Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Vertretung. Elternzeit
Leitsatz (amtlich)
Eine Zweckbefristung zur Elternzeitvertretung nach § 21 Abs. 1, Abs. 3 BEEG setzt nicht voraus, dass die Stammkraft zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Vertretungskraft bereits ein den Anforderungen des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG genügendes Elternzeitverlangen geäußert hat.
Orientierungssatz
1. Ein die Befristung eines Arbeitsvertrags rechtfertigender sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Sachgrund der Vertretung wird durch § 21 Abs. 1 BEEG konkretisiert. Danach kann ein Arbeitnehmer befristet zur Elternzeitvertretung eingestellt werden.
2. Nach § 21 Abs. 3 BEEG muss die Dauer der Befristung des Arbeitsvertrags entweder kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein oder den in § 21 Abs. 1 und Abs. 2 BEEG genannten Zwecken zu entnehmen sein. Mit dem Elternzeitvertreter kann daher nicht nur ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag, sondern auch ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag geschlossen werden.
3. Eine Zweckbefristung zur Elternzeitvertretung kann bereits vereinbart werden, wenn die Stammkraft noch nicht Elternzeit gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG verlangt, sondern die Inanspruchnahme von Elternzeit nur angekündigt hat.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 3, § 15 Abs. 2, § 17; BEEG § 15 Abs. 6-7, § 16 Abs. 1, § 21 Abs. 1, 3-4; BGB § 305 Abs. 1 S. 1, § 307 Abs. 1 Sätze 1-2, § 310 Abs. 3 Nr. 2; KSchG §§ 6, 7 Hs. 1; ZPO § 167
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Urteil vom 23.01.2014; Aktenzeichen 9 Sa 342/13) |
ArbG Leipzig (Urteil vom 12.12.2012; Aktenzeichen 6 Ca 2047/12) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 23. Januar 2014 – 9 Sa 342/13 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung mit Ablauf des 16. Mai 2012 geendet hat.
Der Kläger war bei der Beklagten in der Zeit vom 13. Februar 2006 bis zum 16. Mai 2012 auf der Grundlage von insgesamt sieben befristeten Arbeitsverträgen als Arbeitsvermittler mit Beratungsaufgaben in der Agentur für Arbeit L beschäftigt. Der Beschäftigung lag zunächst ein bis zum 31. Dezember 2006 befristeter Arbeitsvertrag zugrunde. Hieran schlossen sich vier jeweils für die Dauer von einem Jahr befristete Arbeitsverträge an. Am 3. Dezember 2010 schlossen die Parteien zwei weitere von der Beklagten vorformulierte Arbeitsverträge. § 1 des ersten Arbeitsvertrags vom 3. Dezember 2010 lautet:
„Herr W wird ab 01.01.2011 als Vollzeitbeschäftigter eingestellt. Das Arbeitsverhältnis ist befristet bis zum Erreichen folgenden Zwecks: ‚Ende der Elternzeit der Frau S’, längstens bis zum 30.04.2011.”
Der zweite zwischen den Parteien am 3. Dezember 2010 abgeschlossene Arbeitsvertrag enthält in § 1 folgende Bestimmung:
„Herr W wird ab 01.05.2011 als Vollzeitbeschäftigter eingestellt. Das Arbeitsverhältnis ist befristet bis zum Erreichen folgenden Zwecks: ‚Ende der Elternzeit der Frau B’.”
Frau B ist bei der Beklagten als Arbeitsvermittlerin mit Beratungsaufgaben beschäftigt. Sie hatte die Beklagte mit Schreiben vom 8. November 2010 über ihre Schwangerschaft unterrichtet und mitgeteilt, als Entbindungstermin sei der 10. Mai 2011 berechnet. Mit E-Mail vom 29. November 2010 hatte sie sich nach der Zahl der Urlaubs- und Gleittage für das Jahr 2011 erkundigt und in diesem Zusammenhang erklärt, sie wolle „ein Jahr in Elternzeit gehen”. Dieser Ankündigung entsprechend verlangte sie nach der Geburt ihres Kindes die Gewährung von Elternzeit bis zum 16. Mai 2012. Mit Schreiben vom 27. März 2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, das befristete Arbeitsverhältnis der Parteien werde mit dem Ende der Elternzeit der Frau B mit Ablauf des 16. Mai 2012 enden. Frau B kehrte nach dem Ende ihrer Elternzeit zunächst nicht an ihren Arbeitsplatz zurück. Sie befand sich bei Beendigung der Elternzeit wieder im Mutterschutz und nahm im Anschluss daran erneut Elternzeit in Anspruch.
Mit seiner am 5. Juni 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 13. Juni 2012 zugestellten Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Befristung sei unwirksam. Sie sei nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt, weil sie vor dem Elternzeitantrag der Frau B vereinbart worden sei. Außerdem werde der Sachgrund der Vertretung durch den Zeitpunkt des Vertragsbeginns in Frage gestellt. Die Befristung sei zudem rechtsmissbräuchlich. Im Berufungsverfahren hat der Kläger erstmals geltend gemacht, er werde durch die vereinbarte Zweckbefristung unangemessen benachteiligt.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristungsabrede vom 3. Dezember 2010 (Elternzeitvertretung für Frau B) mit Ablauf des 16. Mai 2012 geendet hat;
- die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Entfristungsverfahrens zu den bisherigen Vertragsbedingungen weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der am 3. Dezember 2010 vereinbarten Befristung am 16. Mai 2012 geendet. Der als unechter Hilfsantrag zu verstehende Weiterbeschäftigungsantrag fällt damit nicht zur Entscheidung an.
I. Der Befristungskontrollantrag, mit dem sich der Kläger gegen die letzte, am 3. Dezember 2010 vereinbarte Befristung des Arbeitsvertrags zum Ende der Elternzeit der Frau B wendet, ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat mit Beendigung der Elternzeit der Frau B am 16. Mai 2012 geendet.
1. Die Parteien haben in § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags eine Zweckbefristung iSv. § 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 TzBfG vereinbart. Das Landesarbeitsgericht hat die Vereinbarung als Befristung zum Ende der Elternzeit der Frau B, die sich an die bei Vertragsschluss bestehende Schwangerschaft anschloss, verstanden. Diese Auslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Die Befristungsabrede in § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 3. Dezember 2010 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dafür begründet das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (st. Rspr., vgl. etwa BAG 25. Juni 2015 – 6 AZR 383/14 – Rn. 23). Selbst wenn sie nicht für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert worden wäre, unterläge sie als von der Beklagten gestellte Einmalbedingung iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Auslegungsregeln (vgl. BAG 25. Juni 2015 – 6 AZR 383/14 – Rn. 23).
b) Allgemeine Geschäftsbedingungen und Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., BAG 25. Juni 2015 – 6 AZR 383/14 – Rn. 25). Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und von Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB durch das Berufungsgericht unterliegt einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 25. Juni 2015 – 6 AZR 383/14 – Rn. 23; vgl. für Allgemeine Geschäftsbedingungen BAG 8. Dezember 2010 – 10 AZR 671/09 – Rn. 15, BAGE 136, 294).
c) Nach § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags der Parteien ist das Arbeitsverhältnis befristet bis zum Erreichen des Zwecks „Ende der Elternzeit der Frau B”. Damit haben die Parteien eine Zweckbefristung vereinbart. Das zur Mutterschutz- und Elternzeitvertretung befristete Arbeitsverhältnis sollte mit dem Ende der Elternzeit der Frau B enden. Der Vertragswortlaut enthält zwar keine näheren Angaben zur Elternzeit. Die Regelung lässt aber unter Beachtung eines objektiv-generalisierenden Maßstabs erkennen, dass es sich dabei um die Elternzeit handeln sollte, die sich an die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehende Schwangerschaft der Frau B anschließen sollte. Frau B hatte im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zwar noch keinen Antrag auf Gewährung von Elternzeit nach § 16 Abs. 1 BEEG gestellt. Sie war aber zu diesem Zeitpunkt schwanger und hatte bereits mit E-Mail vom 29. November 2010 angekündigt, Elternzeit in Anspruch nehmen zu wollen. Weitere Elternzeiten der Frau B sollten von der Befristungsabrede nicht erfasst sein. Dafür spricht die Verwendung des Singulars „Elternzeit”. Zudem war im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Inanspruchnahme einer weiteren Elternzeit durch Frau B nicht absehbar.
2. Die Befristung ist wirksam. Sie hält einer Kontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen stand. Die Befristung ist durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Sie erweist sich auch nicht als rechtsmissbräuchlich.
a) Die Befristung gilt nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Der Kläger hat rechtzeitig innerhalb der Dreiwochenfrist nach § 17 Satz 1, § 15 Abs. 2 TzBfG Befristungskontrollklage erhoben.
aa) Nach § 17 Satz 1 TzBfG muss der Arbeitnehmer, der geltend machen will, dass die Befristung des Arbeitsvertrags rechtsunwirksam ist, innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrags Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet ist. Bei zweckbefristeten Arbeitsverträgen beginnt die dreiwöchige Klagefrist nach § 17 Satz 1 TzBfG grundsätzlich mit dem Tag, an dem der Zweck erreicht ist. Da der zweckbefristete Arbeitsvertrag nach § 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über die Zweckerreichung endet, wird in Fällen, in denen der Zweck bereits vor Ablauf der Zweiwochenfrist erreicht ist, die Klagefrist gemäß § 17 Sätze 1 und 3, § 15 Abs. 2 TzBfG erst mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund Zweckerreichung beendet, in Lauf gesetzt (BAG 21. Dezember 2005 – 7 AZR 541/04 – Rn. 23).
bb) Danach hat der Kläger die Befristung rechtzeitig angegriffen. Die Zweckerreichung ist am 16. Mai 2012 eingetreten. Die Befristungskontrollklage ist innerhalb von drei Wochen nach dem Zeitpunkt der Zweckerreichung am 5. Juni 2012 beim Arbeitsgericht eingegangen. Sie ist der Beklagten am 13. Juni 2012 und damit „demnächst” iSv. § 167 ZPO zugestellt worden.
b) Die Befristung hält einer Kontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen stand.
aa) Der Kläger war nicht daran gehindert, sich erstmals im Berufungsverfahren darauf zu berufen, dass die Befristungsabrede einer Kontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht standhält. Zwar bestimmt § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 6 KSchG, dass der Kläger im Rahmen eines Befristungskontrollverfahrens alle Gründe für die Unwirksamkeit der Befristung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz geltend machen kann, worauf ihn das Arbeitsgericht hinweisen soll. Wird – wie hier – ein derartiger Hinweis nicht einmal in allgemeiner Form erteilt, steht die Regelung der Einführung weiterer möglicher Unwirksamkeitsgründe im Berufungsverfahren jedoch nicht entgegen (vgl. BAG 20. August 2014 – 7 AZR 924/12 – Rn. 21; 4. Mai 2011 – 7 AZR 252/10 – Rn. 20, BAGE 138, 9).
bb) Der Kläger wird durch die Befristung nicht unangemessen benachteiligt.
(1) Die von der Beklagten vorformulierte Befristungsabrede verletzt nicht das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
(a) Die Vereinbarung ist nicht deshalb unklar, weil im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht feststand, zu welchem kalendermäßig bestimmten oder bestimmbaren Datum die Elternzeit der Frau B enden würde. Die bei Vertragsschluss bestehende Ungewissheit über den genauen Zeitpunkt der Zweckerreichung führt nicht zur Unklarheit der Zweckbefristung, sondern ist ihr immanent. Eine Zweckbefristung setzt die Vereinbarung des Vertragszwecks voraus. Dies erfordert zum einen eine unmissverständliche Einigung darüber, dass das Arbeitsverhältnis bei Zweckerreichung enden soll. Zum anderen muss der Zweck, mit dessen Erreichung das Arbeitsverhältnis enden soll, so genau bezeichnet sein, dass hieraus das Ereignis, dessen Eintritt zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen soll, zweifelsfrei feststellbar ist (BAG 21. Dezember 2005 – 7 AZR 541/04 – Rn. 36). Diesen Voraussetzungen genügt die streitgegenständliche Befristung. Es ist eindeutig und zweifelsfrei vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis zum Ende der Elternzeit befristet war, die sich an die bei Vertragsschluss bestehende Schwangerschaft von Frau B anschloss. Deshalb führt auch das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung für den Fall sich überlappender Elternzeiten nicht zur Unklarheit der Befristung. Auch in diesem Fall sollte das Arbeitsverhältnis mit dem Ende der ersten Elternzeit enden.
(b) Die Vereinbarung ist auch nicht deshalb unklar, weil sie keine Regelung für den Fall der Nichtinanspruchnahme der Elternzeit durch Frau B enthält. Sollte die Vereinbarung insoweit eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweisen, wäre diese gegebenenfalls unter Berücksichtigung des hypothetischen Parteiwillens im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen (vgl. BAG 22. April 2009 – 7 AZR 768/07 – Rn. 12; 26. Juni 1996 – 7 AZR 674/95 – zu III der Gründe).
(2) Der Kläger macht ohne Erfolg geltend, die Befristung sei nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Befristungsabreden unterliegen keiner Angemessenheitskontrolle iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB (BAG 27. Juli 2005 – 7 AZR 443/04 – zu 2 d der Gründe, BAGE 115, 265).
c) Die Befristung ist durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG iVm. § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt.
aa) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Sachgrund der Vertretung wird durch § 21 Abs. 1 BEEG konkretisiert (BAG 29. April 2015 – 7 AZR 310/13 – Rn. 16; vgl. zur Vorgängerregelung in § 21 BErzGG BAG 19. Februar 2014 – 7 AZR 260/12 – Rn. 27). Danach liegt ein sachlicher Grund, der die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigt, ua. dann vor, wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers oder einer anderen Arbeitnehmerin für die Dauer des Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz oder einer Elternzeit oder für diese Zeiten zusammen oder für Teile davon eingestellt wird.
Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis. Teil des Sachgrunds ist daher eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters (BAG 29. April 2015 – 7 AZR 310/13 – Rn. 17). Der Sachgrund der Vertretung setzt des Weiteren einen Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung des Vertreters voraus. Der Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers muss wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgen, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Es muss sich deshalb aus den Umständen bei Vertragsschluss ergeben, dass der Bedarf für die Beschäftigung des Vertreters auf die Abwesenheit des zeitweilig ausfallenden Arbeitnehmers zurückzuführen ist (vgl. BAG 10. Oktober 2012 – 7 AZR 462/11 – Rn. 15 ff.). Unerheblich ist es, ob im Zeitpunkt des Ablaufs des befristeten Vertrags eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Vertreter besteht (vgl. BAG 19. Februar 2014 – 7 AZR 260/12 – Rn. 30).
Nach § 21 Abs. 3 BEEG muss die Dauer der Befristung des Arbeitsvertrags entweder kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein oder den in den Absätzen 1 und 2 genannten Zwecken zu entnehmen sein. Mit dem Elternzeitvertreter kann daher nicht nur ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag, sondern auch ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag geschlossen werden.
bb) Danach ist die streitgegenständliche Zweckbefristung durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt.
(1) Der Kläger wurde zur unmittelbaren Vertretung der Frau B für die Zeit ab dem 1. Mai 2011 bis zur Beendigung der Elternzeit der Frau B eingestellt, die in dieser Zeit dem Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz unterlag und im Anschluss daran Elternzeit in Anspruch nahm.
(2) Die Beklagte durfte bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags mit dem Kläger davon ausgehen, dass Frau B ihre Tätigkeit als Arbeitsvermittlerin mit Beratungsaufgaben nach Beendigung der Elternzeit wieder aufnehmen werde.
(a) Entsteht der Vertretungsbedarf durch Krankheit, Urlaub oder Freistellung eines Arbeitnehmers, kann der Arbeitgeber regelmäßig damit rechnen, dass dieser seine arbeitsvertraglichen Pflichten künftig wieder erfüllen wird. Die Stammkraft hat einen arbeitsvertraglichen Anspruch darauf, nach Wegfall des Verhinderungsgrunds die vertraglich vereinbarte Tätigkeit wieder aufzunehmen. Der Arbeitgeber muss daher davon ausgehen, dass der Vertretene diesen Anspruch nach Beendigung der Krankheit, Beurlaubung oder Freistellung geltend machen wird. Besondere Ausführungen dazu, dass mit der Rückkehr des Vertretenen zu rechnen ist, sind in diesen Fällen regelmäßig nicht veranlasst. Nur wenn der Arbeitgeber aufgrund ihm vorliegender Informationen erhebliche Zweifel daran haben muss, dass der zu vertretende Arbeitnehmer überhaupt wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist. Dann kann die Befristung unwirksam sein. Dies setzt in der Regel voraus, dass der zu vertretende Arbeitnehmer dem Arbeitgeber bereits vor dem Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags mit dem Vertreter verbindlich erklärt hat, er werde die Arbeit nicht wieder aufnehmen. Ansonsten darf und muss der Arbeitgeber mit dessen Rückkehr an den Arbeitsplatz rechnen (vgl. etwa BAG 29. April 2015 – 7 AZR 310/13 – Rn. 21 mwN).
(b) Danach durfte die Beklagte bei Vereinbarung der Befristung davon ausgehen, dass Frau B nach Beendigung der Elternzeit an ihren Arbeitsplatz zurückkehren werde. Frau B hatte nicht verbindlich erklärt, die Arbeit nicht wieder aufzunehmen.
(3) Der Wirksamkeit der Befristung steht nicht entgegen, dass Frau B im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht Elternzeit gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG verlangt, sondern die Inanspruchnahme von Elternzeit nur angekündigt hatte. Der Sachgrund der Elternzeitvertretung nach § 21 Abs. 1 BEEG setzt nicht voraus, dass die Stammkraft zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Vertretungskraft bereits Elternzeit verlangt hat (so APS/Backhaus 4. Aufl. § 21 BEEG Rn. 16; KR-Lipke 10. Aufl. § 21 BEEG Rn. 13a; Roos/ Bieresborn/Othmer § 21 BEEG Rn. 12; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 654; aA Kühn in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 23 Rn. 122; HK-MuSchG/BEEG/Rancke 4. Aufl. § 21 BEEG Rn. 8).
(a) Dafür sprechen schon der Wortlaut des § 21 Abs. 1 und Abs. 3 BEEG und die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Gemäß § 21 Abs. 1 BEEG liegt ein die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigender Grund vor, wenn der Arbeitnehmer zum Zweck der Elternzeitvertretung eingestellt wird. Dem Wortlaut der Vorschrift lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Befristung erst zulässig sein soll, nachdem die Stammkraft Elternzeit verlangt hat. Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt sich, dass die Befristung bereits vor dem Elternzeitverlangen der Stammkraft mit der Vertretungskraft vereinbart werden kann. Nach § 21 Abs. 1 BErzGG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung konnte ein befristeter Arbeitsvertrag mit einer Vertretungskraft nur für die Dauer „eines zu Recht verlangten Erziehungsurlaubs” vereinbart werden. § 21 Abs. 1 BErzGG wurde mit Wirkung zum 1. Januar 1992 durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes und anderer Vorschriften vom 6. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2142, 2144) geändert und die Worte „eines zu Recht verlangten” gestrichen. Allerdings musste die Dauer eines befristeten Arbeitsvertrags nach der bis zum 30. September 1996 geltenden Fassung des § 21 Abs. 3 BErzGG kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein; ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag konnte nach dieser Vorschrift nicht abgeschlossen werden (BAG 9. November 1994 – 7 AZR 243/94 – BAGE 78, 239). § 21 Abs. 3 BErzGG wurde durch das Arbeitsrechtliche Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 25. September 1996 (BGBl. I S. 1476) mit Wirkung zum 1. Oktober 1996 geändert. Mit der Gesetzesänderung wurden Zweckbefristungen, die sich auf die in § 21 Abs. 1 und Abs. 2 BErzGG genannten Gründe bezogen, zugelassen. Damit sollte ausweislich der Gesetzesbegründung der Abschluss von befristeten Verträgen erleichtert werden. Der Abschluss eines befristeten Vertrags mit einer Vertretungskraft sollte nach dem Willen des Gesetzgebers auch dann schon möglich sein, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Tag der Entbindung noch nicht feststand oder Erziehungsurlaub noch nicht beantragt war und damit das Enddatum der Vertretung noch nicht bestimmbar war (BT-Drs. 13/4612 S. 18, 19). An dieser Vorschrift hat sich durch das Inkrafttreten des BEEG zum 1. Januar 2007 (BGBl. I 2006 S. 2748) nichts geändert. § 21 Abs. 3 BErzGG wurde in § 21 Abs. 3 BEEG wortgleich übernommen.
(b) Dieser Auslegung stehen die Regelungen in § 21 Abs. 4 BEEG und§ 15 Abs. 6 und Abs. 7 BEEG nicht entgegen.
(aa) Nach § 21 Abs. 4 BEEG kann der Arbeitgeber den befristeten Arbeitsvertrag unter Einhaltung einer Frist von mindestens drei Wochen, jedoch frühestens zum Ende der Elternzeit, kündigen, wenn die Elternzeit ohne seine Zustimmung vorzeitig endet oder er die vorzeitige Beendigung der Elternzeit nicht ablehnen darf und wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die vorzeitige Beendigung der Elternzeit mitgeteilt hat. Diese Regelung soll dem Arbeitgeber in den genannten Fällen der vorzeitigen Beendigung der Elternzeit das Risiko nehmen, neben der an den Arbeitsplatz zurückgekehrten Stammkraft auch noch den Vertreter beschäftigen und vergüten zu müssen. Sie schließt die Vereinbarung einer Zweckbefristung nach § 21 Abs. 1, Abs. 3 BEEG, die im Fall der vorzeitigen Rückkehr des vertretenen Arbeitnehmers im Vergleich zu einer Kündigung nach § 21 Abs. 4 BEEG eine erleichterte Beendigung des mit dem Vertreter eingegangenen Arbeitsverhältnisses ermöglicht (BAG 22. April 2009 – 7 AZR 768/07 – Rn. 18), nicht aus.
(bb) Die Zulässigkeit einer vor dem Elternzeitantrag vereinbarten Befristung führt auch nicht dazu, dass der Arbeitgeber durch die vorzeitige Einstellung einer Vertretungskraft einen Anspruch der Stammkraft auf Verringerung der Arbeitszeit vereiteln kann (aA Kühn in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 23 Rn. 122). Nach § 15 Abs. 6 BEEG kann der Arbeitnehmer während der Gesamtdauer der Elternzeit, frühestens aber mit der Erklärung, Elternzeit in Anspruch zu nehmen (vgl. BAG 5. Juni 2007 – 9 AZR 82/07 – Rn. 33, BAGE 123, 30), vom Arbeitgeber zweimal unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 BEEG eine Verringerung der vertraglich festgelegten Arbeitszeit beanspruchen. Nach § 15 Abs. 7 BEEG besteht der Anspruch nicht, wenn ihm dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Ein entgegenstehender betrieblicher Grund liegt insbesondere dann vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn ein Arbeitnehmer zunächst Elternzeit unter völliger Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch genommen hat, der Arbeitgeber eine Vertretung befristet eingestellt hat und weder diese noch die übrigen vergleichbaren Arbeitnehmer bereit sind, ihre Arbeitszeit zu verringern (BAG 19. April 2005– 9 AZR 233/04 – zu II 4 der Gründe, BAGE 114, 206). Der Arbeitgeber kann sich jedoch nicht auf das Vorliegen dringender betrieblicher Gründe berufen, wenn er mit einer Ersatzeinstellung vor dem Elternzeitantrag das Risiko einer etwaigen Doppelbesetzung in Kauf genommen hat (vgl. BAG 5. Juni 2007 – 9 AZR 82/07 – Rn. 61, aaO).
(c) Durch die Vereinbarung einer Zweckbefristung vor einem § 16 Abs. 1 BEEG entsprechenden Elternzeitverlangen der Stammkraft wird das Risiko, dass keine Elternzeit beantragt wird, nicht unzulässigerweise auf die Vertretungskraft abgewälzt. Der befristete Arbeitsvertrag entfällt dadurch nicht automatisch. Vielmehr ist in einem solchen Fall einer Zweckverfehlung (vgl. dazu etwa APS/Backhaus 4. Aufl. § 15 TzBfG Rn. 3; KR-Lipke 10. Aufl. § 15 TzBfG Rn. 6; Maschmann in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 15 Rn. 2; Sievers TK-TzBfG 4. Aufl. § 15 Rn. 5) – wie auch bei sonstigen Störungen im Vertragsverhältnis – zu prüfen, welche Folgen sich daraus für das Arbeitsverhältnis ergeben.
(4) Der Sachgrund der Vertretung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der mit dem Kläger abgeschlossene befristete Vertrag nicht für die gesamte Dauer der prognostizierten Abwesenheit der Frau B geschlossen wurde, sondern erst ab dem 1. Mai 2011, obwohl bei Vertragsschluss absehbar war, dass der Mutterschutz bereits zu einem früheren Zeitpunkt beginnen würde.
(a) Die vereinbarte Vertragsdauer muss nicht mit der Dauer des Sachgrunds für die Befristung übereinstimmen. Neben dem sachlichen Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses bedarf es nicht noch zusätzlich einer eigenen sachlichen Rechtfertigung der gewählten Vertragslaufzeit. Dies ergibt sich für die von § 21 Abs. 1 BEEG erfassten Vertretungsfälle ausdrücklich aus der gesetzlichen Regelung, nach der ein sachlicher Grund für die Befristung auch dann vorliegt, wenn die Einstellung der Vertretungskraft für Teile der Elternzeit erfolgt. Ein Zurückbleiben der Vertragslaufzeit hinter der voraussichtlichen Dauer des Befristungsgrunds kann diesen nur in Frage stellen, wenn eine sinnvolle, dem Sachgrund entsprechende Mitarbeit des Arbeitnehmers nicht mehr möglich erscheint (vgl. etwa BAG 20. Februar 2008 – 7 AZR 950/06 – Rn. 19).
(b) Danach stellt die gewählte Befristungsdauer den Sachgrund der Vertretung nicht in Frage. Frau B befand sich ab 29. März 2011 im Mutterschutz und im Anschluss daran in Elternzeit. Der Kläger wurde für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis zum Ende der Elternzeit eingestellt. Damit blieb die vereinbarte Vertragsdauer nur unwesentlich hinter der bei Vertragsabschluss voraussehbaren Dauer des Befristungsgrunds zurück.
d) Die streitgegenständliche Befristung ist auch nicht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs unwirksam.
aa) Die Gerichte dürfen sich bei der Befristungskontrolle nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds beschränken (BAG 29. April 2015 – 7 AZR 310/13 – Rn. 24). Sie sind vielmehr aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, durch Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen (EuGH 26. Januar 2012 – C-586/10 – [Kücük] Rn. 40). Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) vorzunehmen (grundlegend BAG 18. Juli 2012 – 7 AZR 443/09 – Rn. 38, BAGE 142, 308 und – 7 AZR 783/10 – Rn. 33).
Die Prüfung, ob der Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgegriffen hat, verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (vgl. EuGH 26. Januar 2012 – C-586/10 – [Kücük] Rn. 40, 43, 51, 55; BAG 18. Juli 2012 – 7 AZR 443/09 – Rn. 40, BAGE 142, 308). Von besonderer Bedeutung sind – neben anderen Umständen – die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen.
Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft werden. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu. Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch alternativ oder insbesondere kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber regelmäßig die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften (BAG 18. Juli 2012 – 7 AZR 443/09 – Rn. 48, BAGE 142, 308).
bb) Danach erweist sich die mit dem Kläger vereinbarte Befristung nicht als rechtsmissbräuchlich.
Die Zahl von sieben befristeten Arbeitsverträgen und die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses von insgesamt sechs Jahren und drei Monaten indizieren einen Missbrauch nicht. Nur der für die Vertragsdauer geltende Grenzwert ist mehrfach überschritten. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine gravierende Überschreitung.
Der Kläger hat auch keine weiteren Indizien für einen Rechtsmissbrauch dargelegt. Die durchschnittliche Laufzeit der befristeten Verträge von mehr als elf Monaten spricht nicht dafür. Eine rechtsmissbräuchliche Ausnutzung der Möglichkeit zur Sachgrundbefristung lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass die Parteien am 3. Dezember 2010 zwei befristete Arbeitsverträge zur Elternzeitvertretung abgeschlossen haben. Ein ständiger und dauerhafter Vertretungsbedarf ergibt sich daraus noch nicht. Auch aus dem Umstand, dass der Kläger Frau B nicht während der gesamten Dauer des Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz vertreten hat, kann nicht auf eine rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltung geschlossen werden.
3. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat am 16. Mai 2012 geendet.
a) Nach § 15 Abs. 2 TzBfG endet ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.
b) Danach endete der Arbeitsvertrag mit dem Ende der Elternzeit der Frau B am 16. Mai 2012. Die Beklagte hatte den Kläger bereits mit Schreiben vom 27. März 2012 darüber unterrichtet, dass das befristete Arbeitsverhältnis mit dem Ende der Elternzeit der Frau B am 16. Mai 2012 enden werde.
II. Der Antrag des Klägers auf Weiterbeschäftigung fällt nicht zur Entscheidung an. Dieser Antrag ist ersichtlich als uneigentlicher Hilfsantrag für den Fall des Obsiegens mit dem Befristungskontrollantrag gestellt. Diese innerprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
zugleich für den erkrankten Richter am Bundesarbeitsgericht Waskow, Gräfl, M. Rennpferdt, Peter Klenter, Donath
Fundstellen
Haufe-Index 8899270 |
BAGE 2016, 273 |
BB 2016, 179 |
BB 2016, 251 |
DB 2016, 478 |
DStR 2016, 14 |