Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB. Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB. Widerspruchsfrist
Orientierungssatz
- Der Arbeitnehmer soll durch die Unterrichtung über einen Betriebsübergang nach § 613a Abs. 5 BGB eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB erhalten.
- Die Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 BGB wird weder durch eine unterbliebene noch durch eine nicht ordnungsgemäße Unterrichtung ausgelöst.
- Ob die Unterrichtung ordnungsgemäß ist und die Tatsachen korrekt dargestellt sind, kann vom Gericht überprüft werden. Der Veräußerer und der Erwerber sind für die Erfüllung der Unterrichtungspflicht darlegungs- und beweispflichtig. Genügt eine Unterrichtung jedoch zunächst formal den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB und ist sie nicht offensichtlich fehlerhaft, ist es Sache des Arbeitnehmers im Wege der abgestuften Darlegungslast einen Mangel näher darzulegen. Die Unterrichtungsverpflichteten müssen sodann Einwände des Arbeitnehmers mit entsprechenden Darlegungen und Beweisantritten entkräften.
- § 613a Abs. 5 BGB verlangt keine individuelle Unterrichtung der einzelnen vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer, erforderlich ist jedoch eine konkrete betriebsbezogene Darstellung in einer auch für einen juristischen Laien möglichst verständlichen Sprache. Eine standardisierte Information muss darüber hinaus etwaige Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses erfassen.
- Neben den gesetzlichen Unterrichtungsgegenständen gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 1 – 4 BGB ist dem Arbeitnehmer Klarheit über die Identität des Erwerbers zu verschaffen. Hierzu gehört grundsätzlich die genaue Bezeichnung und die Angabe des Sitzes bzw. der Adresse des Erwerbers. Auch ist der Gegenstand des Betriebsübergangs mitzuteilen.
- Nach § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB ist der Grund für den Betriebsübergang anzugeben. Hierunter ist idR der Rechtsgrund für den Betriebsübergang wie Kaufvertrag, Pachtvertrag, Umwandlung etc. gemeint. Im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Unterrichtung, dem vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer eine ausreichende Wissensgrundlage für seine Entscheidung über die Ausübung oder Nichtausübung des Widerspruchsrechts zu geben, sind die zum Übergang führenden unternehmerischen Erwägungen, soweit sie sich auf den Arbeitplatz auswirken können, zumindest schlagwortartig, anzugeben.
- § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB erfordert des Weiteren eine Information über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer. Der Inhalt der Unterrichtung richtet sich auch insoweit nach dem Kenntnisstand der Unterrichtungsverpflichteten zum Zeitpunkt der Unterrichtung.
- Zu den rechtlichen Folgen gehören die sich unmittelbar aus dem Betriebsübergang ergebenden Rechtsfolgen. Dies beinhaltet einen Hinweis auf den Eintritt des Übernehmers in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB), auf die Gesamtschuldnerschaft des Übernehmers und des Veräußerers und die anteilige Haftung nach § 613a Abs. 2 BGB sowie grundsätzlich auch auf die kündigungsrechtliche Situation. Zu den beim Übernehmer geltenden Rechten und Pflichten gehört auch die weitere Anwendbarkeit tariflicher und betrieblicher Normen und die Frage, inwieweit beim Veräußerer geltende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durch beim Erwerber geltende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen abgelöst werden.
- Wegen des og. Zwecks der Unterrichtung kann der Arbeitnehmer auch über die Folgen zu informieren sein, die im Falle eines Widerspruchs zur Anwendung kommen sollen, also zB einen Sozialplan.
- Auch wenn eine Unterrichtung erst nach dem Betriebsübergang erfolgt, ist ein Widerspruch noch möglich. Die Widerspruchsfrist beginnt dann mit der Unterrichtung. Der Widerspruch wirkt auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück.
- Das Recht des Arbeitnehmers, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen, kann verwirkt werden. Dies gilt auch nach der gesetzlichen Regelung der Widerspruchsfrist in § 613a Abs. 6 BGB nF.
Normenkette
BGB § 613a Abs. 5-6
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Urteil vom 06.10.2005; Aktenzeichen 15 Sa 355/05) |
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 05.01.2005; Aktenzeichen 4 Ca 8443/04) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 6. Oktober 2005 – 15 Sa 355/05 – aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 5. Januar 2005 – 4 Ca 8443/04 – abgeändert.
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten über den 31. Dezember 2003 unverändert fortbesteht.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen über den 31. Dezember 2003 hinaus ein Arbeitsverhältnis fortbestand.
Der Kläger war seit dem 1. Oktober 1981 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern im Bereich Field Service tätig. Der Field Service beschäftigte sich mit der Wartung von Kundengeräten und sonstigen Serviceleistungen auf der Grundlage von mit der Beklagten abgeschlossenen Wartungsverträgen.
Mit Schreiben vom 2. Dezember 2003 informierten die Beklagte und die e GmbH die betroffenen Arbeitnehmer von der geplanten Übertragung des Bereichs Field Service auf die e GmbH. Im Rahmen einer Informationsveranstaltung über den geplanten Teilbetriebsübergang teilte die Beklagte der Belegschaft mit, es werde von einer Umsatzerwartung für den Bereich Field Service für das Jahr 2004 in Höhe von 8 Millionen Euro ausgegangen. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zunächst nicht.
Mit Wirkung zum 1. Januar 2004 übertrug die Beklagte den Bereich Field Service auf die e GmbH. Die e GmbH, die bis dahin etwa 40 Arbeitnehmer hatte, übernahm 74 Arbeitnehmer der Beklagten. Die Beklagte blieb Partnerin der Wartungsverträge und ließ die Arbeiten durch die e GmbH, die dafür ein Entgelt erhielt, durchführen.
Spätestens im Sommer 2004 geriet die e GmbH in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Bereits im Juni 2004 konnte sie die Servicearbeiten nicht mehr ausführen, da die benötigten Ersatzteile nicht mehr angeschafft werden konnten. Ab spätestens September 2004 begab sich die Beklagte auf die Suche nach einem neuen Servicepartner.
Mit – an die Beklagte gerichtetem – Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 26. Oktober 2004 widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses. Die e GmbH stellte am 5. November 2004 Insolvenzantrag. Am 1. Februar 2005 wurde über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet und durch den Insolvenzverwalter Masseunzulänglichkeit angezeigt. Der Geschäftsbetrieb wurde zwischenzeitlich eingestellt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe auf die schlechte wirtschaftliche Lage der e GmbH im Rahmen des Unterrichtungsschreibens vom 2. Dezember 2003 hingewiesen werden müssen. Erst im Oktober 2004 habe er davon erfahren. Bei Kenntnis der Sachlage hätte er dem Übergang des Arbeitsverhältnisses bereits nach Zugang des Informationsschreibens widersprochen. Da er nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden sei, sei die einmonatige Frist zur Erklärung des Widerspruchs nicht in Gang gesetzt worden und sein am 26. Oktober 2004 erklärter Widerspruch noch rechtzeitig erfolgt. Die von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer seien über die finanzielle Lage des Betriebserwerbers jedenfalls dann zu unterrichten, wenn sich bereits deutlich abzeichne, dass nach Übergang der Arbeitsverhältnisse eine Insolvenz des Erwerbers drohe. Dies habe für die e GmbH im Zeitpunkt des Betriebsübergangs festgestanden.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten – durch seinen Widerspruch vom 26. Oktober 2004 gegen den erfolgten Teilbetriebsübergang vom 1. Januar 2004 – über den 31. Dezember 2003 unverändert fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Widerspruch sei verspätet. Die Unterrichtung sei ordnungsgemäß erfolgt; die Insolvenz der e GmbH sei überraschend gewesen. Ein Widerspruchsrecht des Klägers folge auch nicht aus einem arglistigen, kollusiven Zusammenwirken der Beklagten mit der e GmbH.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten bestand trotz des Betriebsübergangs auf die e GmbH im Hinblick auf den Widerspruch des Klägers fort. Die Beklagte und die e GmbH haben den Kläger nicht ordnungsgemäß iSv. § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet, so dass er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses noch rechtzeitig widersprochen hat.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr bestehe, weil der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht rechtzeitig widersprochen habe. Die Widerspruchsfrist sei durch das Unterrichtungsschreiben vom 2. Dezember 2003 in Gang gesetzt worden, denn dieses sei ordnungsgemäß. Dabei gelte im Einzelnen:
1. Es bestehe keine Verpflichtung, über die wirtschaftliche Lage des Erwerbers und seine Solvenz bzw. eine bedrohliche wirtschaftliche Lage zu unterrichten. Zu unterrichten sei lediglich über ein laufendes Insolvenzverfahren, über einen gestellten Insolvenzantrag und über eine beschlossene Antragstellung. Auch, wenn die wirtschaftliche Lage vom Veräußerer und/oder Erwerber selbst als bedrohlich eingeschätzt würde, sei hierüber nicht zu informieren, da eine bedrohliche wirtschaftliche Lage nicht gleichbedeutend mit einer Situation sei, in der ein Unternehmen mangels Liquidität bereits zur Aufgabe gezwungen sei. In einer derartigen Situation könne noch Hoffnung auf “Gesundung” bestehen. Dass die e GmbH im Zeitpunkt der Teilbetriebsübernahme bereits mangels Liquidität zur Aufgabe gezwungen gewesen sei, werde durch die Tatsache widerlegt, dass sie tatsächlich erst am 5. November 2004 Insolvenzantrag gestellt habe. Allenfalls ein sicher erscheinender Eintritt der Zahlungsunfähigkeit hätte eine Verpflichtung zur Unterrichtung begründen können.
2. Die Informationspflicht nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB könne auch nicht auf die Solvenz eines Unternehmens oder besondere mit einem Teilbetriebsübergang verbundene wirtschaftliche Risiken erstreckt werden. Die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens sei Folge seiner wirtschaftlichen Betätigung und nicht etwa Folge des Betriebsübergangs. Bei Annahme einer Unterrichtungspflicht stelle sich die Frage, wie detailliert eine solche Information erteilt werden müsse, ob etwa Bilanzen, Prüfberichte und Auftragsbücher uä. vorgelegt werden müssten und dies ggf. sowohl für den Veräußerer und den Erwerber, damit ein Solvenzvergleich ermöglicht werde.
3. Auch aus § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB könne der Kläger zu seinen Gunsten nichts herleiten, insbesondere könne er sich nicht darauf berufen, nicht über das wahre Motiv für den Teilbetriebsübergang unterrichtet worden zu sein. Über den wirtschaftlichen Beweggrund für den Betriebsübergang sei in diesem Zusammenhang nicht zu unterrichten.
4. Ein Widerspruchsrecht folge auch nicht aus arglistigem, kollusiven Zusammenwirken der Beklagten mit der e GmbH. Es fehle bereits in tatsächlicher Hinsicht an einem ausreichenden Vortrag des Klägers zu einem rechtsmißbräuchlichen Verhalten. Die vom Kläger dargelegten Indiztatsachen ließen weder einzeln noch in ihrer Gesamtschau den Schluss auf ein kollusives Zusammenwirken zu. Der Kläger widerspreche sich im Übrigen selbst, wenn er einerseits ein kollusives Zusammenwirken der Beklagten mit der e GmbH und andererseits eine bewusste Täuschung der e GmbH durch die Beklagte behaupte.
II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Klage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand über den 31. Dezember 2003 unverändert fort, da er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die e GmbH widersprochen hat. Der Widerspruch des Klägers vom 26. Oktober 2004 war ordnungsgemäß, insbesondere fristgerecht.
1. Ein Arbeitnehmer kann gemäß § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf einen Betriebsübernehmer widersprechen. Dieser Widerspruch ist nur wirksam, wenn er innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB erfolgt. Der mit Schreiben vom 26. Oktober 2004 erklärte Widerspruch des Klägers war nicht verspätet, denn die Beklagte und die e GmbH haben ihn mit dem Schreiben vom 2. Dezember 2003 nicht ordnungsgemäß unterrichtet und die einmonatige Widerspruchsfrist damit nicht in Gang gesetzt (§ 613a Abs. 6 Satz 1 BGB).
a) Durch das Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. März 2002 (BGBl. I S. 1163) wurde § 613a BGB mit Wirkung ab 1. April 2002 um die Absätze 5 und 6 ergänzt.
§ 613a Abs. 5 BGB bestimmt, dass der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber die von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform über den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs, den Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen zu unterrichten hat.
Eine ordnungsgemäße Unterrichtung setzt die Widerspruchsfrist in Gang. Weder durch eine unterbliebene noch durch eine nicht ordnungsgemäße Unterrichtung wird diese Frist ausgelöst (vgl. BAG 13. Juli 2006 – 8 AZR 305/05 – NZA 2006, 1268, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 24. Mai 2005 – 8 AZR 398/04 – BAGE 114, 374 = AP BGB § 613a Nr. 284 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 35). Das ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut des § 613a Abs. 6 BGB, wonach der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats “nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5” widersprechen kann, als auch aus dem Sinn und Zweck der Unterrichtungspflicht.
Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer im Rahmen des § 613a Abs. 5 BGB so zu informieren, dass jener sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts erhalten (vgl. BT-Drucks. 14/7760 S. 19). Da dies Sinn und Zweck der Vorschrift des § 613a Abs. 5 BGB ist, ist es folgerichtig, den Beginn des Laufs der Widerspruchsfrist nicht nur dann zu verneinen, wenn überhaupt keine Unterrichtung erfolgt ist, sondern auch dann, wenn keine ordnungsgemäße Unterrichtung vorliegt (vgl. BAG 13. Juli 2006 – 8 AZR 305/05 – NZA 2006, 1268, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 16. September 1993 – 2 AZR 267/93 – BAGE 74, 185 = AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 62 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 84 zum vergleichbaren Fall der nicht ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats im Rahmen des § 102 BetrVG).
Der Inhalt der Unterrichtung richtet sich nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung (BAG 13. Juli 2006 – 8 AZR 305/05 – NZA 2006, 1268, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; Meyer BB 2003, 1010, 1012; Grobys BB 2002, 726, 728; ErfK/Preis 6. Aufl. § 613a BGB Rn. 85). Die erteilten Informationen müssen zutreffend sein. Ob die Unterrichtung ordnungsgemäß ist, kann vom Gericht überprüft werden (vgl. aber ErfK/Preis § 613a BGB Rn. 89; Grobys BB 2002, 726, 729, die nur ein formelles Prüfungsrecht des Gerichts annehmen). Der Veräußerer und der Erwerber sind für die Erfüllung der Unterrichtungspflicht darlegungs- und beweispflichtig.
Entspricht eine Unterrichtung zunächst formal den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB und ist sie nicht offensichtlich fehlerhaft, ist es Sache des Arbeitnehmers, einen Mangel näher darzulegen (vgl. Grau RdA 2005, 367, 368 Fn. 12). Hierzu ist er im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast nach § 138 Abs. 3 ZPO verpflichtet. Die Unterrichtungsverpflichteten müssen sodann Einwände des Arbeitnehmers mit entsprechenden Darlegungen und Beweisantritten entkräften (Senat 13. Juli 2006 – 8 AZR 305/05 – NZA 2006, 1268, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
b) Diesen Anforderungen genügt die Unterrichtung der Beklagten nicht. Die Unterrichtung über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs ist fehlerhaft.
aa) Zunächst ist es nach den Entscheidungen des Senats vom 13. Juli 2006 (– 8 AZR 305/05 – und – 8 AZR 303/05 – NZA 2006, 1268 und NZA 2006, 1273, beide auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) unschädlich, dass es sich bei dem Unterrichtungsschreiben um ein Standardschreiben handelte. § 613a Abs. 5 BGB erfordert keine individuelle Unterrichtung der einzelnen Arbeitnehmer. Den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB genügt darüber hinaus nicht eine reine Wiederholung des Gesetzeswortlauts, erforderlich ist vielmehr eine konkrete betriebsbezogene Darstellung in einer auch für juristische Laien möglichst verständlichen Sprache (ErfK/Preis § 613a BGB Rn. 85; APS/Steffan 2. Aufl. § 613a BGB Rn. 209). Eine standardisierte Information muss jedoch etwaige Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses erfassen (Staudinger/Annuß BGB 2005 § 613a Rn. 168; Annuß FS zum 25-jährigen Bestehen der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht S. 574, 575).
bb) In inhaltlicher Hinsicht ist es auf Grund des Zwecks der Unterrichtung notwendig, dass der Betriebsübernehmer grundsätzlich mit Firmenbezeichnung und Anschrift genannt wird, so dass er identifizierbar ist (Staudinger/Annuß § 613a Rn. 156; Annuß FS zum 25-jährigen Bestehen der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht S. 567 f.; Willemsen/Lembke NJW 2002, 1159, 1162). Dies ist im Streitfall geschehen.
cc) Erforderlich ist des Weiteren eine Unterrichtung über den Gegenstand des Betriebsübergangs. Auch dies ist im Streitfall mit der Mitteilung, der “Geschäftsbereich Field Service” werde übertragen, geschehen.
dd) Über den Zeitpunkt des Betriebsübergangs (1. Januar 2004) hat die Beklagte ebenfalls ordnungsgemäß unterrichtet (§ 613a Abs. 5 Nr. 1 BGB).
ee) Die Beklagte hat des Weiteren den Grund für den Betriebsübergang iSd. § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB ausreichend benannt. Mit dem Grund ist in erster Linie die Angabe des Rechtsgrundes für den Betriebsübergang wie Kaufvertrag, Pachtvertrag, Umwandlung etc. gemeint. Diesen haben die Beklagte und die e GmbH angegeben, denn sie haben auf den sog. Outsourcingvertrag hingewiesen.
Im Schrifttum ist streitig, ob darüber hinaus über die zum Übergang führenden unternehmerischen Erwägungen informiert werden muss (bejahend APS/Steffan § 613a BGB Rn. 208; Willemsen/Lembke NJW 2002, 1159, 1162; Nehls NZA 2003, 822, 824; Staudinger/Annuß § 613a Rn. 159 unter Hinweis auf Art. 7 Abs. 6 2. Spiegelstrich der RL 2001/23/EG und deren fremdsprachige Fassungen; Grau Unterrichtung und Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang gem. § 613a Abs. 5 und 6 BGB S. 134 ff.; verneinend ErfK/Preis § 613a BGB Rn. 85; Worzalla NZA 2002, 353, 354; Gaul/Otto DB 2002, 634, 635; für eine schlagwortartige Angabe der zugrunde liegenden Umstände (Unternehmenskonzept, Umorganisationskonzept) Hauck Sonderbeilage NZA 18/2004, 17, 23).
Ausgehend vom Sinn und Zweck der Unterrichtung, die dem Arbeitnehmer die Möglichkeit verschaffen soll, sachgerecht über die Ausübung des Widerspruchs zu befinden, reicht die Angabe des dem Betriebsübergang zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts allein nicht aus. Dem Arbeitnehmer müssen vielmehr jene unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang zumindest schlagwortartig mitgeteilt werden, die sich im Falle seines Widerspruchs auf den Arbeitsplatz auswirken können. Auch dies ist vorliegend geschehen. Die Beklagte hat zwar die sie zur Ausgliederung des Field Services veranlassenden wirtschaftlichen Gründe nicht mitgeteilt. Dies ist nach der Rechtsprechung des Senats jedoch auch nicht erforderlich. Sie hat zusammen mit der e GmbH jedoch erläutert, wie die Ausgliederung dieses Geschäftsbereichs durchgeführt werden wird, nämlich, dass die Dienstleistungsverträge bei der Beklagten verbleiben, die Dienstleistungen allerdings zukünftig durch die e GmbH erbracht und alle Vermögensgegenstände auf diese übertragen werden. Schließlich wird den betroffenen Arbeitnehmern am Ende des Schreibens mitgeteilt, dass ihr Arbeitsplatz bei der Beklagten mit der Übertragung in Wegfall gerät.
ff) Die Beklagte hat aber nicht ausreichend über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs für die Arbeitnehmer informiert (§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB).
(1) Was hierunter konkret zu verstehen ist, richtet sich ebenfalls nach dem Zweck der Unterrichtungspflicht. Der Inhalt der Unterrichtung richtet sich auch insoweit nach dem Kenntnisstand der Unterrichtungsverpflichteten zum Zeitpunkt der Unterrichtung (BAG 13. Juli 2006 – 8 AZR 305/05 – NZA 2006, 1268, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Da die Unterrichtungspflicht gemäß § 613a Abs. 5 BGB die Nachweispflicht gemäß § 2 Abs. 1, § 3 NachwG im Arbeitsverhältnis zum Betriebsveräußerer bezogen auf den Betriebsübergang ergänzt, spricht die Tatsache, dass es infolge des Betriebsübergangs zu einer Änderung wesentlicher Arbeitsbedingungen kommt, für eine diesbezügliche Mitteilungspflicht nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB (Schnitker/Grau BB 2005, 2238, 2240; Grau Unterrichtung und Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang gem. § 613a Abs. 5 und 6 BGB S. 116).
Zu den rechtlichen Folgen gehören zunächst die sich unmittelbar aus dem Betriebsübergang als solchen ergebenden Rechtsfolgen. Dies beinhaltet einen Hinweis auf den Eintritt des Übernehmers in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB), auf die Gesamtschuldnerschaft des Übernehmers und des Veräußerers und die anteilige Haftung nach § 613a Abs. 2 BGB sowie grundsätzlich auch auf die kündigungsrechtliche Situation, so denn Kündigungen im Raum stehen (vgl. BT-Drucks. 14/7760 S. 19). Zu den beim Übernehmer geltenden Rechten und Pflichten gehört grundsätzlich weiter die Anwendbarkeit tariflicher Normen und die Frage, inwieweit beim Veräußerer geltende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durch beim Erwerber geltende Tarifverträge abgelöst werden (APS/Steffan § 613a BGB Rn. 209). Dabei ist keine detaillierte Bezeichnung einzelner Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen nötig, da sich der Arbeitnehmer – insoweit nach Erhalt der in Textform zu erteilenden Information – selbst näher erkundigen kann (vgl. BT-Drucks. aaO). Notwendig ist aber ein Hinweis darauf, ob die Normen kollektivrechtlich oder individualrechtlich fortwirken.
Im Hinblick auf den Zweck der Unterrichtung, dem Arbeitnehmer eine ausreichende Wissensgrundlage für die Entscheidung über die Ausübung oder Nichtausübung des Widerspruchsrechts zu geben, kann auch über mittelbare Folgen im Falle eines Widerspruchs zu informieren sein (BAG 13. Juli 2006 – 8 AZR 303/05 – NZA 2006, 1273, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
Die Hinweise über die rechtlichen Folgen müssen präzise sein und dürfen keine juristischen Fehler beinhalten. Es genügt grundsätzlich nicht, dass die Belehrung über die rechtlichen Folgen “im Kern richtig” und lediglich eine “ausreichende” Unterrichtung erfolgt, wenn damit auf die Erfordernisse nach der früheren Rechtsprechung abgestellt wird (Senat 13. Juli 2006 – 8 AZR 305/05 – NZA 2006, 1268, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen unter Verweis auf BAG 22. April 1993 – 2 AZR 313/92 – AP BGB § 613a Nr. 102 = EzA BGB § 613a Nr. 112). Diese Sichtweise lässt sich nämlich unter der Geltung des § 613a Abs. 5 und 6 BGB nicht mehr aufrechterhalten (vgl. Hauck Sonderbeilage NZA 18/2004, 17, 22). Eine Unterrichtung über komplexe Rechtsfragen ist im Rahmen des § 613a Abs. 5 BGB dann nicht fehlerhaft, wenn der Arbeitgeber bei angemessener Prüfung der Rechtslage, die ggf. die Einholung von Rechtsrat über die höchstrichterliche Rechtsprechung beinhaltet, rechtlich vertretbare Positionen gegenüber dem Arbeitnehmer kundtut (Senat 13. Juli 2006 – 8 AZR 303/05 – NZA 2006, 1273, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
(2) Die im Streitfall vorgenommene Unterrichtung war schon deshalb nicht fristauslösend, weil die rechtlichen Folgen nach § 613a Abs. 1 Satz 1 bis 4 BGB unzutreffend dargestellt worden sind. Zu den rechtlichen Folgen eines Betriebsübergangs gehört auch die in § 613a Abs. 2 BGB geregelte Haftungsverteilung (vgl. Senat 13. Juli 2006 – 8 AZR 305/05 – NZA 2006, 1268, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; Bauer/von Steinau-Steinrück ZIP 2002, 457, 463; Annuß FS zum 25-jährigen Bestehen der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht S. 563, 571). Diese ist auf Seite 2 des Unterrichtungsschreibens offensichtlich fehlerhaft dargestellt, indem mitgeteilt wird, dass die e GmbH ab dem 1. Januar 2004 als Arbeitgeberin für alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis haften wird, die nach dem Übergang entstehen und fällig werden. Die Beklagte “hingegen” hafte für alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die vor dem Betriebsübergang entstanden seien. Die e GmbH haftet nach § 613a Abs. 2 Satz 1 BGB vielmehr für alle in der Vergangenheit entstandenen und fällig gewordenen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis gesamtschuldnerisch mit der Beklagten. Falsch, zumindest aber missverständlich ist der weitere Hinweis, die Beklagte hafte für alle vor dem 1. Januar 2004 entstandenen und binnen eines Jahres nach dem Betriebsübergang fällig werdenden Ansprüche gesamtschuldnerisch, da dies darauf schließen lassen kann, die Beklagte hafte für derartige Ansprüche voll. Tatsächlich haftet der ehemalige Betriebsinhaber jedoch nur anteilmäßig entsprechend dem im Übergangszeitpunkt abgelaufenen Bemessungszeitraum für vor dem Betriebsübergang entstandene, jedoch danach fällig gewordene Ansprüche der Arbeitnehmer (BAG 22. Juni 1978 – 3 AZR 832/76 – AP BGB § 613a Nr. 12 = EzA BGB § 613a Nr. 19). Die fehlerhafte Information beinhaltet keine vertretbaren rechtlichen Standpunkte. Sie widerspricht im ersten Fall dem klaren Gesetzeswortlaut und im zweiten Fall jedenfalls der zitierten ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. auch zur Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung über die Haftungsverteilung nach § 613a Abs. 2 BGB: Senat 13. Juli 2006 – 8 AZR 305/05 – NZA 2006, 1268, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
gg) Wegen der fehlerhaften Unterrichtung über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs kann der Senat dahinstehen lassen, ob die Beklagte und die e GmbH ausreichend über soziale und wirtschaftliche Folgen des Betriebsübergangs unterrichtet haben.
c) Der Kläger hat sein Widerspruchsrecht auch ordnungsgemäß ausgeübt.
Das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 26. Oktober 2004 genügt dem Schriftformerfordernis des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB. Zwischen den Parteien ist weiter unstreitig, dass das zuvor per Telefax übermittelte Schreiben der Beklagten wenig später im Original zugegangen ist. Wie der Senat im Urteil vom 13. Juli 2006 (– 8 AZR 382/05 – EzA BGB 2002 § 613a Nr. 57) ausdrücklich ausgeführt hat, genügt das Widerspruchsschreiben auch dann dem Schriftformerfordernis, wenn es von einem Vertreter des Erklärenden mit eigenem Namen unterzeichnet worden ist, sofern in der Urkunde die Stellvertretung zum Ausdruck kommt. Das Schreiben vom 26. Oktober 2004 enthält einleitend unter Bezug auf die beigefügte Vollmacht die Mitteilung der rechtlichen Interessenwahrnehmung des Klägers.
Weitere Anforderungen zur rechtswirksamen Ausübung des Widerspruchsrechts sieht das Gesetz nicht vor. Auf die Frage, ob der Kläger sofort widersprochen hätte, wenn er ordnungsgemäß über die haftungsrechtlichen Folgen des Betriebsübergangs unterrichtet worden wäre, kommt es nicht an. Das Gesetz verlangt keine Kausalität zwischen der fehlerhaften Information und der Ausübung des Widerspruchsrechts.
d) Der Kläger hat sein Recht zur Ausübung des Widerspruchs entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht verwirkt.
aa) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat. Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (BAG 28. Mai 2002 – 9 AZR 145/01 – EzA BGB § 242 Verwirkung Nr. 2; 25. April 2001 – 5 AZR 497/99 – BAGE 97, 326 = AP BGB § 242 Verwirkung Nr. 46 = EzA BGB § 242 Verwirkung Nr. 1). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (st. Rspr. des Senats: 22. Juli 2004 – 8 AZR 394/03 – BB 2005, 216; 18. Dezember 2003 – 8 AZR 621/02 – BAGE 109, 136 = AP BGB § 613a Nr. 263 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 20; 27. Januar 2000 – 8 AZR 106/99 –).
Schon nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor dem Inkrafttreten des § 613a Abs. 5 und 6 BGB konnte das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein (Senat 19. März 1998 – 8 AZR 139/97 – BAGE 88, 196 = AP BGB § 613a Nr. 177 = EzA BGB § 613a Nr. 163). An dieser Rechtsprechung hält der Senat im Einklang mit der herrschenden Auffassung im Schrifttum (MünchKommBGB/Müller-Glöge 4. Aufl. § 613a Rn. 121; ErfK/Preis § 613a BGB Rn. 97; Bauer/von Steinau-Steinrück ZIP 2002, 457, 464; Willemsen/Lembke NJW 2002, 1159, 1160; Gaul/Otto DB 2002, 634, 637; Grobys BB 2002, 726, 730; Franzen RdA 2002, 258, 266; Laber/Roos ArbRB 2002, 303, 305 f.; Sayatz/Wolff DStR 2002, 2039, 2044; Worzalla NZA 2002, 353, 357; Krügermeyer-Kalthoff/Reutershan MDR 2003, 541, 544; Hauck NZA Sonderbeilage 1/2004, 43, 44, 47 sowie NZA Sonderbeilage 18/2004, 17, 25; Olbertz/Ungnad BB 2004, 213, 214) auch nach der neuen Rechtslage fest. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber nunmehr eine Widerspruchsfrist vorgesehen hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Grundsätze nicht aus, denn jedes Recht kann nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden (Senat 13. Juli 2006 – 8 AZR 382/05 – EzA BGB 2002 § 613a Nr. 57).
bb) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Kläger sein Widerspruchsrecht nicht verwirkt. Dabei kann dahinstehen, ob mit Ablauf von fast elf Monaten das Zeitmoment erfüllt ist. Es fehlt jedenfalls am Umstandsmoment. Der Kläger hat – bereits nach dem Vortrag der Beklagten – mit Ausnahme der Tatsache der Weiterarbeit bei der e GmbH ab dem 1. Januar 2004 keine Umstände gesetzt, die ein Vertrauen der Beklagten auf die Nichtausübung des Widerspruchsrechts rechtfertigen könnten.
2. Der rechtswirksam und fristgerecht erklärte Widerspruch führt dazu, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien ununterbrochen fortbestand, denn der Widerspruch wirkt auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück.
Wie der Senat in den Urteilen vom 13. Juli 2006 (– 8 AZR 382/05 – EzA BGB 2002 § 613a Nr. 57 und – 8 AZR 305/05 – NZA 2006, 1268, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) ausgeführt hat, verhindert der Widerspruch auch dann, wenn er erst nach dem Betriebsübergang erklärt worden ist, das Entstehen eines Arbeitsverhältnisses zu dem Erwerber. Zwar sieht § 613a Abs. 5 BGB vor, dass die Unterrichtung über einen Betriebsübergang vor diesem zu erfolgen hat, damit die Frage des Übergangs von Arbeitsverhältnissen zeitnah geklärt werden kann (BTDrucks. 14/7760 S. 19). Der Gesetzgeber geht jedoch auch davon aus, dass die Unterrichtung erst nach dem Betriebsübergang erfolgen kann und die Widerspruchsfrist erst dann zu laufen beginnt (vgl. Senat 24. Mai 2005 – 8 AZR 398/04 – BAGE 114, 374 = AP BGB § 613a Nr. 284 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 35; BT-Drucks. 14/7760 S. 20; MünchKommBGB/Müller-Glöge § 613a Rn. 120). Bereits hieraus ist zu schließen, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers ein Widerspruch auch noch nach dem Betriebsübergang möglich ist.
Der Widerspruch wirkt auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (22. April 1993 – 2 AZR 313/92 – AP BGB § 613a Nr. 102 = EzA BGB § 613a Nr. 112; 22. April 1993 – 2 AZR 50/92 – AP BGB § 613a Nr. 103 = EzA BGB § 613a Nr. 111; 30. Oktober 1986 – 2 AZR 101/85 – BAGE 53, 251 = AP BGB § 613a Nr. 55 = EzA BGB § 613a Nr. 54) und der überwiegenden Auffassung im Schrifttum zu § 613a BGB aF (vgl. ua. Münch-KommBGB/Müller-Glöge § 613a Rn. 122; ErfK/Preis § 613a BGB Rn. 101; Worzalla NZA 2002, 353, 358; Franzen RdA 2002, 258, 270; vgl. aber auch Staudinger/Annuß 2005 § 613a Rn. 186 und Staudinger/Richardi/Annuß Dreizehnte Bearbeitung § 613a Rn. 128; Annuß FS zum 25-jährigen Bestehen der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht S. 581 f., der von einem aufschiebend bedingten Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber ausgeht). Die Einwände Riebles (NZA 2004, 1, 4 ff.; vgl. auch Seiter Betriebsinhaberwechsel: arbeitsrechtliche Auswirkungen eines Betriebsübergangs unter besonderer Berücksichtigung des § 613a BGB idF vom 13. August 1980 S. 72 f.) hält der Senat für unberechtigt.
Zwar wirkt die Ausübung von Gestaltungsrechten regelmäßig nur für die Zukunft. Dies ist darin begründet, dass eine Rückwirkung den Grundsätzen rechtlicher Klarheit in dem zurückliegenden Zeitraum widersprechen und eine Rückabwicklung bereits lange vollzogener Rechtsverhältnisse zu Schwierigkeiten führen kann. Andererseits ist eine Rückabwicklung nach der Ausübung von Gestaltungsrechten dem Bürgerlichen Recht nicht fremd (vgl. beispielsweise § 142 BGB). Das Bürgerliche Recht und das Arbeitsrecht stellen hier ein ausreichendes Instrumentarium zur Verfügung. Entscheidend ist jedoch, ob die Rückwirkung zum Schutze des Ausübungsbefugten geboten ist. So liegt es hier. Das Widerspruchsrecht soll verhindern, dass dem Arbeitnehmer ein anderer Arbeitgeber aufgezwungen wird, und zwar auch nicht nur vorübergehend durch eine verspätete Unterrichtung (so schon zutreffend BAG 22. April 1993 – 2 AZR 50/92 – AP BGB § 613a Nr. 103 = EzA BGB § 613a Nr. 111). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts garantiert die mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte freie Arbeitsplatzwahl neben der Entscheidung für eine konkrete Beschäftigung auch den Willen des Einzelnen, den Arbeitsplatz beizubehalten oder aufzugeben. Regelungen zum Übergang eines Arbeitsverhältnisses auf einen anderen Arbeitgeber betreffen den Schutzbereich der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Arbeitsplatzfreiheit (ausführlich BAG 2. März 2006 – 8 AZR 124/05 – AP BGB § 419 Funktionsnachfolge Nr. 25 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 48, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen mwN). Auch der Bundesgesetzgeber hat zur Begründung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB die Berufsfreiheit herangezogen und geht davon aus, dass es mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar ist, wenn ein Arbeitnehmer verpflichtet wäre, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hat (vgl. BT-Drucks. 14/7760 S. 20). Die Informationsverpflichtung dient gerade dazu, dem Arbeitnehmer Kenntnis über die Grundlagen für die Ausübung dieser Wahlmöglichkeit zu verschaffen. Haben der Veräußerer und der Erwerber dieser Verpflichtung nicht ausreichend und ordnungsgemäß Genüge getan, ist der Arbeitnehmer schutzwürdig.
3. Die von dem Kläger mit der Klage begehrte Feststellung war daher antragsgemäß zu treffen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Unterschriften
Hauck, Dr. Wittek, Laux, Wankel, Volz
Fundstellen
Haufe-Index 1724625 |
BB 2007, 1340 |
DB 2007, 975 |
DStR 2007, 306 |