Entscheidungsstichwort (Thema)
Gefährdungshaftung des Arbeitgebers
Normenkette
BGB § 611 ff.
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Urteil vom 19.10.1989; Aktenzeichen 5 (2) Sa 888/89) |
ArbG Essen (Urteil vom 09.05.1989; Aktenzeichen 6 Ca 595/89) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19. Oktober 1989 – 5 (2) Sa 888/89 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger ist bei der Beklagten im Güterbahnhof A. als Arbeiter beschäftigt. Die Beklagte stellt für ihre Arbeitnehmer Parkmöglichkeiten (Parkboxen für Bedienstete) vor dem Sozialgebäude F. Straße zur Verfügung. Im ersten Stock dieses Gebäudes befinden sich verschließbare Spinde, in denen die Arbeitnehmer der Beklagten ihre Kleidung während der Arbeitszeit aufbewahren können.
Am 6. Juni 1987 brach wahrend der Arbeitszeit des Klägers in dem Gebäude ein Feuer aus, dessen Ursache ungeklärt ist.
Dabei sind auch Kleidungsstücke des Klägers, die er in einem der Spinde aufbewahrt hatte, zerstört worden. Außerdem wurde der PKW des Klägers, den er vor dem Sozialgebäude in einer der Parkboxen für Bedienstete abgestellt hatte, u.a. durch herabfallende Glasscherben beschädigt, weil die Feuerwehr beim Löschen des Brandes die Scheiben des Gebäudes herausgeschlagen hatte.
Mit seiner am 16. Februar 1989 zugestellten Klage hat der Kläger Schadenersatz von insgesamt 3.488,69 DM begehrt. Davon entfallen auf Schäden am PKW 2.404,74 DM.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.488,69 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klagantrag weiter. Die Beklagte bittet, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht einen Schadenersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte verneint.
I. 1. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz des ihm an seinen Kleidungsstücken entstandenen Schadens, weil die Beklagte keine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis trifft, aus deren Verletzung der Kläger für sich Rechte herleiten könnte.
2. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß der Arbeitgeber verpflichtet ist, für Straßenkleidung, die ein Arbeitnehmer für seine Tätigkeit am Arbeitsplatz gegen Arbeitskleidung wechselt, Sicherungsmaßnahmen zu treffen. Dieser Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis ist die Beklagte dadurch nachgekommen, daß sie dem Kläger einen abschließbaren Spind für seine Kleidung zur Verfügung gestellt hat.
Eine weitergehende Verpflichtung der Beklagten könnte nur dann in Betracht kommen, wenn die betriebliche Tätigkeit des Klägers dies gebieten würde oder die Parteien entsprechende Vereinbarungen getroffen hätten. Weder für das eine noch das andere liegen nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Anhaltspunkte vor. Die Revision hat insoweit auch keine Rügen erhoben.
3. Zu Unrecht meint die Revision, die Beklagte müsse jedenfalls deshalb den Schaden ersetzen, der dem Kläger durch die Zerstörung seiner Kleidungsstücke entstanden sei, weil sie es unterlassen habe, eine Feuerversicherung abzuschließen.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Der Kläger versucht damit, auch für außergewöhnliche Gefahren das Risiko des Untergangs seines Eigentums auf den Arbeitgeber zu verlagern. Im vorliegenden Fall steht fest, daß die Beklagte die Zerstörung der Kleidungsstücke nicht zu vertreten hat und daß Ersatz von dem Brandstifter nicht zu erlangen ist, weil dieser nicht hat festgestellt werden können. Trifft aber den Arbeitgeber an der Zerstörung der Sache des Arbeitnehmers kein Verschulden, kann eine Haftung des Arbeitgebers nur in Betracht kommen, wenn mit dem Betrieb besondere Gefährdungen verbunden sind, also etwa eine hohe Brandgefahr besteht. Davon kann hier nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine Rede sein.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haftet der Arbeitgeber für Sachschäden, die der Arbeitnehmer bei der Arbeit ohne eigenes Verschulden erleidet, grundsätzlich nur dann, wenn den Arbeitgeber ein Verschulden trifft. Nur wenn es sich um Sachschäden handelt, die im Vollzug einer gefährlichen Arbeit entstehen und durchaus außergewöhnlich sind, mit denen also der Arbeitnehmer nach der Art des Betriebes oder nach der Art der Arbeit nicht zu rechnen hatte, so hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Wertersatz für die Vernichtung oder Beschädigung seiner Sachen zu leisten (Großer Senat, BAGE 12, 15, 27, 28 = AP Nr. 2 zu § 611 BGB Gefährdungshaftung des Arbeitgebers, zu B VII der Gründe; vgl. auch erkennender Senat, Urteil vom 20. April 1989 – 8 AZR 632/87 – AP Nr. 9 zu § 611 BGB Gefährdungshaftung des Arbeitnehmers).
II. Auch für den Schaden, der durch die Löscharbeiten an dem PKW des Klägers entstanden ist, kommt eine Haftung der Beklagten nicht in Betracht.
Der Kläger kann für die bei den Löscharbeiten entstandenen Schäden an seinem PKW keinen Schadenersatz beanspruchen, weil die Beklagte weder ihre Verkehrssicherungspflicht noch auch insoweit ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verletzt hat.
Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht gebietet der Beklagten, die ihren Arbeitnehmern zur Verfügung gestellten Parkplätze in einem verkehrssicheren und gefahrlosen Zustand zu halten. Die Beklagte muß dafür sorgen, daß die durch die Benutzung des Parkplatzes drohenden Gefahren für die abgestellten Fahrzeuge auf ein den Benutzern gegebenenfalls zumutbares Mindestmaß zurückgeführt werden. Der Parkplatz muß daher technisch in seiner Anlage und in der Regelung seiner Benutzung den billigerweise zu stellenden Anforderungen genügen (BAGE 18, 190 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Parkplatz; BAG Urteil vom 25. Juni 1975 – 5 AZR 260/74 – AP Nr. 4 zu § 611 BGB Parkplatz).
Der vom Kläger geltend gemachte Schaden ist nicht durch solche Gefahren verursacht, die von dem Parkplatz selbst oder der Art seiner Benutzung ausgehen, sondern durch Dritte, nämlich durch die Feuerwehr, die beim Löschen des Brandes in dem Gebäude, vor dem der PKW des Klägers abgestellt war, Scheiben aus den Fenstern herausgeschlagen hat. Auf eine solche Gefährdung, der ein Kraftfahrer auch sonst ausgesetzt ist, erstreckt sich die Verkehrssicherungspflicht nicht.
Der Kläger hat auch aufgrund seines Arbeitsverhältnisses keinen Anspruch gegen die Beklagte.
Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat bereits in seinem Urteil vom 25. Juni 1975 (a.a.O.) dargelegt, daß grundsätzlich der Arbeitnehmer das Risiko für sein Eigentum jedenfalls dann selbst zu tragen hat, wenn das von ihm für den Weg zur Arbeitsstelle benutzte Kfz auf dem Werksparkplatz keinen anderen Risiken ausgesetzt ist als solchen, die es auch bei dem sonstigen Gebrauch durch den Arbeitnehmer als Halter treffen. An dieser Auffassung ist festzuhalten. Die Ausführungen der Revision geben keinen Anlaß, hiervon abzuweichen. Damit scheidet auch insoweit ein Schadenersatzanspruch des Klägers aus.
Unterschriften
Dr. Leinemann, Dr. Peifer, Bitter, Dr. Gaber, K. Fox
Fundstellen