Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung einzelner Bedingungen des Arbeitsvertrages
Leitsatz (redaktionell)
1. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses die befristete Änderung einzelner Arbeitsbedingungen zugunsten des Arbeitnehmers (hier: befristete Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit), so bedarf die vereinbarte Befristung eines sachlichen Grundes, wenn bei unbefristeter Änderung die neuen Arbeitsbedingungen dem Änderungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes (§ 2 KSchG iV mit § 1 Abs 2 und Abs 3 KSchG, § 4 Satz 2 KSchG, § 7 KSchG, § 8 KSchG) unterliegen würden.
2. Bei der Frage, ob die Befristung einzelner Vertragsbedingungen dem Grunde und der Dauer nach sachlich gerechtfertigt ist, kann an die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorgenommene Typenbildung sachlich gerechtfertigter Befristungen des Arbeitsverhältnisses angeknüpft werden.
3. Die zur Befristung von Arbeitsverträgen aufgestellten Grundsätze können aber wegen der in der Regel bestehenden geringeren sozialen Schutzbedürftigkeit der betreffenden Arbeitnehmer nicht ohne weiteres auf die Beurteilung der Befristung einzelner Vertragsbedingungen und deren Dauer übertragen werden. Es bedarf vielmehr entsprechender Modifikationen dieser Grundsätze, und zwar unter Beachtung der spezifischen Zielsetzungen des kündigungsschutzrechtlichen Vertragsinhaltsschutzes.
4. Bei der Prüfung der Frage, ob die einzelvertraglich vereinbarte befristete Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit sowie die hiermit verbundene befristete Höhergruppierung dem Grunde und der Dauer nach sachlich gerechtfertigt ist, kann an die ständige Rechtsprechung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit einer einseitig vom Arbeitgeber vorgenommenen vorübergehenden Übertragung von höherwertigen Tätigkeiten angeknüpft werden (vergleiche hierzu das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Juni 1985 - 4 AZR 540/83 -).
Orientierungssatz
Frage der Zulässigkeit der Befristung einzelner Bedingungen des Arbeitsvertrages (hier: befristete Höhergruppierung bei gleichzeitiger Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses).
Normenkette
BGB §§ 305, 620; KSchG § 2 Fassung 1969-08-25, § 1 Abs. 1 Fassung 1969-08-25
Verfahrensgang
LAG Berlin (Entscheidung vom 12.10.1984; Aktenzeichen 13 Sa 70/84) |
ArbG Berlin (Entscheidung vom 14.02.1984; Aktenzeichen 21 Ca 387/83) |
Tatbestand
Die Klägerin wurde bei der Beklagten zum Elektromechaniker ausgebildet und nach Abschluß der Gesellenprüfung mit Arbeitsvertrag vom 3. September 1982 als vollbeschäftigte Arbeiterin unbefristet für eine ausbildungsfremde nichthandwerkliche Tätigkeit im Postverladedienst beim Postamt Berlin eingestellt. Im Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien die Anwendung des Tarifvertrags für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb); die Klägerin erhielt Vergütung nach der Lohngruppe V Nr. 5 der Anlage 2 des TV Arb.
Bei der Einstellung wies die Beklagte sie darauf hin, daß aufgrund der derzeitigen Personalsituation im maschinentechnischen Dienst im Bereich der Landespostdirektion Berlin die Möglichkeit zu einem vorübergehenden Einsatz als Posthandwerker in ihrem erlernten Beruf bestehe. Mit Zustimmung des örtlichen Personalrats des Postamts Berlin, zu dem die Klägerin versetzt wurde, schloß die Beklagte am 19. November 1982 mit der Klägerin einen für die Zeit vom 1. November 1982 bis 31. Oktober 1983 befristeten Arbeitsvertrag über eine Beschäftigung beim Postamt als Handwerker mit Vergütung nach der Lohngruppe II.
Mit Schreiben vom 25. Oktober 1983 teilte das Postamt der Klägerin mit, daß ab 1. November 1983 wieder der Arbeitsvertrag vom 3. September 1982 mit Eingruppierung in die Lohngruppe V gelte, daß sie aber noch vorübergehend in der maschinentechnischen Stelle des Postamts weiterbeschäftigt werde und zu dem Lohn der Lohngruppe V eine Tätigkeitszulage nach der Lohngruppe II erhalte.
Die Beschäftigung als Posthandwerker endete am 15. Januar 1984; seitdem wird die Klägerin mit Arbeitertätigkeiten der Lohngruppe V beschäftigt.
Mit der am 8. November 1983 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin einen Anspruch auf unbefristete Beschäftigung mit Tätigkeiten der Lohngruppe II geltend gemacht; die Befristung im Arbeitsvertrag vom 19. November 1982 hat sie für unwirksam gehalten.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß sie in einem unbefristeten
Arbeitsverhältnis zur Beklagten mit Tätigkeiten
der Lohngruppe II steht.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat zur Begründung der Befristung in der Vereinbarung vom 19. November 1982 angeführt, daß in der Beschäftigungsstelle nur ein vorübergehender Bedarf für die Tätigkeit der Klägerin bestanden habe, da in der maschinentechnischen Stelle eine Leistungsbemessung zwecks Feststellung des Personalbedarfs habe durchgeführt werden sollen und eine Verringerung der Arbeitsplätze aufgrund des Ergebnisses zu erwarten gewesen sei. Da der neue Arbeitspostennachweis wider Erwarten nicht bis zum 31. Oktober 1983 fertiggestellt worden sei, habe sich die Notwendigkeit ergeben, die Klägerin noch einige Zeit über diesen Termin hinaus vorübergehend als Handwerker bis zum 15. Januar 1984 weiterzubeschäftigen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses vom Bundesarbeitsgericht entwickelte Rechtsprechung sei nicht auf den vorliegenden Fall anzuwenden, da die Klägerin den befristeten Vertrag vom 19. November 1982 im Schutze des unbefristet abgeschlossenen Arbeitsvertrages vom 3. September 1982 abgeschlossen habe und es in ihrem Fall also nicht um den Bestand des Arbeitsverhältnisses insgesamt gehe. Im übrigen hat es die Ungewißheit über den Personalbedarf in der maschinentechnischen Stelle als sachlichen Grund angesehen, die Klägerin nur vorübergehend unbefristet in dieser Stelle einzusetzen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Rechtsprechungsgrundsätze des Bundesarbeitsgerichts über die Zulässigkeit einer Befristung von Arbeitsverhältnissen müßten auch im vorliegenden Fall der zeitlichen Befristung einzelner Bedingungen des Arbeitsverhältnisses in vollem Umfang angewendet werden. Der Schutzgedanke dieser Rechtsprechung gehe nicht nur dahin, den Arbeitnehmer vor dem Verlust des Arbeitsplatzes zu schützen. Das Bundesarbeitsgericht habe vielmehr stets darauf abgestellt, daß sich der Arbeitgeber dann nicht auf die Befristung berufen könne, wenn durch einen Mißbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten der Zweck zwingender Bestimmungen des Kündigungsschutzrechts vereitelt werde. Wenn es dem Arbeitgeber gestattet sein sollte, beispielsweise eine Änderung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer im Wege einer zeitlich befristeten Höhergruppierung aufzuzwingen, werde der Arbeitnehmer dem Gutdünken oder der Willkür seines Arbeitgebers ausgesetzt. Ihm werde darüber hinaus die Möglichkeit genommen, die Beendigung der Höhergruppierung durch das Arbeitsgericht auf ihre soziale Rechtfertigung hin in einem Änderungsschutzprozeß nach § 2 Satz 1 KSchG überprüfen zu lassen.
Die bei Vertragsabschluß bestandene Ungewißheit über das künftig in der maschinentechnischen Stelle benötigte Personal sei nicht ausreichend, um die Befristung sachlich zu rechtfertigen. Die von der Rechtsprechung geforderte exakte und detaillierte Bedarfsprognose habe die Beklagte nicht angestellt. Die von ihr selbst zu steuernde und zu verantwortende ungewisse künftige Entwicklung über den Personalbedarf könne deshalb kein sachlicher Befristungsgrund sein, da die Beklagte es sonst in der Hand hätte, den künftigen Personalbedarf und seine entsprechende Verringerung zu bestimmen. Berücksichtigt werden müsse auch, daß sie auf einem Arbeitsplatz beschäftigt worden sei, von dem es im Bereich der Beklagten eine große Anzahl gebe, weshalb eine unbefristete Beschäftigung für die Beklagte viel eher möglich sei als zum Beispiel in den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen, in denen die Arbeitnehmer Lehrer, wissenschaftliche Mitarbeiter und ähnliches gewesen seien.
Die Beklagte hat erwidert, die Rechtsprechung zur Befristung von Arbeitsverhältnissen sei nicht anwendbar, da es nicht um den Bestandsschutz eines Arbeitsverhältnisses, sondern um die Ausgestaltung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses gehe und deshalb gesetzliche Schutzbestimmungen nicht umgangen worden seien. Im übrigen habe es der Klägerin freigestanden, der befristeten Änderung der Vertragsbedingungen zu widersprechen. Da sie aber die befristete Tätigkeit angenommen habe, verstoße sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn sie nunmehr über die Frist hinaus ein höherwertiges Arbeitsverhältnis begründen wolle, obwohl die Beklagte nach dem Stellenplan nicht in der Lage gewesen sei, einen unbefristeten Vertrag abzuschließen.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter, während die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Die im Vertrag vom 19. November 1982 vereinbarte befristete Höhergruppierung der Klägerin nach Lohngruppe II der Anlage 2 des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb) für die Zeit vom 1. November 1982 bis 31. Oktober 1983 ist rechtswirksam. Die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit für die Zeit vom 1. November 1983 bis zum 15. Januar 1984 ist sowohl dem Grunde als auch der Dauer nach sachlich gerechtfertigt und damit rechtlich nicht zu beanstanden.
I. Das Landesarbeitsgericht hat die Zulässigkeit der Feststellungsklage nach § 256 ZPO zu Recht bejaht.
Zwar kann nach § 256 ZPO nur auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses geklagt werden; Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses kommen als zulässiger Streitgegenstand eines Feststellungsbegehrens nicht in Betracht (BGHZ 22, 43, 48; 68, 331, 332; BAG Urteil vom 28. November 1984 - 5 AZR 123/83 - BAG 47, 238, 245 = AP Nr. 1 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht, zu A I der Gründe). Eine Feststellungsklage muß sich aber nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis im ganzen erstrecken, sie kann vielmehr auch - wie vorliegend - einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis betreffen, wie bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen.
Die Klägerin hat auch ein rechtliches Interesse an der Feststellung, ob sie in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis als Arbeiterin der Lohngruppe II steht.
Im Hinblick darauf, daß die Beklagte der Klägerin seit dem 16. Januar 1984 keine höherwertigen Tätigkeiten der Lohngruppe überträgt, ist für die Klägerin auch ein Interesse an alsbaldiger Feststellung gegeben.
II. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, die zwischen den Parteien vertraglich vereinbarte Höhergruppierung sei für die Zeit vom 1. November 1982 bis 31. Oktober 1983 rechtswirksam befristet worden.
1. In seiner Hauptbegründung hat das Landesarbeitsgericht im wesentlichen folgendes ausgeführt: Die vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätze zur Befristungskontrolle seien am Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses orientiert. Die gesetzliche Normierung des Änderungsschutzes (§ 2 KSchG) zeige zwar, daß der Gesetzgeber den Arbeitnehmer auch vor ungerechtfertigten Änderungen der Arbeitsbedingungen schützen wolle. Das mit dem Inhaltsschutz geschützte Rechtsgut unveränderter Arbeitsbedingungen sei aber nicht so bedeutsam für den Arbeitnehmer wie das Rechtsgut des Arbeitsplatzes an sich und rechtfertige daher keine Einschränkung der Vertragsfreiheit.
Die Klägerin habe den befristeten Höhergruppierungsvertrag im Schutze eines unbefristet abgeschlossenen Arbeitsvertrages mit der Beklagten vereinbart. Für sie habe zu keinem Zeitpunkt der Arbeitsplatz als solcher auf dem Spiel gestanden. Sie sei daher in ihrer Entscheidung, ob sie einer befristeten Versetzung mit zeitlich begrenzter Höhergruppierung habe zustimmen sollen, freier als ein Arbeitnehmer gewesen, dem der Arbeitgeber von Anfang an nur den Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages anbiete. Bei der zuletzt genannten Fallkonstellation habe der Arbeitnehmer keine echte Entscheidungsfreiheit, weil er bei Ablehnung des befristeten Arbeitsvertrages überhaupt keinen Arbeitsvertrag und damit keinen Arbeitsplatz erhalte. In den Fällen der hier vorliegenden Art reiche es dagegen aus, daß durch das Mitbestimmungsrecht des Personalrats die Belange des betroffenen Arbeitnehmers gewahrt würden.
In einer Hilfsbegründung hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die vertraglich vereinbarte Höhergruppierung sei für die Zeit vom 1. November 1982 bis 31. Oktober 1983 selbst dann wirksam befristet gewesen, wenn man die von dem Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätze der richterlichen Befristungskontrolle auf den vorliegenden Fall anwende. Dabei könne allerdings wegen der geringeren Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber keine exakte und detaillierte Bedarfsprognose gefordert werden. Die mit einem befristeten Arbeitsvertrag verbundene Ungewißheit sei für einen Arbeitnehmer so belastend, daß dem Arbeitgeber eine genaue Bedarfsprognose zuzumuten sei. Im vorliegenden Fall sei der Arbeitsplatz der Klägerin zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen. Die Beklagte habe die Klägerin bereits bei ihrer Einstellung darauf hingewiesen, daß die Klägerin vorübergehend in ihrem erlernten Beruf mit höherer Vergütung beschäftigt werden könne. Die in der maschinentechnischen Stelle durchgeführten Leistungsbemessungen zur Ermittlung des Personalbedarfs sollten nach dem von der Klägerin nicht widersprochenen Vorbringen der Beklagten erst Ende 1983 abgeschlossen sein, so daß sie den Personalbedarf im November 1982 habe nicht genau ermitteln können. Nach den bisherigen Ergebnissen der Leistungsbemessungen habe die Beklagte eine Verminderung des Personalbedarfs erwartet. Bei dieser Sachlage sei die zeitlich an dem voraussichtlichen Ende der Leistungsbemessungsarbeiten orientierte befristete Höhergruppierung rechtswirksam.
2. Soweit dieser Würdigung tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, ist der Senat hieran gemäß § 561 Abs. 2 ZPO gebunden, da die Beklagte hiergegen keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben hat. Die von der Beklagten erhobene Verfahrensrüge gemäß § 286 ZPO entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO) und ist daher unzulässig. Von einer Begründung sieht der Senat gemäß § 565 a ZPO ab.
3. Den materiell-rechtlichen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist zwar im Ergebnis, nicht aber in allen Teilen der Begründung zu folgen.
a) Soweit das Landesarbeitsgericht in seiner Hauptbegründung die Auffassung vertreten hat, die zwischen den Parteien für einen bestimmten Zeitraum vereinbarte Höhergruppierung sei nach dem verfassungsrechtlich geschützten Grundsatz der Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) ohne weiteres zulässig, kann dem nicht zugestimmt werden. Wie das Landesarbeitsgericht in seiner Hilfsbegründung zutreffend angenommen hat, finden in den Fällen der vorliegenden Art die vom Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung zur Zulässigkeit von befristeten Arbeitsverträgen aufgestellten Grundsätze entsprechend Anwendung.
aa) Der Hinweis des Landesarbeitsgerichts, die vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts (Beschluß vom 12. Oktober 1960 - GS 1/59 - BAG 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) aufgestellten Grundsätze zur Befristungskontrolle dienten dem Zweck, eine objektive Umgehung der für den Bestandsschutz von Arbeitsverhältnissen bestehenden Vorschriften des Kündigungsschutzrechts zu verhindern, ist zutreffend. Der Bestandsschutz bezieht sich aber stets auf das Arbeitsverhältnis in seiner konkreten inhaltlichen Ausgestaltung, so daß der Bestandsschutz notwendig auch den Inhaltsschutz umfaßt. Dieser kündigungsschutzrechtliche Inhaltsschutz des Arbeitsverhältnisses ist durch das Erste Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz vom 14. August 1969 (BGBl. I S. 1106) durch Schaffung spezieller Vorschriften für die Änderungskündigung (§§ 2, 4 Satz 2, §§ 7, 8 KSchG) verstärkt worden.
In dem Urteil vom 12. Dezember 1984 (- 7 AZR 509/83 - BAG 47, 314, 320 = AP Nr. 6 zu § 2 KSchG 1969, unter II 3 der Gründe) hat der Senat bereits grundsätzlich entschieden, daß einzelvertragliche Vereinbarungen, die darauf abzielen, den gesetzlichen Inhaltsschutz (§ 2 KSchG) objektiv zu umgehen, unwirksam sind. In diesem Urteil hat der Senat daher eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, die bei einer arbeitszeitabhängigen Vergütung den Arbeitgeber berechtigen sollte, die zunächst festgelegte Arbeitszeit später einseitig nach Bedarf zu reduzieren, als objektive Umgehung von zwingenden Vorschriften des Kündigungs- und Kündigungsschutzrechts (§ 2 KSchG i. V. mit § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG, § 622 Abs. 1 und Abs. 5 BGB) gewertet. Dabei hat der Senat weiterhin geprüft, ob diese Vertragsgestaltung durch einen sachlichen Grund (Besonderheiten einer kommunalen Musikschule) gerechtfertigt gewesen ist.
An den im Urteil vom 12. Dezember 1984 (aaO) aufgestellten Grundsätzen hält der Senat auch nach erneuter Prüfung fest. Die im Streitfall zu beurteilende Vertragsgestaltung wirft ebenfalls die Frage des Inhaltsschutzes und seiner objektiven Umgehung auf. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses die befristete Änderung einzelner Arbeitsbedingungen zugunsten des Arbeitnehmers, so bedarf die vereinbarte Befristung eines sachlichen Grundes, wenn bei unbefristeter Änderung die neuen Arbeitsbedingungen dem gesetzlichen Änderungsschutz (§ 2 KSchG i.V. mit § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG, § 4 Satz 2 KSchG, § 7 KSchG, § 8 KSchG) unterliegen würden. Dabei verkennt der Senat nicht, daß der Abschluß von zeitlich befristeten Änderungsverträgen auch im Arbeitsrecht nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG, § 305 BGB) grundsätzlich zulässig ist. Ein schutzwertes Interesse für derartige Vertragsgestaltungen entfällt aber dann, wenn der Arbeitnehmer den gesetzlichen Vorschriften über den Inhaltsschutz (§ 2 KSchG i. V. mit § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG, § 4 Satz 2 KSchG, § 7 KSchG, § 8 KSchG) entzogen werden soll, ohne daß ein sachlicher Grund für eine derartige Vertragsgestaltung gegeben ist (vgl. auch Löwisch, ZfA 1986, 1, 6). Fehlt es an einem sachlichen Grund, so handelt es sich um objektiv funktionswidrige Vertragsgestaltungen mit der Folge, daß die Befristung einer einzelnen Vertragsbedingung wegen objektiver Umgehung der Vorschriften über den Vertragsinhaltsschutz unwirksam ist, d. h. die unwirksam befristete Vertragsbedingung gilt auf unbestimmte Zeit. Eine objektive Gesetzesumgehung liegt allerdings nur dann vor, wenn der betreffende Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des vereinbarten Ablaufs der befristet geltenden Arbeitsbedingungen Inhaltsschutz nach Maßgabe des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes genießt. Es bedarf daher z. B. in den Fällen der vorliegenden Art keines sachlichen Grundes, wenn die befristet vereinbarten Arbeitsbedingungen bereits zu einem Zeitpunkt - ohne Änderungskündigung - wieder wegfallen sollen, in dem der Arbeitnehmer mangels Zurücklegung der sechsmonatigen Wartezeit (§ 1 Abs. 1 KSchG) für sein Arbeitsverhältnis noch keinen gesetzlichen Kündigungsschutz genießt. In Kleinstbetrieben i. S. des § 23 Abs. 1 KSchG ist die Befristung einzelner Vertragsbedingungen auch ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes zulässig.
bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muß ein befristeter Arbeitsvertrag auch hinsichtlich der Dauer der Befristung sachlich gerechtfertigt sein, wobei die von den Parteien vereinbarte Dauer an den Sachgründen der Befristung zu orientieren ist (BAG Urteile vom 28. November 1963 - 2 AZR 140/63 -, vom 16. Juni 1976 - 2 AZR 630/74 -, vom 2. August 1978 - 4 AZR 58/77 - BAG 31, 40, vom 25. Januar 1980 - 7 AZR 69/78 -, vom 7. März 1980 - 7 AZR 177/78 -, vom 10. Januar 1980 - 2 AZR 25/78 - BAG 32, 274, vom 13. Mai 1982 - 2 AZR 87/80 - BAG 39, 38 und vom 29. September 1982 - 7 AZR 147/80 - BAG 40, 177 = AP Nr. 26, 40, 46, 52, 54, 56, 68 und 70 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Die gewählte Dauer der Befristung muß mit dem Sachgrund für die Befristung selbst im Einklang stehen.
In Anknüpfung an diese Rechtsprechung muß auch der Zeitraum, in dem geänderte Arbeitsbedingungen gelten sollen, am Sachgrund für die betreffende Vertragsgestaltung orientiert sein. Die Dauer der befristeten Geltung der Arbeitsbedingungen darf nicht so bemessen sein, daß sie dem Sachgrund für die befristete Vertragsgestaltung widerspricht.
cc) Bei der Frage, ob die Befristung einzelner Vertragsbedingungen dem Grunde und der Dauer nach sachlich gerechtfertigt ist, kann an die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorgenommene Typenbildung sachlich gerechtfertigter Befristungen des Arbeitsverhältnisses angeknüpft werden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß diese Grundsätze zur Verhinderung einer objektiven Umgehung der kündigungsschutzrechtlichen Bestandsschutzvorschriften entwickelt worden sind und daher nicht ohne weiteres auf die Beurteilung der Befristung einzelner Vertragsbedingungen und deren Dauer übertragen werden können (vgl. Löwisch, ZfA 1986, 1, 7). Es bedarf vielmehr entsprechender Modifikationen der von dem Bundesarbeitsgericht zur Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge aufgestellten Grundsätze, und zwar unter Beachtung der spezifischen Zielsetzungen des kündigungsschutzrechtlichen Vertragsinhaltsschutzes. Während die Befristung des Arbeitsvertrages sich unmittelbar auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses auswirkt und damit für den Arbeitnehmer in der Regel von existenzieller Bedeutung ist, läßt die befristete Geltung einzelner Vertragsbedingungen das unbefristete Arbeitsverhältnis in seinem Fortbestand unberührt. Hieraus folgt eine geringere soziale Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers in den Fällen, in denen im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses einzelne Arbeitsbedingungen für einen bestimmten Zeitraum aufgrund einer einzelvertraglichen Vereinbarung geändert werden sollen. Die in den Fällen der vorliegenden Art anzunehmende geringere soziale Schutzbedürftigkeit der betreffenden Arbeitnehmer ist bei der Beurteilung der sachlichen Rechtfertigung von befristeten Vertragsbedingungen sowie deren Dauer angemessen zu berücksichtigen.
dd) Zu der im vorliegenden Fall zu entscheidenden Frage, welche Anforderungen an die sachliche Rechtfertigung einer vertraglich vereinbarten Befristung, die sich auf die Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit sowie eine entsprechende Höhergruppierung bezieht, zu stellen sind, kann an die ständige Rechtsprechung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit einer einseitig vom Arbeitgeber vorgenommenen vorübergehenden Übertragung höherwertiger Tätigkeiten angeknüpft werden. Danach ist die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit dann rechtsmißbräuchlich, wenn für die vorübergehende Übertragung und ihre Dauer kein sachlicher Grund vorliegt (vgl. das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil vom 19. Juni 1985 - 4 AZR 540/83 - m.w.N.). Als sachlicher Grund für eine nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ist stets die Vertretung eines anderen Mitarbeiters anzusehen, da nach Rückkehr des vertretenen Mitarbeiters auf seinen Arbeitsplatz kein Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Vertreters auf diesem Arbeitsplatz besteht (vgl. BAG Urteil vom 19. Juni 1985, aaO). Ein sachlicher Grund für eine nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber eine freigewordene Stelle zunächst nur vorübergehend besetzt, um Zeit für Überlegungen zu gewinnen, mit welchem Arbeitnehmer die Stelle endgültig besetzt werden soll (vgl. BAG Urteil vom 25. März 1981 - 4 AZR 1037/78 - AP Nr. 5 zu § 24 BAT). Die sachliche Rechtfertigung einer vorübergehenden Übertragung ist vom Vierten Senat des Bundesarbeitsgerichts auch anerkannt worden in den Fällen, in denen bestimmte Planungen des Arbeitgebers (z.B. geplante Übertragung der Lohnrechnertätigkeit auf zentrale Datenverarbeitung) vorliegen, die zu einem Fortfall der höherwertigen Tätigkeit führen können (vgl. BAG Urteil vom 31. August 1983 - 4 AZR 66/81 -, unveröff.). In den Fällen der zuletzt genannten Art besteht ein verhältnismäßig großer Beurteilungsspielraum sowohl des Arbeitgebers als auch der Tatsacheninstanz (vgl. BAG Urteil vom 15. Februar 1984 - 4 AZR 595/82 - AP Nr. 8 zu § 24 BAT).
b) Die Anwendung dieser Grundsätze führt zum Ergebnis, daß im Streitfall die vertraglich vereinbarte befristete Übertragung von höherwertigen Tätigkeiten der Lohngruppe II der Anlage 2 des TV Arb auf die Klägerin sowohl dem Grunde als auch der Dauer nach sachlich gerechtfertigt war.
Der sachliche Grund für die von den Parteien gewählte Vertragsgestaltung ergibt sich daraus, daß die Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses wegen einer noch nicht abgeschlossenen Leistungsbemessung in der maschinentechnischen Stelle des Postamts 11 ihren künftigen Personalbedarf in diesem Bereich nicht genau vorhersehen konnte. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts steht für den Senat bindend fest (§ 561 Abs. 2 ZPO), daß die Beklagte nach den bisherigen Ergebnissen der Leistungsbemessung eine Reduzierung des Personalbedarfs in der maschinentechnischen Stelle des Postamts erwartete. Bei einer derartigen Sachlage bestehen gegen die von den Parteien gewählte Vertragsgestaltung keine durchgreifenden Bedenken.
Die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (19. November 1982) aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Leistungsbemessung bereits abzusehende Personalverminderung in dem betreffenden Beschäftigungsbereich des Postamts stellte einen sachlichen Grund dar, der es rechtfertigte, mit der Klägerin für die voraussichtliche Dauer dieser Bemessungsarbeiten eine befristete Übertragung von höherwertigen Tätigkeiten der Lohngruppe II der Anlage 2 des TV Arb zu vereinbaren. Der Umstand, daß die von der Beklagten durchgeführte Leistungsbemessung erst 2 1/2 Monate nach Ablauf der auf ein Jahr befristeten Höhergruppierung abgeschlossen wurde, ist nicht dazu geeignet, die Geltungsdauer der geänderten Arbeitsbedingungen für nicht sachgerecht anzusehen. Derartige unwesentliche Verzögerungen sind vom Arbeitgeber in der Regel nicht genau voraussehbar.
Ist die von den Parteien vereinbarte Vertragsgestaltung somit sachlich gerechtfertigt, liegt keine objektive Umgehung der zwingenden Vorschriften über den Inhaltsschutz (§ 2 i. V. mit § 1 Abs. 2 und Abs. 3, § 4 Satz 2, § 7, § 8 KSchG) vor. Die im Vertrag vom 19. November 1982 vereinbarte befristete Höhergruppierung ist daher rechtswirksam. Dies hat zur Folge, daß die bis zum 31. Oktober 1983 befristete Höhergruppierung der Klägerin zu diesem Zeitpunkt endete, ohne daß es einer entsprechenden Änderungskündigung durch die Beklagte bedurfte.
III. Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob die Klägerin aus der mit Schreiben der Beklagten vom 25. Oktober 1983 einseitig zugewiesenen höherwertigen Tätigkeit das Recht herleiten kann, in Zukunft mit Tätigkeiten nach der Lohngruppe II der Anlage 2 des TV Arb betraut zu werden. Dies ist zu verneinen.
1. Der Senat kann diese Frage selbst abschließend beurteilen, da die hierzu erforderlichen Tatsachen feststehen (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts standen die Leistungsbemessungsarbeiten in der maschinentechnischen Stelle des Postamts im Oktober 1983 kurz vor dem Abschluß. Die vorübergehende Zuweisung höherwertiger Tätigkeiten erfolgte in der Weise, daß die Klägerin bis zum 15. Januar 1984 als Posthandwerkerin weiterbeschäftigt wurde, und zwar unter Eingruppierung in die Lohngruppe V und Gewährung einer Tätigkeitszulage nach der Lohngruppe II der Anlage 2 des TV Arb.
2. Die vorübergehende Übertragung von höherwertigen Tätigkeiten in der Zeit vom 1. November 1983 bis 15. Januar 1984 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts, der sich der erkennende Senat anschließt, darf die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nicht rechtsmißbräuchlich sein (vgl. Urteil vom 15. Februar 1984 - 4 AZR 595/82 - AP Nr. 8 zu § 24 BAT m.w.N.). Rechtsmißbräuchlich ist die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit dann, wenn für die vorübergehende Übertragung und ihre Dauer kein sachlicher Grund vorliegt. Dabei ist im Streitfall zu beachten, daß in dem Abs. 4 Unterabs. 2 der Vorbemerkungen zum Lohngruppenverzeichnis zum TV Arb - ebenso wie in § 24 BAT - für die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit keine zeitliche Begrenzung vorgesehen ist und daher allein aus der Dauer der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nicht auf ein rechtsmißbräuchliches Verhalten des Arbeitgebers geschlossen werden kann (BAG Urteil vom 15. Februar 1984, aaO).
Im Streitfall ist die vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeit für die Zeit vom 1. November 1983 bis 15. Januar 1984 sowohl dem Grunde als auch der Dauer nach sachlich gerechtfertigt. Da im Oktober 1983 der Abschluß der Leistungsbemessung in der maschinentechnischen Stelle unmittelbar bevorstand, war es sachlich gerechtfertigt, die Klägerin nach Ablauf der bis zum 31. Oktober 1983 befristeten Höhergruppierung vorübergehend mit der höherwertigen Tätigkeit als Posthandwerkerin zu betrauen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß die Dauer der vorübergehenden Übertragung höherwertiger Tätigkeiten rechtsmißbräuchlich war, sind vorliegend nicht ersichtlich.
IV. Die Revision der Klägerin war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Dr. Seidensticker Roeper Dr. Becker
Dr. Kleemann Straub
Fundstellen
Haufe-Index 441414 |
BAGE 52, 197-209 (LT1-4) |
BAGE, 197 |
BB 1987, 196 |
BB 1987, 196-199 (LT1-4) |
DB 1987, 1099-1100 (LT1-3) |
JR 1987, 176 |
NZA 1987, 241-243 (LT1-4) |
RdA 1987, 60 |
RzK, I 9a Nr 18 (LT1-4) |
SAE 1987, 171-174 (LT1-4) |
AP § 2 KSchG 1969 (LT1-4), Nr 19 |
Arbeitgeber 1987, 903-903 (LT1-4) |
EzA § 620 BGB, Nr 85 (LT1-4) |
RiA 1987, 174-174 (T) |