Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuweisung einer anderen Tätigkeit
Normenkette
BGB § 611; BetrVG § 95 Abs. 3
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Urteil vom 07.12.1990; Aktenzeichen 13 Sa 424/90) |
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 27.09.1989; Aktenzeichen 14 Ca 92/89) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 7. Dezember 1990 – 13 Sa 424/90 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger nach einem von der Beklagten angeordneten Wechsel der Arbeit verlangen kann, mit der bisherigen Arbeit weiterbeschäftigt zu werden.
Der Kläger ist promovierter Diplom-Chemiker. Er ist seit dem 1. April 1976 im G -Institut, einer von etwa 60 rechtlich unselbständigen Einrichtungen des beklagten Vereins, als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt. Aufgabe des G -Instituts ist die nach wissenschaftlichen Kriterien gegliederte und übersichtliche Darstellung des gesamten Wissensstoffes der anorganischen Chemie. Hierzu gibt das Institut das sog. G -Handbuch heraus, ein Werk von derzeit etwa 570 Bänden, das eine geschlossene Beschreibung des Erkenntnisstandes der Wissenschaft auf den Gebieten der Chemie und Physik eines chemischen Elementes und seiner Verbindungen nach dem G -Prinzip bietet. Die Handbuchherstellung, die sich auf einen mehrjährigen Zeitraum für jeden Band erstreckt, stellt sich vom Arbeitsablauf dergestalt dar, daß die Leitung des G -Instituts zunächst einem Hauptredakteur den Auftrag für die Erstellung eines Handbuches über ein bestimmtes Element oder bestimmte Verbindungsgruppen erteilt. Zu diesem Zeitpunkt liegen bereits erste Übersichten und Schätzungen über die zu verarbeitende Literatur vor, so daß eine grobe Aufwandsabschätzung möglich ist. Entsprechend den vorliegenden Informationen erstellt der Hauptredakteur eine Projektstruktur und weist Teilaufgaben den dem Projekt zugeordneten Autoren zu. Aufgabe der Autoren ist es, ein Manuskript zu erstellen, das den Stand der Wissenschaft auf dem jeweiligen Gebiet beschreibt. Die erstellten Manuskripte werden von einem Fachredakteur unter Berücksichtigung vorliegender Literatur überprüft und falls notwendig, fachlich korrigiert. Die Druckfahnen werden vom Autor, Fach- und Hauptredakteur nachgelesen und gegebenenfalls korrigiert, wobei bei größeren Manuskripten auch noch Änderungen eingebracht werden können.
Grundlage der Beschäftigung des Klägers ist der Vertrag vom 10. März 1976, wonach der Kläger als wissenschaftlicher Mitarbeiter eingestellt ist. In dem Vertrag, der eine Verweisung auf den Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) enthält, ist vereinbart, daß der Kläger nach der überwiegend auszuübenden Tätigkeit in VergGr. W I b BAT eingereiht wird. Die Einzelheiten seiner Arbeit ergeben sich aus einer dem Arbeitsvertrag beigefügten Arbeitsplatzbeschreibung für Handbuchautoren und -redakteure der VergGr. I b. In der Regel ist jeder Autor einer nach Fachgebieten unterteilten Arbeitsgruppe zugewiesen, die von einem Hauptredakteur geleitet wird. Bis zum Sommer 1984 arbeitete der Kläger u.a. an dem Projekt „Selenium B 2”. Anschließend wurde er mit neuen Aufgaben für das anlaufende Projekt „Phosphorus Supplement Volume B 1” betraut. Diese Arbeit wurde 1985 unterbrochen. Es wurden dem Kläger andere wissenschaftliche Arbeiten zugewiesen. Dabei ist streitig, ob der Kläger dies nur unter Vorbehalt hinnahm. Ab September 1986 setzte der Kläger die Arbeiten am Phosphor-Projekt fort. Nachdem die Beklagte sich entschlossen hatte, dem bisherigen Gruppenleiter der Arbeitsgruppe des Klägers die Redaktion der „Phosphorus-Bände” zu entziehen, und damit auch die Redaktion der vom Kläger erstellten Manuskripte in die Hände des Dr. von J. zu legen, übersandte sie dem Kläger unter dem 26. Januar 1989 ein Schreiben, über dessen arbeitsrechtliche Auswirkungen die Parteien nunmehr streiten. In diesem Schreiben heißt es unter Bezugnahme auf eine Unterredung u.a.:
„….In der Unterredung, die ich mit Ihnen am 9. Januar 1989 geführt habe, ist Ihre Mitarbeit an der redaktionellen Überarbeitung Ihres Manuskripts durch Herrn Dr. von J. erneut Gegenstand der Diskussion geworden. Sie haben erklärt,…, daß Sie sich alle Mühe geben werden, den Anweisungen von Herrn Dr. von J. entsprechend, Ihr Manuskript in Ordnung zu bringen. In diesem Gespräch habe ich Ihnen mitgeteilt, daß nach Abschluß Ihrer Arbeiten am Band „Phosphorus Supplement”, Vol. 1, Sie in der Gruppe von Herrn Dr. Schr. am Silicium-Projekt als Autor mitarbeiten werden.
Da wir uns entschlossen haben, die Arbeiten am Phosphor-Projekt zurückzustellen, ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, an dem Sie Ihre Tätigkeit in der Arbeitsgruppe von Herrn Dr. Schr. übernehmen. Ich bitte Sie daher, sich umgehend an Herrn Dr. Schr. zu wenden, damit Ihnen Aufträge für Ihre Autoren-Tätigkeit erteilt werden….”
Dem im G -Institut errichteten Betriebsrat wurde das vorbezeichnete Schreiben unter dem 1. Februar 1989 übersandt.
Mit seiner am 7. März 1989 erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen die von der Beklagten angeordnete Maßnahme, die nach seiner Ansicht wegen Überschreitung des Weisungsrechts unwirksam ist. Er meint, die Zuweisung eines anderen Arbeitsgebietes sei nicht möglich, da sich der Inhalt seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung auf das Projekt „Phosphor” konzentriert habe. Ohne Ausspruch einer Änderungskündigung, zu der auch der Betriebsrat zu hören gewesen wäre, hätte die Beklagte ihn nicht der Arbeitsgruppe von Dr. Schr. zuweisen dürfen. Unwirksam sei die Zuweisung auch deshalb, weil es sich hierbei um eine mitbestimmungspflichtige Versetzung handele, der der Betriebsrat nicht zugestimmt habe. Insoweit könne sich die Beklagte auch nicht auf einen Tendenzschutz berufen. Weder sei das Institut Tendenzbetrieb, noch sei er Tendenzträger. Im übrigen hat er den Vortrag der Beklagten bestritten, wonach die Weiterführung des Projektes „Phosphor” dauerhaft zurückgestellt worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihn als Autor und Fachredakteur im Rahmen des Phosphor-Projektes zu unveränderten Arbeitsbedingungen zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, die Zuweisung eines anderen Projektes sei auf der Grundlage ihres arbeitsvertraglichen Weisungsrechtes im Verhältnis zum Kläger nicht zu beanstanden, da der Kläger nach wie vor als wissenschaftlicher Autor und Fachredakteur beschäftigt werde. Ihr Recht, dem Kläger Aufgaben zuzuweisen, sei nicht dadurch eingeschränkt, daß sich seine Tätigkeit auf die Arbeit an einem bestimmten Projekt konkretisiert habe. In der von ihr angeordneten Maßnahme liege auch keine Versetzung im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne, da sich der Gegenstand der geforderten Arbeitsleistungen im Hinblick auf die vom Kläger nach seinem Arbeitsvertrag auszuführenden Tätigkeiten und das Gesamtbild der Tätigkeit nicht geändert habe. Selbst bei anderer Beurteilung dieser Frage habe eine Versetzung nicht der Zustimmung des Betriebsrats bedurft, weil ihr – der Beklagten – das Zustimmungserfordernis ausschließender Tendenzschutz zuerkannt werden müsse und der Kläger Tendenzträger ihres Betriebes sei. Auch die vorläufige Einstellung der Arbeiten am „Phosphor-Band” und die Zuweisung an ein anderes Projekt sei tendenzbezogen.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts, während die Beklagte um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Anweisung der Beklagten an den Kläger, künftig am Silicium-Projekt mitzuarbeiten, ist wirksam.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, daß die an den Kläger gerichtete Weisung, am Silicium-Projekt zu arbeiten, nicht gegen den Inhalt seines Arbeitsvertrages verstößt.
1. Der Arbeitsvertrag der Parteien beschreibt die Tätigkeit des Klägers als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Eine nähere Umschreibung des Aufgabenbereiches enthält nach den den Senat nach § 561 ZPO bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die dem Arbeitsvertrag beigefügte Arbeitsplatzbeschreibung. Aus ihr ergibt sich, daß der Kläger nicht nur als Autor, sondern auch als Redakteur des G -Handbuchs eingesetzt werden sollte. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Urteil ausgeführt, daß der Kläger nach wie vor im Rahmen der Tätigkeitsbeschreibung, und damit als Autor und Redakteur beschäftigt wird.
a) Die gegen diese tatsächliche Feststellung gerichtete Rüge der Revision ist nicht begründet. Der Kläger rügt, das Landesarbeitsgericht habe das Schreiben der Beklagten vom 26. Januar 1989 nicht vollständig gewürdigt. Nach diesem Schreiben sei ihm lediglich die Tätigkeit eines Autors am Silicium-Projekt zugewiesen worden. Teilaufgaben, die eines Fachredakteurs, seien ihm damit entzogen worden.
Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, daß sich die Aufgabe des Klägers als wissenschaftlicher Mitarbeiter und seine Verantwortung nicht geändert haben. Die Art seiner Tätigkeit sei die gleiche geblieben. Unstreitig sei der Kläger nach wie vor im Rahmen der Tätigkeitsbeschreibung tätig. Einen Antrag auf Berichtigung dieser tatsächlichen Feststellung hat der Kläger nicht gestellt. Der Kläger hat zu keiner Zeit geltend gemacht, daß ihm die Aufgaben eines Fachredakteurs bei dem Silicium-Projekt nicht oblägen. Sein gesamtes Vorbringen lief darauf hinaus, daß ihm die Beklagte nicht ohne eine Änderungskündigung die Arbeiten am Phosphor-Projekt entziehen könne. Bei dieser Sachlage hatte das Landesarbeitsgericht keinen Anlaß, dem Schreiben der Beklagten vom 26. Januar 1989 zu entnehmen, daß dem Kläger die Aufgaben eines Fachredakteurs nunmehr nicht mehr zugewiesen seien.
b) Damit ist auch die Rüge der Revision unbegründet, das Landesarbeitsgericht habe gegen § 139 ZPO verstoßen, weil es den Sachverhalt insoweit nicht weiter aufgeklärt und ihn nicht zu seinen Aufgaben am Silicium-Projekt befragt habe. Dazu bestand für das Landesarbeitsgericht nach dem eigenen Vortrag des Klägers kein Anlaß. In den Vorinstanzen war zwischen den Parteien nur die Änderung des Fachgebietes im Streit. Wenn der Kläger nunmehr geltend macht, er werde am Silicium-Projekt nur als Autor beschäftigt, so handelt es sich dabei um neues tatsächliches Vorbringen, das in der Revisionsinstanz nicht mehr berücksichtigt werden kann.
2. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, daß die Zuweisung eines anderen Fachgebietes mit dem Arbeitsvertrag des Klägers im Einklang steht. Weder im Arbeitsvertrag noch in der Arbeitsplatzbeschreibung wird die Mitarbeit des Klägers in einem bestimmten Fachgebiet des Handbuches erwähnt.
a) Ist in einem Arbeitsvertrag die Tätigkeit nur rahmenmäßig umschrieben, wie vorliegend durch die Bezeichnung als wissenschaftlicher Mitarbeiter, hat jeder Arbeitgeber kraft seines Weisungsrechts die Befugnis, die Leistungspflicht des Arbeitnehmers im einzelnen festzulegen. Auf der Grundlage dieses Weisungsrechts bestimmt der Arbeitgeber Zeit, Ort und auch die Art der Arbeitsleistung (BAGE 33, 71, 75 = AP Nr. 26 zu § 611 BGB Direktionsrecht, zu III 1 der Gründe, m.w.N.). Umfang und Grenzen dieses Weisungsrechts ergeben sich aus Gesetz, Kollektivvereinbarungen und dem Einzelarbeitsvertrag. Darüber hinaus darf das Weisungsrecht nur nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) ausgeübt werden.
Die Weisung der Beklagten verletzt keine der genannten Grenzen.
Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, daß der Vertrag der Parteien keine Beschränkung der Beschäftigung auf ein bestimmtes Gebiet der anorganischen Chemie enthält und daß eine solche Schranke auch nicht aus den speziellen Fachkenntnissen des Klägers abgeleitet werden kann. Die Vertragsgestaltung spricht sogar eher gegen eine fachspezifische Einschränkung, weil es sich – was zwischen den Parteien unstreitig ist – bei dem Phosphor-Band, wie bei jedem anderen Teil des Handbuches, um ein Projekt handelt, das nach mehrjähriger Arbeit als Buch erscheinen wird. Die Parteien haben nicht vereinbart, daß das Arbeitsverhältnis mit Abschluß der Arbeit beendet werden sollte. Der Kläger hat auch nach Beendigung des Selen-Bandes weitere Aufgaben in anderen, wenn auch artnahen Fachbereichen übernommen. Damit ist aber zugleich klargestellt, daß sich die Beschäftigung des Klägers nicht auf ein Fachgebiet, zuletzt das Phosphor-Projekt, konkretisierte, wodurch etwa das Weisungsrecht der Beklagten eingeschränkt worden wäre (BAG Urteil vom 12. April 1973 – 2 AZR 291/72 – AP Nr. 24 zu § 611 BGB Direktionsrecht).
Die Beklagte war daher durch den Arbeitsvertrag des Klägers nicht gehindert, dem Kläger Arbeiten an einem anderen Projekt zuzuweisen. Aus welchen Gründen sie diese Entscheidung traf, ist unerheblich, so daß es auch nicht darauf ankommt, ob das Phosphor-Projekt vorübergehend oder ganz eingestellt worden ist.
II. Dem Landesarbeitsgericht ist auch darin zu folgen, daß in der Anordnung der Beklagten keine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG liegt, die der Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG bedurft hätte.
Nach § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist Versetzung die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.
1. Dabei liegt nach der Rechtsprechung des Senats die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches dann vor, wenn dem Arbeitnehmer ein neuer Tätigkeitsbereich zugewiesen wird, so daß der Gegenstand der nunmehr geforderten Arbeitsleistung ein anderer wird und sich das Gesamtbild der Tätigkeit des Arbeitnehmers ändert (BAG Beschluß vom 10. April 1984 – 1 ABR 67/82 – AP Nr. 4 zu § 95 BetrVG 1972; zuletzt: BAG Beschluß vom 19. Februar 1991 – 1 ABR 33/90 – n.v.). Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei einer Versetzung in diesem Sinne ist nicht davon abhängig, ob die angeordnete Maßnahme dem Arbeitnehmer gegenüber individual-rechtlich zulässig, also vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt ist. Der betriebsverfassungsrechtliche Versetzungsbegriff erfaßt auch Maßnahmen, die im betrieblichen Sprachgebrauch „Umsetzung” genannt werden, und die in den Grenzen des arbeitsvertraglich Zulässigen Ort und/oder Art der Tätigkeit bestimmen (BAG Beschluß vom 26. Mai 1988 – 1 ABR 18/87 – AP Nr. 13 zu § 95 BetrVG 1972).
Ob ein anderer Tätigkeitsbereich zugewiesen wurde, beurteilt sich – wie der Senat in dem genannten Beschluß vom 26. Mai 1988 ausgeführt hat – ausschließlich nach den objektiv vorliegenden tatsächlichen Verhältnissen im Betrieb. Es kommt darauf an, ob sich die Tätigkeiten des Arbeitnehmers vor und nach der Zuweisung so voneinander unterscheiden, daß die neue Tätigkeit in den Augen eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters als eine andere angesehen werden kann. Der Begriff des Arbeitsbereiches wird in § 81 BetrVG durch die Aufgabe und Verantwortung sowie die Art der Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebes umschrieben. Welche Arbeitsbereiche in einem Betrieb vorhanden sind, ergibt sich aus der jeweils geltenden Organisation des Betriebes. In jedem Arbeitsbereich treten ständig Änderungen ein, die die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers nach § 81 BetrVG auslösen. Nicht jede dieser Veränderungen stellt jedoch eine Versetzung dar, die der Zustimmung des Betriebsrats bedarf. Die Veränderung muß so erheblich sein, daß ein anderer Arbeitsbereich angenommen werden kann, das Gesamtbild der Tätigkeit des Arbeitnehmers muß sich geändert haben.
2. Das Landesarbeitsgericht hat diese Grundsätze seiner Entscheidung zugrunde gelegt und eine Versetzung des Klägers durch Zuweisung an das Silicium-Projekt verneint. Dabei hat es als maßgeblich erachtet, daß sich die Aufgabe des Klägers als wissenschaftlicher Mitarbeiter, die Art seiner Tätigkeit im Rahmen seiner Tätigkeitsbeschreibung sowie seine Verantwortung nicht geändert haben.
a) Allerdings kann, wie das Landesarbeitsgericht auch gesehen hat, eine Änderung in der Stellung innerhalb der betrieblichen Organisation ebenfalls eine Versetzung darstellen (BAG Beschluß vom 10. April 1984 – 1 ABR 67/82 – AP Nr. 4 zu § 95 BetrVG 1972, zu B 4 der Gründe). Davon ist nach dieser Entscheidung auszugehen, wenn es für den betroffenen Arbeitnehmer zu einer ihn berührenden Änderung der organisatorischen Umwelt kommt, sei es, daß er mit neuen Arbeitskollegen zusammenarbeiten muß, sei es, daß er seine Arbeitsaufgabe – mag diese auch gleichgeblieben sein – innerhalb einer anderen Arbeitsorganisation erbringen muß.
Das Landesarbeitsgericht hat hierzu die Ansicht vertreten, auch der Wechsel des Vorgesetzten und der Arbeitsgruppe bewirke keine Veränderung, die so erheblich ist, daß von einer Änderung des „Gesamtbildes der Tätigkeit” des Klägers gesprochen werden könne. Der Kläger arbeite nach wie vor an der Erstellung des Handbuchs als Autor und Fachredakteur mit. Der Wechsel der Arbeitsgruppe, der sich aus der Natur dieser Tätigkeit ergibt, falle in den Schwankungsbereich, dem eine solche Tätigkeit normalerweise unterworfen ist. Auch der Wechsel des Hauptredakteurs könne vernachlässigt werden.
Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts folgt der Senat. Zwar hat der Wechsel der Arbeitsgruppe zur Folge, daß der Kläger jetzt mit anderen Kollegen zusammenarbeitet. Bei dieser Betrachtung muß jedoch die Art der Tätigkeit des Klägers, die sich ganz überwiegend auf die Erstellung von Manuskripten erstreckt, berücksichtigt werden. Es handelt sich dabei um eine eigenständige Arbeit, bei der der Kläger – wie er selbst einräumt – auf fachlicher Ebene nur durch Meinungsaustausch innerhalb der Gruppe verbunden ist. Es handelt sich also nicht um besondere Gruppenarbeiten. Damit tritt die fachliche Verbindung in den Vordergrund gegenüber einer organisatorischen Zusammengehörigkeit. Daher kann dem Landesarbeitsgericht auch in der Annahme gefolgt werden, der Gruppenwechsel bewege sich im „normalen Schwankungsbereich”, was zudem dadurch belegt wird, daß es für den Kläger nicht der erste Wechsel ist. Er hat schon nach Beendigung des ersten Projektes die Gruppe gewechselt. Letztlich greift der Kläger diese Würdigung des Berufungsgerichts in seiner Revisionsbegründung auch nicht an.
b) Er wendet vielmehr ein, eine Änderung des Gesamtbildes der Tätigkeit ergebe sich aus der Unterbrechung des begonnenen Projektes und dem Erfordernis einer erneuten Einarbeitung, wobei von ihm grundlegend andere Fachkenntnisse verlangt würden. Darauf kommt es jedoch nicht an.
Zwar hat der Kläger zugegebenermaßen nach seinem beruflichen Werdegang, dem Inhalt seiner Diplomarbeit und seiner Dissertation spezielle Fachkenntnisse erlangt. Die ihm jetzt zugewiesene Arbeit am Silicium-Projekt erfordert durch den Wechsel des Leitelements andere Fachkenntnisse. Bei der umfassenden Ausbildung des Klägers als Diplom-Chemiker ist aber nicht anzunehmen, es handele sich um grundlegend andere Fachkenntnisse. Die Aufgabenstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter ist nach dem Arbeitsvertrag nebst Tätigkeitsbeschreibung und der tatsächlichen Handhabung auf einen Projektwechsel und damit auch auf einen Wechsel der zu bearbeitenden chemischen Elemente ausgerichtet. Das wird auch durch den früheren Wechsel des Klägers in ein anderes Projekt belegt.
Das Landesarbeitsgericht hat daher zutreffend entschieden, daß sich durch die Zuweisung an das Silicium-Projekt keine Änderung im Gesamtbild der Tätigkeiten des Klägers ergeben hat, und weder der Gegenstand der jetzt geforderten Arbeitsleistung noch der Inhalt seiner Arbeitsaufgabe ein anderer geworden ist. Die angeordnete Maßnahme ist daher nicht wegen eines Verstoßes gegen Beteiligungsrechte des Betriebsrats unwirksam. Die Klage ist daher unbegründet, so daß die Revision des Klägers zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Unterschriften
Dr. Kissel, Matthes, Dr. Weller, Gnade, Heisler
Fundstellen