Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratskosten in der Insolvenz
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem Betriebsübergang in der Insolvenz haftet der Betriebserwerber nur für Masseverbindlichkeiten, nicht für Insolvenzforderungen.
2. Hat der Betriebsrat vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers nach § 111 Abs. 1 Satz 2 BetrVG oder nach § 80 Abs. 3 BetrVG einen Rechtsanwalt als Berater oder Sachverständigen hinzugezogen und dauerte dessen Tätigkeit bis nach der Insolvenzeröffnung an, sind die Honoraransprüche für die bis zur Insolvenzeröffnung erbrachten Beratungsleistungen keine Masseverbindlichkeiten, sondern Insolvenzforderungen.
Orientierungssatz
1. Bei einem Betriebsübergang nach § 613a BGB tritt der Betriebserwerber materiellrechtlich in die betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition des bisherigen Betriebsinhabers ein. Der Betriebserwerber haftet daher grundsätzlich für nicht erfüllte Freistellungsansprüche des Betriebsrats nach § 40 Abs. 1 BetrVG.
2. Findet der Betriebsübergang nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des bisherigen Betriebsinhabers statt, haftet der Betriebserwerber nur für Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO, nicht für Insolvenzforderungen nach § 38 InsO.
3. Dies gilt auch für Ansprüche des Betriebsrats nach § 40 Abs. 1 BetrVG auf Freistellung von Honoraransprüchen, die durch die Hinzuziehung eines Beraters nach § 111 Abs. 1 Satz 2 BetrVG oder eines Sachverständigen nach § 80 Abs. 3 BetrVG entstanden sind.
4. Wurde ein Berater vom Betriebsrat vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinzugezogen und dauert dessen Tätigkeit bis nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an, sind die Honoraransprüche für die vor Insolvenzeröffnung erbrachten Beratungsleistungen keine Masseverbindlichkeiten, sondern Insolvenzforderungen.
Normenkette
BetrVG § 40 Abs. 1, § 80 Abs. 3, § 111 Abs. 1 S. 2; InsO §§ 38, 55, 103, 105, 108; BGB § 613a
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 10. Mai 2007 – 2 TaBV 36/06 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Rz. 1
A. Die Beteiligten streiten in der Rechtsbeschwerde noch darüber, ob die Beteiligte zu 3. als Betriebserwerberin verpflichtet ist, Honoraransprüche des Antragstellers für die Beratung des Betriebsrats vor dem Betriebsübergang und vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der vormaligen Arbeitgeberin zu erfüllen.
Rz. 2
Die H…, Inhaber K… GmbH & Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin) beschäftigte in ihrem Betrieb in Ke… mehr als 300 Arbeitnehmer. In diesem Betrieb bestand ein Betriebsrat, der ehemalige Beteiligte zu 4. Ende des Jahres 2003 beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Beteiligte zu 2. wurde zunächst zum vorläufigen Insolvenzverwalter und mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin am 1. Februar 2004 zum Insolvenzverwalter bestellt.
Rz. 3
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2003 teilte der Antragsteller, Rechtsanwalt He…, dem vorläufigen Insolvenzverwalter mit, der Betriebsrat habe festgestellt, dass sein vorhandenes Wissen nicht ausreiche, um die notwendigen Aufgaben des Betriebsrats, insbesondere im Zusammenhang mit der möglichen Erstellung eines Interessenausgleichs und Sozialplans, ohne rechtlichen Rat wahrzunehmen; der Betriebsrat habe daher beschlossen, “die Unterfertigten als Sachverständige gemäß § 80 Abs. 3 BetrVG zu deren üblichem Honorar (Euro 250 Std. zzgl. Ges. MwSt./Fahrzeiten halber Satz) zuzuziehen”. In der Zeit vom 16. Dezember 2003 bis zum 2. Februar 2004 leistete der Antragsteller Beratungstätigkeiten für den Betriebsrat und nahm an Verhandlungen zwischen dem Betriebsrat, dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter und der Schuldnerin teil. Am 26. Januar 2004 unterzeichneten der vorläufige Insolvenzverwalter, die Schuldnerin, der Betriebsrat und die Beteiligte zu 3. eine Vereinbarung über die Aufstellung einer Namensliste iSd. §§ 125, 128 Abs. 2 InsO und Transfermaßnahmen iSd. §§ 216a ff. SGB III.
Rz. 4
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin übernahm die Beteiligte zu 3. deren Betrieb.
Rz. 5
Der Insolvenzverwalter zeigte am 5. Mai 2004 gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit an. Am 7. Mai 2004 übersandte der Antragsteller dem Insolvenzverwalter eine Abrechnung über seine Tätigkeit für den Betriebsrat in der Zeit vom 16. Dezember 2003 bis zum 2. Februar 2004 iHv. insgesamt 16.705,67 Euro einschl. Fahrtkosten iHv. 533,52 Euro, einer Auslagenpauschale von 20,00 Euro und Mehrwertsteuer. Auf die Zeit nach Insolvenzeröffnung entfallen eine 285-minütige Besprechung mit dem Betriebsrat sowie 210 Minuten Fahrtzeit – jeweils am 2. Februar 2004 – sowie entsprechende Reisekosten. Die Rechnung des Antragstellers wurde nicht beglichen. Durch Beschluss vom 8. Juli 2004 trat der Betriebsrat seine Ansprüche gegen den Arbeitgeber auf Freistellung von den durch die Inanspruchnahme des Antragstellers entstandenen Kosten an diesen ab.
Rz. 6
Mit der am 18. August 2004 eingegangenen Antragsschrift hat der Antragsteller den zu 2. beteiligten Insolvenzverwalter und die zu 3. beteiligte Betriebserwerberin ua. auf Zahlung von 16.705,67 Euro nebst Zinsen in Anspruch genommen. Er hat die Auffassung vertreten, der Beteiligte zu 2. habe als vorläufiger Insolvenzverwalter aufgrund der intensiven Verhandlungen in Kenntnis der gestellten Bedingungen und ohne anderweitige Absprache konkludent das Einverständnis mit seiner Hinzuziehung durch den Betriebsrat erklärt. Die Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan bildeten ein einheitliches Verfahren, das erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen worden sei. Da seine Tätigkeit erst nach Insolvenzeröffnung geendet habe, sei seine Forderung eine Masseverbindlichkeit, für die nicht nur der Insolvenzverwalter, sondern auch die Beteiligte zu 3. als Betriebserwerberin in voller Höhe hafte.
Rz. 7
Der Antragsteller hat – soweit für die Rechtsbeschwerde von Interesse – beantragt,
die Beteiligte zu 3. zu verpflichten, an ihn 16.705,67 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Rz. 8
Der Insolvenzverwalter und die Betriebserwerberin haben die Abweisung des Antrags beantragt und gemeint, der Antragsteller könne einen Honoraranspruch nicht geltend machen, da vor seiner Hinzuziehung eine Vereinbarung nach § 80 Abs. 3 BetrVG zwischen dem Betriebsrat und der Schuldnerin nicht getroffen worden sei. Im Übrigen handele es sich bei seinen Forderungen überwiegend um Insolvenzforderungen, da sie vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden seien. Für Insolvenzverbindlichkeiten hafte die Beteiligte zu 3. als Betriebserwerberin nicht.
Rz. 9
Das Arbeitsgericht hat die Betriebserwerberin verpflichtet, an den Antragsteller 13.406,91 Euro nebst Zinsen (Honorar und Fahrtkosten sowie Auslagenpauschale nebst Mehrwertsteuer für seine Tätigkeit in der Zeit vom 16. Dezember 2003 bis einschl. 2. Februar 2004, jedoch ohne Vergütung für Fahrtzeiten) zu zahlen. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht den Antrag abgewiesen. Gegen diesen Beschluss haben die Betriebserwerberin Beschwerde und der Antragsteller Anschlussbeschwerde eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag auch insoweit abgewiesen, als dieser über die Verpflichtung der Betriebserwerberin zur Zahlung von 1.967,08 Euro (Beratertätigkeit für den 2. Februar 2004 zuzüglich der an diesem Tag aufgewandten Reisezeit, Fahrtkosten und Mehrwertsteuer) nebst Zinsen hinausgeht. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers hat der Senat die Rechtsbeschwerde insoweit zugelassen, als das Landesarbeitsgericht den Antrag gegenüber der Betriebserwerberin iHv. 14.718,59 Euro (Beratertätigkeit für die Zeit bis zum 30. Januar 2004 einschl. Fahrtzeiten, Fahrtkosten und Mehrwertsteuer) abgewiesen hat. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Antrag im Umfang der Zulassung der Rechtsbeschwerde weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 10
B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
Rz. 11
I. Das Landesarbeitsgericht hat das Verfahren zu Recht ohne den ursprünglich zu 4. beteiligten Betriebsrat fortgesetzt, nachdem das Amt des Betriebsrats geendet hatte (vgl. BAG 27. August 1996 – 3 ABR 21/95 – zu II 2b der Gründe, AP ArbGG 1979 § 83a Nr. 4 = EzA ArbGG 1979 § 83a Nr. 4). Dem Betriebsrat steht kein Restmandat nach § 21b BetrVG zu, da der Betrieb, für den er gebildet war, nicht untergegangen ist, sondern von der Beteiligten zu 3. fortgeführt wurde. Das Amtsende eines Betriebsrats führt zwar nicht dazu, dass seine Kostenfreistellungsansprüche nach § 40 Abs. 1 BetrVG ersatzlos erlöschen. Der Betriebsrat ist vielmehr in Bezug auf die Freistellungsansprüche in entsprechender Anwendung von § 22 BetrVG, § 49 Abs. 2 BGB als fortbestehend zu behandeln (BAG 24. Oktober 2001 – 7 ABR 20/00 – zu B II 3 der Gründe, BAGE 99, 208). Er kann diese Ansprüche daher weiterhin gegenüber dem Arbeitgeber verfolgen und auch an den Forderungsgläubiger abtreten. Nach erfolgter Abtretung ist der nicht mehr im Amt befindliche Betriebsrat jedoch nicht mehr an einem von dem Forderungsgläubiger gegen den Arbeitgeber eingeleiteten Beschlussverfahren beteiligt, da die zu erwartende Entscheidung seine betriebsverfassungsrechtliche Rechtsstellung nicht mehr berührt.
Rz. 12
II. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Betriebserwerberin nicht verpflichtet ist, die durch die Beratungstätigkeiten des Antragstellers für den Betriebsrat in der Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der früheren Arbeitgeberin entstandenen Kosten zu zahlen. Es kann dahinstehen, ob dem Betriebsrat hinsichtlich dieser Kosten ein Freistellungsanspruch nach § 111 Abs. 1 Satz 2, § 40 Abs. 1 BetrVG oder nach § 80 Abs. 3, § 40 Abs. 1 BetrVG zustand, der sich aufgrund der am 8. Juli 2004 erfolgten Abtretung an den Antragsteller in einen Zahlungsanspruch an diesen umgewandelt hat. Bei den Ansprüchen handelt es sich nicht um Masseverbindlichkeiten, sondern um Insolvenzforderungen, für die die Beteiligte zu 3. als Betriebserwerberin nicht haftet.
Rz. 13
1. Im Falle eines Betriebsübergangs tritt der Betriebserwerber grundsätzlich in die betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtung des Veräußerers zur Kostentragung nach § 40 Abs. 1 BetrVG ein. Findet der Betriebsübergang in der Insolvenz des Betriebsveräußerers statt, haftet der Erwerber aber nur für Masseverbindlichkeiten, nicht dagegen für Insolvenzforderungen.
Rz. 14
a) Nach § 40 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen. Dazu gehören auch die durch die Hinzuziehung eines Beraters nach § 111 Abs. 1 Satz 2 BetrVG oder eines Sachverständigen nach § 80 Abs. 3 BetrVG verursachten Kosten. Hat der Betriebsrat nach diesen Bestimmungen einen Berater oder Sachverständigen hinzugezogen, erwirbt er in Höhe der dadurch entstandenen erforderlichen Kosten einen Freistellungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Tritt der Betriebsrat seinen Freistellungsanspruch an den Berater oder Sachverständigen ab, wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch des Beraters oder Sachverständigen um (vgl. etwa BAG 24. Oktober 2001 – 7 ABR 20/00 – zu B II 3 der Gründe, BAGE 99, 208).
Rz. 15
b) Die Kostentragungspflicht nach § 40 Abs. 1 BetrVG trifft den Arbeitgeber als Inhaber des Betriebs. Bei einem Betriebsübergang iSd. § 613a BGB geht diese Verpflichtung auf den Betriebserwerber über. Dies ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus § 613a Abs. 1 BGB (so aber wohl BAG 13. Juli 1994 – 7 ABR 50/93 – zu B II 1 der Gründe, BAGE 77, 218). Diese Vorschrift regelt nur die individualrechtlichen Folgen eines rechtsgeschäftlichen Betriebsübergangs und bestimmt, dass der Betriebserwerber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt. Über betriebsverfassungsrechtliche Pflichten besagt die Vorschrift nichts. Im Falle eines Betriebsübergangs tritt jedoch der neue Inhaber des Betriebs materiellrechtlich in die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des bisherigen Betriebsinhabers ein (BAG 28. September 1988 – 1 ABR 37/87 – zu B I 1b der Gründe, BAGE 59, 371; ebenso zum Eintritt des Betriebserwerbers in die prozessuale Rechtsstellung des Veräußerers im Beschlussverfahren: BAG 9. Dezember 2008 – 1 ABR 75/07 – Rn. 19, AP BGB § 613a Nr. 356 = EzA ArbGG 1979 § 83 Nr. 11). Der Betriebserwerber haftet daher grundsätzlich als neuer Betriebsinhaber für noch nicht erfüllte Freistellungsansprüche des Betriebsrats.
Rz. 16
c) Bei einer Betriebsveräußerung in der Insolvenz haftet der Betriebserwerber nur für Masseverbindlichkeiten iSv. § 55 InsO, nicht für Insolvenzforderungen nach § 38 InsO. Dies gilt auch für Verbindlichkeiten, die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstanden und vom Arbeitgeber nach § 40 Abs. 1 BetrVG zu tragen sind.
Rz. 17
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haftet der Betriebserwerber bei einem Betriebsübergang in der Insolvenz für rückständige Forderungen der Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nur eingeschränkt. Soweit die Verteilungsgrundsätze des Insolvenzrechts greifen, gehen diese als Spezialregelungen vor (vgl. etwa BAG 19. Oktober 2004 – 9 AZR 647/03 – zu II 1 der Gründe, BAGE 112, 214). Damit wird sichergestellt, dass alle Gläubiger gleichmäßig befriedigt werden. Außerdem werden Betriebsübernahmen in der Insolvenz erleichtert (BAG 19. Oktober 2004 – 9 AZR 647/03 – aaO; 17. Januar 1980 – 3 AZR 160/79 – BAGE 32, 326). Besondere Verteilungsgrundsätze bestehen nur hinsichtlich der Forderungen, die ein Gläubiger als Insolvenzgläubiger geltend zu machen hat, dh. für Insolvenzforderungen (§§ 38, 174 ff. InsO). Demgegenüber sind Forderungen, die sich als Masseforderungen gegen die Insolvenzmasse richten, aus dieser ohne Beschränkung vorab zu berichtigen (§ 53 InsO). Die insolvenzrechtliche Beschränkung des Eintritts der Haftung nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB betrifft deshalb lediglich Insolvenz-, nicht jedoch Masseforderungen (BAG 19. Oktober 2004 – 9 AZR 647/03 – aaO).
Rz. 18
bb) Diese zu individualrechtlichen Forderungen der Arbeitnehmer entwickelten Grundsätze gelten gleichermaßen für kollektivrechtliche Ansprüche des Betriebsrats nach § 40 Abs. 1 BetrVG (BAG 13. Juli 1994 – 7 ABR 50/93 – zu B II 2b und c der Gründe, BAGE 77, 218). Der Betriebsrat darf keine bessere Rechtsstellung erhalten als andere Insolvenzgläubiger, deren Forderungen nach dem Grundsatz gleichmäßiger Befriedigung berichtigt werden. Zu einer solchen Besserstellung des Betriebsrats würde es aber führen, wenn der Betriebserwerber für vor Insolvenzeröffnung entstandene Kostenforderungen des Betriebsrats nach § 40 Abs. 1 BetrVG zu haften hätte. Zugleich würde die Insolvenzmasse im Regelfall um die zur Erfüllung der Kostenforderung des Betriebsrats erforderlichen Beträge geschmälert, da ein Betriebserwerber in der Regel verlangen wird, dass die von ihm zusätzlich zu tragenden Kosten bei der Höhe des Kaufpreises berücksichtigt werden. Dadurch würde die Insolvenzmasse zulasten der übrigen Insolvenzgläubiger verringert. Das liefe dem Zweck des Insolvenzverfahrens, eine gleichmäßige Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu gewährleisten, zuwider. Wegen des insolvenzrechtlichen Grundsatzes der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger haftet der Betriebserwerber auch dann nicht für vor Insolvenzeröffnung entstandene Ansprüche des Betriebsrats, wenn der Betriebserwerber bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an Verhandlungen zwischen dem späteren Insolvenzschuldner, dem vorläufigen Insolvenzverwalter und dem Betriebsrat beteiligt war. Zwar mag es für den Betriebsrat bisweilen schwierig sein, im Vorfeld einer Insolvenz des Arbeitgebers einen Berater, Sachverständigen oder Rechtsanwalt zu finden. Diese Schwierigkeit beruht jedoch nicht auf der Beschränkung der Haftung des Betriebserwerbers, sondern auf der finanziellen Lage, in der sich der insolvent gewordene Arbeitgeber befindet. Im Übrigen kann ein Rechtsanwalt, der für den Betriebsrat in einer derartigen Situation tätig wird, nicht ohne Weiteres damit rechnen, dass es zu einem Betriebsübergang kommen wird (BAG 13. Juli 1994 – 7 ABR 50/93 – aaO).
Rz. 19
2. Nach diesen Grundsätzen ist die zu 3. beteiligte Betriebserwerberin nicht verpflichtet, die durch die Tätigkeit des Antragstellers für den Betriebsrat in der Zeit vom 16. Dezember 2003 bis zum 30. Januar 2004 entstandenen Kosten zu tragen. Es handelt sich bei dem durch die Inanspruchnahme des Antragstellers möglicherweise entstandenen Freistellungsanspruch des Betriebsrats und den ihm zugrunde liegenden Forderungen des Antragstellers nicht um Masseverbindlichkeiten, sondern um Insolvenzforderungen.
Rz. 20
a) Der Freistellungsanspruch des Betriebsrats und die diesem zugrunde liegenden Ansprüche des Antragstellers sind keine Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. InsO.
Rz. 21
aa) Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. InsO sind Masseverbindlichkeiten die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters begründet wurden. Der Gesetzgeber wollte mit der Formulierung der Vorschrift verdeutlichen, dass es für die Einordnung als Masseverbindlichkeit auf die “Begründung” der Verbindlichkeit und nicht auf ihre möglicherweise später liegende “Entstehung” ankommt (BT-Drucks. 12/2443 S. 126; BAG 27. April 2006 – 6 AZR 364/05 – Rn. 15, BAGE 118, 115). Die Begründung von Masseverbindlichkeiten im Sinne der Vorschrift setzt daher voraus, dass es sich um ein vom Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung eingegangenes Schuldverhältnis handelt (MünchKommInsO/Hefermehl 2. Aufl. § 55 Rn. 24).
Rz. 22
bb) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Der Freistellungsanspruch des Betriebsrats und die ihm zugrunde liegenden Honoraransprüche des Antragstellers wurden nicht durch eine Handlung des Insolvenzverwalters nach Insolvenzeröffnung, sondern bereits vor Insolvenzeröffnung durch die Beauftragung des Antragstellers seitens des Betriebsrats begründet. Die Honoraransprüche des Antragstellers sind nicht etwa vergleichbar mit Honoraransprüchen, bei denen das Bundesarbeitsgericht vom Vorliegen einer Masseforderung ausgegangen ist.
Rz. 23
(1) Die streitbefangenen Ansprüche können insbesondere nicht mit Gebührenansprüchen eines vom Betriebsrat in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren hinzugezogenen Rechtsanwalts gleichgesetzt werden, das nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers vom Insolvenzverwalter aufgenommen wird (vgl. dazu BAG 17. August 2005 – 7 ABR 56/04 – BAGE 115, 332). Mit der Aufnahme des Verfahrens begründet der Insolvenzverwalter durch sein Handeln nach Insolvenzeröffnung eine Masseverbindlichkeit. Das hat zur Folge, dass die gesamten Rechtsanwaltskosten des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats als Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. InsO anzusehen sind, weil der Insolvenzverwalter mit der Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens in die Verantwortlichkeit für den gesamten Prozess zulasten der Insolvenzmasse eintritt. Eine Differenzierung der innerhalb einer Instanz entstandenen Rechtsanwaltsgebühren nach dem Zeitpunkt ihrer Entstehung vor oder nach der Insolvenzeröffnung in Bezug auf ihre Behandlung als Insolvenzforderung oder als Masseverbindlichkeit wäre zudem mit der Systematik des anwaltlichen Gebührenrechts, wonach die Gebühr mit jeder den jeweiligen Gebührentatbestand betreffenden Tätigkeit des Rechtsanwalts neu entsteht, aber insgesamt für jede Instanz nur einmal verlangt werden kann, nicht zu vereinbaren (BAG 17. August 2005 – 7 ABR 56/04 – zu B III 1 der Gründe, BAGE 115, 332). Derartige Besonderheiten bestehen bei einer auf der Grundlage eines Dienstvertrags gegen Zahlung eines Honorars erbrachten Beratungstätigkeit für den Betriebsrat nicht. In diesem Fall entsteht der Vergütungsanspruch des Beraters im Umfang der jeweils erbrachten Beratungsleistung.
Rz. 24
(2) Die Vergütungsansprüche des Antragstellers sind auch nicht mit Honoraransprüchen eines Einigungsstellenvorsitzenden vergleichbar, die nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27. März 1979 (– 6 ABR 39/76 – AP BetrVG 1972 § 76 Nr. 7 = EzA BetrVG 1972 § 76 Nr. 22) auch dann insgesamt als Masseschulden gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO anzusehen sind, wenn das Einigungsstellenverfahren zwar vor Konkurseröffnung begonnen, aber erst nach diesem Zeitpunkt durch einen Spruch der Einigungsstelle abgeschlossen wurde. Es kann dahinstehen, ob hieran festzuhalten ist. Ein entscheidender Unterschied zwischen beiden Fallgestaltungen liegt nämlich bereits darin, dass ein Einigungsstellenvorsitzender seine Vergütung in der Regel für das Einigungsstellenverfahren insgesamt erhält, während einem außerhalb eines Beschluss- oder Einigungsstellenverfahrens für den Betriebsrat tätigen Berater ein Honoraranspruch für jede einzelne Beratungsleistung und nicht für ein in sich abgeschlossenes Verfahren zusteht.
Rz. 25
b) Bei dem Freistellungsanspruch des Betriebsrats und den diesem zugrunde liegenden Honoraransprüchen des Antragstellers handelt es sich nicht um Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. InsO. Diese Ansprüche sind keine Verbindlichkeiten, die in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet wurden. Die unmittelbar auf dem Gesetz (§ 40 BetrVG) beruhende Pflicht des Arbeitgebers, die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen, lässt zwar von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an Masseforderungen nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. InsO entstehen (vgl. Lohmann in HK/InsO 5. Aufl. § 55 Rn. 9). Im Streitfall geht es jedoch um Forderungen, die bereits vor Insolvenzeröffnung begründet wurden.
Rz. 26
c) Die dem Freistellungsanspruch des Betriebsrats zugrunde liegenden Forderungen des Antragstellers sind auch keine Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Auch wenn § 55 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. InsO grundsätzlich auf Freistellungsansprüche des Betriebsrats nach § 40 Abs. 1 BetrVG und sich daraus nach Abtretung ergebende Zahlungsansprüche eines Sachverständigen oder Beraters entsprechend anwendbar sein sollte, wären die streitbefangenen Ansprüche wegen § 108 Abs. 3 InsO keine Masseverbindlichkeiten. Bei entsprechender Anwendbarkeit von § 55 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt., § 103 Abs. 1 InsO ergäbe sich wegen § 105 Satz 1 InsO nichts anderes.
Rz. 27
aa) Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO sind Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird (1. Alt.) oder für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss (2. Alt.). Die Vorschrift erfasst zum einen Verträge, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossen wurden (Lohmann in HK/InsO § 55 Rn. 15) und deren Erfüllung der Insolvenzverwalter nach § 103 Abs. 1 InsO verlangen kann (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. InsO). Zum anderen betrifft die Vorschrift Dauerschuldverhältnisse iSv. § 108 Abs. 1 und 2 InsO (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. InsO; vgl. insoweit Lohmann in HK/InsO § 55 Rn. 18), deren Fortbestand die Insolvenzordnung ausdrücklich anordnet (MünchKommInsO/Hefermehl § 55 Rn. 133).
Rz. 28
bb) Um solche Verbindlichkeiten handelt es sich bei den Ansprüchen des Antragstellers nicht. Dem Freistellungsanspruch des Betriebsrats und den Honoraransprüchen des Antragstellers liegt kein vor Insolvenzeröffnung abgeschlossener Vertrag zwischen der Schuldnerin und dem Betriebsrat oder dem Antragsteller zugrunde. Deshalb steht dem Insolvenzverwalter weder gegenüber dem Betriebsrat noch gegenüber dem Antragsteller als vom Betriebsrat hinzugezogenen Berater das Recht zu, nach § 103 Abs. 1 InsO Vertragserfüllung zu verlangen. Bei der Rechtsbeziehung zwischen der Schuldnerin und dem Betriebsrat und derjenigen zwischen dem Betriebsrat und dem Antragsteller handelt es sich auch nicht um eines der in § 108 Abs. 1 und 2 InsO genannten Dauerschuldverhältnisse.
Rz. 29
cc) Es kann dahinstehen, ob eine entsprechende Anwendung von § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO auf den Freistellungsanspruch des Betriebsrats und die diesem zugrunde liegenden Honorarforderungen eines vom Betriebsrat hinzugezogenen Beraters in Betracht kommt. Dafür könnte sprechen, dass der Beratungsvertrag zwar nicht vom Arbeitgeber, sondern von dem in seinem Betrieb bestehenden Betriebsrat abgeschlossen wird, der Arbeitgeber aber ggf. nach § 40 Abs. 1 BetrVG verpflichtet ist, für die dadurch entstehenden Kosten aufzukommen. Auch bei entsprechender Anwendung des § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO wären die Ansprüche aus der Tätigkeit des Antragstellers vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht als Masseverbindlichkeiten anzusehen. Dies ergibt sich bei einer entsprechenden Anwendung von § 55 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. InsO aus § 108 Abs. 3 InsO. Danach kann der Vertragspartner eines Dienstverhältnisses für die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Ansprüche nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Bei einer entsprechenden Anwendung von § 55 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. InsO folgt das gleiche Ergebnis aus § 103 Abs. 1, § 105 InsO. Danach ist der Gläubiger, der die von ihm geschuldete teilbare Leistung bei Insolvenzeröffnung bereits teilweise erbracht hat, hinsichtlich der Gegenleistung für diesen Teil auch dann Insolvenzgläubiger, wenn der Insolvenzverwalter wegen der noch ausstehenden Leistung Erfüllung verlangt. Bei der vom Antragsteller erbrachten Beratungstätigkeit handelt es sich um eine teilbare Leistung iSv. § 105 Satz 1 InsO. Für den Anwendungsbereich des § 105 InsO gilt ein weiter Teilbarkeitsbegriff. Für die Teilbarkeit genügt es, wenn sich die vor Insolvenzeröffnung erbrachte Teilleistung feststellen und bewerten lässt. Dies ist bei der vom Antragsteller erbrachten Beratungsleistung für den Betriebsrat der Fall.
Rz. 30
(1) § 105 InsO liegt ein weiter Teilbarkeitsbegriff zugrunde.
Rz. 31
(a) Die Regelung geht zurück auf § 36 Abs. 2 VerglO. Sie wurde in die Insolvenzordnung aufgenommen, um es dem Insolvenzverwalter zu ermöglichen, bei Verträgen über teilbare Leistungen, insbesondere über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie, für die Zukunft Erfüllung zu verlangen, ohne dadurch auch für die Vergangenheit zur vollen Erfüllung verpflichtet zu sein (BT-Drucks. 12/2443 S. 145 f.). § 105 InsO ist allerdings nicht auf Waren- und Energielieferungsverträge beschränkt, sondern erfasst alle Vertragsverhältnisse. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 36 Abs. 2 VerglO war eine Leistung zwar nur dann teilbar, wenn sie in hinreichend verselbstständigte Teile aufgespalten werden konnte und sich die Gegenleistung auf die jeweilige Teilleistung beziehen ließ (BGH 10. März 1994 – IX ZR 236/93 – BGHZ 125, 270, 274 f.). Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 17 Abs. 1 KO und § 9 Abs. 1 Satz 1 GesO ist jedoch von einem weiten Begriff der Teilbarkeit auszugehen. Danach genügt es für die Teilbarkeit, wenn sich die erbrachte Leistung feststellen und – gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe – bewerten lässt (BGH 25. April 2002 – IX ZR 313/99 – zu II 2b aa der Gründe, BGHZ 150, 353). Dieses gegenüber § 36 Abs. 2 VerglO gewandelte Verständnis des Teilbarkeitsbegriffs gilt auch für § 105 InsO (vgl. etwa MünchKommInsO/Kreft § 105 Rn. 14 mwN; aA Marotzke in HK/InsO § 105 Rn. 8). Der Insolvenzverwalter soll bei teilbaren Leistungen nach § 105 Satz 1 InsO aus der Masse nur die Gegenleistung des Vertragspartners zu vergüten haben, die der Masse nach Insolvenzeröffnung noch zufließt. Der Vertragspartner ist mit seinen Vorleistungen ein Ausfallrisiko eingegangen wie andere Vertragspartner, die ihre Vorleistung bereits vollständig vor Insolvenzeröffnung erbracht haben. Nur soweit nach Insolvenzeröffnung Leistungen zur Masse fließen, besteht ein vollwertiger Anspruch auf die Gegenleistung (MünchKommInsO/Hefermehl § 55 Rn. 117). Dies entspricht dem Zweck der Insolvenzordnung, eine möglichst gleichmäßige Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu bewirken.
Rz. 32
(b) Diese Grundsätze sind bei einer entsprechenden Anwendung von § 55 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. InsO auf Honoraransprüche eines vom Betriebsrat zugezogenen Beraters zu berücksichtigen. In diesem Fall steht dem Insolvenzverwalter zwar kein Wahlrecht nach § 103 InsO zu. Über die Hinzuziehung eines Beraters entscheidet der Betriebsrat, nicht der Arbeitgeber und damit auch nicht der bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an dessen Stelle tretende Insolvenzverwalter. Mit dem Arbeitgeber ist lediglich bei der Hinzuziehung eines Sachverständigen nach § 80 Abs. 3 BetrVG eine Vereinbarung herbeizuführen. Bei einer entsprechenden Anwendung von § 55 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. InsO gilt jedoch auch § 105 InsO entsprechend, da ansonsten eine mit dem insolvenzrechtlichen Anliegen einer gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger nicht zu vereinbarende Privilegierung der Freistellungsansprüche des Betriebsrats und der diesen zugrunde liegenden Ansprüche des Beraters gegenüber anderen Insolvenzgläubigern einträte.
Rz. 33
(2) Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei den Ansprüchen des Antragstellers für seine Beratungstätigkeit in der Zeit vor Insolvenzeröffnung nicht um Masseverbindlichkeiten iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. InsO. Die Beratertätigkeit des Antragstellers für den Betriebsrat hat zwar noch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens angedauert. Bei der Beratungstätigkeit handelt es sich jedoch um eine teilbare Leistung iSv. § 105 InsO. Die vom Antragsteller bis zur Insolvenzeröffnung erbrachten Beratungsleistungen in der Zeit vom 16. Dezember 2003 bis zum 30. Januar 2004 lassen sich ohne Weiteres feststellen und bewerten.
Rz. 34
d) Der Antragsteller hat keinen Massebereicherungsanspruch nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Die Vorschrift setzt voraus, dass die Insolvenzmasse erst nach Verfahrenseröffnung bereichert worden ist (BGH 24. Juni 2003 – IX ZR 228/02 – BGHZ 155, 199, 205). Der Antragsteller begehrt demgegenüber Vergütung für Leistungen, die er vor Insolvenzeröffnung für den Betriebsrat erbracht hat. Außerdem hat der Antragsteller seine Beratungstätigkeit nicht ohne Rechtsgrund geleistet, sondern auf der Grundlage der mit dem Betriebsrat eingegangenen Rechtsbeziehung.
Rz. 35
e) Bei den dem Freistellungsanspruch des Betriebsrats zugrunde liegenden Honorarforderungen des Antragstellers handelt es sich nicht um Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 InsO. Nach dieser Bestimmung gelten Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeiten. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall schon deshalb nicht vor, weil der Beteiligte zu 2. nach seinem unbestrittenen Vorbringen lediglich “schwacher” vorläufiger Insolvenzverwalter war, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Schuldnerin nicht nach § 22 Abs. 1 InsO übergegangen war. Als “schwacher” vorläufiger Insolvenzverwalter hätte er Masseverbindlichkeiten nur begründen können, wenn er vom Insolvenzgericht dazu im Einzelfall ermächtigt worden wäre (BGH 18. Juli 2002 – IX ZR 195/01 – zu IV 2a bb der Gründe, BGHZ 151, 353). Dazu hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen getroffen und der Antragsteller keinen Sachvortrag gehalten.
Unterschriften
Linsenmaier, Gräfl, Kiel, Kley, Busch
Fundstellen
Haufe-Index 2307916 |
BAGE 2011, 333 |
DB 2010, 16 |
DB 2010, 678 |
DStR 2010, 11 |