Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei Einstellung in Tendenzunternehmen
Normenkette
BetrVG § 118 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 99 Abs. 2; ZPO § 256 Abs. 1, § 253 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Beschluss vom 14.11.1990; Aktenzeichen 4 TaBV 93/90) |
ArbG Oberhausen (Beschluss vom 08.08.1990; Aktenzeichen 4 BV 28/90) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. November 1990 – 4 TaBV 93/90 – wird zurückgewiesen.
Der Beschluß des Landesarbeitsgerichts wird zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:
Es wird festgestellt, daß die Einstellung von Gärtnermeistern und Pflegern, die im Bereich der Betreuung und Förderung Behinderter tätig sind, der Zustimmung des Betriebsrats bedarf.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Arbeitgeber und Betriebsrat streiten darüber, ob die Einstellung von Gärtnermeistern und Pflegern der Zustimmung des Betriebsrats bedarf.
Der Arbeitgeber hat nach seiner Satzung den Zweck, Maßnahmen und Einrichtungen zu fördern, die eine wirksame Lebenshilfe für geistig Behinderte aller Altersstufen bedeuten. Er betreibt Werkstätten für Behinderte und andere Einrichtungen. Im Betrieb des Arbeitgebers werden u.a. Handwerker, Sozialarbeiter und Pflegepersonal beschäftigt. Ihre Aufgabe besteht darin, die Behinderten zu pflegen, weiterzubilden, anzuleiten und ihnen handwerkliche Fähigkeiten zu vermitteln, um auf diese Weise eine Hilfestellung für die Betreuung, Förderung, Rehabilitation und Eingliederung geistig behinderter Menschen in die Gesellschafts- und Arbeitswelt zu leisten.
Am 22. März 1990 bzw. am 26. März 1990 teilte der Arbeitgeber dem Betriebsrat mit, daß er beabsichtige, zum 1. April 1990 den Gärtnermeister R. und zum 1. Juli 1990 die Pflegerin Henrica K. einzustellen. Mit Schreiben vom 23. März bzw. 29. März 1990 forderte der Betriebsrat den Arbeitgeber auf, das in § 99 BetrVG festgelegte Verfahren unverzüglich in Gang zu setzen. Unter Aufrechterhaltung seines Rechtsstandpunktes, die Einstellung sei auch ohne Zustimmung des Betriebsrats rechtswirksam, bat der Arbeitgeber daraufhin den Betriebsrat vorsorglich mit Schreiben vom 27. März 1990 um Zustimmung zur Einstellung des Mitarbeiters R. Mit Schreiben vom 29. März 1990 stimmte der Betriebsrat der Einstellung des Arbeitnehmers R. zu.
Während bei dem als Gruppenleiter tätigen Mitarbeiter R. streitig ist, ob er – wie der Betriebsrat geltend macht – zu etwa 40 % auch Verwaltungsarbeiten zu erledigen hat, wird die Pflegerin K. zusammen mit anderen Mitarbeitern damit beschäftigt, ausschließlich mehrfach Behinderte bei der Arbeit anzuleiten und zu fördern. Die Aufgabe des Mitarbeiters R. besteht im übrigen gleichfalls darin, Behinderte bei handwerklichen Arbeiten in dem von ihm betreuten Bereich anzuleiten.
Der Betriebsrat vertritt die Auffassung, unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem Unternehmen des Arbeitgebers um ein Tendenzunternehmen handle, seien die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats nach § 99 BetrVG bei der Einstellung von Gärtnermeistern und Pflegerinnen, die im Bereich der Betreuung und Förderung Behinderter tätig sind, nicht gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG eingeschränkt. Die Mitarbeiter R. und K. seien jedenfalls keine Tendenzträger, da sie durch die Eingliederung in die betriebliche Struktur für die etwaige Tendenz des Unternehmens des Arbeitgebers nicht von wesentlicher Bedeutung seien. Die Arbeitnehmer R. und K. leisteten lediglich Hilfestellung zur Tendenzverwirklichung. Der Arbeitgeber dürfe daher diese Mitarbeiter nicht ohne die Zustimmung des Betriebsrats einstellen.
Der Betriebsrat hat beantragt
festzustellen, daß die Einstellung des Gärtnermeisters Jens-Martin R. sowie der Pflegerin Henrica K. der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG unterlegen hat.
Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Zur Begründung hat er vorgetragen, ein Zustimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einstellung der betreffenden Mitarbeiter entfalle, da der Betrieb Tendenzbetrieb sei und die genannten Mitarbeiter Tendenzträger seien. Für sie sei der unmittelbare Umgang mit dem Behinderten prägend, d.h. der eigentliche Zweck ihrer Tätigkeit und nicht nur arbeitstechnischer Begleitumstand. Die Arbeit mit den Behinderten werde unmittelbar von dem Zweck des Unternehmens bestimmt, und zwar unabhängig davon, ob eine Beschäftigung an übergeordneter Stelle oder mit weitreichenden Kompetenzen ausgeübt werde. Durch die Wahrnehmung der Beteiligungsrechte nach § 99 BetrVG werde vorliegend auch die Tendenzverwirklichung beeinträchtigt, auch wenn es sich um die Geltendmachung nicht tendenzbedingter Gründe handele. Denn letztlich würde hierdurch der Tendenzschutz in seinem Wesen aufgelöst. Dies gelte um so mehr, als es dem Betriebsrat möglich wäre, nicht tendenzbedingte Gründe vorzuschieben, um auf diese Weise im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahrens die Einstellung von Tendenzträgern zu verhindern.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats abgewiesen. Auf die Beschwerde des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht dem Antrag des Betriebsrats mit der Begründung stattgegeben, bei dem Unternehmen des Arbeitgebers handele es sich zwar um ein Tendenzunternehmen, bei den fraglichen Arbeitnehmern handele es sich auch um Tendenzträger, bei der Einstellung von Tendenzträgern entfalle aber entgegen der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts das Zustimmungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen nicht. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Arbeitgeber die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, während der Betriebsrat um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist nicht begründet.
I.1. Der Antrag des Betriebsrats ist seinem Wortlaut nach unzulässig, weil er sich auf die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts hinsichtlich bereits abgeschlossener personeller Einzelmaßnahmen bezieht. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, daß für den auf eine konkrete Maßnahme gerichteten Feststellungsantrag das auch im Beschlußverfahren nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Rechtsschutzinteresse entfällt, wenn diese Maßnahme abgeschlossen ist (vgl. Senatsbeschluß vom 26. April 1990 – 1 ABR 79/89 – EzA § 83 a ArbGG 1979 Nr. 1, zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B I 4 b der Gründe; Senatsbeschluß vom 19. Februar 1991 – 1 ABR 36/90 – zur Veröffentlichung vorgesehen, zu B I 4 der Gründe). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß der Betriebsrat der Einstellung des Arbeitnehmers R. ausdrücklich zugestimmt hat. Ist die Zustimmung des Betriebsrats zur streitigen personellen Einzelmaßnahme ersetzt, kann der Arbeitgeber diese durchführen. Insoweit ist die Frage der Zustimmungsbedürftigkeit für den zur Entscheidung gestellten Einzelfall bedeutungslos (vgl. den nicht veröffentlichten Beschluß des Senats vom 5. Februar 1991 – 1 ABR 25/90 – zu B II 2 a der Gründe). Der Senat hat deshalb wiederholt entschieden, daß die Betriebspartner die zwischen ihnen streitige Frage, ob der Betriebsrat in einer bestimmten Angelegenheit ein Mitbestimmungsrecht habe oder an einer Maßnahme in einer bestimmten Weise zu beteiligen sei, durch einen entsprechenden Antrag losgelöst von einem konkreten Einzelfall zur gerichtlichen Entscheidung stellen können (Senatsbeschlüsse vom 18. Oktober 1988 – 1 ABR 26/87 – AP Nr. 56 zu § 99 BetrVG 1972, zu B II 1 der Gründe, vom 1. August 1989 – 1 ABR 51/88 – AP Nr. 17 zu § 95 BetrVG 1972, zu B I 2 der Gründe und vom 14. November 1989 – 1 ABR 85/88 – n.v., zu B 3 der Gründe, jeweils m.w.N.). Ein solcher abstrakter Feststellungsantrag ist zwar nicht in einem auf eine konkrete Einzelmaßnahme bezogenen Antrag enthalten. Allerdings hat der Senat in vergleichbaren Fällen den auf eine konkrete Maßnahme bezogenen als abstrakten Feststellungsantrag ausgelegt, wenn sich aus dem gesamten Vorbringen des Antragstellers ergab, daß er losgelöst von dem konkreten Einzelfall die abstrakte Rechtsfrage entschieden haben wollte (vgl. z.B. Senatsbeschluß vom 18. Februar 1986, BAGE 51, 151 = AP Nr. 33 zu § 99 BetrVG 1972; zuletzt Beschluß vom 19. Februar 1991 – 1 ABR 36/90 –, aaO).
2. Auch im vorliegenden Falle kann der Antrag des Betriebsrats als abstrakter Feststellungsantrag ausgelegt werden.
Wie sich aus dem gesamten Vorbringen des Betriebsrats ergibt, geht es ihm allein um die Klärung der Frage, ob ihm bei der Einstellung von Gärtnermeistern und Pflegern ein Mitbestimmungsrecht zusteht. In der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht haben Betriebsrat und Arbeitgeber übereinstimmend zu Protokoll erklärt, bei den im vorliegenden Fall in Frage stehenden Einstellungen handle es sich um Anlaßfälle, die sich ständig im Betrieb des Arbeitgebers wiederholten und bei denen es insbesondere um die Frage gehe, ob die Einstellung von Personen, die im Bereich der Betreuung und Förderung Behinderter tätig seien, dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 99 BetrVG unterliegen.
In dieser Auslegung als abstrakter Feststellungsantrag ist der Antrag des Betriebsrats zulässig.
Der Antrag ist bestimmt genug (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die bezüglich der Mitwirkung umstrittenen einzelnen Maßnahmen und die betreffende Gruppe von Mitarbeitern ergeben sich aus der Auslegung als abstrakter Feststellungsantrag. Der Senat hat wiederholt entschieden, daß der Betriebsrat die Frage der Mitwirkungspflichtigkeit personeller Einzelmaßnahmen hinsichtlich einer Gruppe von Mitarbeitern in einem Tendenzunternehmen zur gerichtlichen Entscheidung stellen kann (vgl. Beschluß vom 8. November 1988 – 1 ABR 17/87 – AP Nr. 38 zu § 118 BetrVG 1972; Beschluß vom 3. Juli 1990 – 1 ABR 36/89 – AP Nr. 81 zu § 99 BetrVG 1972).
II. Der abstrakte Feststellungsantrag ist auch begründet.
1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, bei dem Unternehmen des Arbeitgebers handele es sich um ein sog. Tendenzunternehmen, auf das nach § 118 Abs. 1 BetrVG die Vorschriften des BetrVG keine Anwendung finden, soweit die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebs dem entgegensteht.
Ein Unternehmen dient karitativen Bestimmungen i.S. von § 118 Abs. 1 BetrVG, wenn es sich den sozialen Dienst am körperlich oder seelisch leidenden Menschen zum Ziel gesetzt hat, wenn es auf Heilung oder Milderung innerer oder äußerer Nöte des einzelnen gerichtet ist, wobei gleichgültig ist, ob diese Hilfe zur Linderung und Beseitigung der Nöte oder zu deren vorbeugenden Abwehr geleistet wird. Voraussetzung ist dabei, daß das Unternehmen nicht auf Gewinnerzielung gerichtet ist. Dagegen ist unerheblich, ob mit der Hilfe für den körperlich oder seelisch leidenden Menschen zugleich eine sozialpolitische Aufgabe des Staates erfüllt und von diesem u.U. kostendeckend finanziert wird (Senatsbeschluß vom 8. November 1988 – 1 ABR 17/87 – AP Nr. 38 zu § 118 BetrVG 1972, zu B II 1 der Gründe, BAG Beschluß vom 29. Juni 1988, BAGE 59, 120, 126 ff. = AP Nr. 37 zu § 118 BetrVG 1972, zu B II 2 der Gründe und Senatsbeschluß vom 6. November 1990 – 1 ABR 60/89 –, zur Veröffentlichung vorgesehen, jeweils m.w.N.; ebenso die herrschende Meinung im Schrifttum, vgl. nur Fitting/Auffarth/Kaiser/ Heither, BetrVG, 16. Aufl., § 118 Rz 19; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 118 Rz 52; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 118 Rz 16 f.; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 118 Rz 17; Stege/Weinspach, BetrVG, 6. Aufl., § 118 Rz 2 b; enger, eine karitative Bestimmung bei kostendeckender Abgeltung der Tätigkeit durch den Staat oder sonstige öffentliche Körperschaften ablehnend Fabricius, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 118 Rz 191 f., 204 f.; Kohte, Anm. zu BAG AP Nr. 37 zu § 118 BetrVG 1972, unter 3; ders., Karitative Bestimmungen im Betriebsverfassungsrecht, Blätter für Steuerrecht, Sozialversicherung und Arbeitsrecht 1983, 129 ff.; vgl. auch Liemen, RdA 1985, 85, 90 f.). Das Unternehmen des Arbeitgebers hat sich unstreitig die Betreuung und Eingliederung Behinderter und damit den sozialen Dienst an körperlich und seelisch leidenden Menschen zum Ziel gesetzt. Unter den Beteiligten ist auch nicht streitig, daß der Arbeitgeber seine Dienstleistung ohne Absicht der Gewinnerzielung erbringt (§ 3 der Satzung). Schließlich dienen die Einrichtungen des Arbeitgebers der karitativen Betätigung auch unmittelbar und überwiegend. Die Behindertenhilfe ist die alleinige Zielsetzung des Arbeitgebers und wird unmittelbar von ihm erbracht.
2. Vorliegend steht die karitative Tendenz aber dem Mitwirkungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG nicht entgegen. In ständiger Rechtsprechung hat der Senat entschieden, daß die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebs dem Beteiligungsrecht des Betriebsrats nur dann entgegensteht, wenn die Maßnahme Arbeitnehmer betrifft, für deren Tätigkeit die Bestimmungen und Zwecke der in § 118 Abs. 1 BetrVG genannten Unternehmen und Betriebe prägend sind, die sogenannten Tendenzträger (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt Beschluß vom 30. Januar 1990, BAGE 64, 103, 113 = AP Nr. 44 zu § 118 BetrVG 1972, zu B II 3 b aa der Gründe, m.w.N.; Beschlüsse vom 6. November 1990 – 1 ABR 60/89 –, zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, und vom 20. November 1990 – 1 ABR 87/89 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
Dem Antrag des Betriebsrats war bereits deshalb stattzugeben, weil es sich bei den in Rede stehenden Arbeitnehmern nicht um Tendenzträger handelt. Das Landesarbeitsgericht hat den Begriff des Tendenzträgers verkannt. Nicht jede Mitwirkung bei der Verfolgung einer Tendenz macht einen Beschäftigten zum Tendenzträger. Tendenzträger kann nur sein, wer die Möglichkeit einer inhaltlich prägenden Einflußnahme auf die Tendenzverwirklichung hat (Beschluß des Senats vom 18. April 1989 – 1 ABR 2/88 – BAGE 61, 305, 318 = AP Nr. 34 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit, zu B II 2 c der Gründe, m.w.N.). In den Beschlüssen vom 18. April 1989 (– 1 ABR 2/88 –, aaO), vom 6. November 1990 (– 1 ABR 88/89 – zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) und vom 4. Dezember 1990 (– 1 ABR 10/90 – zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) hat der Senat entschieden, daß bei einem Dialysezentrum, einem Sozial- und Rehabilitationszentrum und bei einem Alten- und Behindertenheim das Pflegepersonal nicht zu den Tendenzträgern gehört. Das gilt für den vorliegenden Fall für Gärtnermeister und Pfleger, die im Bereich der Pflege und Betreuung Behinderter tätig sind, in gleicher Weise. Die Pfleger haben keinen Spielraum bei ihrer Tätigkeit und können deshalb die Tendenz der Behinderteneinrichtung nicht beeinflussen. Sie verrichten eine bis ins Detail weisungsgebundene Tätigkeit.
Die Rechtsprechung des Senats zur Frage, ob Pflegekräfte in Unternehmen mit karitativer Bestimmung Tendenzträger sind, hat im Schrifftum Zustimmung gefunden. An ihr wird festgehalten. Kraft/ Raab (Anm. zu BAG AP Nr. 34 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit, unter II 3) haben erläuternd darauf hingewiesen, daß ausgehend von dem Sinn des relativen Tendenzschutzes, das BetrVG nur insoweit zurückzudrängen, als die freie Entfaltung der grundrechtlich geschützten geistig-ideellen Zielsetzung dies erfordert, als Tendenzträger nur solche Arbeitnehmer anzusehen sind, auf deren Zuverlässigkeit im Hinblick auf die Tendenzverwirklichung sich der Arbeitgeber voll verlassen können muß, weil diese ansonsten gefährdet wäre. Eine solche persönliche Zuverlässigkeit ist aber nur dann unabdingbare Voraussetzung, wenn der Arbeitnehmer einen gewissen Gestaltungsspielraum im Hinblick auf seine individuellen Eigenheiten und Fähigkeiten besitzt. Löwisch (Anm. zum Beschluß des Senats vom 8. August 1989 – 1 ABR 59/88 – SAE 1991, 66, 67, unter I 3) ist ebenfalls der Auffassung, daß die gewiß vorhandene Beziehung zwischen Pflegekraft und den zu Betreuenden in der Regel nicht so intensiv ist, daß daraus ein prägender Einfluß auf die Erfüllung der karitativen Zwecksetzung des Unternehmens entstünde. Rotter (Anm. zum Beschluß vom 18. April 1989 – 1 ABR 2/88 – EzA § 76 BetrVG 1972 Nr. 48, unter 2 c), der im Ergebnis ebenfalls der Rechtsprechung zustimmt, hat insoweit zu bedenken gegeben, daß im karitativen Bereich eher reagierend-dienende als kreative, Raum für eigene Gestaltung lassende Tätigkeiten vorherrschten.
Handelt es sich bei den Gärtnermeistern und Pflegern, die im Bereich der Betreuung und Förderung Behinderter tätig sind, nicht um sog. Tendenzträger, war dem Antrag des Betriebsrats stattzugeben und die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers zurückzuweisen.
Unterschriften
Dr. Kissel, Matthes, Dr. Weller, Muhr, Dr. Schmidt
Fundstellen