Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsverfassungsrecht. DRK-Schwesternschaft. Beteiligtenfähigkeit. Arbeitnehmerstatus. feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Feststellungsinteresse. DRK-Schwestern
Orientierungssatz
1. Die Beteiligtenfähigkeit eines Betriebsrats im Rechtsbeschwerdeverfahren wird für die Zulässigkeit der von ihm eingelegten Rechtsbeschwerde unterstellt, wenn die Beteiligten darüber streiten, ob die Wahl des Betriebsrats nichtig war mit der Folge, dass er rechtlich nicht existent ist. Es entspricht einem allgemeinen prozessualen Grundsatz, dass eine Partei, deren Parteifähigkeit oder gar rechtliche Existenz im Streit steht, wirksam ein Rechtsmittel mit dem Ziel einlegen kann, eine Sachentscheidung zu erlangen.
2. Ein Antrag, mit dem der Betriebsrat die Feststellung des Rechtsstatus bestimmter Mitarbeiter (hier: der Arbeitnehmereigenschaft der Vereinsmitglieder einer DRK-Schwesternschaft) begehrt, betrifft für sich genommen kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO.
3. Begehrt der Betriebsrat die Feststellung, dass sich die auf Arbeitnehmer bezogenen betriebsverfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten auch auf Vereinsmitglieder beziehen, ist das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse nur dann gegeben, wenn der Streit der Beteiligten durch die begehrte Feststellung insgesamt beseitigt werden kann. Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird. Die Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Beteiligten strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen. Für die Frage, ob bestimmte Beschäftigtengruppen als Arbeitnehmer iSv. § 5 Abs. 1 BetrVG anzusehen sind, besteht deshalb nur dann ein Feststellungsinteresse, wenn die begehrte Feststellung eine einheitliche Anwendung der in Betracht kommenden betriebsverfassungsrechtlichen Bestimmungen zulässt. Dies ist bei einem drittbezogenen Personaleinsatz wie demjenigen von DRK-Schwestern, die überwiegend in Einrichtungen der Krankenpflege eingesetzt werden, welche nicht in der Trägerschaft der Schwesternschaft stehen, nicht der Fall. Auch wenn festgestellt würde, dass die Mitglieder der Schwesternschaft als Arbeitnehmer anzusehen sind, bliebe ungeklärt, welche betriebsverfassungsrechtliche Rechtsbeziehung der Beteiligten sich daraus im Einzelnen ergeben könnte.
Normenkette
BetrVG § 5 Abs. 1; ArbGG § 83 Abs. 3; AÜG § 14 Abs. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Beschluss vom 27.03.2012; Aktenzeichen 17 TaBV 86/11) |
ArbG Essen (Beschluss vom 07.09.2011; Aktenzeichen 4 BV 30/11) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 27. März 2012 – 17 TaBV 86/11 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A. Der Betriebsrat und die Schwesternschaft, ein eingetragener Verein, streiten darüber, ob die Mitglieder des Vereins, die aufgrund ihrer Mitgliedschaft Arbeitsleistungen erbringen, Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsrechts sind.
Die Schwesternschaft ist nach § 1 Abs. 2, § 2 ihrer Satzung eine Gemeinschaft, die „den Mitgliedern die Ausübung ihres Berufes im caritativen Geist unter dem Zeichen des Roten Kreuzes ermöglicht und das Zusammengehörigkeitsbewusstsein festigt”. Der Verein ist „selbstlos tätig und verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke”. Nach der Satzung können Personen eine Mitgliedschaft zur Berufsausübung begründen, wenn sie berechtigt sind, einen Beruf in der Kranken- und Gesundheitspflege auszuüben. Die Mitglieder der Schwesternschaft sind verpflichtet, dem Verein ihre volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Sie erhalten ua. eine monatliche Vergütung, deren Berechnung sich nach den für die jeweilige Tätigkeit üblichen Kriterien richtet, Reise- und Umzugskosten, eine Anwartschaft auf ein zusätzliches Ruhegeld, Erholungsurlaub sowie eine Fortzahlung der Vergütung bei einer durch Unfall oder Krankheit verursachten Arbeitsunfähigkeit. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann ein Mitglied aus der Schwesternschaft ausgeschlossen werden.
Die Schwesternschaft ist über ihre Mitgliedschaft im Verband der Schwesternschaften vom Deutschen Roten Kreuz e. V. dem Deutschen Roten Kreuz e. V. (DRK) angeschlossen. Dieser ist Teil der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung, der bundesweit 33 Schwesternschaften des DRK mit rund 22.000 Rotkreuzschwestern und -pflegern angehören. Diese üben ihre Tätigkeit entweder bei der Schwesternschaft oder im Rahmen von Gestellungsverträgen bei Dritten in Einrichtungen der Krankheits- und Gesundheitspflege aus. Wichtigster Gestellungspartner der hier beteiligten Schwesternschaft ist das Universitätsklinikum E (im Folgenden: Universitätsklinikum). Bis zum Jahr 2003 bestand für Pflegekräfte, die für die Schwesternschaft tätig werden wollten, die Möglichkeit, entweder eine Vereinsmitgliedschaft zu begründen oder mit der Schwesternschaft einen Arbeitsvertrag abzuschließen. Seither schließt die Schwesternschaft mit Pflegekräften keine Arbeitsverträge mehr ab. Sie nimmt diese nur als Vereinsmitglieder auf. Im März 2012 waren noch ca. 330 Personen mit einem Arbeitsvertrag und 1.350 Vereinsmitglieder für die Schwesternschaft tätig. Mit Ausnahme von drei bei dem Verein selbst beschäftigten Reinigungskräften wurden mit Wirkung vom 1. Juni 2014 alle arbeitsvertraglich gebundenen Mitarbeiter vom Universitätsklinikum übernommen. Die Überleitung erfolgte auf der Grundlage einer vierseitigen Vereinbarung zwischen der Schwesternschaft und dem Betriebsrat sowie zwischen dem Universitätsklinikum und dem dort gebildeten Personalrat. Die Schwesternschaft verfügt über eine Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz.
Antragsteller des vorliegenden Beschlussverfahrens war ursprünglich der Betriebsrat, der im Jahr 2010 von den Beschäftigten gewählt worden war, mit denen die Schwesternschaft einen Arbeitsvertrag geschlossen hatte. Er wurde deshalb im Rubrum ursprünglich als „Betriebsrat des nicht vereinsgebundenen Pflegepersonals” bezeichnet. Dieser Betriebsrat bestellte am 6. Mai 2014 einen Wahlvorstand zur Durchführung einer Betriebsratswahl unter Einbeziehung der Mitglieder der Schwesternschaft. Die Wahl fand am 30./31. Juli 2014 statt. Aus ihr ist der jetzige Antragsteller hervorgegangen, der das vorliegende Verfahren fortführt.
Die Schwesternschaft sowie vier nach Maßgabe des Wahlausschreibens wahlberechtigte Mitglieder der Schwesternschaft haben beim Arbeitsgericht die Feststellung der Nichtigkeit der Wahl vom 30./31. Juli 2014 beantragt, hilfsweise haben sie die Wahl angefochten mit der Begründung, die Vereinsmitglieder seien keine Arbeitnehmer und somit nicht wahlberechtigt. Das Arbeitsgericht hat in diesem Verfahren bislang keine Entscheidung getroffen.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Vereinsmitglieder seien betriebsverfassungsrechtlich als Arbeitnehmer der Schwesternschaft anzusehen.
Der Betriebsrat hat – soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse – erstinstanzlich beantragt
festzustellen, dass die zur Leistung von Pflegediensten aufgenommenen Vereinsmitglieder Arbeitnehmer der Schwesternschaft im arbeitsrechtlichen Sinn und im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind.
Die Schwesternschaft hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Vereinsmitglieder leisteten ihre Arbeit auf der Basis der Mitgliedschaft in der Schwesternschaft und nicht im Rahmen von Arbeitsverhältnissen. Sie seien deshalb auch betriebsverfassungsrechtlich nicht als Arbeitnehmer anzusehen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen, nachdem der Betriebsrat im Anhörungstermin den Antrag dahin gefasst hatte festzustellen, dass die bei der Schwesternschaft Beschäftigten, die auf der Basis ihrer Vereinsmitgliedschaft in der Kinderkranken- und Altenpflege sowie in der Geburtshilfe tätig sind, Arbeitnehmer iSd. § 5 Abs. 1 BetrVG sind. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat den zuletzt gestellten Antrag weiter. Die Schwesternschaft begehrt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde ist zwar zulässig, aber unbegründet.
I. Der Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Wahl des Betriebsrats vom 30./31. Juli 2014 möglicherweise nichtig war. Die Rechtsbeschwerdebefugnis des Antragstellers kann nicht mit der Begründung verneint werden, der Betriebsrat sei rechtlich nicht (mehr) existent und damit nicht beteiligtenfähig. Es bedarf hinsichtlich der Rechtsbeschwerdebefugnis auch keiner Entscheidung, ob der am 30./31. Juli 2014 gewählte Betriebsrat Funktionsnachfolger des vormaligen Betriebsrats „des nicht vereinsgebundenen Pflegepersonals” geworden ist oder ob dies nicht der Fall ist, weil die Amtszeit des vormaligen Betriebsrats spätestens Ende Mai 2014 abgelaufen war und der neue Betriebsrat erst am 30./31. Juli 2014 gewählt wurde, oder weil der vormalige Betriebsrat – im Gegensatz zu dem am 30./31. Juli 2014 gewählten Betriebsrat – nicht von Vereinsmitgliedern gewählt worden war. Im Hinblick auf die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ist die Funktionsnachfolge als gegeben zu unterstellen.
1. Der Rechtsbeschwerdebefugnis des Antragstellers steht nicht entgegen, dass die Betriebsratswahl vom 30./31. Juli 2014 möglicherweise nichtig war mit der Folge, dass der Antragsteller rechtlich nicht existent wäre. Zwar führt ein unstreitiger Verlust der Beteiligtenfähigkeit zur Unzulässigkeit eines Rechtsmittels. Ist jedoch die Beteiligtenfähigkeit gerade streitig, so wird sie hinsichtlich der Zulässigkeit des Rechtsmittels unterstellt. Es entspricht einem allgemeinen prozessualen Grundsatz, dass eine Partei, deren Parteifähigkeit oder gar rechtliche Existenz überhaupt im Streit steht, wirksam ein Rechtsmittel mit dem Ziel einlegen kann, eine Sachentscheidung zu erlangen (vgl. etwa BAG 12. Januar 2000 – 7 ABR 61/98 – zu B I der Gründe mwN).
2. Für die Rechtsbeschwerdebefugnis des Antragstellers ist auch zu unterstellen, dass er Funktionsnachfolger des vormaligen Betriebsrats „des nicht vereinsgebundenen Pflegepersonals” geworden ist, wovon der Antragsteller – nicht offensichtlich unhaltbar – ausgeht. Könnte der Antragsteller als möglicher Funktionsnachfolger keine Rechtsbeschwerde einlegen, würde die zu seinem Nachteil wirkende vorinstanzliche Sachentscheidung, dass die Mitglieder der Schwesternschaft nicht als Arbeitnehmer im Sinne des § 5 BetrVG anzusehen sind, in Rechtskraft erwachsen. Damit verlöre der Antragsteller aus verfahrensrechtlichen Gründen seine Existenzgrundlage, ohne dass die dafür maßgebliche Rechtsfrage in der Rechtsbeschwerde geklärt werden könnte.
II. Neben dem Antragsteller ist die Schwesternschaft an dem vorliegenden Verfahren beteiligt, nicht jedoch deren Mitglieder.
1. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im Einzelfall am Verfahren beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist (vgl. BAG 8. Dezember 2010 – 7 ABR 69/09 – Rn. 11 mwN). Das ist von Amts wegen noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zu prüfen (vgl. BAG 15. Oktober 2014 – 7 ABR 71/12 – Rn. 21).
2. Weitere Beteiligte ist danach die Schwesternschaft. Der Arbeitgeber ist an einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren immer zu beteiligen, weil er durch die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung stets betroffen ist (BAG 16. März 2005 – 7 ABR 43/04 – zu B I der Gründe mwN, BAGE 114, 136). Hingegen bedurfte es keiner Beteiligung der einzelnen Mitglieder der Schwesternschaft. Welche Auswirkungen sich für jedes Mitglied durch eine Entscheidung über den betriebsverfassungsrechtlichen Status ergeben, hängt von der im Einzelfall betroffenen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsbeziehung ab.
III. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Allerdings ist der Antrag entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts bereits unzulässig.
1. Es kann dahinstehen, ob sich die Unzulässigkeit des Antrags daraus ergibt, dass dem Antragsteller die Antragsbefugnis fehlt. Das könnte der Fall sein, wenn die Wahl vom 30./31. Juli 2014 durch die Mitglieder der Schwesternschaft nichtig wäre. Dann wäre der Betriebsrat rechtlich nicht existent und könnte nicht Träger von Rechten sein.
2. Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung, weil der Antrag bereits aus anderen Gründen unzulässig ist.
a) Nach gebotener Auslegung ist der Antrag zwar hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es geht dem Betriebsrat um die Feststellung des Arbeitnehmerstatus der Mitglieder der Schwesternschaft, die in der Krankenpflege, der Kinderkranken- und Altenpflege sowie in der Geburtshilfe tätig sind. Soweit in der Krankenpflege tätige Mitglieder nach dem Wortlaut des zuletzt gestellten Antrags nicht einbezogen sind, handelt es sich um eine offensichtlich unbeabsichtigte Auslassung bei der Neufassung des Antrags anlässlich der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht. Von Anfang an bezog sich das Verfahren auf die mit der Leistung von Pflegediensten befassten und damit auch auf die in der Krankenpflege tätigen Mitglieder. Dass der neu gefasste Antrag insoweit keine Beschränkung enthalten sollte, ergibt sich nicht nur aus der vom Landesarbeitsgericht protokollierten Erklärung des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats, die auf die Gründe zu I. des Beschlusses des Arbeitsgerichts Bezug nimmt. Dort sind die in der Krankenpflege tätigen Mitglieder erwähnt. Für eine Einschränkung des Antrags ist auch nach dem sonstigen Vorbringen der Beteiligten kein Grund ersichtlich. Während des gesamten Verfahrens ging es um den Status des vereinsrechtlich gebundenen Pflegepersonals der Schwesternschaft insgesamt.
b) Der Feststellungsantrag erfüllt jedoch nicht die Voraussetzungen des auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO. Es geht nicht um ein Rechtsverhältnis, an dessen alsbaldiger Feststellung durch richterliche Entscheidung ein rechtliches Interesse des Betriebsrats besteht.
aa) Das Begehren des Betriebsrats ist darauf gerichtet, den Arbeitnehmerstatus der Mitglieder der Schwesternschaft feststellen zu lassen. Es zielt damit auf die Feststellung einer Eigenschaft und nicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses.
(1) Ein Rechtsverhältnis, dessen Bestehen oder Nichtbestehen nach § 256 Abs. 1 ZPO festgestellt werden kann, ist jede durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Ein Antrag nach § 256 Abs. 1 ZPO muss sich dabei nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis als Ganzes erstrecken. Er kann sich auch auf daraus folgende einzelne Beziehungen, Ansprüche oder Verpflichtungen und auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken. Bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses können jedoch ebenso wie abstrakte Rechtsfragen nicht Gegenstand eines Feststellungsantrags sein. Das liefe auf die Erstellung eines Rechtsgutachtens hinaus, was den Gerichten verwehrt ist (BAG 20. Januar 2009 – 1 ABR 78/07 – Rn. 28; 14. Dezember 2010 – 1 ABR 93/09 – Rn. 12, BAGE 136, 334; 7. Februar 2012 – 1 ABR 58/10 – Rn. 12; 6. November 2013 – 7 ABR 76/11 – Rn. 16). Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Gesetz wie in § 2a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 ArbGG, § 18 Abs. 2 BetrVG die Möglichkeit der gerichtlichen Klärung rechtlicher Vorfragen ausdrücklich vorsieht (BAG 24. April 2007 – 1 ABR 27/06 – Rn. 15, BAGE 122, 121; 14. Dezember 2010 – 1 ABR 93/09 – Rn. 15, aaO). In Bezug auf die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft iSd. § 5 Abs. 1 BetrVG fehlt eine derartige Regelung.
(2) Nach dem Wortlaut des Antrags erstrebt der Betriebsrat die Feststellung des Rechtsstatus der von dem Antrag erfassten Personen. Dieses Antragsziel hat der Betriebsrat in der Anhörung beim Landesarbeitsgericht bestätigt. Er hat zu Protokoll erklärt, es gehe hier um die Feststellung des Status der aktiven beschäftigten Vereinsmitglieder. Ein derartiger Statusantrag betrifft für sich genommen kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO (vgl. etwa BAG 6. November 2013 – 7 ABR 76/11 – Rn. 16; 7. Februar 2012 – 1 ABR 58/10 – Rn. 12; 14. Dezember 2010 – 1 ABR 93/09 – Rn. 11 ff., BAGE 136, 334).
bb) Selbst wenn der Antrag dahin ausgelegt werden könnte, dass es dem Betriebsrat nicht lediglich um die Klärung des Rechtsstatus der Vereinsmitglieder geht, sondern um eine Klärung der zwischen ihm und der Schwesternschaft bestehenden rechtlichen Verpflichtungen in Bezug auf diesen Personenkreis, also die Feststellung, dass die bezogen auf Arbeitnehmer bestehenden Rechte und Pflichten der Schwesternschaft und des Betriebsrats sich auch auf diesen Personenkreis beziehen, erfüllte der Antrag nicht die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO. Die begehrte Feststellung beträfe kein einheitliches Rechtsverhältnis. Ihm fehlte das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.
(1) Ein Feststellungsinteresse ist nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit der Beteiligten insgesamt beseitigt werden kann. Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird. Die Rechtskraft muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Beteiligten strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen (BAG 27. August 2014 – 4 AZR 518/12 – Rn. 15). Für die Frage, ob bestimmte Beschäftigtengruppen als Arbeitnehmer iSv. § 5 Abs. 1 BetrVG anzusehen sind, besteht nur dann ein Feststellungsinteresse, wenn die begehrte Feststellung eine einheitliche Anwendung der in Betracht kommenden betriebsverfassungsrechtlichen Bestimmungen zulässt (vgl. hierzu auch BAG 14. Dezember 2010 – 1 ABR 93/09 – Rn. 14, BAGE 136, 334). Liegt ein drittbezogener Personaleinsatz vor, ist eine einheitliche Beantwortung der Frage der betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmereigenschaft nicht möglich. Sie verlangt vielmehr eine unterschiedliche Betrachtung je nach dem Zweck der in Betracht kommenden Norm (vgl. dazu BAG 6. November 2013 – 7 ABR 76/11 – Rn. 19; 5. Dezember 2012 – 7 ABR 48/11 – Rn. 20 ff., BAGE 144, 74; 13. März 2013 – 7 ABR 69/11 – Rn. 21 ff., BAGE 144, 340; vgl. dazu Linsenmaier/Kiel RdA 2014, 135). Zwar bleiben die einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassenen Beschäftigten nach § 14 Abs. 1 AÜG auch während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei dem Dritten Angehörige des entsendenden Betriebs des Verleihers. Danach ergeben sich die formellen betriebsverfassungsrechtlichen Folgen (zB für das aktive und passive Wahlrecht) ohne weiteres. Dies ist jedoch in Bezug auf die Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte hinsichtlich der bei dem Dritten eingesetzten Beschäftigten nicht der Fall. Die Mitbestimmungsrechte des für den Betrieb des Verleihers gebildeten Betriebsrats bestehen nur insoweit, als der Verleiher in seiner Eigenschaft als Vertragspartner der Leiharbeitnehmer Einflussmöglichkeiten auf die Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse und die Tätigkeit der Leiharbeitnehmer im Einsatzbetrieb hat (vgl. BAG 23. Juni 2009 – 1 ABR 30/08 – Rn. 23; 11. Dezember 2012 – 1 ABR 78/11 – Rn. 20, BAGE 144, 109). Diese durch die Aufspaltung der Arbeitgeberfunktion entstehende Beschränkung der Mitwirkungsrechte des Betriebsrats des Verleiherbetriebs führt dazu, dass der Betriebsrat des Einsatzbetriebs die Repräsentation der Leiharbeitnehmer übernimmt, soweit es um Entscheidungen geht, die vom Inhaber des Einsatzbetriebs getroffen werden (BAG 19. Juni 2001 – 1 ABR 43/00 – zu B II 3 der Gründe, BAGE 98, 60).
(2) Danach wäre die Feststellung, dass sich die Rechte und Pflichten aus der Betriebsverfassung auf die im Antrag bezeichneten Mitglieder der Schwesternschaft beziehen, nicht geeignet, das zwischen den Beteiligten bestehende betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnis einer einheitlichen Klärung zuzuführen. Vielmehr würde nur eine Vorfrage für zahlreiche betriebsverfassungsrechtliche Rechte und Pflichten des formellen und materiellen Betriebsverfassungsrechts geklärt. Dies beruht darauf, dass die Vereinsmitglieder nach § 7 Abs. 2 der Satzung zum Teil nicht bei der Schwesternschaft selbst, sondern aufgrund von Gestellungsvereinbarungen drittbezogen eingesetzt werden. Sie erbringen ihre Pflegedienste im Wesentlichen beim Universitätsklinikum E. Auch wenn festgestellt würde, dass die Mitglieder der Schwesternschaft als Arbeitnehmer anzusehen sind, bliebe ungeklärt, welche betriebsverfassungsrechtliche Rechtsbeziehung der Beteiligten sich daraus im Einzelnen ergeben könnte. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von der dem Beschluss des Senats vom 6. November 2013 (– 7 ABR 76/11 – Rn. 19) zugrunde liegenden Fallgestaltung. Dort ließ sich die Frage nach der Arbeitnehmereigenschaft des vom Antrag erfassten Personenkreises einheitlich beantworten. Die betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsbeziehungen der im Antrag bezeichneten Auszubildenden hingen nur von der Auslegung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und nicht vom Normzweck der jeweils in Betracht kommenden Bestimmung ab, die an die Arbeitnehmereigenschaft anknüpft.
Unterschriften
Gräfl, M. Rennpferdt, Kiel, M. Zwisler, Klaus Auhuber
Fundstellen
Haufe-Index 8391166 |
BB 2015, 2228 |