Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung. Finanzberater im privaten Bankgewerbe
Normenkette
Manteltarifvertrag vom 24. August 1978 für das private Bankgewerbe in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) in den Grenzen bis zum 2. Oktober 1990 Tarifgruppen 6 und 7
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. April 1998 – 5 TaBV 40/97 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
I. Die Antragstellerin (im folgenden: Arbeitgeberin), eine deutsche Großbank, streitet mit dem Betriebsrat ihrer Filiale Trier über die tarifgerechte Eingruppierung der Arbeitnehmer J… und P…
Die Arbeitgeberin veränderte im Jahre 1995 die Konzeption für ihre Geschäftsstellen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren diese in der Regel wie folgt besetzt:
– Geschäftsstellenleiter
– Privatkundenbetreuer
– Kundenberater
– Schaltermitarbeiter und
– z.T. Kassierer.
Nach der Umstrukturierung sind die Geschäftsstellen der Arbeitgeberin und die dort beschäftigten Mitarbeiter nur noch für die sog. Privatkunden (PK) zuständig. Für die sog. Vermögensberatungskunden (VK) erledigen sie lediglich noch das Tagesgeschäft. Privatkunden und Vermögensberatungskunden werden danach unterschieden, daß letztere ein erheblich höheres Finanzvolumen mit der Arbeitgeberin abwickeln. Diese werden außerhalb des Tagesgeschäfts durch Vermögensberatungsstellen (VK-Stellen) betreut, die teilweise räumlich in den Geschäftsstellen angesiedelt sind, jedoch nicht dem Geschäftsstellenleiter unterstehen.
In den Geschäftsstellen werden jetzt nur noch folgende Funktionen ausgeübt:
– PK-Geschäftsstellenleiter
– ggf. Vertreter des Geschäftsstellenleiters
– Finanzberater
– Servicemitarbeiter.
Für die Finanzberater sind Aufgaben, welche bis 1995 Kundenberater und Schaltermitarbeiter wahrgenommen haben, teilweise zusammengefaßt und in starkem Umfange normiert worden.
In einer von der Arbeitgeberin bundesweit herausgegebenen Stellenausschreibung für Finanzberater der Filiale W… vom 11. Oktober 1995 heißt es u.a.:
“…
Hauptaufgaben:
– Aktive, bedarfsgerechte Beratung der PK-Kunden und zielorientierter Verkauf der PK- und WP-Produkte
Erkennung von Cross-Selling-Signalen bei PK-Kunden bezüglich Baufinanzierungsbedarf, Durchführung des Erstgespräches sowie Überleitung an die zuständige Beratung
Kreditentscheidungen im Rahmen erteilter Kompetenzen sowie Dispositionen unter Beachtung der Dispositions- und Genehmigungsbefugnisse
Überwachung seines/ihres Kreditbestandes einschließlich Überziehungen im Rahmen der Zuständigkeit
Durchführung des Kassengeschäftes/AKT-Bedienung und weiterer Serviceleistungen im Tagesgeschäft für alle Kunden
Heranführung der Kunden an die Kundenselbstbedienungstechnik
Mitwirkung bei der Ausbildung und Einarbeitung von Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen
unmittelbar unterstellt: |
direkt vorgesetzt: |
Leiter Geschäftsstelle |
… |
Anforderungen:
Banklehre
gute Fachkenntnisse im normierten Anlage- und Kreditgeschäft
gewandtes, sicheres Auftreten
Verkaufsorientiertes Verhandlungsgeschick und Entscheidungsfreude
– wünschenswert: Bankakademie, Bankfachwirtlehrgang
…”
Kreditentscheidungen dürfen die Finanzberater bis zu einer Summe von 50.000,00 DM bei normierten Krediten selbständig treffen. Kreditentscheidungen an Gewerbetreibende fallen jedoch nicht in ihren Kompetenzbereich. Bei Bauspar- und Lebensversicherungsverträgen fungieren die Finanzberater als entgegennehmende Stelle. Sie füllen nach Angaben des Kunden ein Formular aus, welches dann an die mit Entscheidungsbefugnis ausgestattete Stelle weitergeleitet wird. Außerdem beraten die Finanzberater Kunden über neun ausgewählte konzerneigene Investmentfonds. Im Bereich der festverzinslichen Wertpapiere kann ein Finanzberater DM-Papiere, jedoch keine Wertpapiere in Fremdwährungen anbieten. Sein Angebot umfaßt sowohl öffentlich-rechtliche Emissionen als auch solche der Arbeitgeberin.
Mit Schreiben vom 6. November 1996 beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat die Zustimmung zur Umgruppierung des Finanzberaters J… von der Tarifgruppe 5 in die Tarifgruppe 6 des Manteltarifvertrages vom 24. August 1978 für das private Bankgewerbe in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) in den Grenzen bis zum 2. Oktober 1990 (im folgenden nur: MTV).
Der Betriebsrat verweigerte mit Schreiben vom 18. November 1996 die Zustimmung zur Eingruppierung in die Tarifgruppe 6 MTV mit der Begründung, diese Eingruppierung sei tarifwidrig, weil der Mitarbeiter tarifgerecht in die Tarifgruppe 7 MTV einzugruppieren sei; er übe nämlich die Tätigkeit eines Kundenberaters aus.
Mit Schreiben vom 6. November 1996 beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat die Zustimmung zur Umgruppierung des Finanzberaters P… von Tarifgruppe 5 in die Tarifgruppe 6 MTV. Der Betriebsrat verweigerte mit Schreiben vom 18. November 1996 die Zustimmung mit derselben Begründung wie beim Arbeitnehmer J…
Die Arbeitgeberin hält diese Zustimmungsverweigerung für nicht gerechtfertigt nach § 99 Abs. 2 BetrVG.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiter J… und P… in die Tarifgruppe 6 MTV zu ersetzen.
Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung der Arbeitnehmer J… und P… in die Tarifgruppe 6 MTV ersetzt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Antrag auf Zurückweisung des Zustimmungsersetzungsantrages weiter, während die Arbeitgeberin die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde beantragt.
Entscheidungsgründe
II. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben die verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung der Arbeitnehmer J… und P… in die Tarifgruppe 6 MTV zu Recht ersetzt.
1. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet. Die Tätigkeit eines Finanzberaters sei nicht als Tätigkeitsbeispiel in einer Tarifgruppe des MTV aufgeführt. Es müsse daher auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Tarifgruppe 7 MTV zurückgegriffen werden, um zu entscheiden, ob die Arbeitnehmer Anspruch auf Eingruppierung in diese Tarifgruppe haben. Ihre Tätigkeit entspreche nicht der eines Kundenberaters im Sinne des Beispielsfalles der Tarifgruppe 7 MTV, da sie keine umfassenden Kenntnisse voraussetze und ihre Ausführung keine überwiegend eigenen Entscheidungen mit dem entsprechenden Maß an Verantwortung erfordere.
2. Dem Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis zu folgen.
Die Arbeitnehmer J… und P… sind durch die Arbeitgeberin zutreffend in die Tarifgruppe 6 MTV eingruppiert worden, so daß dem Betriebsrat kein Recht zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG zusteht.
a) Der MTV lautet – soweit hier von Interesse:
“…
III. Arbeitsentgelt
§ 6
Tarifgruppen
Für die Feststellung der tariflichen Mindestgehälter gelten folgende Tarifgruppen:
…
Tarifgruppe 4
Tätigkeiten, die Kenntnisse und/oder Fertigkeiten erfordern, wie sie in der Regel durch eine abgeschlossene Berufsausbildung oder durch eine um entsprechende Berufserfahrung ergänzte Zweckausbildung oder längere Einarbeitung erworben werden, z.B.:
…
Schalterangestellte mit Bedienungstätigkeit
…
Tarifgruppe 5
Tätigkeiten, die gründliche oder vielseitige Kenntnisse erfordern, wie sie in der Regel auf dem in Gruppe 4 angegebenen Wege – ergänzt durch weitere Berufserfahrung, Berufsfortbildung oder die Aneignung zusätzlicher Kenntnisse im jeweiligen Sachgebiet – erworben werden, z.B.:
…
Schalterangestellte mit beratender Tätigkeit
…
Tarifgruppe 6
Tätigkeiten, die vertiefte gründliche und/oder vielseitige Kenntnisse voraussetzen und deren Ausführung in begrenztem Umfang eigene Entscheidungen erfordern, z.B.:
Schalterangestellte/Kontoführer/Disponenten mit abschließender Beratung für bestimmte Sparten wie programmierte Kredite bzw. Dienstleistungen
…
Tarifgruppe 7
Tätigkeiten, die umfassende Kenntnisse voraussetzen und deren Ausführung überwiegend eigene Entscheidungen und ein entsprechendes Maß an Verantwortung erfordern, z.B.:
Kundenberater
…
Tarifgruppe 8
Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das fachliche Können stellen und/oder mit erhöhter Verantwortung verbunden sind, z.B.:
Kundenberater mit erhöhten Anforderungen (z.B. incl. Spezialberatung im Individualgeschäft)
…
Tarifgruppe 9
Tätigkeiten, die sich durch Schwierigkeit und/oder Verantwortung offenbar über Gruppe 8 hinausheben, z.B.:
Kundenberater mit besonderen Anforderungen
…
§ 7
Eingruppierung in die Tarifgruppen
1. Die Arbeitnehmer werden nach der von ihnen ausgeübten Tätigkeit in die Tarifgruppen eingruppiert. Für die Tarifgruppen gelten die in Teil II festgelegten Mindestmonatsgehaltssätze.
Die Eingruppierung ist den Arbeitnehmern schriftlich mitzuteilen.
2. Arbeitnehmer, deren Tätigkeit als Beispiel in einer Tarifgruppe aufgeführt ist, sind in diese Tätigkeitsgruppe einzugruppieren.
3. Arbeitnehmer mit einem Arbeitsgebiet, das Tätigkeiten verschiedener Tarifgruppen umfaßt, sind nach der von ihnen überwiegend ausgeübten Tätigkeit oder, wenn eine andere Tätigkeit der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt, nach dieser einzugruppieren.
…”
Nach § 7 Nr. 2 MTV sind demnach Arbeitnehmer, deren Tätigkeit als Beispiel in einer Tarifgruppe aufgeführt ist, in diese Tarifgruppe einzugruppieren. Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Diese geht davon aus, daß dann, wenn allgemein gefaßten Tätigkeitsmerkmalen in einer bestimmten Vergütungsgruppe konkrete Beispiele beigefügt sind, die Eingruppierungsvoraussetzungen der betreffenden Vergütungsgruppe regelmäßig schon dann als erfüllt anzusehen sind, wenn der Arbeitnehmer eine den Tarifbeispielen entsprechende Tätigkeit ausübt (vgl. BAG Urteil vom 17. Januar 1996 – 4 AZR 662/94 – AP Nr. 4 zu §§ 22, 23 BAT Sparkassenangestellte).
Die Tätigkeit der Arbeitnehmer J… und P… als Finanzberater ist in keiner der Tarifgruppen des MTV als Tätigkeitsbeispiel erwähnt. Demnach ist für ihre Eingruppierung auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Tarifgruppen des MTV zurückzugreifen. Dabei ist davon auszugehen, daß es regelmäßig dem Willen der Tarifvertragsparteien entspricht, bei der Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen in den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen die Tätigkeitsbeispiele als Richtlinien für die Bewertung mitzuberücksichtigen (BAG Urteil vom 17. Januar 1996, aaO).
b) Legt man diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zugrunde, so entspricht die Tätigkeit der Arbeitnehmer J… und P… als Finanzberater einer solchen im Sinne der Tarifgruppe 6 MTV. Die Eingruppierung in diese Tarifgruppe verlangt Tätigkeiten, die vertiefte gründliche und/oder vielseitige Kenntnisse voraussetzen und deren Ausführung in begrenztem Umfange eigene Entscheidungen erfordern. Als Beispiel für eine solche Tätigkeit haben die Tarifvertragsparteien u.a. “Schalterangestellte mit abschließender Beratung für bestimmte Sparten, wie programmierte Kredite bzw. Dienstleistungen” genannt. Einer solchen Tätigkeit entspricht die eines Finanzberaters.
Zunächst ist davon auszugehen, daß die Tarifvertragsparteien die Tätigkeit eines Schalterangestellten mit beratender Tätigkeit im Sinne der Tarifgruppe 6 MTV tariflich einheitlich bewerten wollten. Erheben sie nämlich eine bestimmte Aufgabe zum Tatbestandsmerkmal, so bringen sie damit zum Ausdruck, daß sie alle Tätigkeiten eines Arbeitnehmers, die zu der bezeichneten Aufgabe gehören, als einheitliche Tätigkeit betrachten, die nicht in getrennte – ggf. verschiedenen Tarifgruppen unterfallende – Arbeitsvorgänge aufzuspalten ist (vgl. BAG Urteil vom 17. Januar 1996, aaO).
Dies gilt nicht nur für die Tätigkeit eines Schalterangestellten mit Beratungstätigkeit im Sinne der Tarifgruppe 6 MTV, sondern auch für die eines vergleichbaren Finanzberaters.
Damit scheidet eine Anwendbarkeit des § 7 Nr. 3 MTV aus, demzufolge Arbeitnehmer mit einem Arbeitsgebiet, das Tätigkeiten verschiedener Tarifgruppen umfaßt, nach der überwiegend ausgeübten Tätigkeit bzw. dann, wenn eine andere Tätigkeit der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt, nach dieser Tätigkeit einzugruppieren sind. Das hat auch zur Folge, daß vorliegend zu der vom Vierten Senat aufgeworfenen Frage, inwieweit § 7 Nr. 3 MTV überhaupt justitiabel ist, nicht Stellung zu nehmen ist (vgl. BAG Urteil vom 27. Januar 1982 – 4 AZR 435/79 – AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Banken).
c) Die Funktion eines Finanzberaters wurde durch die Arbeitgeberin ab dem Jahre 1995 neu geschaffen. Sie setzt sich aus der Tätigkeit eines Schalterangestellten und der eines Kundenberaters in der bisherigen Form zusammen. Dies ergibt sich bereits aus den von der Arbeitgeberin herausgegebenen “Informationen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – Weil kein Kunde wie der andere ist, wird bei uns jetzt einiges anders”.
Dort heißt es u.a.:
“Die bisherige Funktionstrennung von Kundenberatern und Schaltermitarbeitern wird damit aufgehoben” und “als Finanzberater werden künftig heutige Kundenberater sowie verkaufsorientierte Mitarbeiter aus dem heutigen Schalterbereich tätig sein.”
Aus der Stellenbeschreibung vom 28. Juni 1994 für Finanzberater/Finanzberaterinnen ergibt sich, daß die Finanzberater von ihrem Aufgabengebiet her in erster Linie mit den ehemaligen Schalterangestellten – erweitert um bestimmte Beratungsfunktionen – vergleichbar sind. So gehört es nach wie vor zu den Aufgaben eines Finanzberaters, “Serviceleistungen im Tagesgeschäft, wie z.B. Durchführung des Kassengeschäfts, Bedienung des automatischen Kassentresors” durchzuführen. Zwar gehen die Angaben der Beteiligten darüber auseinander, in welchem Umfange dieses Tagesgeschäft bei den Finanzberatern tatsächlich anfällt; die Arbeitgeberin spricht von einem Zeitanteil von knapp 60 %, der Betriebsrat von einem geringeren. Unstreitig ist jedoch, daß in einem zeitlich nicht unerheblichen Umfange solche Serviceleistungen im Tagesgeschäft, die typisch für die Tätigkeit eines Schalterangestellten sind, von den einzelnen Finanzberatern erledigt werden. Diese Serviceleistungen sollen auch die eigentliche Grundlage der Tätigkeit eines Finanzberaters sein. Durch diese soll es ihm nämlich ermöglicht werden, mit den Kunden in näheren Kontakt zu treten, um diese dann über Geldanlage- bzw. Kreditmöglichkeiten zu beraten. Dieses “Schaltergeschäft” bildet auch die Grundlage dafür, daß der Finanzberater ggf. bei der Überleitung von PK-Kunden in die VK-Betreuung (Kundengruppenwechsel) mitwirkt, was ebenfalls zu seinem Aufgabenbereich gehört.
Daß nach der Konzeption der Arbeitgeberin die Schaltertätigkeit die Grundlage für alle weiteren Aktivitäten des Finanzberaters darstellen soll, ergibt sich u.a. auch aus folgenden Vorgaben der Arbeitgeberin, die in den Informationen für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen enthalten sind:
“Darüber hinaus sind sie (sc. die Finanzberater) zuständig für die Abwicklung des Tagesgeschäfts aller Kunden, d.h. einschließlich der VK- und Firmenkunden. Diese Basisleistungen, auf die erfahrungsgemäß bei VK-Kunden etwa vier von fünf Kundenbesuchen entfallen, müssen diesen Kunden auch zukünftig flächendeckend zur Verfügung stehen. Die tägliche Kontoführung kann nicht wie komplexe Beratungsleistungen ohne Verlust der Kundenakzeptanz auf wenige zentrale Stellen konzentriert werden. Auf den Servicebereich entfallen zwei zentrale Aufgaben: Zum einen stellt der Servicebereich die notwendigen Freiräume für die Finanzberater sicher, um damit das angestrebte Ziel, aus beinahe jedem Kundenkontakt einen Beratungskontakt werden zu lassen, zu realisieren. Zum anderen soll durch die Konzentration der Abwicklungsaufgaben das schon heute hohe Niveau bei der Leistungsabwicklung noch weiter gesteigert werden, um damit eine wesentliche Basis für die Zufriedenheit der Kunden mit ihrer … zu gewährleisten.”
d) Der Finanzberater ist auch kein Kundenberater im Sinne des Tarifbeispiels der Tarifgruppe 7 MTV.
aa) Wie sich aus der Tarifsystematik des MTV ergibt, ist der Kundenberater grundsätzlich nicht für das vom Schalterangestellten erledigte Tagesgeschäft zuständig. Dies folgt daraus, daß der MTV den Begriff des Schalterangestellten in drei Tarifgruppen als Beispielstätigkeiten nennt, und zwar in Tarifgruppe 4 (Schalterangestellte mit Bedienungstätigkeit), in Tarifgruppe 5 (Schalterangestellte mit beratender Tätigkeit) und in Tarifgruppe 6 (Schalterangestellte mit abschließender Beratung für bestimmte Sparten). Damit bringt der MTV zum Ausdruck, daß Schalterangestellte, je nach Art und Umfang ihrer Tätigkeit in eine dieser drei Tarifgruppen eingruppiert sind. Hätten die Tarifvertragsparteien des MTV für Arbeitnehmer, die (auch) Schaltertätigkeiten verrichten, eine über die Tarifgruppe 6 MTV hinausgehende Vergütung für den Fall besonders qualifizierter Schaltertätigkeit gewollt, so hätten sie dies in den höheren Tarifgruppen in Form von Beispielstätigkeiten erwähnt. Deshalb verbietet sich auch die Annahme, ein Angestellter mit “Kundenkontakt + Kundenberatung” sei stets als “Kundenberater” im Sinne der Tarifgruppen 7 bis 9 MTV zu betrachten. Ginge man nämlich von einer solchen Gleichsetzung aus, wären auch die in den Tarifgruppen 5 und 6 MTV genannten Schalterangestellten “Kundenberater”, weil sie ebenfalls Beratungstätigkeiten ausüben.
Aus dieser Tarifsystematik kann darauf geschlossen werden, daß der Kundenberater im Sinne der Tätigkeitsbeispiele der Tarifgruppe 7 (Kundenberater), der Tarifgruppe 8 (Kundenberater mit erhöhten Anforderungen) und der Tarifgruppe 9 (Kundenberater mit besonderen Anforderungen) grundsätzlich keine Schaltertätigkeiten, d.h. keine Tagesgeschäfte erledigt bzw. solche nur in einem unbedeutenden Umfange ausübt. Daß auch die Arbeitgeberin als Kundenberater im herkömmlichen Sinne nur solche Mitarbeiter verstanden hat, die keine solchen Tagesgeschäfte abwickeln, ergibt sich aus der von ihr herausgegebenen Darstellung über die “grundsätzlichen Veränderungen der Aufgaben der bisherigen Kundenberater/der jetzigen Finanzberater nach neuer strategischer Ausrichtung der … Bank im Geschäft mit privaten Kunden”. Diese Gegenüberstellung sieht nämlich unter der Rubrik “Zahlungsverkehrsabwicklung (Kasse/Kontoführung)” für die Kundenberater keine Aufgaben vor, während es bei den Finanzberatern heißt: “Bargeld Ein- und Auszahlungen für alle Kunden, auch für private Selbständige und Firmen. Wahrnehmung der bei Kundenbesuch unmittelbar anfallenden Aufgaben bei der Zahlungsverkehrsabwicklung (u.a. Sparbuchausgabe und -nachtrag, Entgegennahme von Überweisungen/Schecks, Datenbändern, Ausgabe von Schecks und Geheimnummern (PIN)für ec-Karte).”
bb) Der Betriebsrat kann sich vorliegend nicht auf die vom Vierten Senat in seiner Entscheidung vom 17. Januar 1996 (– 4 AZR 662/94 – AP Nr. 4 zu §§ 22, 23 BAT Sparkassenangestellte) vorgenommene Auslegung des Begriffs “Kundenberater” stützen.
Dieser Entscheidung lag der Tarifvertrag zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1a zum BAT (Angestellte im Sparkassendienst) vom 26. Oktober 1979 (TV Sparkassen) zugrunde. Wie der Vierte Senat festgestellt hat, gehen die Tarifvertragsparteien des TV Sparkassen von einem bestimmten Begriff des Kundenberaters aus, der sich insbesondere auf Grund einer speziell für das Sparkassenwesen entwickelten Laufbahn bestimmt, die mit dem “Angestellten im Sparkassendienst mit Tätigkeiten in der Kundenbedienung” beginnt und mit dem “Kundenberater für vermögende Kunden oder für bedeutende Firmenkunden” endet.
Damit sind die Tarifstruktur des TV Sparkassen und die Tätigkeitsstrukturen der Sparkassen nicht mit den vorliegenden Gegebenheiten vergleichbar, so daß die Bestimmung des Begriffs “Kundenberater” im Sinne des TV Sparkassen nicht auf den MTV übertragbar ist.
cc) Die Tätigkeit des Finanzberaters erfüllt auch nicht die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Tarifgruppe 7 MTV, da sie keine “umfassenden Kenntnisse” voraussetzt.
Da der Finanzberater lediglich in einem genau bestimmten Rahmen und nur für einen bestimmten Kundenkreis beratend tätig werden darf, benötigt er nur für diesen eingeschränkten Tätigkeitskreis die vertieften gründlichen und/oder vielseitigen Kenntnisse, welche die Tarifgruppe 6 MTV voraussetzt. Solche, sich nicht auf das gesamte Beratungsgeschäft erstreckenden Kenntnisse sind aber nicht “umfassend” im Sinne der Tarifgruppe 7 MTV.
e) Damit ist ein Finanzberater kein Kundenberater im Sinne der Tarifgruppen 7, 8 oder 9 des MTV. Vielmehr ist er einem “Schalterangestellten mit abschließender Beratung für bestimmte Sparten, wie programmierte Kredite bzw. Dienstleistungen” im Sinne des Beispielsfalles der Tarifgruppe 6 MTV gleichgestellt, da er neben dem eigentlichen Schalterdienst Privatkunden über bestimmte Formen der Geldanlage beraten und mit ihnen auch entsprechende Geschäfte tätigen soll. Für diese Kunden kann der Finanzberater auch unter vorgegebenen Voraussetzungen innerhalb vorgeschriebener Höchstgrenzen Kreditentscheidungen treffen. Diese Funktionen erfüllen das Tätigkeitsbeispiel “abschließende Beratung für bestimmte Sparten, wie z.B. programmierte Kredite bzw. Dienstleistungen”.
Entgegen der Ansicht des Betriebsrats geht aus dem Wortlaut dieser Tarifgruppe nicht hervor, daß deren Tatbestandsvoraussetzungen nur dann als erfüllt gelten, wenn der Schalterangestellte lediglich für eine einzige Sparte abschließende Beratung durchführt. Hätten die Tarifvertragsparteien dies gewollt, so hätten sie folgende Formulierung gewählt: “mit abschließender Beratung für eine bestimmte Sparte”.
Demnach haben die Vorinstanzen die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung der Arbeitnehmer J… und P… in die Tarifgruppe 6 MTV zu Recht gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ersetzt.
Unterschriften
Dr. Freitag, Hauck, Böck, Schmidt, Paul
Fundstellen