Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung nach dem WissZeitVG. Verlängerung
Leitsatz (amtlich)
Eine Vertragsverlängerung iSv. § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG setzt – anders als eine Vertragsverlängerung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG – nicht voraus, dass die Verlängerungsvereinbarung noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrags getroffen wird. Es ist auch nicht erforderlich, dass sich die Laufzeit des neuen Vertrags unmittelbar an den vorherigen Vertrag anschließt. Vielmehr ist innerhalb der jeweiligen Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG auch der mehrfache Neuabschluss befristeter Arbeitsverträge zulässig.
Orientierungssatz
1. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG ist im Arbeitsvertrag anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften des WissZeitVG beruht. Die Einhaltung des Zitiergebots setzt nicht die Angabe der einzelnen Befristungsnorm voraus. Es genügt, wenn sich durch Auslegung des Vertragstextes ermitteln lässt, dass die Befristung auf dem Zitiergebot beruht. Das ist der Fall, wenn der Erstvertrag die Angabe enthält, dass die Befristung auf dem WissZeitVG beruht, die Parteien in dem Folgevertrag lediglich einen anderen Beendigungszeitpunkt für das Arbeitsverhältnis festlegen und im Übrigen die Beibehaltung der sonstigen Vertragsbedingungen vereinbaren.
2. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG ist die Befristung von Arbeitsverträgen mit nicht promoviertem wissenschaftlichen und künstlerischen Personal bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig. Nach der Promotion ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WissZeitVG eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren – im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren – möglich. Innerhalb der jeweils zulässigen Befristungsdauer sind nach § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG auch Verlängerungen eines befristeten Vertrags möglich. Der Begriff der Verlängerung iSv. § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG entspricht nicht dem Verlängerungsbegriff des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG. Eine Vertragsverlängerung nach § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG kann – anders als eine Verlängerung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG – auch noch nach Beendigung des vorangegangenen Vertrags vereinbart werden. Die Laufzeit des neuen Vertrags muss sich nicht unmittelbar an den vorherigen Vertrag anschließen.
3. Die Prüfung der Wirksamkeit einer Befristung nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs ist bei einer durch einen Sachgrund gerechtfertigten Befristung, die das letzte Glied einer Befristungskette ist, vorzunehmen. Bei einer sachgrundlosen Befristung ist sie nicht geboten. Allerdings kann auch die Nutzung einer sachgrundlosen Befristungsmöglichkeit im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein.
Normenkette
TzBfG § 17 Sätze 1-2; KSchG § 7; WissZeitVG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Sätze 1-2, 4, Abs. 4, §§ 3, 6; Bayerisches Hochschulgesetz Art. 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; BGB § 242; GG Art. 5 Abs. 3; EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG § 5; ArbGG § 72 Abs. 5; ZPO § 278 Abs. 6, § 551 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 559
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 4. September 2013 – 4 Sa 112/13 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch Befristung mit Ablauf des 31. August 2012 geendet hat.
Die Klägerin schloss ihr Studium der Archäologie 1991 mit der Magisterprüfung ab. Sie war in der Zeit vom 16. Oktober 2000 bis zum 31. August 2012 aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge bei dem beklagten Freistaat an der Universität Würzburg beschäftigt.
Zunächst war die Klägerin auf Grundlage des Vertrags vom 16./24. Oktober 2000 in der Zeit vom 16. Oktober 2000 bis 15. Oktober 2004 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für klassische Archäologie tätig. In § 1 Abs. 2 dieses Vertrags heißt es, die Beschäftigung diene auch ihrer Weiterbildung als wissenschaftlicher Nachwuchs oder ihrer beruflichen Aus-, Fortoder Weiterbildung (§ 57b Abs. 2 Nr. 1 HRG), insbesondere der Vorbereitung einer Promotion. Die Klägerin wurde am 17. August 2004 promoviert.
Mit Vertrag vom 23./27. August 2004 wurde das Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 16. Oktober 2004 bis zum 15. Oktober 2009 unter Berufung auf § 57b Abs. 2 Nr. 3 HRG verlängert. Unter dem 3./10. August 2009 schlossen die Parteien einen zum 31. März 2011 befristeten Verlängerungsvertrag. Mit Vertrag vom 17. August 2010 vereinbarten die Parteien unter Aufhebung des Verlängerungsvertrags vom 3./10. August 2009 und unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG, dass die Klägerin in der Zeit vom 1. September 2010 bis zum 31. März 2011 als Lehrkraft für besondere Aufgaben beschäftigt wird.
Dieser Vertrag wurde durch Änderungsvertrag vom 24. März 2011 bis zum 30. September 2011 verlängert. Der Vertrag lautet auszugsweise:
§ 1 wird durch folgende Vereinbarung ersetzt:
Frau V
wird
als vollbeschäftigte Lehrkraft für bes. Aufgaben im Sinne von Art. 24 Abs. 2 BayHSchPG weiterbeschäftigt.
Das Arbeitsverhältnis ist befristet
gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG)
bis zum 30.9.2011.”
Die Klägerin wandte sich mit einer Befristungskontrollklage gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Befristung zum 30. September 2011. Nachdem der Beklagte einen Vergleichsvorschlag unterbreitet und die Klägerin ihr Einverständnis mit diesem Vorschlag erklärt hatte, stellte das Arbeitsgericht am 28. November 2011 durch Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO das Zustandekommen und den Inhalt folgenden Vergleichs fest:
- „Die Klägerin wird befristet im Bereich der Klassischen Archäologie an der Philosophischen Fakultät I der Universität Würzburg zu den bisherigen Konditionen bis 31.08.2012 beschäftigt.
- Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.”
Der Beklagte übersandte daraufhin der Klägerin einen für die Zeit vom 28. November 2011 bis zum 31. August 2012 befristeten Arbeitsvertrag zur Unterschrift, der als Befristungsgrund § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG auswies. Die Klägerin unterzeichnete diesen Vertrag nicht und begründete dies mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 23. Januar 2012 wie folgt: „…
Meine Mandantin hat daher keinerlei Veranlassung, irgendwelche neuen Verträge zu unterschreiben, da der bisherige Anstellungsvertrag nebst den bisherigen Änderungen und Ergänzungen auch weiterhin Gegenstand des Beschäftigungsverhältnisses ist.
Umso weniger besteht eine Veranlassung, diesen vorgelegten Arbeitsvertrag zu unterschreiben, da die bisherigen Befristungen allesamt auf dem WissZeitVG bzw. der Vorgängerregelung des HRG beruhen, während der vorgelegte Vertragsentwurf die Befristung auf das TzBfG stützt.
…”
Mit der am 3. August 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem Beklagten am 8. August 2012 zugestellten Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, die Befristung ihres Arbeitsvertrags zum 31. August 2012 sei unwirksam. Sie beruhe nicht auf einem gerichtlichen Vergleich iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG. Auch eine Befristungsmöglichkeit nach dem WissZeitVG sei nicht eröffnet. Die Befristungshöchstgrenze von sechs Jahren nach abgeschlossener Promotion nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG sei überschritten. Die im Vergleich vereinbarte Befristung genüge nicht dem Zitiergebot des § 2 Abs. 4 WissZeitVG. Die Befristung halte auch einer Rechtsmissbrauchskontrolle nicht stand. Der Beklagte habe sich mit der Befristung nach dem WissZeitVG in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise zu ihrem Nachteil Vorteile verschafft. Zudem hätten die Professoren Dr. K und S ihr Ende 2009/ Anfang 2010 Entfristungszusagen erteilt, ohne die sie sich im Hinblick auf ihr fortgeschrittenes Alter anderweitig beworben hätte.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristungsabrede vom 28. November 2011 zum 31. August 2012 endete.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
I. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die Revision zulässig. Die Revisionsbegründung setzt sich mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung ausreichend auseinander.
1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO muss die Revisionsbegründung diejenigen Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts dabei in einer Weise aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Revisionsführer das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage durchdenkt. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch die Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen. Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne erkennbare Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung (st. Rspr., vgl. etwa BAG 8. Juli 2015 – 4 AZR 323/14 – Rn. 8; 14. Januar 2015 – 7 AZR 2/14 – Rn. 15).
2. Diesen Erfordernissen wird die Revisionsbegründung gerecht. Die Klägerin setzt sich mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts, die Befristung sei nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG gerechtfertigt und auch nicht rechtsmissbräuchlich, ausreichend auseinander. Sie macht ua. geltend, die durch das WissZeitVG eingeräumte Möglichkeit, Arbeitsverträge für die Dauer von zwölf Jahren sachgrundlos zu befristen, sei mit unionsrechtlichen Vorgaben nicht vereinbar. Träfe diese Auffassung zu, wäre die Rüge geeignet, die angefochtene Entscheidung insgesamt in Frage zu stellen.
II. Die Revision hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Befristungskontrollklage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der im Vergleich vom 28. November 2011 vereinbarten Befristung am 31. August 2012 geendet. Die rechtzeitig angegriffene Befristung ist nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG gerechtfertigt. Dem Beklagten ist es nicht nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Befristung zu berufen.
1. Mit der vorliegenden Befristungskontrollklage greift die Klägerin ausschließlich die in dem Vergleich vom 28. November 2011 vereinbarte Befristung zum 31. August 2012 an. Die Klägerin hat die Klage nicht dadurch erweitert, dass sie in der Revisionsbegründung die Auffassung vertreten hat, im Rahmen der Missbrauchskontrolle sei eine umfassende Prüfung aller befristeten Arbeitsverträge erforderlich. Die Beschränkung der Kontrolle auf die zuletzt geschlossene Befristungsabrede schließt es nicht aus, dass bei der Prüfung der Rechtswirksamkeit dieser Befristung, insbesondere bei der unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmenden Missbrauchskontrolle, auch die vorangegangenen befristeten Verträge zu berücksichtigen sind (BAG 18. Juli 2012 – 7 AZR 443/09 – Rn. 13, BAGE 142, 308). Eine Klageerweiterung wäre im Übrigen in der Revision unzulässig (BAG 19. Februar 2014 – 7 AZR 260/12 – Rn. 11).
2. Die Befristung zum 31. August 2012 gilt nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Die Klägerin hat deren Rechtsunwirksamkeit rechtzeitig geltend gemacht. Sie hat mit der beim Arbeitsgericht am
3. August 2012 eingegangenen und dem Beklagten am 8. August 2012 zugestellten Klage die dreiwöchige Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG eingehalten.
Diese Klagefrist wird auch durch die Erhebung einer Klage vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit gewahrt (vgl. BAG 29. April 2015 – 7 AZR 519/13 – Rn. 10; 12. November 2014 – 7 AZR 891/12 – Rn. 10).
3. Die Befristung ist nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG gerechtfertigt.
a) Der Beklagte kann die Befristungsabrede vom 28. November 2011 auf das WissZeitVG stützen. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Befristung dem Zitiergebot nach § 2 Abs. 4 WissZeitVG genügt.
aa) Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG ist im Arbeitsvertrag anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften des WissZeitVG beruht. Die Einhaltung des Zitiergebots erfordert nicht die Angabe der einzelnen Befristungsnormen (BAG 29. April 2015 – 7 AZR 519/13 – Rn. 11; 1. Juni 2011 – 7 AZR 827/09 – Rn. 13, BAGE 138, 91; vgl. BAG 21. Juni 2006 – 7 AZR 234/05 – Rn. 15, BAGE 118, 290 zu der mit § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG wortgleichen Vorschrift des § 57b Abs. 3 Satz 1 HRG in der bis 17. April 2007 geltenden Fassung). Dem Zitiergebot ist entsprochen, wenn sich aus der Befristungsvereinbarung ergibt, auf welche gesetzliche Vorschrift sich die Befristung stützt. Dabei genügt es, wenn sich anhand des schriftlichen Vertragstextes durch Auslegung ermitteln lässt, dass die Befristung auf dem WissZeitVG beruhen soll (vgl. BAG 1. Juni 2011 – 7 AZR 827/09 – Rn. 13, aaO; 17. Januar 2007 – 7 AZR 487/05 – Rn. 10 zu § 57b Abs. 3 Satz 1 HRG idF vom 27. Dezember 2004; 5. Juni 2002 – 7 AZR 281/01 – zu I 2 der Gründe zu § 57b Abs. 5 HRG idF vom 19. Januar 1999).
bb) Danach genügt die Befristungsabrede vom 28. November 2011 dem Zitiergebot.
(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, aus dem Vergleichstext werde hinreichend deutlich, dass die Klägerin zu den bisherigen Vertragsbedingungen beschäftigt werden solle. Die Formulierung „zu den bisherigen Konditionen” umfasse auch die im Ausgangsvertrag vom 24. März 2011 enthaltene Bezugnahme auf § 1 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG.
(2) Diese Auslegung der Befristungsabrede durch das Landesarbeitsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es kann offenbleiben, ob die Auslegung des materiell-rechtlichen Inhalts eines Prozessvergleichs durch das Landesarbeitsgericht der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt (sozB BAG 22. Mai 2003 – 2 AZR 250/02 – zu II 3 der Gründe; 31. Juli 2002– 10 AZR 513/01 – zu II 3 a der Gründe, BAGE 102, 103; 9. Oktober 1996 – 5 AZR 246/95 – zu 4 der Gründe) oder ob sie nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (so zB BAG 21. Januar 2014 – 3 AZR 362/11 – Rn. 55; 15. September 2004 – 4 AZR 9/04 – zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 112, 50). Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält auch einer uneingeschränkten Überprüfung stand.
In dem Änderungsvertrag vom 24. März 2011, mit dem die Parteien das Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 1. April 2011 bis zum 30. September 2011 verlängert haben, ist ausdrücklich angegeben, dass das Arbeitsverhältnis gemäß § 1 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG befristet ist. Mit dem am 28. November 2011 festgestellten Vergleich haben die Parteien lediglich einen anderen Beendigungszeitpunkt für das Arbeitsverhältnis (31. August 2012) festgelegt und die Beibehaltung der übrigen Bedingungen des vorherigen Vertrags vereinbart. Das umfasst auch die Angabe, dass es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis nach dem WissZeitVG handelt (vgl. BAG 16. Juli 2008 – 7 AZR 278/07 – Rn. 18, BAGE 127, 140 zu dem in der Protokollnotiz Nr. 6a zu Nr. 1 SR 2y BAT enthaltenen Zitiergebot). Davon ist auch die Klägerin ausweislich des Schreibens ihres Prozessbevollmächtigten vom 23. Januar 2012 ausgegangen. Darin hat dieser darauf hingewiesen, dass der bisherige Anstellungsvertrag nebst den bisherigen Änderungen und Ergänzungen auch weiterhin Gegenstand des Beschäftigungsverhältnisses sei und dass die bisherigen Befristungen allesamt auf dem WissZeitVG bzw. der Vorgängerregelung des HRG beruhten.
b) Die in dem Vergleich vereinbarte Befristung zum 31. August 2012 ist nach § 2 Abs. 1 Sätze 2 und 4 iVm. § 1 Abs. 1 WissZeitVG gerechtfertigt.
aa) Auf die Befristung findet § 2 Abs. 1 WissZeitVG Anwendung.
(1) Der zeitliche Geltungsbereich des WissZeitVG ist eröffnet. Für die Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags ist die im Zeitpunkt ihrer Vereinbarung geltende Rechtslage maßgeblich (vgl. BAG 29. April 2015 – 7 AZR 519/13 – Rn. 15; 2. September 2009 – 7 AZR 291/08 – Rn. 10, BAGE 132, 54). Das WissZeitVG ist mit dem „Gesetz zur Änderung arbeitsrechtlicher Vorschriften in der Wissenschaft” vom 12. April 2007 (BGBl. I S. 506) beschlossen worden und am 18. April 2007 in Kraft getreten. Die in dem am 28. November 2011 festgestellten Vergleich vereinbarte Befristung unterfällt nicht einer der auf andere Rechtsgrundlagen verweisenden Übergangsregelungen nach § 6 WissZeitVG (vgl. hierzu BAG 24. August 2011 – 7 AZR 228/10 – Rn. 19, BAGE 139, 109; 1. Juni 2011 – 7 AZR 827/09 – Rn. 16 f., BAGE 138, 91).
(2) Die Befristungsabrede vom 28. November 2011 fällt in den betrieblichen Anwendungsbereich des § 2 WissZeitVG. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gelten für den Abschluss von Arbeitsverträgen für eine bestimmte Zeit (befristete Arbeitsverträge) mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal mit Ausnahme der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer an Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind, die §§ 2 und 3 WissZeitVG. Zwar ist der Vertrag nicht mit der Universität geschlossen worden; Arbeitgeber ist vielmehr der beklagte Freistaat. Voraussetzung der Anwendbarkeit des § 2 Abs. 1 WissZeitVG auf einen befristeten Arbeitsvertrag ist aber nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG nicht, dass die staatliche Hochschule der Arbeitgeber ist, sondern dass der betreffende Arbeitnehmer an einer Einrichtung tätig werden soll, die nach Landesrecht eine staatliche Hochschule ist. Dies ist vorliegend der Fall. Gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Bayerischen Hochschulgesetzes in der Fassung vom 23. Mai 2006 ist die Julius-Maximilians-Universität Würzburg eine staatliche Hochschule des beklagten Freistaates.
(3) Der Klägerin unterfällt dem personellen Geltungsbereich des § 2 Abs. 1 WissZeitVG. Die Klägerin gehört zu dem in § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG genannten wissenschaftlichen Personal.
(a) Der Begriff des „wissenschaftlichen und künstlerischen Personals” ist durch § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG eigenständig und abschließend bestimmt (BAG 29. April 2015 – 7 AZR 519/13 – Rn. 20). Der Begriff des „wissenschaftlichen und künstlerischen Personals” bestimmt sich inhaltlich-aufgabenbezogen (BAG 29. April 2015 – 7 AZR 519/13 – Rn. 21; 1. Juni 2011 – 7 AZR 827/09 – Rn. 35 ff., BAGE 138, 91). Anknüpfungspunkt ist die Art der zu erbringenden Dienstleistung. Zum „wissenschaftlichen Personal” nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehört derjenige Arbeitnehmer, der wissenschaftliche Dienstleistungen erbringt. Es kommt nicht auf dessen formelle Bezeichnung an, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der von ihm auszuführenden Tätigkeit. Das Adjektiv „wissenschaftlich” bedeutet, „die Wissenschaft betreffend”. Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter, planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist (BAG 19. März 2008 – 7 AZR 1100/06 – Rn. 33 mwN, BAGE 126, 211). Sie ist nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern (BAG 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 – zu B II 4 der Gründe, BAGE 111, 8).
(b) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin zum wissenschaftlichen Personal gehört. Es hat gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG in Bezug auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 WissZeitVG von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen und damit festgestellt, dass es den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung folgt. Das Arbeitsgericht hatte angenommen, dass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG vorliegen. Dem lag ua. seine Feststellung zugrunde, dass die Klägerin in der Zeit vom 16. Oktober 2000 bis zum 31. August 2012 als Wissenschaftlerin tätig war. Diese Feststellung beruhte auf dem Vortrag der Klägerin. Diese hatte unwidersprochen behauptet, als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei dem Beklagten beschäftigt zu sein. Davon sind alle Verfahrensbeteiligten in erster und zweiter Instanz ausgegangen.
(c) Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts ist nach § 559 Abs. 2 ZPO für den Senat bindend. Dem steht nicht entgegen, dass die der Feststellung zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände nicht konkret vorgetragen und festgestellt worden sind.
(aa) Die Bindungswirkung des § 559 Abs. 2 ZPO erfasst nicht nur einzelne Umstände als tatbestandliche Voraussetzungen von Rechtsfolgen. Die Rechtsprechung stellt tatsächlichen Umständen (§ 138 Abs. 1 ZPO) Tatsachen in ihrer juristischen Einkleidung gleich, wenn dies durch einen einfachen Rechtsbegriff geschieht, der jedem Teilnehmer des Rechtsverkehrs geläufig ist. Unter diesen Voraussetzungen können Tatsachen von den Parteien auch als Erklärungen über Rechtstatsachen in das Verfahren eingeführt werden (BAG 16. Dezember 2010 – 6 AZR 487/09 – Rn. 36, BAGE 136, 340; 14. November 2007 – 4 AZR 861/06 – Rn. 28; 6. November 2007 – 1 AZR 862/06 – Rn. 13, BAGE 124, 323; BGH 19. März 2004 – V ZR 104/03 – BGHZ 158, 295).
(bb) Die Bezeichnung „wissenschaftliches Personal” ist ein einfacher Rechtsbegriff, der den Angehörigen des Hochschulbereichs geläufig ist. Es handelt sich um einen Grundbegriff des Wissenschaftsbetriebs. Darauf, dass die Feststellung der Voraussetzungen für die Annahme wissenschaftlicher Tätigkeit im Einzelfall schwierig sein kann, kommt es nicht an. Maßgebend ist allein, ob der Begriff selbst eine solche Einfachheit für sich beanspruchen kann (BAG 14. November 2007 – 4 AZR 861/06 – Rn. 28).
(cc) Die Klägerin hat die Feststellung nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen. Ihr erstmals in der Revisionsinstanz und nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist gehaltener Vortrag, sie gehöre nicht zum wissenschaftlichen Personal, weil ihr neben Verwaltungsaufgaben keine Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verblieben sei, ist revisionsrechtlich unbeachtlich (§ 559 Abs. 1 ZPO).
bb) Die Befristung genügt den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 und Satz 4 WissZeitVG.
(1) Die Befristung von Arbeitsverträgen mit nicht promoviertem wissenschaftlichen und künstlerischen Personal ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig. Nach abgeschlossener Promotion, dh. in der sog. Postdoc-Phase, ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WissZeitVG eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren – im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren – möglich. Eine Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG setzt voraus, dass sie nach Abschluss der Promotion vereinbart wird (BAG 24. August 2011 – 7 AZR 228/10 – Rn. 23, BAGE 139, 109). Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WissZeitVG verlängert sich die zulässige Befristungsdauer in der Postdoc-Phase in dem Umfang, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben (BAG 24. August 2011 – 7 AZR 228/10 – Rn. 23, aaO). Innerhalb der jeweils zulässigen Befristungsdauer sind nach § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG auch Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrags möglich.
(2) Diese Voraussetzungen erfüllt die in dem Vergleich vom 28. November 2011 vereinbarte Befristung zum 31. August 2012.
(a) Die Befristung wurde nach der Promotion vereinbart. Die Klägerin wurde am 17. August 2004 promoviert. Die zulässige Befristungshöchstdauer nach § 2 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 4 WissZeitVG wird durch die Befristung zum 31. August 2012 nicht überschritten. Der Zeitraum vom Abschluss der Promotion am 17. August 2004 bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit am 31. August 2012 überschreitet zwar die grundsätzlich in der sog. Postdoc-Phase zulässige Höchstbefristungsdauer von sechs Jahren um zwei Jahre und zwei Wochen. Die zulässige Befristungsdauer in der Postdoc-Phase hatte sich jedoch nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WissZeitVG um zwei Jahre und zwei Monate verlängert. Die Zeit der Beschäftigung der Klägerin ab dem 16. Oktober 2000 bis zu ihrer Promotion am 17. August 2004 betrug drei Jahre und zehn Monate. Da die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag im Jahr 2002 mit der Promotion begonnen hatte, verlängerte sich die zulässige Befristungsdauer nach Abschluss der Promotion um die Zeit des verbleibenden Restes von zwei Jahren und zwei Monaten. Daher konnte das Arbeitsverhältnis nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG insgesamt nach Abschluss der Promotion am 17. August 2004 für die Dauer von acht Jahren und zwei Monaten befristet werden.
(b) Bei der Vereinbarung im Vergleich vom 28. November 2011 handelt es sich um eine Vertragsverlängerung iSv. § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG. Dem steht nicht entgegen, dass sie nicht vor dem Ablauf der vorherigen Befristung am 30. September 2011, sondern erst am 28. November 2011 vereinbart wurde und die Vereinbarung nicht zweifelsfrei erkennen lässt, ob sich der neue befristete Arbeitsvertrag unmittelbar an den vorherigen, zum 30. September 2011 befristeten Vertrag anschließen sollte. Eine Vertragsverlängerung iSv. § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG setzt – anders als eine Vertragsverlängerung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG und nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BeschFG 1996 (vgl. hierzu etwa BAG 20. Februar 2008 – 7 AZR 786/06 – Rn. 9; zu § 1 Abs. 1 Satz 2 BeschFG 1996 25. Oktober 2000 – 7 AZR 483/99 – zu B II 1 der Gründe) nicht voraus, dass die Verlängerungsvereinbarung noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrags getroffen wird und sich die Laufzeit des Verlängerungsvertrags unmittelbar an den zu verlängernden Vertrag anschließt (Krause in Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand September 2015 § 2 WissZeitVG Rn. 14; ErfK/Müller-Glöge 15. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 7; Preis WissZeitVG § 2 Rn. 13, 23; APS/Schmidt 4. Aufl. § 2 WZVG Rn. 23; KR/Treber 10. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 44; MüKoBGB/Hesse 6. Aufl. § 23 TzBfG Rn. 40; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. Anh. G § 2 Rn. 13). Die enge Auslegung des Verlängerungsbegriffs in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG beruht darauf, dass § 14 Abs. 2 TzBfG grundsätzlich nur ein sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis zwischen denselben Arbeitsvertragsparteien bis zu einer Höchstdauer von zwei Jahren gestattet. Innerhalb dieses Zeitraums sind maximal drei Vertragsverlängerungen zulässig, wenn der zeitliche Höchstrahmen nicht bereits durch den ersten Vertrag ausgeschöpft wurde. Eine dem Regelungszusammenhang in § 14 Abs. 2 TzBfG vergleichbare gesetzliche Ausgestaltung, die allein den erstmaligen Abschluss eines Arbeitsvertrags und daran anschließende Verlängerungen, nicht aber den Neuabschluss eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags innerhalb der vorgesehenen zeitlichen Höchstgrenze zulassen würde, fehlt im Sonderbefristungsrecht des § 2 WissZeitVG. Für die Möglichkeit des Neuabschlusses eines Arbeitsvertrags nach einem beendeten Arbeitsverhältnis spricht vielmehr die Anrechnungsregelung in § 2 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 WissZeitVG, wonach auf die Höchstbefristungsdauer von zwölf Jahren alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit, die an einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung abgeschlossen wurden, anzurechnen sind (zutreffend KR/Treber 10. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 44). Dies setzt voraus, dass nicht nur ein befristeter Arbeitsvertrag mit daran anschließenden Verlängerungen ermöglicht wird, sondern dass der Abschluss mehrerer befristeter Arbeitsverträge – ggf. auch mit mehreren Arbeitgebern und mit zeitlichen Unterbrechungen – nach den Regelungen des WissZeitVG zulässig ist. Das Gesetz verbietet daher nicht den erneuten Abschluss eines nach den Bestimmungen des WissZeitVG befristeten Vertrags (vgl. Krause in Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand September 2015 § 2 WissZeitVG Rn. 14; ErfK/Müller-Glöge 15. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 7), sondern ermöglicht ihn. Dem Begriff der „Verlängerung” kommt deshalb keine gesonderte rechtliche Relevanz zu. Entscheidend ist insoweit allein die Einhaltung der gesetzlichen Höchstgrenzen.
c) § 2 Abs. 1 WissZeitVG begegnet entgegen der Ansicht der Klägerin keinen unionsrechtlichen Bedenken. § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG entspricht der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. EG L 175 vom 10. Juli 1999 S. 43 mit späteren Änderungen).
aa) Nach § 5 der Rahmenvereinbarung ergreifen die Mitgliedstaaten, um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zu vermeiden, eine oder mehrere der in § 5 Nr. 1 Buchst. a bis Buchst. c der Rahmenvereinbarung genannten Maßnahmen. Entschließt sich ein Mitgliedstaat zu einer oder zu mehreren dieser Maßnahmen, hat er das unionsrechtlich vorgegebene Ziel der Verhinderung des Missbrauchs durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge zu gewährleisten (vgl. EuGH 23. April2009 – C-378/07 bis C-380/07 – [Angelidaki] Rn. 94, 95 mwN, Slg. 2009, I-3071). Wie der Gerichtshof der Europäischen Union (Europäischer Gerichtshof) in mehreren Entscheidungen ausgeführt und geklärt hat, ist es Aufgabe der nationalen Gerichte, im Rahmen ihrer Zuständigkeit diesem Ziel bei der Auslegung der nationalen Vorschriften Rechnung zu tragen (vgl. EuGH 13. März 2014 – C-190/13 – [Márquez Samohano] Rn. 59; 26. Januar 2012 – C-586/10 – [Kücük] Rn. 39; 23. April 2009 – C-378/07 bis C-380/07 – [Angelidaki] Rn. 106, aaO).
bb) Mit § 2 Abs. 1 WissZeitVG hat sich der nationale Gesetzgeber – bei beiden, vom jeweiligen Qualifizierungsstand abhängigen Befristungsgrundlagen – für das Erfordernis einer Höchstbefristungsdauer entschieden. Dies genügt den Anforderungen von § 5 Abs. 1 Buchst. b der Rahmenvereinbarung (BAG 24. August 2011 – 7 AZR 228/10 – Rn. 35, BAGE 139, 109). Eine am Qualifikationsziel orientierte Maximalbefristungsdauer und die Anrechnungsbestimmung des § 2 Abs. 3 WissZeitVG wirken der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme der Sonderbefristungstatbestände nach dem WissZeitVG entgegen. Die Rahmenvereinbarung erkennt ausweislich des zweiten und des dritten Absatzes ihrer Präambel sowie der Nrn. 8 und 10 ihrer Allgemeinen Erwägungen an, dass befristete Arbeitsverträge für die Beschäftigung in bestimmten Branchen oder bestimmten Berufen und Tätigkeiten charakteristisch sind (vgl. EuGH 26. November 2014 – C-22/13 ua. – [Mascolo] Rn. 75; 3. Juli 2014 – C-362/13 ua. – [Fiamingo ua.] Rn. 59; 13. März 2014 – C-190/13 – [Márquez Samohano] Rn. 51). Mit den Befristungshöchstgrenzen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 WissZeitVG soll einerseits den Mitarbeitern ein hinreichender Zeitraum zur Qualifizierung und den Hochschulen zur Nachwuchsförderung offenstehen; andererseits zwingt die Regelung Hochschulen und Nachwuchswissenschaftler dazu, die Qualifizierung in ihren Abschnitten Promotionsphase und Postdoc-Phase zügig voranzutreiben, wenn das Privileg der befristeten Beschäftigung genutzt werden soll (vgl. BT-Drs. 16/3438 S. 11). Insgesamt bezwecken die Regelungen des „Sonderbefristungsrechts” nach dem WissZeitVG – ebenso wie die der vormaligen §§ 57a ff. HRG – einen angemessenen Ausgleich der Interessen zwischen der Hochschule, welche die Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG für sich in Anspruch nehmen kann, und deren wissenschaftlichem Personal (BAG 24. August 2011 – 7 AZR 228/10 – Rn. 29, BAGE 139, 109). Der unionsrechtlich vorgegebenen Missbrauchskontrolle ist mit der – bereits nach nationalem Recht gebotenen – Rechtsmissbrauchs-, Vertragsgestaltungs- oder Umgehungskontrolle (§ 242 BGB) Rechnung getragen (vgl. zur Missbrauchskontrolle einer sachgrundlosen Befristung BAG 15. Mai 2013 – 7 AZR 525/11 – BAGE 145, 128).
cc) Die Klägerin macht ohne Erfolg geltend, die Anrechnungsregelung des § 2 Abs. 3 WissZeitVG sei unwirksam, soweit diese befristete Arbeitsverträge mit einer Arbeitszeitverpflichtung bis zu einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit von der Anrechnung ausnehme. Auf die Wirksamkeit dieser Ausnahmeregelung kommt es vorliegend nicht an.
4. Die Befristung ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht rechtsmissbräuchlich.
a) Eine zusätzliche Prüfung der Wirksamkeit der Befristung nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (grundlegend BAG 18. Juli 2012 – 7 AZR 443/09 – Rn. 38, BAGE 142, 308 und – 7 AZR 783/10 – Rn. 33) ist nicht geboten. Diese Prüfung ist nach der im Anschluss an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Kücük (EuGH 26. Januar 2012 – C-586/10 –) entwickelten Rechtsprechung des Senats vorzunehmen bei der Kontrolle einer durch einen Sachgrund gerechtfertigten Befristung, der mehrere befristete Arbeitsverträge vorausgegangen sind und die sich somit als das letzte Glied einer Befristungskette darstellt. Bei der Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG handelt es sich nicht um eine Sachgrundbefristung, sondern um eine sachgrundlose Befristung.
b) Dem Beklagten ist es auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf § 2 Abs. 1 WissZeitVG zu berufen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die durch § 2 Abs. 1 WissZeitVG eröffnete Befristungsmöglichkeit im Streitfall rechtmissbräuchlich genutzt hat, liegen nicht vor. Die Dauer der Beschäftigung der Klägerin und das Fehlen eines Sachgrunds für die Befristung lassen nicht auf eine rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltung schließen. Für die Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG ist kein Sachgrund erforderlich. Eine Beschäftigungsdauer von insgesamt zwölf Jahren ist – unter den sonstigen Voraussetzungen der Regelung – gesetzlich vorgesehen.
c) Die von der Klägerin behaupteten Zusagen der Professoren Dr. K und S Ende 2009/Anfang 2010, der Beklagte werde die Klägerin unbefristet übernehmen, hätten, selbst wenn sie erteilt worden sein sollten, nicht zur Folge, dass sich der Beklagte nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Befristung zum 31. August 2012 berufen kann. Aus einer derartigen Zusage hätte sich lediglich ein Anspruch auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags ergeben können, wenn die Zusagenden zur Abgabe solcher Erklärungen berechtigt gewesen sein sollten (vgl. hierzu BAG 17. Januar 2007 – 7 AZR 81/06 – Rn. 17). Ein Anspruch auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags ist jedoch nicht Gegenstand der Klage. Zudem dürften solche Zusagen durch die zeitlich späteren Änderungsvereinbarungen über die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegenstandslos geworden sein.
III. Die Klägerin hat die Kosten der Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Gräfl, Kiel, M. Rennpferdt, Steude, Willms
Fundstellen
Haufe-Index 9213786 |
BAGE 2016, 365 |
BB 2016, 947 |
DB 2016, 8 |