Entscheidungsstichwort (Thema)
Bodenbeschichtungen mit Kunststoff als bauliche Leistung
Leitsatz (redaktionell)
Bodenbeschichtungen aus Kunststoff kein Verlegen von Bodenbelägen (Fortführung von BAG Urteil vom 19. April 1989 – 4 AZR 657/88 –; im Anschluß an Senatsurteil vom 7. April 1993 – 10 AZR 618/90 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
Normenkette
Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12. November 1986 i.d.F. vom 6. Januar und 22. Dezember 1989 § 1 Abs. 2, § 27
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Urteil vom 31.08.1992; Aktenzeichen 16 Sa 136/92) |
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 17.12.1991; Aktenzeichen 1 Ca 1986/90) |
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 31. August 1992 – 16 Sa 136/92 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten der Revision.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin (ZVK) ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Sie nimmt die Beklagte auf Zahlung von Beiträgen für die Monate November 1989 bis Januar 1990 in Anspruch.
Die Beklagte unterhält einen Betrieb, in dem Bodenbeschichtungen ausgeführt werden. Jedenfalls im Klagezeitraum bestand die Tätigkeit der Beklagten darin, daß von den Arbeitnehmern auf bereits vorhandenen Unterböden, die überwiegend aus Beton bestanden, flüssiger Kunststoff aufgeschüttet und anschließend mit Traufel und Rakel verstrichen wurde, der zuvor aus mehreren Komponenten an Ort und Stelle gemischt worden war. Im Zuge der Erhärtung verbindet sich der Kunststoffauftrag fest mit dem Unterboden. Die einzelnen Komponenten der aufzutragenden Kunststoffmasse bestimmen sich nach dem vorgesehenen Aussehen und der geforderten Beschaffenheit der aufgetragenen Bodenschicht. Die Mischung der einzelnen Komponenten zu der aufzutragenden Mischung nimmt mehr Arbeitszeit in Anspruch als das anschließende Aufschütten und Verstreichen der Masse – nach Vorbringen der Beklagten etwa 2/3 –.
Die ZVK ist der Ansicht, die Beklagte erbringe durch das Beschichten von Böden mit einer Kunststoffschicht eine bauliche Leistung. Sie sei daher ein Baubetrieb, der dem betrieblichen Geltungsbereich des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12. November 1986 i.d.F. vom 6. Januar und 22. Dezember 1989 unterfällt. Sie nimmt im vorliegenden Verfahren die Beklagte auf Zahlung der Sozialkassenbeiträge für November 1989 bis Januar 1990 in Anspruch und hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.548,76 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, ihr Betrieb werde nicht vom Geltungsbereich der Bautarifverträge erfaßt. Ihre Tätigkeit sei am ehesten zu vergleichen mit dem Verlegen von Teppichböden oder Kunststoffplanen oder -platten. Ihr Betrieb gehöre zum Raumausstattergewerbe. Sie macht weiter geltend, die ZVK habe ein Unternehmen im Nürnberger Raum, das in noch größerem Umfange als sie selbst die gleiche Tätigkeit verrichte, nicht zur Beitragszahlung herangezogen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiter ihren Antrag auf Abweisung der Klage, während die ZVK um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
Die Parteien des vorliegenden Verfahrens haben in dem Verfahren vor dem Senat – 10 AZR 618/90 – um die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung von Auskünften über die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und die Höhe der geschuldeten Beiträge zu den Sozialkassen für die Monate Februar bis Oktober 1989 und damit in gleicher Weise über die Zugehörigkeit des Betriebs der Beklagten zum Baugewerbe gestritten. Durch Urteil des Senats in diesem Verfahren ist die Verpflichtung der Beklagten zur Auskunftserteilung bejaht und zur Begründung ausgeführt worden, daß die Beklagte bauliche Leistungen i.S. des Verfahrenstarifvertrages erbringt und nicht als Betrieb des Maler- und Lackiererhandwerks vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages ausgenommen ist. Auf die Begründung des den Parteien bekannten Urteils wird Bezug genommen.
Das Vorbringen der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit, das einen unmittelbar anschließenden Zeitraum betrifft, rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Wenn die Beklagte in diesem Verfahren vorgetragen hat, das Mischen der aufzutragenden Kunststoffmasse an Ort und Stelle nehme 2/3 der Arbeitszeit in Anspruch, während auf das Auftragen und Verstreichen der Masse nur 1/3 der Zeit verwendet werde, so rechtfertigt auch dies keine andere Beurteilung.
Betriebe, die nicht lagerfähige Baustoffe, insbesondere Beton- und ähnliche Mischungen herstellen, werden nach § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 17 VTV auch dann vom Geltungsbereich des Verfahrenstarifvertrags erfaßt, wenn diese hergestellten Mischungen überwiegend auf eigenen Baustellen verwendet werden. Die Beklagte verwendet nicht nur überwiegend, sondern die gesamte von ihr jeweils hergestellte Mischung der Kunststoffmasse auf eigenen Baustellen. Das Mischen der Kunststoffmassen stellt daher nur eine notwendige Zusammenhangstätigkeit dar, die nichts daran ändert, daß der Betrieb der Beklagten, wie auch der Firmenname ausweist, Böden aus einer Kunststoffschicht aufbringt und damit bauliche Leistungen erbringt.
Soweit die Beklagte im Termin vor dem Senat vorgetragen hat, sie verlege (jetzt?) auch vorgefertigte Kunststoffplatten, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, das vom Senat im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden kann.
Darüber hinaus hat die Beklagte auch nicht vorgetragen, daß sie schon in den Monaten November 1989 bis Januar 1990 solche Platten verlegt hat und daß das Verlegen solcher Platten überwiegend geschah.
Wenn die Beklagte schließlich darauf verweist, daß die ZVK ein Unternehmen aus dem Nürnberger Raum nicht zur Beitragszahlung heranziehe, obwohl dieses Unternehmen in größerem Umfange Bodenbeschichtungen mit einer Kunststoffmasse ausführt, steht dies dem Beitragsanspruch noch nicht entgegen. Der Umstand allein, daß dieses Unternehmen auch eine Tätigkeit wie die Beklagte entfaltet, besagt für sich allein noch nicht, daß dieses Unternehmen ebenfalls vom Geltungsbereich des Verfahrenstarifvertrages erfaßt wird. Entscheidend ist insoweit der Anteil dieser Tätigkeit an der Gesamttätigkeit des Betriebes, zu dem die Beklagte nichts vorgetragen hat.
Das Landesarbeitsgericht hat daher einen Beitragsanspruch der ZVK für den Zeitraum von November 1989 bis Januar 1990 zu Recht bejaht. Ob die Beklagte für einen späteren Zeitraum aufgrund einer geänderten betrieblichen Tätigkeit noch Beiträge schuldet, war im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.
Die Kosten der Revision hat nach § 97 ZPO die Beklagte zu tragen.
Unterschriften
Matthes, Dr. Freitag, Hauck, Plenge, Hickler
Fundstellen