihrer Mitglieder ist. Maßstab für das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann das Ausmaß der institutionellen Verbindung mit einer Religionsgemeinschaft oder die Art der mit der Vereinigung verfolgten Ziele sein" (BVerfGE 24, 236 (246 f.); 46, 73 (86 f.); 53, 366 (391, 392)). Für die Zuordnung einer Einrichtung zur Kirche kommt es deshalb auf ihre Zugehörigkeit zur Kirchenverwaltung nicht entscheidend an; es genügt, wenn die Einrichtung der Kirche so nahe steht, daß sie teilhat an der Verwirklichung eines Stücks Auftrag der Kirche im Geist christlicher Religiosität, im Einklang mit dem Bekenntnis der christlichen Kirche und in Verbindung mit den Amtsträgern der Kirche. Die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit der Kirche im Staat schließt ein, daß sich die Kirche zur Erfüllung ihres Auftrags auch der Organisationsformen des staatlichen Rechts bedienen kann, ohne daß dadurch die Zugehörigkeit der auf dieser Rechtsgrundlage gegründeten Einrichtung zur Kirche aufgehoben würde. In der Mitwirkung von Laien an der Verwaltung solcher Einrichtungen kann keine Lockerung der Zuordnung zur Kirche gesehen werden (BVerfGE 53, 366 (392)).
2. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Antragstellerin in diesem Sinne zur evangelischen Kirche gehört und damit an der verfassungsrechtlich verbürgten Kirchenautonomie teilnimmt.
Durch die Antragstellerin nimmt der Johanniterorden, der ihr alleiniger Gesellschafter ist, seine satzungsmäßige Aufgabe der Krankenpflege wahr. Die Krankenpflege gehört zu den Ordenswerken, denen sich der Johanniterorden "getreu seiner christlichen, ritterlichen Tradition" widmet (§ 3 der Ordenssatzung). Gemäß § 5 der Ordenssatzung kann dem Johanniterorden nur angehören, wer sich an dessen christliche, ritterliche Tradition gebunden weiß und gewillt ist, sein Leben nach der Ordensregel zu führen; der Johanniter- Ritter soll sich treu zum Bekenntnis der evangelischen Kirche halten, das Evangelium durch Wort und Tat bezeugen, einen christlichen Lebenswandel führen und die Verpflichtung zum Dienst und zur Pflege der Kranken als Zweck des Johanniterordens anerkennen.
Der Johanniterorden betreibt die Krankenpflege also in Erfüllung des Heilsauftrages der Kirche in dieser Welt. Nach dem Selbstverständnis der evangelischen wie auch der katholischen Kirche umfaßt die Religionsausübung nicht nur den Bereich des Glaubens und des Gottesdienstes, sondern auch die Freiheit zur Entfaltung und Wirksamkeit in der Welt, wie es ihrer religiösen und diakonischen Aufgabe entspricht. Dazu gehört insbesondere das karitative Wirken. Die tätige Nächstenliebe ist eine wesentliche Aufgabe für den Christen und wird von den christlichen Kirchen als kirchliche Grundfunktion verstanden (BVerfGE 53, 366 (392, 393)). Dem entspricht es, wenn es in § 2 des Gesellschaftsvertrages der Antragstellerin heißt, daß die Gesellschaft ihre Aufgaben im Sinne der Diakonie als Lebensäußerung der evangelischen Kirche wahrnimmt.
Daß vier Mitglieder des aus neun Personen bestehenden Aufsichtsrats der Antragstellerin vom Rhein-Sieg-Kreis entsandt werden, ändert an dem evangelisch-kirchlichen Charakter der Antragstellerin nichts; denn fünf der Aufsichtsratsmitglieder und damit die Mehrheit werden vom Johanniterorden bestellt. Diesem bleibt mithin der entscheidende Einfluß auf die Antragstellerin vorbehalten.
Darüber hinaus besteht auch eine rechtliche Verzahnung der Antragstellerin mit der evangelischen Amtskirche und ihrem Auftrag; denn die Antragstellerin ist gemäß § 2 ihres Gesellschaftsvertrages seit Mitte des Jahres 1977 Mitglied des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im Rheinland. Nach § 2 seiner Satzung soll das Diakonische Werk "zum Dienst der Liebe in der Nachfolge Christi aufrufen und den Kirchengemeinden, Kirchenkreisen, Anstalten und Werken bei der Gestaltung dieses Dienstes helfen"; es unterstützt und fördert seine Mitglieder bei der Wahrnehmung der Pflege und Fürsorge für Kinder und Jugendliche, für Kranke, Gebrechliche und Alte, für Gefährdete und Heimatlose. Mitglieder des Diakonischen Werkes sind u.a. die Evangelische Kirche im Rheinland, ihre Kirchenkreise und Kirchengemeinden; über die Aufnahme von Mitgliedern entscheidet der Vorstand (§ 4 der Satzung). Gemäß § 14 der Satzung besteht der Vorstand des Diakonischen Werkes aus dem von der Kirchenleitung in den Hauptausschuß entsandten Mitglied, elf vom Hauptausschuß auf die Dauer von vier Jahren aus seiner Mitte gewählten Männern und Frauen, dem Direktor des Werkes und seinem Stellvertreter. Nach § 5 der Satzung haben die Mitglieder des Diakonischen Werkes ihre eigene Satzung einzureichen und dem Diakonischen Werk von jeder Satzungsänderung Mitteilung zu machen. Die Mitglieder sind ferner verpflichtet, Mitarbeitervertretungen nach Maßgabe der Kirchengesetze über die Bildung von Mitarbeitervertretungen in kirchlichen Dienststellen der Evangelischen Kirche im Rheinland zu bilden. In den Art. 210 und 211 der Kirchenordnung der Evangelischen Kirche im Rheinland ist bestimmt, daß die Gemeinden in ihrer Aufgabe der dienenden Liebe u.a. durch das Diakonische Werk unterstützt werden, wobei das Diakonische Werk als eine "Lebensäußerung der Kirche" bezeichnet wird.
Aus alledem hat das Landesarbeitsgericht zu Recht gefolgert, daß die Evangelische Kirche im Rheinland erkennbar in der ihr nach ihrem Selbstverständnis obliegenden diakonischen Arbeit über das Diakonische Werk und über dessen Mitglieder in der Öffentlichkeit in Erscheinung tritt und daß damit die Einrichtungen des Diakonischen Werkes und die seiner Mitglieder zu Einrichtungen der Kirche im Sinne des § 118 Abs. 2 BetrVG werden. Entsprechendes hat der Senat auch bereits in seinem Beschluß vom 6. Dezember 1977 ausgesprochen (BAG 29, 405 (413, 414) = AP Nr. 10 zu § 118 BetrVG 1972 (zu III 3 der Gründe)).
3. Obwohl das Landesarbeitsgericht die Antragstellerin somit als der evangelischen Kirche in dem oben bezeichneten Sinne zugeordnete juristische Person ansieht, hat es das Vorliegen der Voraussetzungen des § 118 Abs. 2 BetrVG für die von der Antragstellerin betriebene Kinderklinik verneint und dazu ausgeführt:
Die Herausnahme der in § 118 Abs. 2 genannten Einrichtungen aus dem Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes finde ihre Rechtfertigung darin, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich im kirchlichen Dienst in einem gleichgerichteten christlichen Interesse zum Dienst am Kranken zusammenfinden und daß deshalb für die natürliche Interessengegensätzlichkeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, von der das Betriebsverfassungsgesetz ausgehe, kein Raum sei. Dieser Interessengegensatz könne jedoch nicht einseitig von dem Arbeitgeber aufgehoben und abbedungen werden. Das Zusammenfinden zu gemeinsamem, von christlicher Grundhaltung getragenem gleichgerichteten Dienst am Kranken setze eine Übereinstimmung zwischen Mitarbeitern und Arbeitgeber im sittlich-religiösen Bereich voraus. Diese Übereinstimmung sei bei Einrichtungen der in § 118 Abs. 2 BetrVG berücksichtigten Art im Arbeitsleben im allgemeinen deshalb gegeben, weil der Arbeitnehmer, der einen Arbeitsvertrag mit einer kirchlichen Einrichtung abschließe, den besonderen Charakter der Einrichtung kenne und ihn billige. Im Streitfalle bestehe jedoch zwischen dem diakonisch-religiösen Anspruch, dem die Antragstellerin genügen möchte, und den Voraussetzungen, unter denen die bei der Antragstellerin tätigen Mitarbeiter ihren Dienst aufnahmen, keine Kongruenz. Es treffe zur Zeit noch nicht zu, daß sich innerhalb der von der Antragstellerin betriebenen Klinik Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu einem gleichgerichteten, christlich motivierten Interesse zum Dienst am Kranken zusammengefunden hätten. Bestehe zwischen der Antragstellerin und der Mehrzahl der bei ihr tätigen Mitarbeiter kein Grundkonsens darüber, daß die gemeinsame Arbeit diakonische, dienende Liebe am Nächsten darstelle, so sei der Interessengegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerschaft, den das Betriebsverfassungsgesetz als im allgemeinen gegeben ansehe, im Betrieb der Antragstellerin nicht aufgehoben. Der christlich-kirchliche Krankenhausträger gehe von einem besonderen Leitbild christlicher Dienstgemeinschaft aller seiner Mitarbeiter aus; er erwarte, daß jedes Mitglied und jeder Mitarbeiter das kirchliche Selbstverständnis der Einrichtung anerkenne und es sich in seinem dienstlichen Handeln zu eigen mache. Diese Erwartung habe der Gesetzgeber in § 118 Abs. 2 BetrVG als schutzwürdig erklärt; er habe es als gerechtfertigt angesehen, daß der Betrieb, in dem sich der christlich-kirchliche Krankenhausträger und seine Mitarbeiter unter dem Leitbild christlicher Dienstgemeinschaft zusammengefunden hätten, dem Betriebsverfassungsgesetz nicht unterliege. Eine solche Dienstgemeinschaft sei aber nicht gegeben, wenn ein Krankenhaus, das von einem Landkreis als Einrichtung der öffentlichen Gesundheitsvorsorge unterhalten werde, zusammen mit allen Arbeitnehmern von einem kirchlichen Träger übernommen und weitergeführt werde. Die bloße Übernahme der Anstalt durch die Antragstellerin reiche nicht aus, um den Betrieb zu einer kirchlichen Einrichtung im Sinne von § 118 Abs. 2 BetrVG zu machen. Der Arbeitgeber könne eine christliche Dienstgemeinschaft nicht einseitig dekretieren. Sie lasse sich vielmehr nur in freiwilligem Einverständnis aller Beteiligten bilden. Ein solches Einverständnis sei von der Mehrzahl der bei der Antragstellerin tätigen Arbeitnehmer nicht erklärt worden. Übernehme ein kirchlicher Träger ein bereits bestehendes Krankenhaus, so werde daraus eine kirchliche Einrichtung erst zu dem Zeitpunkt, zu dem mehr als die Hälfte der dort tätigen Arbeitnehmer ihre Bereitschaft erklärt hätten, künftig im Sinne einer christlichen Dienstgemeinschaft zusammenwirken zu wollen.
Dieser Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann nicht gefolgt werden. Sie verkennt den Sinngehalt des § 118 Abs. 2 BetrVG. Die Vorschrift will nicht die Erwartung des kirchlichen Krankenhausträgers schützen, daß jeder Mitarbeiter das kirchliche Selbstverständnis der Einrichtung anerkennt und es seinem dienstlichen Handeln zu eigen macht. Sie setzt auch nicht das Bestehen einer christlich motivierten Dienstgemeinschaft zwischen dem kirchlichen Arbeitgeber und seinen Mitarbeitern voraus. Vielmehr trägt der Gesetzgeber mit der Herausnahme der kirchlichen Einrichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz dem verfassungsrechtlich garantierten Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht der Kirchen Rechnung. Er nimmt Rücksicht auf den Freiheitsraum der Kirchen. Diese sollen selbst darüber entscheiden können, wie sie ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen ordnen und verwalten, insbesondere, ob und in welchem Umfang sie ihre Arbeitnehmer und deren Vertretungsorgane in Angelegenheiten des Betriebes, die ihre Interessen berühren, mitwirken und mitbestimmen lassen wollen (BVerfGE 46, 73 (94)). Dieses Selbstbestimmungsrecht der Kirchen kann nicht davon abhängen, ob die Mehrzahl der Mitarbeiter der kirchlichen Einrichtung sich zu den Grundsätzen einer christlich motivierten Dienstgemeinschaft bekennt oder nicht. Das würde eine durch § 118 Abs. 2 BetrVG nicht bezweckte Beschränkung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts bedeuten. Für die Frage, ob eine karitative oder erzieherische Einrichtung der Kirche im Sinne von § 118 Abs. 2 BetrVG vorliegt, kann es vielmehr nur darauf ankommen, ob ihr Träger der Kirche in dem oben bezeichneten Sinne zugeordnet ist und mit der von ihm getragenen Einrichtung kirchlich-karitative oder erzieherische Zwecke verfolgt (BVerfGE 46, 73 (94); 53, 366 (398, 399)). Maßgeblich ist also die Zweckbestimmung, der die entsprechende Einrichtung nach dem Willen ihres kirchlichen Trägers dienen soll.
Demnach ist das Kinderkrankenhaus der Antragstellerin ohne Rücksicht darauf, ob die Mehrzahl der in ihm tätigen Arbeitnehmer sich bereits arbeitsvertraglich zu den besonderen Zielen der Arbeit eines kirchlichen Krankenhauses bekannt hat, allein dadurch zu einer karitativen Einrichtung der Kirche im Sinne von § 118 Abs. 2 BetrVG geworden, daß es von der Antragstellerin als einer der Kirche zugeordneten Trägerin zu dem Zweck übernommen worden ist, dort in Gestalt der Krankenpflege tätige Nächstenliebe zu üben und damit ein Stück Auftrag der Kirche in dieser Welt wahrzunehmen. In welchem Maße und mit welcher Intensität die Antragstellerin den evangelisch-kirchlichen Charakter ihres Krankenhauses auch nach außen in Erscheinung treten läßt, unterliegt als Ausfluß des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts allein ihrer verantwortlichen Entscheidung (vgl. BAG 30, 247 (260) = AP Nr. 2 zu Art. 140 GG (zu B II 5 a der Gründe); Senatsurteil vom 4. März 1980 - 1 AZR 125/78 -, AP Nr. 3 zu Art. 140 GG (zu III 2 der Gründe), auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung bestimmt).
4. Daß durch den Übergang des Betriebes auf einen kirchlichen Träger die Arbeitnehmer ohne ihr Zutun betriebliche Mitbestimmungsrechte verlieren, ist in der gesetzlichen Regelung begründet und im übrigen nicht auf Fälle der vorliegenden Art beschränkt. Geht etwa ein Betrieb von einem öffentlich-rechtlichen auf einen privatrechtlichen Rechtsträger über, so endet damit ohne weiteres die Geltung des Personalvertretungsrechts, und es findet auf diesen Betrieb nunmehr das Betriebsverfassungsgesetz mit weniger weitgehenden Mitbestimmungsrechten Anwendung. Umgekehrt gilt das gleiche.
Entgegen der Meinung des Antragsgegners läßt sich die Beibehaltung der früheren Betriebsverfassung nach dem Betriebsinhaberwechsel nicht auf § 613 a BGB stützen. Diese Vorschrift regelt nur den Übergang der Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt der Betriebsübernahme bestehenden Arbeitsverhältnissen auf den rechtsgeschäftlichen Erwerber eines Betriebes oder Betriebsteils, nicht aber den Übergang der bisherigen Betriebsverfassung auf den Erwerber. Die Vorschrift ist keine betriebsverfassungsrechtliche Norm. Sie gehört dem Individualarbeitsrecht an, wie ihre Stellung im Bürgerlichen Gesetzbuch zeigt. Daß sie im Zusammenhang mit dem Erlaß des Betriebsverfassungsgesetzes durch dessen § 122 eingeführt wurde, ist eine Äußerlichkeit und macht sie nicht zum Bestandteil des Betriebsverfassungsgesetzes (BAG 27, 322 (326 f.) = AP Nr. 3 zu § 99 BetrVG 1972 (zu III 1 b der Gründe); BAG 32, 14 (21) = AP Nr. 4 zu § 111 BetrVG 1972 (zu B II 1 b aa der Gründe)).
5. Schließlich hat sich die Antragstellerin gegenüber den vom Rhein-Sieg-Kreis übernommenen Arbeitnehmern auch nicht vertraglich verpflichtet, die bisherige Betriebsverfassung beizubehalten. In dem Rundschreiben vom 18. September 1974, das sie aus Anlaß der Übernahme der Krankenanstalt an die Betriebsangehörigen richtete, ist nur die Rede von der weiteren Anwendung der im öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge, um sicherzustellen, daß die Antragstellerin in die vom Rhein-Sieg-Kreis mit den Mitarbeitern abgeschlossenen Arbeitsverträge und den sich daraus ergebenden Verpflichtungen voll eintrat. Über die Fortsetzung der bisherigen Betriebsverfassung ist in dem Rundschreiben nichts gesagt. Im Gegenteil wird darin auf § 9 des mit dem Rhein-Sieg-Kreis abgeschlossenen Überlassungsvertrages hingewiesen. Dort ist ausdrücklich festgelegt, daß der zur Zeit der Übernahme bei der Kinderklinik bestehende Personalrat als Mitarbeitervertretung im Sinne des Kirchengesetzes über die Bildung von Mitarbeitervertretungen in kirchlichen Dienststellen vom 9. Januar 1969 bis zum Ablauf seiner Amtszeit im Amt bleibt und daß sodann eine Mitarbeitervertretung nach diesem Kirchengesetz gebildet wird.
III. Nach alledem findet das Betriebsverfassungsgesetz auf den Betrieb der Antragstellerin keine Anwendung, so daß unter Aufhebung der vorinstanzlichen Beschlüsse die Nichtigkeit der Betriebsratswahl festzustellen war.
Dr. Kissel Dr. Seidensticker Matthes Moser Kehrmann
Fundstellen
BAGE 41, 5-21 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
BAGE, 5 |
BB 1982, 924-925 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
DB 1982, 1414-1415 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
NJW 1982, 1894 |
NJW 1982, 1894-1894 (Leitsatz 1-3) |
BlStSozArbR 1982, 311-312 |
AP § 118 BetrVG 1972, Nr 24 |
AR-Blattei, ES 1570 Nr 28 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
AR-Blattei, Tendenzbetrieb Entsch 28 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
EzA § 118 BetrVG 1972, Nr 33 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |