Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegfall der Geschäftsgrundlage bei Abfindung
Normenkette
AFG § 128; BGB § 242
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 16. Dezember 1987 – 9 Sa 52/87 – wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Das Arbeitsamt hat die Klägerin als ehemalige Arbeitsgeberin des Beklagten gemäß § 128 AFG auf Erstattung von Arbeitslosengeld in Anspruch genommen. Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Rückzahlungsanspruch aus einer ihm gewährten Abfindung; zusteht.
Der am 1. Juli 1926 geborene Beklagte war bei der Klägerin vom 15. August 1950 bis zum 31. Juli 1984 beschäftigt. Die Klägerin ist ein Tochterunternehmen der B. AG. Diese vereinbarte am 6. Juli 1983 mit dem Konzernbetriebsrat eine Frühpensionierungsregelung, die auch für den Betrieb der Klägerin galt. Diese Regelung betrifft Arbeitnehmer, die nach Vollendung des 57., aber vor Vollendung des 58. Lebensjahres ausscheiden, Eine Ergänzungsregelung bezieht auch Arbeitnehmer ein, die erst nach Vollendung des 58, Lebensjahres ausscheiden. In der Betriebsvereinbarung heißt es eingangs:
„Ziel der Regelung ist die soziale Absicherung der Betriebsangehörigen, die (nach Vollendung ihres 57. Lebensjahres aber) vor Vollendung des 58. Lebensjahres ausscheiden wollen und nach Vollendung des 60. Lebensjahres vorgezogenes Altersruhegeld beziehen können.”
Weiter ist geregelt:
1. Persönlicher Geltungsbereich
…
2. Leistungen nach dem Ausscheiden
2.1 Während der Zeit nach dem Ausscheiden wird höchstens bis zum 60. Lebensjahr eine Zuwendung in Höhe von 85 Prozent des Nettojahresverdienstes gewährt (Grundbetrag der Abfindung). Das Arbeitslosengeld (nach der Leistungsgruppe entsprechend der jeweiligen Steuerklasse) wird hierauf angerechnet, nicht jedoch Arbeitslosenhilfe.
…
2.6 Die Abfindung – der Grundbetrag der Abfindung, der Ausgleichsbetrag sowie der Steigerungsbetrag – wird im Rahmen der Steuer-/Sozialversicherungsbestimmungen lohnsteuer- bzw. sozialversicherungsfrei gewährt. Die Abfindung wird entsprechend dem beigefügten Berechnungsbogen ermittelt und grundsätzlich in einem Betrag ausgezahlt.
…”
Im Rahmen der Frühpensionierungsregelung schloß die Klägerin mit dem damals 57 Jahre alten Beklagten an 5. Januar 1984 einen Aufhebungsvertrags zum 31. Juli 1984 mit folgenden Regelungen:
- „Das Arbeitsverhältnis von Herrn W. endet auf Veranlassung von B. GmbH in beiderseitigem Einvernehmen am 31. Juli 1984.
- Zum Ausgleich aller künftigen Nachteile durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalt Herr W. eine Abfindung in Höhe von (Infolge Tariferhöhung und Steuerklassenänderung) 46.000,– DM brutto.
- Die Abfindung wird entsprechend den Steuer-/Sozialversicherungsbestimmungen lohnsteuer-/sozialversicherungsfrei bzw. – pflichtig mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt.
- Herr W. verpflichtet sich, sich unverzüglich beim Arbeitsamt zu melden und den jeweiligen Aufforderungen des Arbeitsamtes nachzukommen.
Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zum Rentenbezug, so insbesondere nach Ablauf eines Jahres der Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres bat Herr W. einen Antrag auf Gewährung des vorgezogenen Altersruhegeldes beim zuständigen Rentenversicherungsträger zu stellen.
…”
Die Höhe der Abfindung wurde in einem Berechnungsbogen ermittelt. Ausgehend von 85 % des Nettomonatsverdienstes wurde ein Betrag für 24 Monate errechnet. Davon wurde Arbeitslosengeld nach der Steuerklasse III/O für 44 Wochen (je 360,– DM) abgesetzt. Der sich daraus ergebende Grundbetrag der Abfindung von 41.226,72 DM wurde um den Arbeitgeberzuschuß zur Krankenversicherung (4.774,– DM) erhöht, so daß sich der Gesamtbetrag der Abfindung auf 46.000,– DM stellte. Der Berechnungsbogen wurde dem Beklagten vor Abschluß des Aufhebungsvertrages erläutert.
Die Klägerin zahlte im Juli 1984 einen Teilbetrag der Abfindung in Höhe von 36.000,– DM. Nach seinem Ausscheiden meldete sich der Beklagte arbeitslos und bezog vom 20. November 1984 bis zum 30. Juni 1986 Arbeitslosengeld. Durch das Arbeitsförderungs- und Rentenversicherungs-Änderungsgesetz vom 20. Dezember 1984 (BGBl. I S. 1713) wurde der Anspruchszeitraum für den Bezug von Arbeitslosengeld von 12 auf 18 Monate verlängert. Aufgrund dieser Gesetzesänderung erhielt der Beklagte Arbeitslosengeld über den 25. September 1985 hinaus. Mit Schreiben vom 12. November und vom 5. Dezember 1985 machte das Arbeitsamt gegenüber der Klägerin die Erstattung von Arbeitslosengeld sowie die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung gemäß § 128 AFG für den Beklagten geltend, und zwar für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. November 1985 in Höhe von 10.418,90 DM. Die Klägerin zahlte am 19. Dezember 1985. Mit weiteren Schreiben vom 5. Mai und vom 25. September 1986 verlangte das Arbeitsamt auch Erstattung für den Zeitraum vom 1. Dezember 1985 bis zum 28. Juni 1986. Für diese Zeit hat die Klägerin bis jetzt noch nichts gezahlt.
Mit Schreiben vom 29. Januar 1985 teilte die Klägerin dem Beklagten folgendes mit:
„Grundlage der mit Ihnen getroffenen Regelung war u.a., daß Sie nach Ihrem Ausscheiden aus dem Anstellungsverhältnis am 31. Juli 1984 nach den seinerzeitigen gesetzlichen Regelungen bis zu 44 Wochen Arbeitslosengeld (312 Tage abzüglich 8 Wochen Sperre des Arbeitslosengeldes) beziehen können. Dies wurde auch bei der Ermittlung Ihrer Abfindungszahlung berücksichtigt (Berechnungsbogen für Frühpensionierungsregelung – 58er-Regelung). Nach der Frühpensionierungsregelung wird der Grundbetrag der Abfindung aus 85 % des Nettojahresverdienstes ermittelt.
Nach dem Arbeitsförderungs- und Rentenversicherungsänderungsgesetz vom 20. Dezember 1984 wurde die Höchstdauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um 6 Monate verlängert. Diese wesentliche Veränderung der beim Abschluß des Aufhebungsvertrages maßgebenden gesetzlichen Regelungen führt u.a. dazu, daß der Arbeitgeber der Bundesanstalt für Arbeit Erstattungsleistungen in Höhe des nach dem vollendeten 59. Lebensjahr gewährten Arbeitslosengeldes zuzüglich Renten- und Krankenversicherungsbeiträgen zu erbringen hätte.
Aufgrund dieser neuen Rechtslage erlauben wir uns Ihre Abfindungssumme neu zu berechnen. Die diesbezügliche Berechnung ersehen Sie aus der Anlage.”
In einem beiliegenden Schreiben berechnete die Klägerin die Abfindung des Beklagten neu und kam dabei zu dem Ergebnis, daß die Abfindung im Aufhebungsvertrag um 10.173,60 DM zu hoch berechnet worden sei. Diesem neu berechneten Anspruch stellte die Klägerin den noch nicht ausgezahlten Abfindungsbetrag von 10.000,– DM gegenüber und forderte vom Beklagten die Zahlung der Differenz von 173,60 DM. Der Beklagte widersprach. Später überwies die Klägerin den restlichen Abfindungsbetrag von 10.000,– DM. Nachdem der Beklagte nicht leistete, erhob die Klägerin Klage wegen eines Betrages vom 15.522,72 DM, den sie später auf 13.721,83 DM zurücknahm. Zwischen den Parteien herrscht Einvernehmen darüber, daß dieser Betrag dem Beklagten zusätzlich vom Arbeitsamt zugeflossen ist und daß er in der Aufhebungsvereinbarung vom 5. Januar 1984 nicht vorgesehen war. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin die Rückzahlung dieses Betrages vom Beklagten.
Für das Arbeitsverhältnis der Parteien galt kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bayerischen Metallindustrie vom 1. Dezember 1973 (MTV). In dessen § 17 heißt es u.a.:
„2. (I) Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis sind wie folgt schriftlich geltend zu machen:
- Ansprüche auf Zuschläge nach § 9 sofort, spätestens innerhalb von 2 Monaten nach Abrechnung der Gehaltsperiode, bei der sie hätten abgerechnet werden müssen,
- alle übrigen Ansprüche innerhalb von drei Monaten nach Ihrer Fälligkeit.
Die Geltendmachung ist vom Arbeitgeber schriftlich zu bestätigen …
(III) Ist ein Anspruch rechtzeitig erhoben worden und lehnt der Arbeitgeber seine Erfüllung ab, so hat der Angestellte den Anspruch innerhalb von sechs Monaten nach Ablehnung durch den Arbeitgeber geltend zu machen.
…
1. Protokollnotiz zu Ziff. 2:
Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, daß die Ziff. 2 sinngemäß auch für Ansprüche des Arbeitgebers gegenüber dem Angestellten gilt.”
Die Klägerin hat vorgetragen, der Rückforderungsanspruch ergebe sich aus der Betriebsvereinbarung vom 6. Juli 1983, jedenfalls aber nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Wäre eine Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes bei Abschluß des Aufhebungsvertrages bekannt gewesen, so wäre die Änderung des Bezugszeitraumes auch im Berechnungsbogen bei der Festsetzung der Abfindung berücksichtigt worden. Durch den Bezug von Arbeitslosengeld über den 25. September 1985 hinaus sei der Beklagte besser gestellt worden, als nach der Betriebsvereinbarung vorgesehen. Der Beklagte habe durch den Bezug der Abfindung und des Arbeitslosengeldes seit dem 26. September 1984 insgesamt 108,13 % seines bisherigen Nettojahresverdienstes erhalten. Rechne man noch die Rentenversicherungsbeiträge für diesen zusätzlichen Arbeitslosengeldbezugszeitraum hinzu, so ergebe sich sogar ein Prozentsatz von 111,78 %. Beide Parteien seien bei der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages davon ausgegangen, daß ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer von 12 Monaten bestehe. Die nachträgliche Gesetzesänderung sei für keine Partei voraussehbar gewesen. Dadurch hätten sich die tatsächlichen Verhältnisse anders gestaltet, als sich die Parteien dies übereinstimmend vorbestellt hätten. Durch die Gesetzesänderung sei für sie, die Klägerin, eine Mehrbelastung in der Größenordnung von fast 800.000,– DM eingetreten.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 13.721,83 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen, ein Rückforderungsanspruch stehe der Klägerin nicht zu. Aus dem Aufhebungsvertrag ergebe sich keine Verpflichtung zur Anpassung an die ab dem 1. Januar 1985 geltende Gesetzeslage. Es sei nicht Inhalt des Aufhebungsvertrages, daß er, der Kläger, bis zur Vollendung seines 60. Lebensjahres höchstens 85 % seines zuletzt verdienten Nettolohnes erhalten dürfe. Auch die Betriebsvereinbarung vom 6. Juli 1983 scheide als Anspruchsgrundlage aus. Diese habe lediglich die Voraussetzungen festgesetzt, unter denen nach dem Willen der Betriebspartner Arbeitsverhältnisse aufgelöst werden sollten.
Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage sei nicht eingetreten. Zwar sei es richtig, daß sich die tatsächlichen Verhältnisse durch die Gesetzesänderung verändert hätten. Dies führe jedoch nicht von selbst zu einer Anpassung oder Änderung der Vertragsabrede. Die für eine Änderung zu fordernde Opfergrenze sei auf Seiten der Klägerin durch die neue Gesetzeslage nicht erreicht worden.
Schließlich hat der Beklagte die Ansicht vertreten, die Klägerin habe ihre Forderung nicht innerhalb der tariflichen Ausschlußfrist des § 17 Nr. 2. b MTV erhoben.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 1.799,64 DM zu zahlen; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Hiergegen hat nur der Beklagte Revision eingelegt, mit der er sein Ziel der Klageabweisung in vollem Umfang weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin für den Leistungszeitraum vom 26. September bis zum 30. November 1985 nach den. Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage den Betrag von 1.799,64 DM zu zahlen. Der Beklagte schulde der Klägerin die Erstattung dieses Betrages als seinen Anteil an den von der Klägerin an die Bundesanstalt, für Arbeit erbrachten Zahlungen. Die mit Wirkung vom 1. Januar 1985 in kraft getretene Gesetzesänderung habe zur Folge, daß für den Beklagten der Zeitraum des Bezuges von Arbeitslosengeld nicht am 25. September 1985 geendet, sondern sich bis zum 25. März 1986 verlängert habe. Der Eintritt der neuen Rechtslage sei für beide Parteien im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages am 5. Januar 1984 nicht vorhersehbar gewesen. Der Aufhebungsvertrag sei von den Parteien vielmehr in dem Vertrauen geschlossen worden, daß die bestehende Gesetzeslage sich nicht ändern werde. Deshalb hätten die Parteien auch keine Anpassungsverpflichtung in den Aufhebungsvertrag aufgenommen. Eine solche Verpflichtung lasse sich auch nicht durch Auslegung ermitteln.
Das Landesarbeitsgericht hat als unstreitig festgestellt, der Beklagte habe insgesamt 13.721,83 DM mehr vom Arbeitsamt erhalten als nach dem Aufhebungsvertrag vorgesehen. Diesen Betrag müsse die Klägerin der Bundesanstalt für Arbeit erstatten. Setze man die im Aufhebungsvertrag vereinbarte Abfindung von 46.000,– DM in Relation zu der Mehrbelastung der Klägerin, eingetreten durch die Gesetzesänderung ab 1. Januar 1985, so ergebe sich, daß die Mehrbelastung etwa 30 % der Abfindungssumme ausmache. Dies bedeute eine schwere Äquivalenzstörung des Aufhebungsvertrages, die durch Anpassung beseitigt werden müsse. In Betracht komme dafür allerdings nur der Zeitraum vom 26. September bis zum 30. November 1985, für den die Klägerin nach ihrem unbestritten gebliebenen Vortrag 4.499,10 DM an das Arbeitsamt zusätzlich gezahlt habe. Hiervon müsse der Beklagte zwei Fünftel, nämlich 1.799,64 DM, tragen. Die durch den Aufhebungsvertrag der Klägerin tatsächlich verursachten Kosten hätten zu einer Besserstellung des Beklagten in Gestalt von 108 % bzw. 111 % seines früheren Arbeitseinkommens bei der Klägerin geführt. Ein Anteil des Beklagten von zwei Fünftel an der zusätzlichen Leistung der Klägerin an das Arbeitsamt führe seine Gesamtbezüge lediglich auf 100 % seines fiktiven Arbeitseinkommens im gleichen Zeitraum zurück. Das erscheine als billiger Ausgleich der von beiden Parteien zu tragenden Risiken.
Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg.
II. Die Geschäftsgrundlage für den Abfindungsvertrag ist durch spätere Gesetzesänderung teilweise entfallen.
1. Geschäftsgrundlage sind die bei Abschluß des Vertrages zu Tage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen einer Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien hierauf aufbaut (vgl. statt vieler BAGE 52, 273, 276 = AP Nr. 7 zu § 242 BGB Geschäftsgrundlage, zu 2 b der Gründe, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Bei gegenseitigen Verträgen ist in der Regel die Vorstellung der Parteien von der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung Geschäftsgrundlage. Zu den Umständen, die zu einer Störung des Äquivalenzverhältnisses führen können, gehören auch spätere, in dieser Form nicht erwartete Gesetzesänderungen (vgl. nur BAG Urteil vom 9. Juli 1985 – 3 AZR 546/82 – AP Nr. 6 zu § 1 BetrAVG Ablösung, besonders zu I 2. b (2) der Gründe, m.w.N.). Fehlt es in einem solchen Fall an besonderen Vorschriften und fällt die Störung nicht ausschließlich in den Risikobereich einer Partei, hat nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach Treu und Glauben eine Anpassung an die neue Rechtslage zu erfolgen, etwa durch Gewahrung eines Ausgleichsanspruchs. Allerdings muß die Äquivalenzstörung erheblich sein. Unwesentliche Änderungen bleiben außer Betracht.
2. In vorliegendem Fall ist durch eine spätere Gesetzesänderung eine Störung im Äquivalenzverhältnis zwischen der von den Parteien bei Vertragsabschluß vorgestellten Leistungs- und Gegenleistungslage eingetreten. Der Beklagte hat durch weitere Leistungen des Arbeitsamts ungefähr 30 % mehr an Gegenwert erhalten als im Abfindungsvertrag vorgesehen und vereinbart war. Das hat deswegen zu einer erheblichen Äquivalenzstörung geführt, weil die Klägerin aufgrund der nachvertraglichen Gesetzesänderung verpflichtet wurde, die zusätzlich in das Vermögen des Beklagten geflossene Leistung der Bundesanstalt für Arbeit zu erstatten.
III. Durch den teilweisen Wegfall der Geschäftsgrundlage ist ein Ausgleichsanspruch der Klägerin entstanden.
Die Parteien haben die Leistungen des Arbeitsamtes bei Abschluß des Abfindungsvergleichs als festen Berechnungsposten eingesetzt und sind auf diese Weise zu Leistungen an den Beklagten in Höhe von 85 % seines Nettolohnes gelangt. Durch die weiteren Zahlungen des Arbeitsamtes ist der Beklagte auf einen Satz von 108 % bzw. 111 % seines Nettolohnes gekommen. Da dies letztlich auf Kosten der Klägerin geschehen ist, steht dieser ein Anspruch auf Ausgleich zu. Ein solcher kann nicht darin gefunden werden, daß die Klägerin an der Verpflichtung festgehalten wird, die zusätzlichen Leistungen an Arbeitslosengeld für den Beklagten allein zu tragen. Andererseits kann vom Beklagten nicht erwartet werden, die durch Gesetz eingeführte Verpflichtung der Klägerin seinerseits zu übernehmen.
Das Landesarbeitsgericht ist zu den Ergebnis gelangt, der Beklagte habe die Belastungen der Klägerin in dem Umfang auszugleichen, daß er so gestellt werde, wie wenn er 100 % seines Nettoeinkommens bis zum Eintritt in den vorgezogenen Ruhestand weiter erhalten hätte. Dieses Ergebnis berücksichtigt die beiderseitigen Interessen und ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
IV. Da der Beklagte im Zeitpunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage schon lange aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war, Kommt eine Beteiligung der Betriebsvertretung (hier wohl des Konzernbetriebsrats) an dam Verlangen der Klägerin auf Anpassung nicht in Betracht.
V. Der Anpassungsanspruch der Klägerin wird von der Verfallklausel des § 17 Nr. 2 I und III des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bayerischen Metallindustrie vom 1. Dezember 1973 (MTV) nicht erfaßt. Danach verfallen alle übrigen Ansprüche (neben den Ansprüchen auf Zuschläge) innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit. Bei dem Anspruch der Klägerin handelt es sich jedoch nicht um einen Anspruch aus dem Arbeitsvertrag oder dem Arbeitsverhältnis. Unter den Begriff der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis fallen alle vertraglichen und gesetzlichen Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben (vgl. nur BAGE 43, 339, 345 = AP Nr. 37 zu § 611 BGB Ärzte, Gehaltsansprüche, zu 2 b der Gründe). Bei derartigen Ansprüchen sind die Parteien des Arbeitsvertrages Gläubiger und Schuldner, der Anspruch richtet sich immer gegen den Arbeitgeber oder gegen den Arbeitnehmer in eben dieser Eigenschaft. Dagegen ist vorliegend der Klageanspruch entstanden lange nachdem die Parteien ihre arbeitsrechtlichen Beziehungen durch Aufhebungsvertrag beendet hatten. Entstehungsgrund war eine spätere Gesetzesänderung. Der Entstehungsbereich des Anpassungsanspruchs der Klägerin ist daher nicht das Arbeitsverhältnis, sondern die sich aus der späteren Gesetzesänderung ergebende Rechtslage. Daß der Klageanspruch in einem logischen Zusammenhang mit dem früheren Arbeitsverhältnis des Beklagten steht, verleiht ihm noch nicht den Charakter eines Anspruchs aus dem Arbeitsverhältnis.
Unterschriften
Dr. Thomas, Dr. Gehring, Dr. Olderog, Arntzen, Kessel
Fundstellen