Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Freizeitausgleich. Überstundenvergütung
Leitsatz (redaktionell)
vgl. Urteil vom 20. Juli 1989 – 6 AZR 774/87 – unveröffentlicht
Normenkette
BAT § 17 Abs. 1, 5, § 70; SR 2 c BAT Nr. 8; ZPO § 138 Abs. 3; BGB § 814
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 28.01.1988; Aktenzeichen 3 Sa 728/87) |
ArbG Aachen (Urteil vom 05.03.1987; Aktenzeichen 6 Ca 2096/86) |
Tenor
1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 28. Januar 1988 – 3 Sa 728/87 – wird zurückgewiesen.
2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über restliche Vergütung für vom Kläger in den Jahren 1984 und 1985 geleistete Bereitschaftsdienstzeiten und Überstunden.
Der Kläger ist seit dem 2. Mai 1984 bei den Medizinischen Einrichtungen der R. als Assistenzarzt tätig. Nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 17. Mai 1984 finden auf das Arbeitsverhältnis der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge Anwendung.
§ 17 BAT in der bis zum 31. Dezember 1986 geltenden Fassung hat – soweit es hier interessiert – folgenden Wortlaut:
„(1) Überstunden sind die auf Anordnung geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 15 Abs. 1 bis 4 und die entsprechenden Sonderregelungen hierzu) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen. …
…
(5) Überstunden sind grundsätzlich bis zum Ende des nächsten Kalendermonats durch entsprechende Arbeitsbefreiung auszugleichen. Für die Zeit, in der Überstunden ausgeglichen werden, werden die Vergütung (§ 26) und die in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen fortgezahlt. Im übrigen wird für die ausgeglichenen Überstunden nach Ablauf des Ausgleichszeitraumes lediglich der Zeitzuschlag für Überstunden (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a) gezahlt. Für jede nicht ausgeglichene Überstunde wird die Überstundenvergütung (§ 35 Abs. 3 Unterabs. 2) gezahlt.”
Hinsichtlich des Bereitschaftsdienstes bestimmt Nr. 8 der Sonderregelungen für Angestellte als Ärzte und Zahnärzte an den in den SR 2 a und SR 2 b genannten Anstalten und Heimen (SR 2 c BAT) unter anderem folgendes:
„(2) Zum Zwecke der Vergütungsberechnung wird die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit wie folgt als Arbeitszeit gewertet:
…
(3) Für die nach Absatz 2 errechnete Arbeitszeit wird die Überstundenvergütung gezahlt.
(4) Die nach Absatz 2 errechnete Arbeitszeit kann bis zum Ende des dritten Kalendermonats auch durch entsprechende Arbeitsbefreiung abgegolten werden (Freizeitsausgleich). Für den Freizeitausgleich ist eine angefangene halbe Stunde, die sich bei der Berechnung nach Absatz 2 ergeben hat, auf eine halbe Stunde aufzurunden.
…”
Aufgrund einer Nebenrede zum Dienstvertrag vom 7. Januar 1987, die rückwirkend ab 1. Oktober 1984 Geltung hatte, erfolgte die Bewertung des Bereitschaftsdienstes des Klägers nach Stufe D (1. Dienst Stufe D, 2. Dienst Stufe C). Für die danach zu veranschlagende Arbeitszeit von 80 % (Nr. 8 Abs. 2 a und b SR 2 c BAT) beträgt die Vergütung für die Überstunde bis einschließlich Oktober 1984 unstreitig 26,85 DM und ab November 1984 bis April 1985 27,72 DM.
Ministerielle Erlasse aus dem Jahre 1983 und entsprechende Verwaltungsordnungen legten fest, daß die innerhalb der Woche geleisteten Bereitschaftsdienste entsprechend der zugewiesenen Berwertungsstufe jeweils in unmittelbarem Zusammenhang vor und/oder nach dem Bereitschaftsdienst durch Freizeit auszugleichen sind. In Vollzug eines mit dem Personalrat der Wissenschaftlichen Mitarbeiter und Ärzte des Klinikums am 14. November 1983 abgeschlossenen Vergleichs wurden die Dienstpläne der Abteilung Innere Medizin II und III dahingehend neu gestaltet, daß ein Arzt, der Bereitschaftsdienst zu leisten hatte, an diesem Tag seiner Dienst nicht um 8.00 Uhr, sondern erst um 13.30 Uhr zu beginnen hatte. Die Einteilung zum Bereitschaftsdienst erfolgte aufgrund von monatlich im voraus für den folgenden Monat erstellter Bereitschaftsdienstplänen, die auswiesen, an welchen Tagen der betreffende Arzt Bereitschaftsdienst zu leisten hatte. Sogenannte gelegentliche Überstunden sollten gleichfalls durch Freizeitausgleich abgegolten werden. Die Abgeltung sollte bis Ende des jeweils nächsten Kalendermonats erfolgen. Am 29. November 1988 teilte der Rektor der R. dem Abteilungsvorstand Innere Medizin II mit, in welchem Umfang der Freizeitausgleich für Bereitschaftsdienste und geleistete Überstunden zwingend zu berücksichtigen wäre. Dabei wies er darauf hin, der Vorstand könne regreßpflichtig gemacht werden für geltend gemachte Vergütungsansprüche wegen nicht fristgemäß gewährten Freizeitausgleichs für Überstunden. Mit Rundschreiben vom 2. Dezember 1983 teilte er sämtlichen ärztlichen Mitarbeitern den Inhalt der Neuregelung mit.
Entgegen der dienstplanmäßigen Regelung begann der Kläger seinen Dienst auch an den Tagen, an denen er Bereitschaftsdienst zu leisten hatte, bereits um 7.45 Uhr bzw. 8.00 Uhr. Er erhielt weder für den Bereitschaftsdienst noch für die gelegentlich anfallenden Überstunden einen Freizeitausgleich. Über die von ihm geleisteten Überstunden, die sogenannten gelegentlichen Überstunden und die Bereitschaftsdienste für die Monate August 1984 bis März 1985 reichte er vom Land zur Verfügung gestellte schriftliche Nachweisbögen ein. Jeder Nachweisbogen war vom Kläger und dem Abteilungsvorstand unterzeichnet. Ausdrücklich vermerkte der Kläger in den Nachweisbögen ein. Jeder Nachweisbogen war vom Kläger und dem Abteilungsvorstand unterzeichnet. Ausdrücklich vermerkte der Kläger in den Nachweisbögen der Monate Oktober, November und Dezember 1984 und Januar 1985: „kein Freizeitausgleich”. Die Nachweisbögen wurden jeweils der Personalverwaltung übergeben.
Mit Schreiben vom 30. April 1985 und 28. Juni 1985 machte der Kläger Vergütungsansprüche für von ihm geleistete Bereitschaftsdienste und gelegentliche Überstunden, für die er keinen Freizeitausgleich erhalten hatte, gegenüber dem beklagten Land geltend. Da das Land den Forderungen nicht nachkam, erhob er am 7. Januar 1987 Klage auf Zahlung von 4.400,70 DM für in der Zeit von August 1984 bis März 1985 geleistete Überstunden. Im einzelnen berechnete er diese Forderung wie folgt:
- August 1984, abzugelten 28 Stunden, vergütet 8 Stunden, Rest 20 Stunden × 26,85 DM = 537,– DM
- September 1984, abzugelten 28,8 Stunden, vergütet 14,8 Stunden, Rest 14 Stunden × 26,85 DM = 375,90 DM
- Oktober 1984, abzugelten 40,80 Stunden, vergütet 20,80 Stunden, Rest 20 Stunden × 26,85 DM = 537,– DM
- November und Dezember 1984, abzugelten 96 Stunden, vergütet 24 Stunden, Rest 72 Stunden × 27,72 DM = 1.995,84 DM
- Januar 1985, abzugelten 14,05 Stunden, vergütet nichts, Rest 14,05 Stunden × 27,72 DM = 398,47 DM
- Februar 1985, abzugelten 13,60 Stunden, vergütet nichts, Rest 13,60 Stunden × 27,72 DM = 376,99 DM
- März 1985, abzugelten 6,8 Stunden, vergütet nichts, Rest 6,8 Stunden × 27,72 DM = 188,50 DM
Summe: 4.400,70 DM.
Der Kläger hat vorgetragen, es sei für ihn nicht möglich gewesen, den vorgesehenen Freizeitausgleich zu nehmen. Denn entgegen der allgemeinen Regelung in den Dienstplänen bestehe auf Anordnung der jeweiligen Abteilungsleitung die ständige Praxis, auch an den Tagen bereits um 8.00 Uhr bzw. 7.45 Uhr zur Versorgung der Patienten zum Dienst zu erscheinen, an denen er eigentlich aufgrund des Bereitschaftsdienstes erst um 13.30 Uhr den Dienst hätte aufnehmen müssen. Auch im Anschluß an den jeweiligen Bereitschaftsdienst sei kein Freizeitausgleich gewährt worden, da er jeweils auf Weisung des Abteilungsleiters im unmittelbaren Anschluß an den Bereitschaftsdienst habe weiterarbeiten müssen, um die Patientenversorgung aufrechtzuerhalten. Seine Forderungen habe er mit den monatlichen Nachweisbögen, in denen die dienstplanmäßig angeordnete und die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit genau aufgeführt sei, sowie mit Schreiben vom 30. April 1985 und 28. Juni 1985 auch rechtzeitig und ausreichend deutlich geltend gemacht.
Der Kläger hat beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 4.400,70 DM nebst Zinsen seit dem 7. Januar 1987 zu zahlen.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und sich zunächst ausschließlich auf die Verfallfrist gemäß § 70 BAT berufen. Abgesehen davon, habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Vergütung der geleisteten Bereitschaftsdienste und gelegentlichen Überstunden, da er aufgrund der verschiedenen ministeriellen Erlasse und Verwaltungsordnungen verpflichtet gewesen wäre, für Bereitschaftsdienste und gelegentliche Überstunden Freizeitausgleich zu nehmen. Die vom Kläger geleisteten Überstunden seien weder ausdrücklich angeordnet oder wegen der Patientenversorgung überhaupt erforderlich gewesen. Zudem hätte er erkennen müssen, daß etwaige Anordnungen der Abteilungsvorstände wegen Verstoßes gegen vorrangiges zwingendes Recht nichtig bzw. wegen Verstoßes gegen die Verwaltungsordnungen nicht verbindlich gewesen seien. Die Abteilungen Innere Medizin II und III seien entsprechend der Personalbedarfsplanung ausreichend mit Personal ausgestattet gewesen. Die von den Abteilungsvorständen abgezeichneten Nachweisbögen reichten deshalb nicht als Nachweis dafür aus, daß die geltend gemachten Überstunden wegen unaufschiebbarer Leistungen erforderlich gewesen seien. Durch die Neugestalt der Dienstpläne habe das Land zudem von seinem Wahlrecht nach § 263 Abs. 1 BGB Gebrauch gemacht und Freizeitausgleich gewählt. Deshalb habe der Kläger allenfalls nur einen Anspruch auf Abgeltung der von ihm geleisteten Überstunden durch Freizeitausgleich. Im übrigen seien aber die Vergütungsansprüche für die Bereitschaftsdienste unzutreffend berechnet worden, da teilweise nur die Stufe „A” und nicht die Stufe „D” zugrunde zu legen sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage, bis auf den Vergütungsanspruch für den Monat August 1984 und den Anspruch auf Zinsen aus dem Bruttobetrag, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes und die Anschlußberufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebt das Land weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung der von ihm geleisteten Bereitschaftsdienste und gelegentlich Überstunden in dem von den Vorinstanzen ausgeteilten Umfang.
I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, aus den Bereitschaftsplänen lasse sich zwar die Anzahl und Lage der zu leistenden Bereitschaftsdienste entnehmen, sie gäben jedoch keinen Aufschluß darüber, an welchen Tagen und in welchem Umfang ein bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ableistung des Dienstes zu gewährender Freizeitausgleich erfolgen sollte. Es mangelte an einer Umsetzung der Dienstpläne im Einzelfall. Die dem Kläger allenfalls obliegenden Mitwirkungspflichten habe dieser mit der Führung und Einreichung der Nachweisbögen erfüllt. Ohne treuwidrig zu handeln, habe es der Kläger damit auch bewenden lassen können. Denn aus den Nachweisbögen habe das Land genügend deutlich entnehmen können, daß tatsächlich kein Freizeitausgleich gewährt worden sei.
Die Nichteinhaltung des in den Dienstplänen eingearbeiteten Freizeitausgleichs sei auch zumindest in stillschweigendem Einverständnis der zuständigen Abteilungsleitung erfolgt, wie sich aus den von dem jeweiligen Abteilungsvorstand erfolgt, wie sich aus den von dem jeweiligen Abteilungsvorstand unterzeichneten Nachweisbögen ergebe. Der Kläger habe auf Anweisung seiner Abteilungsleiter zur Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Patientenversorgung Mehrarbeit geleistet. Die vom Kläger durch die Schreiben vom 30. April 1985 und 28. Juni 1985 innerhalb der Ausschlußfrist gemäß § 70 BAT geltend gemachten Vergütungsansprüche ab September 1984 seien auch zutreffend berechnet worden. Das gelte sowohl für die nach Stufe D abzurechnenden Bereitschaftsdienste, als auch für die Überstunden. Aus den vom beklagten Land widerspruchslos entgegengenommenen Nachweisbögen ergebe sich insbesondere, daß der Kläger seine Mittagspausen an den Tagen nicht habe nehmen können, an denen er den Dienst nicht erst um 13.30 Uhr, sondern bereits um 8.00 Uhr bzw. 7.45 Uhr angetreten habe. An diesen Tagen habe der Kläger somit jeweils sechs Überstunden erbracht.
II. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Dem Landesarbeitsgericht ist zunächst darin beizupflichten, daß die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Mehrarbeitsvergütung soweit sie die Zeit ab September 1984 betreffen, nicht gemäß § 70 BAT verfallen sind. Da das beklagte Land Überstunden aus September 1984 durch Arbeitsbefreiung bis Ende Oktober 1984 hätte ausgleichen können (§ 17 Abs. 5 BAT a.F.), war die entsprechende Vergütung frühestens am 15. November 1984 fällig (§ 36 BAT). Durch das Schreiben vom 30. April 1985 hat mithin der Kläger noch innerhalb der bis 15. Mai 1985 laufenden sechsmonatigen Ausschlußfrist die Vergütung angemahnt.
2. Der Kläger hat für die in den Monaten September 1984 bis März 1985 unstreitig geleisteten Bereitschaftsdienste Anspruch auf Vergütung in der von ihm geltend gemachten Höhe, da ihm für diese Bereitschaftsdienste gemäß § 17 Abs. 5 BAT und Nr. 8 Abs. 2 und Abs. 4 SR 2 c BAT keine entsprechende Arbeitsbefreiung gewährt worden ist.
a) Mit der Regelung in Nr. 8 Abs. 4 Satz 1 SR 2 c BAT haben die Tarifvertragsparteien dem Arbeitgeber die Möglichkeit eingeräumt, zwischen Vergütung und Freizeitausgleich zu wählen. Dem betreffenden Arzt steht dabei weder ein Rechtsanspruch auf Freizeitausgleich noch ein solcher auf Vergütung zu (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 1989 – 6 AZR 325/87 –, nicht veröffentlicht, zu III 1 c der Gründe). Es ist vielmehr ausschließlich Sache des Arbeitgebers, sein Wahlrecht in der einen oder anderen Richtung auszuüben. „Arbeitsbefreiung” bedeutet die Freistellung des Arztes von einer an sich bestehenden Arbeitspflicht. Dies geschieht durch eine entsprechende Erklärung des Arbeitgebers gegenüber dem geschuldeten Dienste in einem bestimmten Umfang verzichtet und damit die entsprechende Dienstleistungspflicht des Arztes zum Erlöschen bringt (BAGE 49, 273 = AP Nr. 13 zu § 17 BAT; BAG Urteil vom 20. Juli 1989 – 6 AZR 774/87 – unveröffentlicht). Eine solche Erklärung hat das beklagte Land innerhalb des tariflichen Ausgleichszeitraums gegenüber dem Kläger nicht abgegeben. Insbesondere hat das beklagte Land auch keine Dienstpläne aufgestellt, aus denen eine Arbeitsbefreiung des Klägers innerhalb dieses Zeitraums in entsprechenden Umfang ersichtlich war (vgl. hierzu BAGE 49, 273, 277 = AP Nr. 13 zu § 17 BAT). Derartige Dienstpläne sind auch nicht ersetzt worden durch die monatlich im voraus erstellten Bereitschaftsdienstpläne (BAG Urteil vom 20. Juli 1989, aaO). Diese Pläne enthalten lediglich Angaben über die Anzahl, den Ort und die zeitliche Einordnung der von den betroffenen Ärzten zu leistenden Dienste; ihnen ist nicht zu entnehmen, wann und in welchem Umfang der bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ableistung des Bereitschaftsdienstes zu gewährende Freizeitausgleich erfolgen soll.
b) Die verschiedenen ministeriellen Erlasse und Verwaltungsanordnungen an die Klinikdirektoren über den zu gewährenden Freizeitausgleich stellen auch keinen Ersatz für die Erklärung gegenüber dem Kläger dar. Denn selbst wenn diese dem Kläger im einzelnen bekannt gewesen sein sollten, ergeben sich aus ihnen lediglich allgemeine Hinweise darauf, daß überhaupt und in welcher Zeit Freizeitausgleich zu gewähren ist. Wann der einzelne Arzt und in welchem Umfang er von seinen Arbeitspflichten freigestellt wird, bedurfte danach noch einer weiteren Entscheidung des Klinikdirektors als Vertreter des beklagten Landes. Auch das Rundschreiben an die ärztlichen Mitarbeiter vom 2. Dezember 1983 enthält lediglich den Hinweis auf die vorgenannten Verfügungen und die Aufforderung sich an die dort genannten arbeitsrechtlichen Grundsätze zu halten. Die Hinweise in den Erlassen und Verfügungen richten sich zudem in erster Linie an die zuständigen Klinikdirektoren und Oberärzte, wie die von ihnen aufzustellenden Dienstpläne zu gestalten sind.
c) Der Anspruch ist nicht dadurch untergegangen, daß sich der Kläger nicht selbst darum bemüht hat, innerhalb des tariflichen Ausgleichszeitraums Freizeitausgleich zu erhalten und diesen auch nicht besonders angemahnt hat. Eine derartige Verpflichtung des Arztes enthält der Tarifvertrag nicht. Die Regelung in Nr. 8 Abs. 4 SR 2 c BAT enthält ein Wahlrecht nur für den Arbeitgeber, über dessen Ausübung er allein nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden hat (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 1989 – 6 AZR 325/87 –). Mitwirkungspflichten des Arztes haben die Tarifvertragsparteien lediglich im Rahmen von Nr. 8 Abs. 7 Unterabs. 5 SR 2 c BAT nominiert. Danach ist er lediglich verpflichtet, bei der Feststellung mitzuwirken, ob er bei dem abgelaufenen, mindestens zwölfstündigen, zusammenhängenden Bereitschaftsdienst zu mehr als 50 % der Zeit gearbeitet hat. Nur insoweit muß er einen Nachweis führen.
d) Die Bereitschaftsdienste des Klägers sind nach der Stunde D zu bewerten. Nach den Nebenabreden vom 2. Mai 1984 und 7. Januar 1987 wurde der ärztliche Bereitschaftsdienst in den Abteilungen Innere Medizin II und III der Stufe zugeordnet ohne Rücksicht auf die im Einzelfall anfallende Arbeitsleistung. Ein nach der Stufe A abzugeltender Bereitschaftsdienst ist dort nicht vorgesehen. Den in der Nebenabrede vom 7. Januar 1987 angesprochenen nach der Stufe C zu bewertenden 2. Dienst hat der Kläger unstreitig nicht geleistet.
3. Der Kläger hat ferner Anspruch auf Bezahlung der von ihm in der Zeit von September 1984 bis März 1985 geleisteten Überstunden.
a) Nach § 17 Abs. 1 BAT sind Überstunden die auf Anordnung geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 15 Abs. 1 bis 4 BAT und die entsprechenden Sonderregelungen hierzu) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen. Sie sind grundsätzlich bis zum Ende des nächsten Kalendermonats durch entsprechende Arbeitsbefreiung auszugleichen. Für jede nicht ausgeglichene Überstunde ist die Überstundenvergütung (§ 35 Abs. 3 Unterabs. 2 BAT) zu zahlen. Auch für angestellte Ärzte gilt, daß Überstunden gemäß § 17 Abs. 1 BAT angeordnet sein müssen, um einen Anspruch auf Überstundenvergütung auszulösen (vgl. BAG Urteil vom 27. Juni 1979 – 4 AZR 727/77 – unveröffentlicht; BAGE 25, 419 = AP Nr. 2 zu § 17 BAT; Meisel/Hiersemann, AZO, 2. Aufl., § 15 Anm. 53; Röhsler, Die Arbeitszeit, S. 96 f.). Die Anordnung von Überstunden braucht jedoch nicht ausdrücklich zu erfolgen, wohl aber zumindest mündlich oder stillschweigend. Es kann daher auch genügen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Arbeit zuweist, die in der regelmäßigen Arbeitszeit nicht erledigt werden kann oder wenn der Arbeitgeber die vom Arbeitnehmer geleistete Überstundenarbeit kennt und mit ihr einverstanden ist oder ihre Leistung duldet (BAGE 8, 245 = AP Nr. 2 zu § 2 TOA; BAG Urteil vom 20. Juli 1989 – 6 AZR 774/87 – unveröffentlicht; Denecke/Neumann, AZO, 10. Aufl., § 15 Anm. 6; Meisel/Hiersemann, aaO, § 15 Anm. 52; Röhsler, aaO, S. 96). In der nachträglichen Bestätigung durch den Klinikdirektor in den Nachweisbögen ist demnach keine solche Anordnung zu sehen, weil hierdurch lediglich bestätigt wird, daß es sich bei den aufgelisteten Arbeitsstunden um solche handelt, die der Kläger über die dienstplanmäßig festgesetzte Arbeitszeit hinaus geleistet hat, nicht aber, daß sie auch angeordnet worden sind.
b) Vorliegend hat das beklagte Land über Monate hinweg die vom Abteilungsvorstand abgezeichneten Nachweisbögen widerspruchslos entgegengenommenen, aus denen sich eindeutig ergab, daß der Kläger entgegen den Regelungen im Dienstplan und zumindest mit Billigung des Abteilungsvorstandes an verschiedenen Tagen Überstunden geleistet hat ohne hierfür an anderen Tagen Freizeitausgleich erhalten zu haben. In den Abrechnungsbögen für Oktober 1984 bis Januar 1985 und April 1985 war hierauf sogar ausdrücklich unabhängig von den Stundenangaben zusätzlich hingewiesen worden. Damit war aber dem beklagten Land nicht nur die Überstundenleistung bekannt, sondern auch, daß der Kläger entgegen den verschiedenen Erlassen und Anordnungen hierfür keinen Freizeitausgleich erhalten hatte. Das beklagte Land hat selbst dann noch die Nachweisbögen widerspruchslos entgegengenommenen, als der Kläger mit Schreiben vom 30. April 1985 Vergütung für die zurückliegenden Monate gefordert hatte (Nachweisbögen für Februar bis April 1985). Daraus ergibt sich, daß das Land die Leistung der Überstunden unter Nichtgewährung von Arbeitsbefreiung zumindest geduldet hat (Denecke/Neumann, aaO, § 15 Rz 6, m.w.N.). Bei dieser Sachlage konnte das Landesarbeitsgericht zu Recht dahingestellt lassen, ob die einzelnen Überstunden von den Klinikdirektoren ausdrücklich angeordnet waren oder nicht; es brauchte die dazu angebotenen Beweise der Parteien nicht zu erheben. Die insoweit gemäß § 286 ZPO erhobene Rüge ist unbegründet.
c) Zu Unrecht rügt die Revision weiter, das Landesarbeitsgericht habe hinsichtlich der Überstunden im Zusammenhang mit nicht genommenen Mittagspausen § 138 Abs. 3 ZPO verletzt. Nach dieser Vorschrift gelten Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, als zugestanden, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht. Zwar kann das Bestreiten auch konkludent erfolgen, doch genügt hierfür die bloße Verlesung eines Abweisungsantrages nicht. Ein einfaches Bestreiten genügt nur dann, wenn der Partei keine näheren Angaben zugemutet werden können (BGH JZ 1985, 908; BGHZ 12, 49, 50; BGH NJW 1961, 826, 828). Auch der Gegner der primär behauptungs- und beweisbelasteten Partei hat eine sekundäre Behauptungslast (BAG Urteil vom 12. August 1976 – 2 AZR 237/75 – AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20. Aufl., § 138 Rz. 28). Fehlt die nach den Umständen zumutbare nähere Substantiierung, so ist das Bestreiten nicht wirksam. Die Tatsache ist dann zwar nicht zugestanden, doch greift die Geständnisfunktion des § 138 Abs. 3 ZPO ein (BGH NJW 1974, 1822; BGH NJW 1983, 687, 688).
Vorliegend hat das beklagte Land die Abrechnungsbögen über Monate hinweg unwidersprochen entgegengenommen. Aus ihnen ist unmißverständlich zu entnehmen, daß der Kläger keine Mittagspause genommen hatte, da dort jeweils als tatsächlich geleistete Arbeitsstunden die Zeit von 8.00 Uhr bis 22.00 Uhr angegeben worden sind. Dementsprechend hat der Kläger jeweils sechs Überstunden geltend gemacht. Die Richtigkeit der Angaben in den Abrechnungsbögen hat das beklagte Land weder bestritten noch in Frage gestellt. Das bloße Bestreiten mit „Nichtwissen” in der Berufungsbegründung unter Hinweis auf einen in erster Instanz überreichten Schriftsatz reicht nicht aus, um die Geständnisfunktion des § 138 Abs. 3 ZPO auszuschließen. Denn dem Land war angesichts widerspruchsloser Hinnahme der Abrechnungsbögen durchaus zumutbar, seinen Vortrag insoweit näher zu konkretisieren.
d) Der Einwand der Revision, das Landesarbeitsgericht habe § 814 BGB verletzt, weil der Kläger wußte, er sei zur Leistung von Überstunden ohne Freizeitausgleich nicht verpflichtet, geht fehl. Die Rechtsfolgen des § 814 BGB treten von vornherein nur dann ein, wenn der Leistende im Zeitpunkt der Leistung positive Kenntnis der Rechtslage hatte. Nicht ausreichend ist die Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung ergibt (BGH WM 1986, 1160), vielmehr muß der Leistende aus diesen Tatsachen auch eine zutreffende rechtliche Schlußfolgerung gezogen haben. Selbst wenn die Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht, treten die Wirkungen des § 814 BGB nicht ein (BGH WM 1972, 283; 1973, 294). Das beklagte Land hat jedoch nicht einmal behauptet, der Kläger habe diese positive Rechtskenntnis gehabt, so daß es auch insoweit nicht darauf ankommt, ob die Klinikdirektoren die entsprechenden Anweisungen erteilt und sich damit möglicherweise über Verwaltungsordnungen und ministerielle Erlasse hinweggesetzt haben.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Röhsler, Schneider, Dörner Dr. Steinhäuser, Schwarck
Fundstellen