Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungskündigung. Chefarztvertrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Sehen die Parteien eines Chefarztvertrages für Änderungen gesetzlicher Vorschriften sowie der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung eine Anpassung vor, die beide Parteien bei Scheitern einer Einigung über die Anpassung zur Kündigung dieses Vertrages mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende des Kalenderjahres berechtigt, so kann darin unter Umständen - jedenfalls im Nebentätigkeitsbereich - die Einräumung eines vertraglichen Bestimmungsrechts bei Änderungen der Geschäftsgrundlage gesehen werden, das an §§ 242, 315 BGB zu messen ist.
2. Die Ausübung des Bestimmungsrechts stellt in diesem Falle keine Änderungskündigung dar.
Orientierungssatz
Siehe auch die Vorprozesse BAG Urteile vom 7.11.1991, 6 AZR 514-516/89 = nicht zur Veröffentlichung bestimmt.
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 15.04.1992; Aktenzeichen 5 Sa 1510/89) |
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 03.11.1989; Aktenzeichen 3 Ca 3436/89) |
Tatbestand
Die Kläger waren seit Jahren in der berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in D , deren Träger die Beklagte und die Bauberufsgenossenschaft in W sind, zunächst als Klinikärzte, später als Chefärzte beschäftigt. Sie erzielten im Jahre 1988 (als Vergleichsjahr herausgegriffen) aus haupt- und nebenamtlicher Tätigkeit folgende Einnahmen:
Der Kläger zu 1
149.000,-- zuzüglich 130.000,-- DM,
der Kläger zu 2
106.000,-- zuzüglich 230.000,-- DM,
und die Klägerin zu 3
106.000,-- zuzüglich 120.000,-- DM.
Die Beklagte strebt aufgrund einer Neufassung der Bundesnebentätigkeitsverordnung eine Reduzierung der nebenamtlichen Tätigkeiten von jeweils ca. 25 % an.
Der Kläger zu 1 schloß im Jahre 1979, der Kläger zu 2 im Jahre 1973 und die Klägerin zu 3 im Jahre 1984 Arbeitsverträge mit der Beklagten ab. In den Arbeitsverträgen war auf das jeweils geltende Tarifrecht, im Falle der Kläger zu 1 und 2 auf den Tarifvertrag für die Angestellten der Berufsgenossenschaften (BG-AT), im Falle der Klägerin zu 3 auf den Tarifvertrag für die Angestellten in berufsgenossenschaftlichen Rehabilitationseinrichtungen (MTV Ang-Arge REHA) verwiesen. In diesen Tarifwerken wird ihrerseits auf die sinngemäße Anwendung der Regelungen für Dienstordnungs-Angestellte und damit auch auf die Nebentätigkeitsverordnung verwiesen; allerdings werden Chefärzte von der Geltung des Tarifrechtes ausgenommen, wenn und soweit ihre Arbeitsbedingungen einzelvertraglich besonders vereinbart sind, wie das nach den Feststellungen der Arbeitsgerichte in einem Vorprozeß der Parteien (BAG Urteile vom 7. November 1991 - 6 AZR 514, 515, 516/89 -) festgestellt worden ist. Neben den Klägern sind bei der Beklagten der ärztliche Direktor und ein weiterer Chefarzt (Dr. S ) als Dienstordnungsangestellte, für die die Nebentätigkeitsverordnung unmittelbar gilt, tätig.
Unter Berufung auf die Änderung der Bundesnebentätigkeitsverordnung mit Wirkung vom 1. Januar 1988 stellte sich die Beklagte im Vorprozeß der Parteien auf den Standpunkt, das neue Nebentätigkeitsrecht gelte unmittelbar auch für die Kläger, insbesondere auch die zwingende Regelung für die Entgeltbemessung bei ärztlichen Nebentätigkeiten, so z. B. auch beim sogenannten Vorteilsausgleich (§§ 10 Abs. 2, 12 Abs. 3 Bundesnebentätigkeitsverordnung). Dabei geht es darum, daß die eine Nebentätigkeit ausübenden Ärzte neben dem Nutzungsentgelt für die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material ihres Arbeitgebers zusätzlich einen Ausgleich dafür zahlen, daß sie sich diese Dinge ohne eigenes wirtschaftliches Risiko nutzbar machen können (§ 11 Abs. 4 Ziff. 4 BNV), ihnen also das allgemeine Unternehmerrisiko im Vergleich zu frei praktizierenden Ärzten abgenommen wird. Gegen eine solche Inanspruchnahme haben sich die Kläger im Vorprozeß der Parteien mit Hilfe einer Auskunfts- und Zahlungsklage mit Erfolg gewehrt. Das Bundesarbeitsgericht hat wie die Vorinstanzen die Auffassung vertreten, die Bundesnebentätigkeitsverordnung gelte für die Kläger als Chefärzte aufgrund der besonderen Nebentätigkeitsregelung in ihren Chefarztverträgen nicht, zur Abänderung dieses Vertragswerks müsse sich die Beklagte vielmehr der vertraglich oder gesetzlich vorgesehenen Änderungsregeln bedienen. Im Hinblick hierauf hat die Beklagte den Klägern mit gleichlautenden Schreiben vom 23. Juni 1989 "Änderungskündigungen" zum 31. Dezember 1989, im Falle der Klägerin zu 3 wegen verspäteten Zugangs am 1. Juli 1989 zum 31. Dezember 1990 ausgesprochen. Sie strebt insofern eine Abänderung der im wesentlichen gleichlautenden Vorschrift des § 6 des jeweiligen Chefarztvertrages an, der wie folgt lautet:
§ 6
(1) Die Maschinenbau- und Kleineisenindustrie-
Berufsgenossenschaft überträgt dem Chefarzt
unter Beachtung des für die Unfallklinik
bestehenden Behandlungskostentarifs (sta-
tionäre ärztliche Behandlung von Selbstzah-
lern, Arztkostenabschlag) das Liquidations-
recht für
1. Gutachtenerstellung (§ 5 Abs. 1),
2. Konsiliararzttätigkeit (§ 5 Abs. 2),
3. ambulante und stationäre Behandlung vom
Selbstzahlern (§ 5 Abs. 4).
(2) Alle hieraus resultierenden Einnahmen
werden einem Klinikfonds zugeführt. Ihre
Verteilung sowie die Abgabepflicht für Lei-
stungen gem. § 5 Abs. 9 erfolgen entspre-
chend der Vereinbarung über den Klinik-
fonds, die in ihrer jeweiligen Fassung Be-
standteil dieses Vertrages ist.
(3) Einnahmen aus der Konsiliararzttätigkeit
verbleiben dem Chefarzt in voller Höhe.
...
Die Beklagte strebt unter Hinweis auf die den Klägern unter dem 5. Juni 1989 gemachten Änderungsangebote folgende Neufassung des § 6 der Chefarztverträge an:
§ 6
1. Dem Chefarzt steht das Liquidationsrecht zu
für
1. Gutachtenerstellung,
2. Konsiliararzttätigkeit,
3. ambulante und stationäre Behandlung von
Selbstzahlern mit Ausnahme der stationä-
ren Behandlung in der allgemeinen Pfle-
geklasse.
2. Für die Inanspruchnahme von Einrichtungen,
Personal und Material der Klinik hat der Chef-
arzt ein Entgelt (Kostenerstattung und Vor-
teilsausgleich) zu entrichten. Die Höhe des
Entgelts richtet sich nach den Bestimmungen
der Verordnung über die Nebentätigkeit der
Bundesbeamten, Berufssoldaten und Soldaten auf
Zeit (Bundesnebentätigkeitsverordnung-BNV) vom
12. November 1987 (BGBL I Seite 2373) in ihrer
jeweiligen Fassung sowie nach den dazu erlas-
senen Ausführungsbestimmungen des Bundesversi-
cherungsamtes.
3. Einnahmen aus der Konsiliararzttätigkeit
verbleiben dem Chefarzt voll.
4. ...
Wegen der Abänderungsmöglichkeit in dem von ihr erstrebten Sinne beruft sich die Beklagte auf eine (wiederum gleichlautende) Vorschrift in den Chefarztverträgen (§ 10 bzw. §14), die wie folgt lautet:
§ 10
(1) Dieser Vertrag ist Änderungen gesetzlicher
Vorschriften sowie der wissenschaftlichen
und gesellschaftlichen Entwicklung anzupas-
sen, insbesondere soweit diese Ärzteschaft
und Krankenhauswesen betreffen. Dabei sind
die berechtigten Interessen der Beteiligten
zu berücksichtigen.
(2) Soweit eine Einigung über die Anpassung und
deren Voraussetzungen - dies gilt auch im
Falle des § 9 dieses Vertrages - nicht zu-
stande kommt, kann dieser Vertrag mit einer
Frist von 6 Monaten zum Ende des Kalender-
jahres gekündigt werden. Die Kündigung un-
terliegt der richterlichen Nachprüfung.
Die in § 6 Abs. 2 der Chefarztverträge in Bezug genommene Vereinbarung über die Einrichtung des Klinikfonds i. d. F. v. 24. Juni 1976 regelt unter anderem:
I. Grundsätze
1. An der Berufsgenossenschaftlichen Unfall-
klinik D wird ein Klinik-
fonds gebildet. Nach Maßgabe der folgenden
Bestimmungen leiten die Klinik und alle bei
ihr angestellten liquidationsberechtigten
Ärzte einen Teil ihrer Einnahmen in diesen
Fonds und werden die Mittel des Klinikfonds
an alle angestellten Ärzte verteilt.
2. Vertragspartner sind neben den Träger--
Berufsgenossenschaften der Ärztliche Direk-
tor und alle sonstigen liquidationsberech-
tigten Ärzte der Berufsgenossenschaftlichen
Unfallklinik D ; auch die
übrigen angestellten Ärzte der Klinik er-
halten aus der Vereinbarung Rechtsansprüche
gegenüber dem Träger des Klinikfonds zuge-
standen ...
3. Die technische Durchführung der Verein-
barung über den Klinikfonds sowie die Ab-
rechnungsmodalitäten werden gesondert gere-
gelt.
II. ...
III. Verteilung der Einnahmen des Klinikfonds
1. Die Verteilung der Einnahmen des Klinik-
fonds erfolgt nach Punkten und wird jeweils
nach Ablauf eines Abrechnungszeitraumes
(Kalenderjahres) endgültig von einem Gremi-
um vorgenommen, dessen Zusammensetzung in
der Regelung über die technische Durchfüh-
rung der Vereinbarung niedergelegt ist. An
den Einnahmen werden alle im Hause ange-
stellten Ärzte gemäß III. 2.) quotenmäßig
beteiligt; der Punktwert errechnet sich da-
bei nach dem Bestand des Klinikfonds und
der Summe der darauf gerichteten Gesamt-
punktzahl nach III. 2.).
...
IV. Inkrafttreten und Überprüfung der Ver-
einbarung
Diese Vereinbarung kann überprüft werden,
sofern dies von einer der Träger-Berufsge-
nossenschaften oder mindestens 2 liquidati-
onsberechtigten Ärzten gewünscht wird.
Eine Änderung kann nur mit Wirkung vom 1.7.
eines jeden Jahres erfolgen; der entspre-
chende begründetete Antrag muß bis zum
31.3. des betreffenden Jahres gestellt wer-
den.
Sofern die Prüfung ergibt, daß die Ver-
einbarung den jeweiligen Erfordernissen und
Belangen der Klinik oder der Ärzteschaft
nicht mehr entspricht, trifft das nach
III. 1.) zu bildende Gremium Änderungen
bzw. Ergänzungen, die mit der Genehmigung
durch die Vorstände der beiden Träger-BGen
wirksam werden.
In Abschnitt II. der Klinikfondsvereinbarung wird im einzelnen die prozentuale Aufteilung der Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit geregelt. Zuletzt führten die Chefärzte durchschnittlich 20 % ihrer Einnahmen an die Klinik ab. Eine Regelung über die technische Durchführung der Klinikfondsvereinbarung existiert nicht. Die Zusammensetzung des zu bildenden Gremiums ist nicht ausdrücklich geregelt worden.
In den Kündigungsschreiben vom 23. Juni 1989 hat die Beklagte klargestellt, daß die derzeit gültige Vereinbarung über einen Klinikfonds (Fassung vom 24. Juni 1976) vorläufig weitergelten solle, soweit sie unter anderem mit § 6 Abs. 2 der vorgesehenen Neufassung des Chefarztvertrages vereinbar sei; außerdem solle die ausgesprochene Änderungskündigung nur den abgeschlossenen Chefarztvertrag, nicht jedoch den Anstellungsvertrag betreffen.
Die Kläger haben die Kündigung unter Vorbehalt angenommen. Für die Klägerin zu 3 gilt nach einer Entbindung bis zum 6. Juli 1989 das Kündigungsverbot gemäß § 9 Abs. 1 MuSchG.
Mit ihren Klagen haben die Kläger geltend gemacht, die Kündigungen seien schon formunwirksam, weil lediglich das Vorstandsmitglied H "zugleich für H. M ", jedoch ohne Beifügung einer Kündigungsvollmacht unterzeichnet habe. Im übrigen weise das Kündigungsschreiben nicht den Vorstand als Absender aus, was jedoch nach § 18 Abs. 3 der Satzung der Beklagten erforderlich sei. Im übrigen sei die Kündigung als Teilkündigung unzulässig und enthalte auch nicht die Ausübung eines Widerrufsvorbehalts. Für eine Änderungskündigung lägen keine sozial rechtfertigenden Gründe vor. Die Bundesnebentätigkeitsverordnung gelte ausweislich der vertraglichen Gestaltung nicht für Chefärzte. Die im Klinikfondsvertrag unter V. vorgesehene Änderung sei von dem zuständigen Gremium bisher nicht vorgenommen worden. Auch Anpassungsverhandlungen hätten bisher nicht stattgefunden, vielmehr habe sich die Beklagte darauf berufen, die BNV finde auf ihr Vertragsverhältnis Anwendung, was jedoch nach dem Vorprozeß unzutreffend sei. Die von der Beklagten erstrebte Neufassung greife grundlegend in die Chefarztverträge und den Klinikfondsvertrag ein, was wegen einer Störung des Äquivalenzgefüges schon unter dem Gesichtspunkt einer Teilkündigung unzulässig, aber auch nicht sozial gerechtfertigt sei, weil die Beklagte eine wirtschaftliche Notwendigkeit für die angestrebte Änderung nicht dargetan habe. Die von der Beklagten vorgelegten Zahlen für die Nebeneinnahmen der Jahre 1987 bis 1989 seien rückläufig und widerlegten damit schon die Notwendigkeit einer weiteren wirtschaftlichen Reduzierung. Im übrigen seien der Klinik aufgrund einer Verlagerung von KV-Träger-Patienten zu UV-Träger-Patienten mit höherem Pflegesatz deutlich höhere Einnahmen zugeflossen. Soweit die Beklagte Zahlenmaterial im Hinblick auf Vorhaltekosten der Klinik vorgelegt habe, werde dies mit Nichtwissen bestritten.
Die Kläger haben beantragt
festzustellen, daß die Kündigung des jeweiligen
Chefarztvertrages im Zusammenhang mit der als Än-
derungskündigung bezeichneten Kündigung vom
23. Juni 1989 unwirksam sei und das Arbeitsver-
hältnis in Bezug auf den Chefarztvertrag nicht
zum 31. Dezember 1989 - im Falle der Klägerin zu
3 hilfsweise auch nicht zum 31. Dezember 1990 -
aufgelöst worden sei, sondern zu unveränderten
Bedingungen fortbestehe.
Die Beklagte hat mit ihrem Abweisungsantrag sich zunächst darauf berufen, die Kündigungserklärung sei formgerecht erfolgt, weil ausweislich der Satzung Einzelvertretung möglich sei. Der Zusatz "zugleich für H. M " deute lediglich auf einen Vorstandsbeschluß hin, der in einer schriftlichen Willenserklärung nach außen weitergegeben werde; aus der Bezugnahme auf das Anschreiben vom 5. Juni 1989 folge auch, daß eine Erklärung für den Vorstand abgegeben werde.
Eine Anpassung des Vertragsinhalts sei nach §§ 10 bzw. 14 der Chefarztverträge möglich; mit dem in die Form einer Änderungskündigung gekleideten Schreiben vom 23. Juni 1989 werde in der Sache von einem Anpassungs-, also einem Widerrufsvorbehalt Gebrauch gemacht. Deshalb werde im Falle der Klägerin zu 3 auch der Mutterschutz nicht berührt, vielmehr sei die Ausübung des Widerrufsvorbehalts nur an § 315 BGB zu messen, wobei das, was der Gesetzgeber für Beamte vorsehe, auch für Angestellte nicht unbillig sein könne. Sie, die Beklagte, sei im übrigen als Körperschaft des öffentlichen Rechts gehalten, Dienstordnungs-Angestellte und angestellte Ärzte im Rahmen des Nebentätigkeitsrechtes - schon im Interesse des Betriebsfriedens - gleich zu behandeln. Der ärztliche Direktor habe selbst erklärt, die Bundesnebentätigkeitsverordnung sei für dienstordnungsangestellte Ärzte grundsätzlich und mit den jeweils gültigen Ausführungsbestimmungen anzuwenden, wobei das höhere Recht der BNV das den Klinikfonds betreffende Vertragsrecht außer Kraft gesetzt habe. Auch gegenüber dem Chefarzt Dr. S sei inzwischen gerichtlich festgestellt, daß die BNV für ihn unmittelbar gelte. Die geänderten Bestimmungen der BNV müßten deshalb auch für die tariflich angestellten Chefärzte gelten. Die bis 1988 für die Kläger übermäßig günstige Situation im Nebentätigkeitsbereich müsse im zumutbaren Maße zugunsten einer höheren Abführungspflicht geändert werden. Die gesetzlichen Änderungen seien den Klägern auch schriftlich wie mündlich ausführlich erläutert worden, wobei über Monate hinweg ergebnislos über Vertragsanpassungen verhandelt worden sei, so daß jedenfalls die Voraussetzungen für die Anpassungsklauseln erfüllt seien. Den Grundsatz der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs, und zwar in den von der BNV vorgesehenen Pauschalsätzen, müsse sie als Körperschaft des öffentlichen Rechtes aufgrund der gesetzlichen Regelung und im Auftrag des Bundesversicherungsamtes (vgl. § 12 BNV) gegenüber den Klägern durchsetzen. Dabei komme es auf einen Nachweis der entstandenen Kosten nicht an; im übrigen entspreche die pauschalierte Erstattung wegen der gerade für eine Unfallklinik erhöhten Investitionsaufwendungen bei weitem nicht den tatsächlich ihr entstandenen Kosten. Nachdem inzwischen die Kostenstellenrechnung eingeführt worden sei, ergebe sich im übrigen, daß sich die Vorhaltekosten der Klinik im stationären Bereich durchschnittlich auf mehr als das Doppelte und im ambulanten Bereich durchschnittlich auf mehr als das Fünffache dessen beliefen, was die Chefärzte erstatteten. Daraus ergebe sich, daß selbst die Abgabenhöhe nach der BNV bei weitem nicht kostendeckend sei. Auch die gesellschaftliche Entwicklung fordere eine Anpassung der Einkünfte aus der Nebentätigkeit, die bei den Klägern teilweise noch über den Einkünften aus dem Hauptamt lägen, wobei es bei der Reduzierung im Rahmen der Nebentätigkeit um einen vertretbaren Prozentsatz von 26 bis 27 %, bezogen auf die Gesamteinkünfte nur von durchschnittlich 12 bis 17 % für den jeweiligen Kläger gehe. Ein solches Anpassungsbegehren sei nicht unbillig.
Das Arbeitsgericht hat die Klagen, soweit sie ursprünglich auf die Feststellung des unveränderten Fortbestandes des gesamten Arbeitsverhältnisses - nicht nur des Chefarztvertrages - gerichtet waren, abgewiesen, im übrigen hat es nach dem Klageantrag erkannt. Das Arbeitsgericht hat den Ausspruch der Kündigung für formgerecht und die Maßnahme als Teilkündigung für zulässig angesehen, wobei es aber am Nachweis der wirtschaftlichen Notwendigkeit fehle. Die allein von der Beklagten eingelegte Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Klageabweisung, weil die Kläger aufgrund § 10 bzw. § 14 der Chefarztverträge die von der Beklagten angestrebte Änderung des § 6 Abs. 2 dieser Verträge aufgrund der einzelvertraglich eingeräumten Bestimmungsklausel in § 10 Abs. 2 nach §§ 242, 315 BGB hinnehmen müssen.
A. Das Landesarbeitsgericht hat seine entgegenstehende Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts könne nicht von einer zulässigen Teilkündigung ausgegangen werden, weil eine solche Möglichkeit in § 10 der Chefarztverträge nicht vorgesehen sei. Nach § 10 Abs. 1 sei nämlich eine Mitwirkungshandlung der Kläger erforderlich und zum anderen könne der Vertrag nur als Ganzes gekündigt werden, so daß also nicht festgelegt sei, daß nur Teile des Vertrages einseitig durch rechtsgestaltende Erklärung gelöst werden könnten; insofern fehle es auch an der hinreichenden Bestimmtheit der einer einseitigen Änderung unterliegenden Bestimmungen. Aufgrund der Verzahnung zwischen Chefarztvertrag und Klinikfondsvereinbarung sei auch davon auszugehen, daß das nach der Klinikfondsvereinbarung zuständige Gremium gegebenenfalls einseitig Änderungen der Aufteilung der Einnahmen sowie zur Höhe der Abgabepflicht herbeizuführen habe. Auch daraus folge, daß nicht die Beklagte einseitig vertragliche Vereinbarungen abändern könne.
In Wirklichkeit liege eine Änderungskündigung vor, wie die Beklagte auch eingangs ihres Kündigungsschreibens formuliert habe. Diese sei jedoch mangels dringender betrieblicher Erfordernisse sozial nicht gerechtfertigt. Das Gericht habe im Einzelfall die vorgesehenen Kürzungen nicht auf ihre Angemessenheit und Zumutbarkeit im Hinblick auf möglicherweise vorliegende betriebliche Erfordernisse prüfen können. Wenn die Vorhaltekosten auch unter Berücksichtigung des Vorteilsausgleichs nach der BNV nicht ausgeglichen werden könnten, so sei um so weniger von einer zwingenden betrieblichen Notwendigkeit für die Inanspruchnahme der Kläger auszugehen. Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz könne als betriebsbedingter Kündigungsgrund nicht anerkannt werden. Schließlich liege auch keine Störung des Betriebsfriedens vor. Es sei nicht feststellbar, daß die Schlechterstellung von zwei Chefärzten gegenüber drei anderen Chefärzten eine wesentliche Störung des Betriebsfriedens darstellen würde. Wenn bei einer Änderung der Einkünfte der Kläger das Gesamteinnahmevolumen zusätzlich gemindert werde, werde dies erst recht zu einer weiteren Störung des Betriebsfriedens führen. Schließlich bleibe die Möglichkeit, daß das nach der Klinikfondsvereinbarung einzusetzende Gremium zunächst einmal eine Einigung der Parteien versuche, wobei nicht zu verkennen sei, daß die Gesamtsituation für alle Beteiligten in der vorliegenden Form auf Dauer nicht tragbar sein werde. Die Kündigung gegenüber der Klägerin zu 3 sei im übrigen wegen § 9 MuSchG unwirksam, weil dieses Kündigungsverbot auch gegenüber einer Änderungskündigung gelte.
B. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte rügt zu Recht eine fehlerhafte Auslegung des § 10 der Chefarztverträge sowie die Annahme des Berufungsgerichts, es liege eine Änderungskündigung nach § 2 KSchG vor; in Wirklichkeit sei von einer Vertragsanpassung in Anlehnung an § 315 BGB auszugehen, wobei das Landesarbeitsgericht die beiden Bestandteile des Nutzungsentgelts, nämlich Kostenerstattung (§ 12 Abs. 1 und 2 BNV) und Vorteilsausgleich (§ 12 Abs. 3 BNV) nicht in der gebotenen Weise voneinander getrennt habe.
I. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe mit den Schreiben vom 23. Juni 1989 eine Änderungskündigung nach § 2 KSchG ausgesprochen, hält einer revisionsgerichtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Eine Nachprüfung durch das Revisionsgericht ist allerdings nur insoweit möglich, als die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB verletzt sind, gegen Gesetze der Logik oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen wurde oder Umstände, die für die Auslegung irgendwie von Bedeutung sein können, außer Betracht gelassen wurden (vgl. BAGE 4, 360 = AP Nr. 15 zu § 242 BGB Ruhegehalt; BAGE 22, 424, 426 = AP Nr. 33 zu § 133 BGB, zu 1 der Gründe; BAGE 33, 119, 128 = AP Nr. 8 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag, zu I 1 a der Gründe). Dabei ist ein Verstoß gegen die gesetzlichen Auslegungsregeln auch ohne Revisionsrügen zu beachten, wobei das Revisionsgericht allerdings an die Auslegung zugrundeliegender tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden wäre, soweit von der Revision keine prozessualen Rügen erhoben worden sind; zu diesem, dem Revisionsgericht verschlossenen Gebiet der Tatsachen gehören die Feststellungen des inneren Willens des Erklärenden, die Feststellung der für die Auslegung bedeutsamen Begleitumstände, als auch die Ermittlung des Erklärungswertes einer Äußerung (BAGE 33, 119 = AP, aaO). Selbst bei Zugrundelegung dieses eingeschränkten Überprüfungsmaßstabes für die Auslegung atypischer individueller Vereinbarungen ist dem Landesarbeitsgericht insoweit nicht zu folgen, als es von der Notwendigkeit und dem Ausspruch einer ordentlichen Änderungskündigung als Voraussetzung für die von der Beklagten erstrebte Vertragsänderung (Anpassung) ausgegangen ist.
2. Die Änderungskündigung ist wie jede Kündigung eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung; sie ist echte Kündigung in dem Sinne, daß sie die Beendigung des gesamten Arbeitsverhältnisses bewirken kann, wenn sich der Kündigungsempfänger nicht mit einer bestimmten Änderung des Arbeitsverhältnisses einverstanden erklärt (BAGE 10, 288 = AP Nr. 10 zu § 620 BGB Änderungskündigung; Senatsurteil vom 27. September 1984 - 2 AZR 62/83 - BAGE 47, 26, 38 f. = AP Nr. 8 zu § 2 KSchG 1969, zu B II 3 c) cc der Gründe). Wie das Bundesarbeitsgericht bereits mehrfach entschieden hat (BAGE 30, 351 = AP Nr. 5 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag; 33, 119 = AP Nr. 8, aaO; 57, 344 = AP Nr. 18, aaO) stellt das Rechtsinstitut der Änderungskündigung für Krankenhausträger ein an sich geeignetes arbeitsvertragliches Gestaltungsmittel dar, um Arztverträge an die durch landes- oder bundesrechtliche Krankenhausgesetze geänderte Rechtslage anzupassen. Als weitere arbeitsvertragliche Anpassungsmöglichkeiten kommen insbesondere die Ausübung eines vertraglichen Widerrufsvorbehaltes, der Abschluß eines Änderungsvertrages und die begründete Berufung auf das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht (BAGE 57, 344, 360 = AP, aaO, zu A III 3 b der Gründe).
3. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts enthält das Schreiben vom 23. Juni 1989 keine derartige ordentliche Änderungskündigung.
a) Bei seiner Auslegung hat das Landesarbeitsgericht den erheblichen Umstand außer Betracht gelassen, daß es der Beklagten ausweislich des Kündigungsschreibens vom 23. Juni 1989 - unabhängig von der selbst gewählten Bezeichnung einer Änderungskündigung - nicht darum ging, das Arbeitsverhältnis als Ganzes zu beenden, sondern nur den Chefarztvertrag, und zwar nicht insgesamt, sondern nur die Bestimmung des § 6 betreffend die Einnahmen aus Nebentätigkeit. Dies kommt eindeutig in der Formulierung zum Ausdruck, die Beklagte wolle zur Vermeidung von Mißverständnissen klarstellen, daß die ausgesprochene Änderungskündigung nur den abgeschlossenen Chefarztvertrag betreffe, während der Anstellungsvertrag unberührt bleibe. Ferner hat die Beklagte in ihrem Schreiben vom 23. Juni 1989 ausdrücklich auf die vorgesehene Neufassung der Vertragsbestimmung in § 6 des Chefarztvertrages laut ihrem Angebot im Schreiben vom 5. Juni 1989 bezug genommen. Auch darin wird der Wille der Beklagten dokumentiert, unter Beibehaltung des Arbeitsverhältnisses nur die Nebentätigkeitsregelung veränderten Verhältnissen anzupassen, was die Beklagte bereits - vergeblich - im Vorprozeß der Parteien mit der Argumentation versucht hat, das Nebentätigkeitsrecht des öffentlichen Dienstes gelte unmittelbar für die Kläger aufgrund einer Bezugnahme im zugrundeliegenden Anstellungsvertrag. Die Beklagte hat sich also auch hier auf die unveränderte Fortgeltung des zugrundeliegenden Anstellungsvertrages berufen. Mithin fehlt es an ihrer Absicht, mit der Kündigung eine Beendigung des gesamten Arbeitsverhältnisses zu bewirken, falls sich der Kündigungsempfänger nicht mit der vorgeschlagenen Änderung des Arbeitsverhältnisses einverstanden erkläre.
b) Das spätere Verhalten der Beklagten, das auch zum Auslegungsstoff gehört, wenn es die Vorstellungen der Parteien beim Rechtsgeschäft erhellt (vgl. Senatsurteil vom 11. Januar 1979 - 2 AZR 937/77 - unveröffentlicht, zu II 2 d der Gründe), steht dieser Würdigung nicht entgegen. Wie bereits ausgeführt, hat die Beklagte schon im Vorprozeß der Parteien keine Änderung des gesamten Arbeitsverhältnisses angestrebt, sondern die Auffassung vertreten, die Bundesnebentätigkeitsverordnung gelte auch für das Arbeitsverhältnis der Kläger. Sie hat sich auch im vorliegenden Prozeß darauf berufen, es lägen Gründe für eine Vertragsanpassung gemäß § 10 bzw. § 14 der Chefarztverträge vor; insofern handele es sich vorliegend in Wirklichkeit nicht um eine Änderungskündigung, sondern es werde von einer Anpassungsmöglichkeit in Form eines Widerrufsvorbehaltes Gebrauch gemacht. Da der Wille der Beklagten, sich von den Klägern im Falle der Nichtannahme der beabsichtigten Vertragsänderung zu trennen, weder aus dem Inhalt des Schreibens vom 23. Juni 1989, noch aus dem späteren prozessualen Verhalten mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, kommt es auf die subjektive Wertung der Kläger nicht an. Denn bei der Auslegung einer Willenserklärung ist ein objektiver Maßstab anzulegen, d. h. es ist zu prüfen, wie der Empfänger einer Erklärung diese nach Treu und Glauben und nach der Verkehrsauffassung verstehen mußte (BAG Urteil vom 2. März 1973 - 3 AZR 325/72 - AP Nr. 36 zu § 133 BGB). Das bedeutet, daß die subjektive Auffassung der Kläger, soweit sie nicht aus objektiven Umständen hergeleitet wird, keine Berücksichtigung bei der Auslegung der Kündigungserklärung finden darf. In diesem Sinne folgerichtig haben sowohl das Arbeitsgericht die ursprünglich auf Fortbestand der Arbeitsverhältnisse gerichtete Klage abgewiesen, wie auch die Kläger auf eine Berufung gegen diese Entscheidung verzichtet haben. Auch sie gehen daher offensichtlich von dem Fortbestand der Arbeitsverhältnisse aus.
II. Wenn mit den Schreiben vom 23. Juni 1989 keine Änderungskündigungen erklärt sind, so führt dies nicht bereits zur Unbegründetheit der formal von den Klägern als Änderungsschutzklagen erhobenen Feststellungsklagen.
1. Ebenso wie der rechtliche Gehalt des Schreibens vom 23. Juni 1989 der Auslegung zugänglich ist, müssen allerdings auch die Klageanträge ausgelegt werden, was auch für das Revisionsgericht gilt; dabei gilt u. a. der Grundsatz, daß eine mißverständliche Fassung des Klageantrages nicht ausschlaggebend sein darf, wenn aus der Klage insgesamt ersichtlich ist, wogegen sie sich richten soll (BAGE 33, 119, 131 = AP Nr. 8 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag, zu I 2 der Gründe sowie BAGE 57, 344, 361 f. = AP Nr. 18, aaO, zu II 3 c aa der Gründe). Wie sich aus dem gesamten Prozeßvortrag der Kläger ergibt, wollen sie sich ersichtlich gegen die im Schreiben der Beklagten vom 23. Juni 1989 vertretene Ansicht wenden, ihre Chefarztverträge seien an die neue Bundesnebentätigkeitsverordnung anzupassen und der Vertrag sei insoweit bereits durch die Gesetzesänderung oder aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 23. Juni 1989 geändert. Die Kläger haben dies auch ausdrücklich mit der Formulierung ihres Antrages zum Ausdruck gebracht, nämlich daß das Vertragsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortbestehe. Das Gesamtvorbringen ergibt daher - nicht zuletzt aufgrund der Vorprozeßgeschichte -, daß mit der Klage eine erschöpfende Klärung der umstrittenen Rechtslage hinsichtlich der Kostenerstattungspflicht herbeigeführt werden soll. Der Klageantrag ist deshalb bei interessengerechter Auslegung auf die Feststellung gerichtet, die Arbeitsverhältnisse bestünden hinsichtlich der in den Chefarztverträgen vereinbarten bisherigen Abgabepflicht unverändert fort.
2. Die mit diesem Inhalt erhobene Feststellungsklage ist zulässig gemäß § 256 ZPO, wie der Senat bereits in einem vergleichbaren Fall begründet hat (BAGE 57, 344, 355 f. = AP, aaO, zu A II 2 der Gründe); auf diese Begründung wird verwiesen.
III. Im Rahmen der so auszulegenden Feststellungsklage ist entscheidend, ob die Chefarztverträge der Kläger hinsichtlich der Nebentätigkeitsregelung in § 6 entsprechend der Bundesnebentätigkeitsverordnung i. d. F. v. 12. November 1987 mit der von der Beklagten im Schreiben vom 23. Juni 1989 zum 31. Dezember 1989 erstrebten Wirkung rechtlich wirksam angepaßt sind. Das ist bei einer vertragsgerechten Auslegung der von der Beklagten gewählten Gestaltung anzunehmen.
1. Eine Änderungskündigung liegt nicht vor (vgl. oben B I 3). Auch eine Änderungsvereinbarung ist unter den Parteien nicht zustande gekommen.
2. Ein Widerrufsvorbehalt ist nicht vereinbart, weil sich die Beklagte nicht die einseitige Änderung konkret angesprochener einzelner Vertragsbedingungen vorbehalten hat (BAGE 40, 199 = AP Nr. 5 zu § 620 BGB Teilkündigung). Die Bestimmung des § 10 bzw. § 14 der Chefarztverträge kann nicht in diesem Sinne ausgelegt werden. Sie enthält vielmehr nur eine allgemeine Anpassungsklausel in dem Sinne, daß der Vertrag Änderungen gesetzlicher Vorschriften sowie der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung anzupassen ist, wobei die berechtigten Interessen der Beteiligten zu berücksichtigen sind (§ 10 Abs. 1). Ersichtlich handelt es sich hierbei um eine präventive Generalklausel, nicht jedoch um den vorbehaltenen Widerruf hinsichtlich bestimmter vertraglicher Regelungen. Die Beklagte wollte sich nur allgemein die Möglichkeit sichern, die Chefarztverträge einer neuen gesetzlichen, wissenschaftlichen oder gesellschaftlichen Entwicklung anzupassen.
3. Mit dieser Vertragsklausel haben die Parteien sich gegenseitig aufgrund einer individuellen Vertragsabsprache (§ 305 BGB) ein Bestimmungsrecht bei Wegfall bzw. Änderung der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) eingeräumt, das an die vertraglich näher fixierten Voraussetzungen (§ 10 Abs. 1 und Abs. 2) gebunden ist. In diesem Sinne hat auch der Sechste Senat im Vorprozeß der Parteien dahin entschieden, aufgrund der Bundesnebentätigkeitsverordnung sei nicht ohne weiteres die Geschäftsgrundlage weggefallen, sondern die Parteien müßten von den vertraglichen Anpassungsregelungen Gebrauch machen.
Die fragliche Klausel enthält dabei keine Anpassungsregelung im engeren Sinne, nämlich nach welchen Kriterien, Maßstäben und in welchem Umfang eine Vertragsänderung konkret vorzunehmen sei - dann wäre eventuell von einem Widerrufsvorbehalt oder einer Teilkündigung (vgl. dazu neuerdings für den Fall einer tariflich eingeräumten Teilkündigungsmöglichkeit BAG Urteil vom 15. Februar 1990 - 6 AZR 386/88 - AP Nr. 17 zu § 17 BAT sowie ferner BAGE 66, 214, 218 = AP Nr. 25 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag, zu II 1 der Gründe) auszugehen -, sondern § 10 der Chefarztverträge stellt nur grundsätzlich auf eine Änderung der gesetzlichen, wissenschaftlichen oder gesellschaftlichen Entwicklung ab, fordert dabei eine Verhandlungsobliegenheit (§ 10 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1), eine Berücksichtigung der wechselseitigen berechtigten Interessen bei richterlicher Nachprüfung (§ 10 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2) und die Einhaltung einer Ankündigungsfrist von sechs Monaten (§ 10 Abs. 2 Satz 1 der Chefarztverträge). Insofern handelt es sich um eine vertraglich modifizierte Form des Wegfalls bzw. der Änderung der Geschäftsgrundlage. Von diesem Gestaltungsmittel hat die Beklagte vorliegend durch ihr Schreiben vom 23. Juni 1989 Gebrauch gemacht, wobei die vertraglichen Voraussetzungen, insbesondere ein Fall der Änderung der Geschäftsgrundlage, vorliegen.
a) Bei der Prüfung, ob ein derartiger vertraglich fixierter Fall der Änderung der Geschäftsgrundlage vorliegt, hat sich der Senat an der nach allgemeinen gesetzlichen Maßstäben zum Wegfall bzw. zur Änderung der Geschäftsgrundlage entwickelten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts orientiert. Danach sind Geschäftsgrundlage die bei Abschluß des Vertrages zu Tage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen einer Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien hierauf aufbaut (BGHZ 25, 390, 392; BAGE 52, 273, 276 = AP Nr. 7 zu § 242 BGB Geschäftsgrundlage, zu 2 b der Gründe, m. w. N.; BAGE 65, 290, 301 f. = AP Nr. 24 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag, zu II 2 a der Gründe). Wie in der Rechtsprechung anerkannt ist, können Gesetzesänderungen die Geschäftsgrundlage eines bürgerlich-rechtlichen Vertrages so verändern, daß Leistung und Gegenleistung nicht mehr in dem zuvor vereinbarten Verhältnis stehen und daß die vertraglichen Absprachen dann nach den Regeln über den Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage anzupassen sind (BAGE 42, 336, 343 = AP Nr. 12 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag, zu I 1 der Gründe), wenn einer Partei das weitere Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist (BAGE 57, 344 = AP, aaO).
b) Wie die Regelungen in §§ 5 und 6 der Chefarztverträge im einzelnen zeigen, sind die Parteien von der Vorstellung ausgegangen, eine abschließende einzelvertragliche Nebentätigkeitsregelung getroffen zu haben, wobei die Abwicklung gemäß der Vereinbarung über den Klinikfonds i. d. F. v. 24. Juni 1976 erfolgen sollte. Wie auch der Sechste Senat im Vorprozeß der Parteien festgestellt hat, lag eine abschließende Regelung des Inhalts vor, daß die ursprünglich in den zugrundeliegenden Arbeitsverträgen verankerte Bezugnahme auf das öffentliche Nebentätigkeitsrecht nicht mehr Gegenstand der Vertragsabsprachen der Parteien war. Wie sich nunmehr aufgrund einer neuen Entwicklung im Krankenhauswesen ergibt, die unter anderem mit der im allgemeinen Interesse angestrebten Kostendämpfung im Gesundheitswesen, vor allem aber auch mit der Einschränkung von Nebentätigkeiten (vgl. das Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz vom 24. Februar 1985 - BGBl I S. 371) einhergeht, erscheint diese vertragliche Ausgangsbasis insoweit nicht mehr gerechtfertigt, als der in Nebentätigkeit zusätzliche Einnahmen erzielende Arzt in einem von einem öffentlich-rechtlichen Träger unterhaltenen Krankenhaus gegenüber dem frei praktizierenden Arzt bevorzugt ist, weil er sich - unabhängig von der selbstverständlich zu leistenden Kostenerstattung für die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material seines Arbeitgebers (vgl. § 12 Abs. 2 BNV) - diese Umstände ohne eigenes wirtschaftliches Risiko nutzbar machen kann, weil ihm also (auch noch) für seine Privatinteressen das allgemeine Unternehmerrisiko von seinem Arbeitgeber abgenommen wird (vgl. dazu Keymer/Kolbe/Braun, Das Nebentätigkeitsrecht in Bund und Ländern, Erläuterungen zu § 65 Abs. 5 BBG, Rz 63, 64, 67). Diese Erkenntnis hat dazu geführt, daß die Bundesnebentätigkeitsverordnung in § 12 Abs. 3 als Ausgleich hierfür zusätzlich (vgl. das Nebeneinander von § 12 Abs. 2 und § 12 Abs. 3 BNV) die Erstattung einer bestimmten Pauschale vorgesehen hat. Entgegen der Auffassung der Kläger stehen, wie auch § 65 Abs. 5 Satz 2 BBG besagt, Kostendeckungsprinzip und der Grundsatz des Vorteilsausgleichs gleichberechtigt nebeneinander und bestimmen beide die Höhe des Nutzungsentgelts (so auch Keymer/Kolbe/Braun, aaO, Rz 73 sowie § 12 BNV Rz 12). Da die Parteien hieran bei Vertragsabschluß nicht gedacht haben, erscheint es unbillig, diese nachträglich gewonnene Erkenntnis nicht auch auf die Kläger zu erstrecken, die in einem von einem öffentlich-rechtlichen Träger betriebenen Krankenhaus tätig sind, das aus Beiträgen der Mitglieder der beiden Berufsgenossenschaften und den Einnahmen der Patienten finanziert wird.
c) Das Festhalten am Vertrag ist der Beklagten nicht zuzumuten, weil sie als Körperschaft des öffentlichen Rechts - und darin ist ihr Recht zu geben - gehalten ist, ihre angestellten Chefärzte, seien es nun Dienstordnungs- oder "normale" Angestellte, jedenfalls im Rahmen des Nebentätigkeitsrechts gleich zu behandeln.
Es ist inzwischen unter den Parteien unstreitig, daß der ärztliche Direktor und der Chefarzt Dr. S aufgrund der unmittelbaren Anwendung der Bundesnebentätigkeitsverordnung auf ihr Arbeitsverhältnis die Pauschale für den Vorteilsausgleich nach § 12 Abs. 3 BNV hinnehmen müssen. Auch wenn sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz für die Beklagte unmittelbar kein entsprechendes Anpassungsverlangen herleiten läßt (BAG Urteile vom 7. November 1991, aao, im Vorprozeß der Parteien), so ändert das nichts daran, daß jedenfalls ein billigenswertes Interesse der Beklagten anzuerkennen ist, zumindest im Nebentätigkeitsbereich gleiche Sachverhalte gleich zu behandeln. Auch das Landesarbeitsgericht hat angemerkt, selbst wenn es aufgrund der Ungleichbehandlung (noch) nicht zu einer wesentlichen Störung des Betriebsfriedens gekommen sei, so sei doch die Gesamtsituation für alle Beteiligten in dieser Form auf Dauer nicht tragbar.
d) Die Kläger haben die von der Beklagten erstrebte Änderung aus Billigkeitsgründen (§ 315 BGB) hinzunehmen. Denn es geht nicht um einen Eingriff in vertraglich gesicherte Bestandteile des Hauptamtes der Kläger, sondern nur im Nebentätigkeitsbereich, in dem ein Zusatzverdienst erzielt wird. Dieser Zusatzverdienst der Kläger ist nicht unbeachtlich, sondern liegt bei allen Klägern in einem, dem Hauptamt vergleichbaren, wenn nicht sogar höheren Rahmen. Die Schmälerung ihres Gesamteinkommens bewegt sich dabei je nach Kläger zwischen 13 und 17 %, bezogen allein auf die Nebentätigkeiten höchstens 27 %. Eine solche Anpassung, die durch gesetzliche Vorschrift für die Beamten vorgeschrieben ist, ist auch für Angestellte im öffentlichen Dienst nicht unangemessen. Das gilt jedenfalls im Hinblick auf den letztlich unbestrittenen Vortrag der Beklagten, aus den Berechnungen für die Jahre 1987 bis 1989 ergebe sich, daß sich die Vorhaltekosten der Klinik im stationären Bereich durchschnittlich auf mehr als das Doppelte und im ambulanten Bereich durchschnittlich auf mehr als das Fünffache dessen beliefen, was die Chefärzte erstatteten. Das pauschale Bestreiten der Kläger mit Nichtwissen ist insofern angesichts der allgemein bekannten defizitären Lage im Krankenhauswesen nicht ausreichend. Letztlich braucht aber auf dieses Zahlenmaterial der Beklagten nicht abgestellt zu werden. Die Beklagte hat nämlich zusätzlich daraufhin gewiesen, daß sie aufgrund einer Anweisung des Bundesversicherungsamtes gehalten sei, das neue Nebentätigkeitsrecht in ihrem Bereich anzuwenden. Auch dies erweist das Anpassungsbegehren der Beklagten nicht als unberechtigt (§ 10 Abs. 1 Satz 2 Chefarztvertrag). Der Senat hat sogar - wenn auch in anderem Zusammenhang - das Gebot sparsamer Haushaltsführung als dringendes betriebliches Erfordernis für eine Änderungskündigung bei irrtümlicher Eingruppierung im öffentlichen Dienst anerkannt (Senatsurteil vom 15. März 1991 - 2 AZR 582/90 - EzA §2 KSchG Nr 16). Um wieviel mehr ist angesichts der von den Klägern akzeptierten Bestimmungsklausel (§ 10 der Chefarztverträge) die von der Beklagten auf Weisung des Bundesversicherungsamtes angestrebte Vertragsanpassung nicht als unbillig (§ 315 BGB) anzusehen.
e) Die Beklagte ist auch ihrer Verhandlungsobliegenheit nachgekommen. Sie hat bereits im Oktober 1987 eine Änderung der Fondsvereinbarung angestrebt, was auch ihre Schreiben vom 22. März 1989 und 21. April 1989 belegen. Die Beklagte hat ferner anläßlich einer Sitzung vom 23. Juni 1988 mit den Klägern über die Anpassung der Chefarztverträge verhandelt, nachdem sie ihnen den Änderungsvorschlag vom 5. Juni 1989 unterbreitet hatte, ohne daß die Kläger sich hierauf näher eingelassen hätten. Der Beklagten konnte dabei nicht verwehrt werden, zunächst ihr rechtlich zu weit gestecktes Ziel zu verfolgen, nämlich eine unmittelbare Geltung des neuen Nebentätigkeitsrechts aufgrund der von ihr angenommen vertraglichen Verbindlichkeit durchzusetzen, was im Vorprozeß der Parteien ohne Erfolg blieb. Denn die Kläger haben keine Bereitschaft erkennen lassen, überhaupt über eine Einbeziehung des Nebentätigkeitsrechts - u. U. zu anderen Konditionen - zu verhandeln. Damit hatte die Beklagte jedenfalls ihrer Verhandlungsobliegenheit, wie sie in § 10 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Chefarztverträge zum Ausdruck kommt, genügt. Dem läßt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Beklagte habe zuerst die Instrumentarien der Klinikfondsvereinbarung vom 24. Juni 1976 nutzbar machen müssen. Abgesehen davon, daß sie im Oktober 1987 - wie vorstehend ausgeführt - in dieser Richtung einen Versuch unternommen hat, geht es in der Klinikfondsvereinbarung vom 24. Juni 1976 im wesentlichen, wie die Ziff. I 3 und III 1 belegen, um die technische Durchführung der Verteilung der Einnahmen des Klinikfonds. Die Frage, in welchem Umfang von den Chefärzten im Rahmen der genehmigten Nebentätigkeit Abgaben an die Beklagte zu entrichten sind, ist dagegen in erster Linie in den Chefarztverträgen (dort §§ 5, 6) - wenn auch unter Verweis auf die Klinikfondsvereinbarung - geregelt. Die Beklagte kann daher wegen ihres Anpassungsverlangens nicht darauf verwiesen werden, mit Hilfe des in der Fondsvereinbarung installierten Entscheidungsgremiums (dort IV) eine Anpassung der Chefarztverträge zu erreichen, zumal dort eine irgendwie geartete Zwangseinigung oder eine gerichtliche Überprüfung nicht vorgesehen ist.
f) Diese auf einem vertraglichen Bestimmungsrecht bei Änderung der Geschäftsgrundlage beruhende Anpassung der Chefarztverträge in § 6 Abs. 2 tritt hinsichtlich der Kläger zu 1 und 2 mit Wirkung vom 31. Dezember 1989 ein, weil die Beklagte insoweit mit den Ende Juni 1989 zugegangenen Erklärungen die in § 10 Abs. 2 der Verträge gewählte Frist von sechs Monaten zum Ende des Kalenderjahres eingehalten hat. Bezüglich der Klägerin zu 3 tritt wegen des unstreitigen Zugangs der Erklärung am 1. Juli 1989 die Umgestaltung erst - wie von der Beklagten zugestanden - mit dem 31. Dezember 1990 ein. Die Klägerin zu 3 kann sich insofern nicht mit Erfolg auf § 9 MuSchG berufen, weil diese Änderung - wie oben ausgeführt - nicht aufgrund einer Kündigung, die gegen § 9 MUSchG verstoßen würde, eintritt, sondern aufgrund Änderung der Geschäftsgrundlage in Anlehnung an § 10 ihres Chefarztvertrages.
4. Die mit den Schreiben vom 23. Juni 1989 ausgeübte Umgestaltung der Chefarztverträge ist auch nicht formal unwirksam, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat. Auch wenn man davon ausgeht, die Beklagte habe keine Änderungskündigung ausgesprochen, sondern sich auf das vertraglich vorgesehene Anpassungsrecht bei Änderung der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) berufen, handelt es sich um eine gestaltende Erklärung, für die grundsätzlich die §§ 174 f. BGB gelten. Das Landesarbeitsgericht hat aber zutreffend festgestellt, die Erklärungen seien von dem Vorsitzenden des Vorstandes H im Rahmen seiner satzungsgemäßen Vertretungsmacht (§ 18 Abs. 2 der Satzung der Berufsgenossenschaft) für die Beklagte ausgesprochen worden. Diese Ausführungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Von den Klägern zu 1 und 2 wird insofern auch keine Gegenrüge erhoben. Allerdings beruft sich die Klägerin zu 3 nach wie vor auf einen Formmangel, jedoch zu Unrecht.
a) Gemäß § 18 Abs. 2 der Satzung wird die Berufsgenossenschaft durch den Vorsitzenden und den stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstandes gemeinsam oder auch einzeln vertreten. Das bedeutet, daß der Vorstandsvorsitzende H kraft Einzelvertretungsmacht gehandelt hat, so daß eine Zurückweisung seiner Erklärungen mangels Vorlage einer Vollmacht gemäß § 174 BGB nicht in Betracht kam.
b) Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung, der Hinweis in dem Kündigungsschreiben "zugleich für H. M " besage nicht, daß der Unterzeichner H auch Herrn M habe vertreten wollen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, diese Erklärung könne vernünftigerweise gemäß § 133 BGB nur so ausgelegt werden, daß diese Entscheidung für die Beklagte erfolgen sollte und auch von Herrn M mitgetragen werde. Eine durchgreifende Revisionsrüge hat auch die Klägerin zu 3 insofern nicht erhoben.
Hillebrecht Triebfürst Bitter
Thelen Dr. Kirchner
Fundstellen
DB 1993, 1038-1039 (LT1-2) |
AiB 1993, 552-557 (LT1-2) |
JR 1993, 308 |
JR 1993, 308 (S) |
NZA 1993, 552 |
ZTR 1993, 212-213 (LT1-2) |
AP § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag (LT1-2), Nr 27 |
EzA § 315 BGB, Nr 40 (LT1-2) |
KH 1993, 240-241 (LT1-2) |