Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsverhältnis im Anschluß an das Berufsausbildungsverhältnis von Mitgliedern von Betriebsverfassungsorganen
Leitsatz (amtlich)
- Der Senat hält daran fest, daß in einem Verfahren nach § 78a Abs. 4 BetrVG mit der Begründung, dem Arbeitgeber sei die Weiterbeschäftigung unzumutbar, nur ein rechtsgestaltender Auflösungsbeschluß ergehen kann (BAG Beschlüsse vom 29. November 1989, BAGE 63, 319 = AP Nr. 20 zu § 78a BetrVG 1972 und vom 24. Juli 1991, BAGE 68, 187 = AP Nr. 23 zu § 78a BetrVG 1972).
- Der Senat erwägt, daß im Beschlußverfahren nach § 78a Abs. 4 BetrVG auch über einen Feststellungsantrag des Arbeitgebers entschieden werden kann, ein Arbeitsverhältnis sei wegen Fehlens der Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 des § 78a BetrVG nicht begründet worden.
Normenkette
BetrVG 1972 § 78a
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Urteil vom 26.05.1994; Aktenzeichen 7 Sa 336/94) |
ArbG Krefeld (Urteil vom 02.12.1993; Aktenzeichen 3 Ca 2644/93) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. Mai 1994 – 7 Sa 336/94 – aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 2. Dezember 1993 – 3 Ca 2644/93 – abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.969,04 DM brutto abzüglich erhaltenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.726,20 DM nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit 22. September 1993 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Für den zweiten und dritten Rechtszug wird der Streitwert auf 5.242,84 DM festgesetzt.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen einer Lohnzahlungsklage darüber, ob zwischen ihnen im Anschluß an das Berufsausbildungsverhältnis des Klägers, der Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung war, bis zur Rechtskraft des Beschlusses des Arbeitsgerichts Krefeld vom 13. Oktober 1993 (1 BV 16/93) ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, obwohl das Arbeitsgericht in diesem Beschluß wie folgt tenoriert hatte:
“Es wird festgestellt, daß ein Arbeitsverhältnis gemäß § 78a Abs. 2 und 3 BetrVG zwischen Antragstellerin und dem Antragsgegner nach Ablauf der Ausbildungszeit des Antragsgegners nicht begründet wird.”
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. August 1990 als Auszubildender beschäftigt. Das laut Vertrag bis zum 31. Juli 1993 laufende Ausbildungsverhältnis endete vorzeitig am 18. Juni 1993 mit dem Bestehen der Abschlußprüfung.
In der Zeit vom 22. November 1990 bis zum 19. November 1992 war der Kläger Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung gewesen. Am 8. März 1993 teilte ihm die Beklagte mit, daß sie ihn nach Ausbildungsende nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernehmen könne. Mit Schreiben vom 3. Mai 1993 verlangte der Kläger seine Weiterbeschäftigung nach § 78a BetrVG.
Mit einer beim Arbeitsgericht am 8. Juni 1993 eingegangenen Antragsschrift beantragte die jetzige Beklagte beim Arbeitsgericht Krefeld die Feststellung, daß ein Arbeitsverhältnis gemäß § 78a Abs. 2 und 3 BetrVG zwischen ihr und dem jetzigen Kläger nach Ablauf der Ausbildungszeit nicht begründet wird. Sie trug vor, daß keine Arbeitsplätze vorhanden seien, auf denen der Kläger eingesetzt werden könne. Diesen Antrag hielt die Beklagte auch nach dem Ende der Ausbildungszeit des Kägers aufrecht. Mit Beschluß vom 13. Oktober 1993, der dem Kläger am 5. Januar 1994 zugestellt wurde und mithin, da ein Rechtsmittel nicht eingelegt wurde, seit 5. Februar 1994 rechtskräftig ist, erkannte das Arbeitsgericht nach dem Antrag der jetzigen Beklagten. In den Gründen führte das Arbeitsgericht aus, daß die Beweisaufnahme ergeben habe, daß ein für den Kläger geeigneter Arbeitsplatz nicht vorhanden und deshalb eine Weiterbeschäftigung für die Beklagte unzumutbar gewesen sei.
Mit der vorliegenden, am 10. September 1993 eingereichten Klage hat der Kläger die Verurteilung der Beklagten begehrt, ihn bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts im Beschlußverfahren 1 BV 16/93 tatsächlich weiterzubeschäftigen und ihm für den Zeitraum vom 19. Juni bis zum 31. August 1993 den Lohn eines Facharbeiters in Höhe der Klageforderung zu zahlen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung hat der Kläger nur noch beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.969,04 DM brutto abzüglich erhaltenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.726,20 DM nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Sie meint, aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des Arbeitsgerichts Krefeld in dem Verfahren 1 BV 16/93 stehe zwischen den Parteien mit bindender Wirkung fest, daß zwischen ihnen im Anschluß an das Berufsausbildungsverhältnis kein Arbeitsverhältnis bestanden habe, so daß für den Kläger auch kein Lohnanspruch bestehe. Die Höhe des Lohnanspruchs hat sie nur insoweit bestritten, als sie meint, nicht sagen zu können, ob der Kläger den Abzugsposten in Höhe von 1.726,20 DM zutreffend berechnet habe. Auf Seite 2 ihres Schriftsatzes vom 15. November 1993 hatte sie selbst bereits vorgetragen, das Arbeitsamt habe ihr mitgeteilt, daß der Kläger seit dem 19. Juni 1993 Leistungen wegen Arbeitslosigkeit in Höhe von wöchentlich 164,40 DM beziehe.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Lohnzahlungsanspruch weiter. Die Beklagte beantragt, die Revison zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Entgegen der Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist das gemäß § 78a Abs. 2 und 3 BetrVG durch das Weiterbeschäftigungsverlangen des Klägers entstandene Arbeitsverhältnis durch den Beschluß des Arbeitsgerichts Krefeld lediglich mit dessen Rechtskraft aufgelöst worden. Für den Klagezeitraum steht mithin dem Kläger der geltend gemachte Lohnanspruch aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges zu.
I. Entgegen der Rüge der Revisionsbeklagten bestehen gegen die Zulässigkeit der Revision keine Bedenken. Die Revisionsbegründungsschrift setzt sich hinreichend deutlich mit den Rechtsausführungen des Berufungsurteils auseinander. Insbesondere rügt sie erkennbar eine fehlerhafte Anwendung des § 78a BetrVG.
II. Die Revision ist auch begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Rechtskraft des Beschlusses des Arbeitsgerichts Krefeld vom 13. Oktober 1993 stehe der Würdigung entgegen, daß seit dem 19. Juni 1993 zwischen den Parteien gemäß § 78a Abs. 2 und 3 BetrVG ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, das erst zum 5. Februar 1994 aufgelöst worden sei.
1. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß im Entscheidungsfalle an sich die Voraussetzungen erfüllt sind, in denen nach § 78a Abs. 2 und 3 BetrVG im Anschluß an das Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis entsteht. Der Kläger war, wie es § 78a Abs. 3 BetrVG voraussetzt, innerhalb des letzten Jahres vor Beendigung seines Ausbildungsverhältnisses Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung; auch hat er gemäß § 78a Abs. 2 BetrVG innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung seines Ausbildungsverhältnisses seine Weiterbeschäftigung form- und fristgerecht verlangt.
2. Das Landesarbeitsgericht hat seiner Entscheidung auch zutreffend die neuere Rechtsprechung des Senats zur Beendigung dieses gesetzlich begründeten Arbeitsverhältnisses durch die Rechtskraft eines Auflösungsbeschlusses nach § 78a Abs. 4 BetrVG zugrunde gelegt, auch wenn es diese Rechtsprechung als teilweise verfehlt kritisiert.
a) Nach dieser neueren Senatsrechtsprechung (Beschluß vom 29. November 1989, BAGE 63, 319 = AP Nr. 20 zu § 78a BetrVG 1972; ausdrücklich bestätigt durch Beschluß vom 24. Juli 1991, BAGE 68, 187 = AP Nr. 23 zu § 78a BetrVG 1972, zu B I 2 und 3 der Gründe) hindert entgegen der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch ein vor dem Ende des Berufsausbildungsverhältnisses, mit dem Wortlaut des § 78a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BetrVG gestellter Antrag des Arbeitgebers nicht das Entstehen eines Arbeitsverhältnisses, sondern führt ebenso wie ein erst nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses mit dem Wortlaut des § 78a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG gestellter Antrag nur zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit Rechtskraft eines stattgebenden Beschlusses. Ist über einen vor dem Ende des Berufsausbildungsverhältnisses gestellten Antrag nach § 78a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BetrVG im Zeitpunkt des Endes des Berufsausbildungsverhältnisses noch nicht rechtskräftig entschieden, so wandelt sich dieser Antrag mit diesem Zeitpunkt automatisch in einen Auflösungsantrag nach § 78a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG, ohne daß es einer Antragsänderung bedarf. Selbst wenn der Tenor des stattgebenden Beschlusses den Wortlaut der Nr. 1 des § 78a Abs. 4 Satz 1 BetrVG hat, handelt es sich nach dieser Senatsrechtsprechung bei diesem Beschluß “der Sache nach” bzw. “seinem Inhalte nach” um einen rechtsgestaltenden Auflösungsbeschluß.
b) An dieser Rechtsprechung, daß in einem Verfahren nach § 78a Abs. 4 BetrVG mit der Begründung der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung nur ein rechtsgestaltender Auflösungsbeschluß ergehen kann, hält der Senat auch nach erneuter Überprüfung fest. Insoweit sind weder im vorliegenden Verfahren noch im Schrifttum neue Gesichtspunkte hervorgetreten, die der Senat in seinem Beschluß vom 24. Juli 1991 (aaO) noch nicht berücksichtigt hätte.
c) Eine Rechtsprechungsänderung, auf die es allerdings im Entscheidungsfalle noch nicht ankommt, erwägt der Senat indessen zur Frage, in welcher Verfahrensart über ein Begehren des Arbeitgebers zu entscheiden ist die Nichtbegründung eines Arbeitsverhältnisses wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen nach § 78a Abs. 2 und 3 BetrVG festzustellen. In seinem bereits angeführten Beschluß vom 29. November 1989 hat der Senat hierzu die Auffassung vertreten, dies sei nur in einem gesonderten Urteilsverfahren möglich. Inzwischen neigt der Senat jedoch in Anlehnung an Kraft/Raab (Anm. zu EzA § 78a BetrVG 1972 Nr. 20) dazu, dem Arbeitgeber zu ermöglichen, in einem einheitlichen Beschlußverfahren (gegebenenfalls auch durch Kombination von Haupt- und Hilfsanträgen) sowohl die Feststellung der Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 78a Abs. 2 und 3 BetrVG als auch die Auflösung eines solchen Arbeitsverhältnisses wegen Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung nach § 78a Abs. 4 BetrVG zu verfolgen.
3. Das Landesarbeitsgericht meint, im vorliegenden Fall den Beschluß des Arbeitsgerichts Krefeld nicht lediglich als rechtsgestaltenden Auflösungsbeschluß verstehen zu können, sondern ihm die für die Parteien bindende rechtskräftige Feststellung entnehmen zu müssen, daß es nicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses gekommen sei. Dies ergebe sich aus dem klaren, nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts nicht auslegungsfähigen Tenor des Beschlusses sowie insbesondere daraus, daß dieser Beschluß nicht, wie es bei den angeführten Senatsentscheidungen der Fall gewesen war, in einem vorausgegangenen Rechtszug desselben Verfahrens, sondern in einem anderen Verfahren ergangen sei, so daß er der Interpretation durch das Rechtsmittelgericht entzogen sei.
Diese Erwägungen des Landesarbeitsgerichts halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Auch ein Urteils- bzw. Beschluß tenor ist der Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Entscheidung heraus fähig, wenn er Zweifel über die Tragweite der inneren Rechtskraft der Entscheidung läßt (vgl. z.B. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 53. Aufl., § 313 Rz 13, § 322 Rz 6). Dieser grundsätzlichen Zulässigkeit einer Auslegung steht insbesondere nicht entgegen, daß über die Auslegung in einem anderen Rechtsstreit als dem zu entscheiden ist, in dem der auszulegende Tenor ergangen ist. Denn stellt sich die Frage des Inhalts einer Entscheidung in demselben Rechtsstreit, d.h. geht es um die Beurteilung der Entscheidung einer Vorinstanz durch das Rechtsmittelgericht, so geht es nicht um Auslegung, d.h. die Ermittlung des vom Gericht erkennbar Gewollten, sondern um die selbstverständliche Befugnis des Rechtsmittelgerichts, den gesamten Inhalt der Entscheidung und damit erst recht auch des Tenors gerade auch entgegen dem von der Vorinstanz Gewollten selbst zu bestimmen, indem es den Tenor neu faßt oder in den Entscheidungsgründen klarstellt, wie er zu verstehen ist.
4. Die entscheidende Frage des vorliegenden Rechtsstreits ist daher, ob der Tenor des Beschlusses des Arbeitsgerichts Krefeld so eindeutig ist, daß er sich einer Auslegung entzieht, oder ob trotz seines an sich eindeutigen Wortlauts hinreichend Zweifel am Inhalt der vom Arbeitsgericht gewollten Entscheidung bestehen, die eine Ermittlung des wirklichen Inhalts der Entscheidung im Wege der Auslegung zulassen.
a) Derartige hinreichende Zweifel ergeben sich bereits daraus, daß sich das Arbeitsgericht Krefeld mit der Frage, ob seine Entscheidung den im Tenor zum Ausdruck gekommenen Feststellungscharakter hat oder ob es sich lediglich um eine rechtsgestaltende Auflösungsentscheidung handelt, überhaupt nicht befaßt hat. Das Arbeitsgericht hat ausschließlich die (für einen Beschluß sowohl nach Nr. 1 als auch Nr. 2 des § 78a Abs. 4 Satz 1 BetrVG einheitlichen) Tatbestandsvoraussetzungen der Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung geprüft und, nachdem es sie als erfüllt angesehen hat, nach dem Wortlaut des von der Arbeitgeberin gestellten Antrags erkannt. Ersichtlich entschieden hat es damit lediglich, daß die gesetzlichen Voraussetzungen eines stattgebenden Beschlusses nach § 78a Abs. 4 BetrVG vorliegen, nicht aber darüber, welche Wirkung einem solchen stattgebenden Beschluß zukommt.
b) Nach der oben angeführten neueren Rechtsprechung des Senats, die dem Arbeitsgericht bekannt war (weil sie von den Beteiligten vorgetragen worden war, vgl. z.B. den Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 6. August 1993), handelt es sich bei allen stattgebenden Beschlüssen nach § 78a Abs. 4 BetrVG um Auflösungsbeschlüsse, auch wenn sie mit dem Wortlaut der Nr. 1 des § 78a Abs. 4 Satz 1 BetrVG tenoriert sind. Es ist also durchaus die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, daß das Arbeitsgericht diese Auflösungswirkung aussprechen wollte und es gerade angesichts dieser neueren Senatsrechtsprechung nicht für erforderlich gehalten hat, vom Wortlaut des von der Arbeitgeberin gestellten Antrags abzuweichen. Schon aus dieser recht naheliegenden Möglichkeit ergeben sich derartige Zweifel am wahren Inhalt der arbeitsgerichtlichen Entscheidung, daß sie als auslegungsbedürftig angesehen werden muß.
5. Ist mithin die Auslegung im Entscheidungsfall zulässig, so führt sie dazu, daß der Beschluß des Arbeitsgerichts Krefeld vom 13. Oktober 1993 als rechtsgestaltende Entscheidung auszulegen ist, die das Arbeitsverhältnis erst mit ihrer Rechtskraft beendet hat. Hat eine einem Antrag stattgebende Entscheidung nach dem Gesetz eine ganz bestimmte Rechtsfolge, so ist im Zweifel davon auszugehen, daß das Gericht, wenn es dem Antrag stattgibt, diese Rechtsfolge aussprechen wollte. Wird etwa in einem Wahlanfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG die “Ungültigkeit der Wahl festgestellt” und nicht, wie es richtig wäre, die Wahl rechtsgestaltend für unwirksam erklärt, so ist eine solche Beschlußformel anerkanntermaßen auslegungsbedürftig. Hat das Gericht Nichtigkeitsgründe für vorliegend erachtet, so wird man den Beschluß im Zweifel als Feststellung der Nichtigkeit der Wahl auslegen; hat das Gericht Nichtigkeitsgründe überhaupt nicht behandelt, so hat der Beschluß nur den Inhalt, daß er nur zur Auflösung des Betriebsrats ab seiner Rechtskraft führt. Gleichermaßen muß man bei der vorliegenden Fallgestaltung annehmen, daß das Gericht, wenn es sich mit den für das Entstehen eines Arbeitsverhältnisses ausschließlich maßgeblichen Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 des § 78a BetrVG überhaupt nicht befaßt hat, lediglich auf die Rechtsfolge erkennen wollte, die einem stattgebenden Beschluß nach § 78a Abs. 4 BetrVG nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (und damit nach der von einem erstinstanzlichen Gericht in aller Regel als maßgeblich anerkannten Gesetzesinterpretation) allein zukommt. Eine andere Auslegung des Beschlusses wäre (bei identischem Tenor) dagegen geboten, wenn das Gericht das Vorliegen einer der nach § 78a Abs. 2 und 3 BetrVG für das Entstehen eines Arbeitsverhältnisses erforderlichen Voraussetzungen verneint hätte. Hier hat sich das Arbeitsgericht indessen gerade nur mit der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung nach § 78a Abs. 4 BetrVG befaßt.
6. Die letzten Zweifel daran, daß das Arbeitsgericht Krefeld lediglich einen Auflösungsbeschluß erlassen wollte und daß dies insbesondere auch den Verfahrensbeteiligten erkennbar war, werden beseitigt, wenn man den Ablauf des Verfahrens berücksichtigt. Zunächst hatte die Arbeitgeberin, wie es vor Ablauf des Berufsausbildungsverhältnisses auch richtig ist, in der Antragsschrift vom 7. Juni 1993 die Feststellung beantragt, daß nach Ablauf der Ausbildungszeit ein Arbeitsverhältnis nicht begründet wird. Als dann am 18. Juni 1993 die Ausbildungszeit geendet hatte, aber das Beschlußverfahren noch lief und der Antrag sich damit nach der neueren Senatsrechtsprechung automatisch in einen Auflösungsantrag umgewandelt hatte, erklärte die Arbeitgeberin im Schriftsatz vom 6. August 1993 ausdrücklich, sie sehe im Hinblick auf diese Rechtsprechung von einer förmlichen Antragsänderung ab. Für die übrigen Verfahrensbeteiligten und das Gericht konnte dies nur dahin verstanden werden, daß auch die Arbeitgeberin davon ausging, daß sie nunmehr nur noch den Auflösungsantrag verfolgt und es wegen der neueren Rechtsprechung für entbehrlich hält, dies auch durch eine förmliche Antragsänderung klarzustellen. Bei dieser Sachlage kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, daß auch das Gericht, als es diesem Antrag entsprechend tenorierte, lediglich über das von der Antragstellerin nur noch verfolgte Verfahrensziel der Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit exnunc-Wirkung positiv entscheiden wollte.
III. Ist damit der Lohnanspruch des Klägers dem Grunde nach gerechtfertigt, so kann der Senat dem Klageantrag stattgeben, ohne den Rechtsstreit wegen der Höhe der Forderung und insbesondere des Abzugsbetrages an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen zu müssen. Denn die Klageforderung ist der Höhe nach als unstreitig anzusehen.
1. Gegen die Angaben des Klägers über die Höhe seines Lohnanspruchs (wöchentlich 36 Stunden a 18,75 DM = 675,-- DM brutto) hat sich die Beklagte nicht gewandt. Dies ergibt für den Klagezeitraum (19. Juni bis 31. August 1993 = 10 1/2 Wochen) einen Bruttobetrag von 7.087,50 DM; der Kläger hat aber nur 6.969,04 DM eingeklagt.
2. Auch der Abzugsbetrag von 1.726,20 DM entspricht für 10 1/2 Wochen dem wöchentlichen Leistungsbetrag von 164,40 DM, hinsichtlich dessen der Beklagten der Anspruchsübergang gemäß § 115 SGB X von der Arbeitsverwaltung angezeigt worden war.
IV. Da der vom Arbeitsgericht festgesetzte Streitwert den klägerischen Antrag auf tatsächliche Beschäftigung mitumfaßte, dieser aber nicht in die Berufungs- und Revisionsinstanz gelangt ist, hat ihn der Senat für den zweiten und dritten Rechtszug neu festgesetzt.
Unterschriften
Weller, Schmidt, Steckhan, Niehues, Bea
Fundstellen
Haufe-Index 870908 |
NZA 1995, 647 |