Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingriff in Versorgungsregelung
Orientierungssatz
Ein Eingriff in vertragliche Einheitsregelungen durch Betriebsvereinbarung kommt in Betracht, wenn die Betriebsvereinbarung entweder kollektiv für die Arbeitnehmer günstiger ist oder die Einheitsregelung “betriebsvereinbarungsoffen” ist. Wird in einem Arbeitsvertragsformular eine Regelung zur betrieblichen Altersversorgung getroffen und in einer anderen Bestimmung “im Übrigen” auf Betriebsvereinbarungen verwiesen, ist die Regelung zur betrieblichen Altersversorgung nicht betriebsvereinbarungsoffen.
Normenkette
BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 23. Februar 2007 – 3 Sa 241/06 B – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, nach welchem Tarif und zu welchem Anteil die Beklagte Beiträge zum Beamtenversicherungsverein abzuführen hat.
Die Klägerin ist am 9. Januar 1967 geboren. Zum 1. Januar 1988 wurde sie bei der Beklagten als Sachbearbeiterin/Kredit eingestellt. Für das Arbeitsverhältnis maßgeblich ist ein Anstellungsvertrag vom 10. Dezember 1987, der auszugsweise lautet:
“…
2. Während Ihrer Zugehörigkeit zu unserem Institut haben wir Sie als Ergänzung zu den Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei dem Beamtenversicherungsverein des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes a.G. Berlin und Wuppertal, versichert. Die Beiträge werden von uns übernommen. Alles Weitere bitten wir der Satzung und den Versicherungsbedingungen zu entnehmen. …
4. Im übrigen gelten die Bestimmungen des Tarifvertrages für das private Bankgewerbe sowie die Tarif- und Betriebsvereinbarungen in der jeweils gültigen Fassung.
…”
Mit anderen Arbeitnehmern waren Arbeitsverträge gleichen Inhalts abgeschlossen.
Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags bestand bei der Beklagten eine “Vereinbarung über die Gewährung von Leistungen zusätzlich zum Gehalts- und Manteltarifvertrag für das private Bankgewerbe” vom 14. Mai 1985 (künftig: Vereinbarung 1985). Diese Vereinbarung war für die Beklagte vom Vorstand und auf Arbeitnehmerseite vom Betriebsrat sowie für die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (künftig: Gewerkschaft HBV) mit “i.A K…” unterzeichnet. Herr K… gehörte zu diesem Zeitpunkt nicht dem Hauptvorstand der Gewerkschaft HBV an. Ob der Hauptvorstand die Vereinbarung genehmigt hat, ist zwischen den Parteien ebenso streitig geblieben wie die Frage, ob die Vereinbarung ins Tarifregister eingetragen wurde und ob Herr K… in Vertretung für das Mitglied des Hauptvorstands der Gewerkschaft HBV, S…, gehandelt hat, der diese Vereinbarung zuvor mitverhandelt hatte. Sie lautet wie folgt:
“Vereinbarung
über die Gewährung von Leistungen zusätzlich zum Gehalts- und Manteltarifvertrag für das private Bankgewerbe
1. Der § 16 a “Bildungsurlaub” des Manteltarifvertrages für die B… tritt am 1. Januar 1985 in Kraft.
…
3. Ab 1. Juli 1985 zahlt die B-Bank für die Arbeitnehmer alle satzungsmäßigen Mitgliedsbeiträge zum Beamtenversicherungsverein des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes a.G. Berlin und Wuppertal (BVV).
Protokollnotiz:
Durch die Übernahme des vollen Beitrags zum BVV wird eine spätere Mitgliedschaft der Mitarbeiter der B-Bank in der Pensionskasse für die Angestellten der B… nicht tangiert.
…”
Am 11. Dezember 1989 kam es zu einer “Tarifvereinbarung”:
“zwischen
…
– der B… Bank AG
…
und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen …
zur einheitlichen Anwendung der Tarifverträge und Tarifvereinbarungen bei Umstrukturierung der B-Gruppe zu einer Holding.
1. Die Tarifverträge und Tarifvereinbarungen der B… GmbH gelten für alle Mitarbeiter der an dieser Tarifvereinbarung beteiligten Unternehmen. …
2. Diese Vereinbarung kann mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
…”
Bei Eintritt der Klägerin in das Arbeitsverhältnis gab es beim Beamtenversicherungsverein lediglich einen Tarif “A…”, hinsichtlich dessen die Beklagte in voller Höhe die Beiträge übernahm. Erst seit dem Jahre 2001 wird dieser Tarif als Tarif “DA” bezeichnet, weil der Beamtenversicherungsverein seitdem daneben noch weitere Tarife anbietet.
Am 27. September 2002 schlossen die Beklagte und ihr Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung “über Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Projekt ‘Zukunftssicherung Bank’ (ZKS Bank)”. Nach der Präambel dieser Vereinbarung sind sich die Parteien vor “dem Hintergrund der wirtschaftlichen Situation der B… Bank … über die Notwendigkeit von Reorganisationsmaßnahmen einig. Aufgrund von Leistungsverzichten, Effizienzsteigerungen und Mengenanpassungen ergibt sich eine erhebliche Reduzierung des Personalbedarfs.”
In der Betriebsvereinbarung sind dementsprechend eine Vielzahl von Maßnahmen zur Kostensenkung und Umstrukturierung geregelt. Die Neugestaltung der betrieblichen Altersversorgung wurde einer gesonderten Betriebsvereinbarung überlassen. Eine derartige Betriebsvereinbarung wurde am 18. Dezember 2003 mit Wirkung zum 1. April 2004 abgeschlossen (hiernach: BV 2003). Sie lautet auszugsweise:
“Präambel
Im Rahmen der Verhandlungen über Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Projekt ‘Zukunftssicherung Bank’ waren sich die Parteien darüber einig, dass aufgrund der wirtschaftlichen Situation der B… Bank neben der Reduzierung des Personalbedarfs auch eine Fortführung der Betrieblichen Altersversorgung im Tarif DA des BVV im bisherigen Umfang nicht länger möglich ist. Mit dieser Betriebsvereinbarung wird die Überleitung vom Tarif DA der BVV Pensionskasse in den Tarif DN geregelt.
1. Geltungsbereich
Diese Betriebsvereinbarung gilt für die beim BVV in der BVV Pensionskasse angemeldeten Mitarbeiter der B… Bank, die vor dem 31. Dezember 2000 in die B… Bank eingetreten sind. …
2. Überleitung in den Tarif DN
Die unter den Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung fallenden Mitarbeiter werden mit Wirkung vom 01. April 2004 in den Tarif DN übergeleitet. Grundlage für Leistungen aus diesem Tarif sind die jeweils gültige Satzung der BVV Pensionskasse sowie die jeweils gültigen Versicherungsbedingungen.
Durch den Wechsel von Tarif DA in den Tarif DN werden die bis zum 31. März 2004 erworbenen Versorgungsansprüche nicht berührt. Maßgeblich für die Leistungen im Versorgungsfall sind die Satzung der BVV Pensionskasse sowie für den Zeitraum bis zum 31. März 2004 die Versicherungsbedingungen des Tarifs DA und ab dem 1. April 2004 die Versicherungsbedingungen des Tarifs DN in der jeweils gültigen Fassung.
3. Zuwendungen an die BVV Pensionskasse/Gehaltsumwandlungsabrede
Die Zuwendungen der B… Bank an die BVV Pensionskasse betragen 3,5 % des laufenden Bruttomonatseinkommens des Mitarbeiters auf der Basis von 13 Monatsgehältern, höchstens jedoch 3,5 % der jeweils gültigen Zuwendungsbemessungsgrenze und werden entsprechend § 1 der derzeit geltenden Tarifbedingungen für den Tarif DN entrichtet. …
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligen sich an der Finanzierung dieser Zuwendung zur Hälfte im Wege einer Gehaltsumwandlungsabrede. Die B… Bank wird die erforderliche Einwilligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Gehaltsumwandlungsabrede einholen. Soweit eine Zustimmung nicht erfolgt, ist die B… Bank berechtigt, den auf die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter entfallenden Finanzierungsanteil zu Lasten des jeweiligen Nettogehaltes einzubehalten und abzuführen.
…
4. Besitzstandsregelung
Bei Mitarbeitern, die vor dem 31. Dezember 1990 in die B… Bank eingetreten sind, zahlt die B… Bank bis zum 31. März 2007 den vollen Beitrag für den Tarif DN und darüber hinaus in Abhängigkeit von der Dauer der Betriebszugehörigkeit nach folgender Staffel für einen bestimmten Zeitraum weiterhin in voller Höhe und danach für bestimmte Zeiträume zu einem über 50 % liegenden Anteil des Gesamtbeitrages.
Betriebszugehörigkeit: – vollendete Jahre am Stichtag (1. April 2004) – |
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Beitrag in voller Höhe für: |
Beitrag für: |
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ab 10 Jahre |
(1. Stufe) |
6 Monate |
weitere 12 Monate i. H. v. |
75 % |
ab 15 Jahre |
(2. Stufe) |
9 Monate |
weitere 12 Monate i. H. v. |
85 % |
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danach weitere 12 Monate i. H. v. |
70 % |
ab 20 Jahre |
(3. Stufe) |
12 Monate |
weitere 12 Monate i. H. v. |
90 % |
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danach weitere 12 Monate i. H. v. |
75 % |
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danach weitere 12 Monate i. H. v. |
60 % |
…”
Auf Initiative des Betriebsrats kam ferner am 1. Dezember 2004 eine Betriebsvereinbarung “über die freiwillige Weiterversicherung im Tarif DA des BVV-Versicherungsvereins des Bankgewerbes a. G. (BVV Pensionskasse)” zustande (hiernach: BV Weiterversicherung 2004). Nach ihrer Präambel wurde sie zwischen den Betriebsparteien auf der Grundlage von Gesprächen mit der Pensionskasse des Beamtenversicherungsvereins abgeschlossen. Sie galt für Arbeitnehmer, die – wie die Klägerin – auf Grund der BV 2003 vom Tarif DA in den Tarif DN übergeleitet worden sind. Die BV Weiterversicherung 2004 lautet auszugsweise wie folgt:
“2. Freiwillige Weiterversicherung im Tarif DA der Pensionskasse des BVV
Die unter den Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung fallenden AN haben die Möglichkeit, sich unter folgenden Bedingungen im Tarif DA der Pensionskasse des BVV zu versichern:
– Die Beiträge werden ausschließlich aus dem versteuerten Einkommen des AN geleistet; eine Beitragszahlung im Rahmen von Entgeltumwandlung ist nicht möglich.
– Die Höhe des Beitrags ist begrenzt auf den Beitrag der Beitragsklasse, in der der AN vor der Überleitung in den Tarif DN versichert war.
– Der AN verpflichtet sich unwiderruflich, für die Dauer seines Arbeitsverhältnisses bei der B… Bank AG freiwillige Beiträge für seine Versicherung im Tarif DA der Pensionskasse des BVV zu zahlen.
– Alle unter den Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung fallenden AN beteiligen sich an der freiwilligen Weiterversicherung.
3. Organisatorische Unterstützung
Die B… Bank AG verpflichtet sich, die vom AN zu zahlenden Beiträge an die Pensionskasse der BVV weiterzuleiten. Eine Subsidiärhaftung der Bank für die Beiträge ist ausgeschlossen. Mit Ausnahme der organisatorischen Unterstützung bei der erstmaligen Umsetzung dieser Betriebsvereinbarung und der in Satz 1 beschriebenen Weiterleitung der Beiträge entstehen der B… Bank keinerlei Verpflichtungen aus dieser Betriebsvereinbarung.
…”
Ebenso wie ca. 90 % der berechtigten Arbeitnehmer unterschrieb die Klägerin daraufhin am 15. Dezember 2004 Folgendes:
“Erklärung zur freiwilligen Weiterversicherung im Tarif DA der Pensionskasse des BVV
1. Hiermit verpflichte ich mich unwiderruflich, für die Dauer meines Arbeitsverhältnisses bei der B… Bank AG freiwillige Beiträge für meine Versicherung im Tarif DA der Pensionskasse der BVV zu zahlen.
2. Mir ist bekannt, dass die Höhe des Beitrages auf den Beitrag der Beitragsklasse begrenzt ist, in der ich vor der Überleitung in den Tarif DN versichert war.
3. Die Beiträge werden ausschließlich aus meinem versteuerten Einkommen geleistet, eine Beitragszahlung im Rahmen von Entgeltumwandlung ist nicht möglich.
4. Die B… Bank AG ist berechtigt, die Beiträge von meinem Nettoeinkommen einzubehalten und an die Pensionskasse des BVV weiterzuleiten.
…”
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin ihre Weiterversicherung nach dem Tarif DA des Beamtenversicherungsvereins und die Übernahme aller Beiträge durch die Beklagte. Sie ist der Auffassung, die Beklagte schulde dies auf Grund der zwischen den Parteien bestehenden arbeitsvertraglichen Vereinbarung, in die durch die Betriebsvereinbarung nicht habe eingegriffen werden können. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung sei nicht vereinbarungsoffen. Außerdem sei die Vereinbarung 1985 ein Tarifvertrag, der nicht durch Betriebsvereinbarung abgelöst werden könne. Wirtschaftliche Gründe für die Einschränkung in der BV 2003 bestünden nicht. Sie habe auf ihre Rechte auch nicht verzichtet.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie seit dem 1. April 2004 nach dem Tarif DA beim Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. (BVV) zu versichern und, soweit sie freiwillig Beiträge geleistet hat, diese ihr zu erstatten und im Übrigen die Beiträge, die sich als Differenz zwischen dem Tarif DA und der freiwilligen Zahlung der Klägerin ergeben, zusätzlich abzuführen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Arbeitsvertrag habe lediglich deklaratorische Wirkung. Die Vereinbarung 1985 stelle keinen Tarifvertrag, sondern eine Betriebsvereinbarung dar. Für die Beschränkung ihrer Pflicht, Beiträge zu übernehmen, gebe es wirtschaftliche Gründe. Im Übrigen habe die Klägerin auf mögliche Rechte jedenfalls mit ihrer Erklärung über die Abführung freiwilliger Beiträge verzichtet. Diese Erklärung habe sie freiwillig und ohne Druck abgegeben.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche zu.
I. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat ein Interesse an der Feststellung des Inhalts ihres Versorgungsverhältnisses zur Beklagten (§ 256 Abs. 1 1. Alternative ZPO). Der Feststellungsantrag ist geeignet, die zwischen den Parteien bestehenden Streitpunkte für die Dauer ihres Arbeitsverhältnisses in prozesswirtschaftlicher Art zu klären, so dass sich die Klägerin nicht auf den Vorrang der Leistungsklage verweisen lassen muss (vgl. Senat 24. Januar 2006 – 3 AZR 583/04 – AP BGB § 313 Nr. 1, zu I der Gründe).
II. Die Klage ist begründet. Der geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin nach Nr. 2 des Anstellungsvertrags vom 10. Dezember 1987 zu. Diese Vereinbarung war nicht “betriebsvereinbarungsoffen”, so dass sie nicht durch Betriebsvereinbarung abgelöst werden konnte. Die Klägerin hat auf ihre Ansprüche auch nicht verzichtet.
1. Nr. 2 des Arbeitsvertrags ist so auszulegen, dass damit eine konstitutive Regelung des Inhalts getroffen wurde, dass die Beklagte die Klägerin nach dem damals gültigen Tarif des Beamtenversicherungsvereins, also dem Tarif A, nunmehr Tarif DA, zu versichern und die Beiträge zu übernehmen hatte.
Bei dem Arbeitsvertrag handelt es sich um eine typische Vereinbarung, die deshalb vom Senat unbeschränkt selbst ausgelegt (§§ 133, 157 BGB) werden kann (vgl. Senat 11. Dezember 2001 – 3 AZR 334/00 – AP BetrAVG § 1 Unverfallbarkeit Nr. 11 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 80, zu I 2a aa der Gründe). Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien ist vom Wortlaut des Vertrags auszugehen. Die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände sind einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (vgl. BAG 26. September 2007 – 5 AZR 808/06 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 58 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 13, zu I 2a der Gründe mwN). Aus dem Wortlaut folgende Zweifel gingen zu Lasten der Beklagten als Verwenderin der arbeitsvertraglichen Vereinbarung. Wer – wie hier die Beklagte – eine Regelung geschaffen hat, muss bei Unklarheit die ungünstige Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (st. Rspr. des Senats, vgl. ua. 23. September 2003 – 3 AZR 551/02 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 93 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 1, zu II 1 der Gründe). Diese nunmehr in § 305c Abs. 2 BGB enthaltene Unklarheitenregel galt bereits vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes auch im Arbeitsrecht (Senat 12. Dezember 2006 – 3 AZR 388/05 – AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 67 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 18, zu B II 3e der Gründe; 12. Juni 2007 – 3 AZR 83/06 – AP BGB § 305c Nr. 9 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 50, zu III 2 der Gründe).
Danach ist der Regelung in Nr. 2 des Arbeitsvertrags konstitutive Wirkung zuzusprechen. Zwar ist der Wortlaut der Regelung deskriptiv formuliert (“… haben wir Sie … versichert”; “… Beiträge werden von uns übernommen …”). Es sind jedoch – außer der Satzung und den Versicherungsbedingungen des Beamtenversicherungsvereins – keinerlei anderweitige Regelungen in diesem Zusammenhang in Bezug genommen worden. Die Regelung in Nr. 4 des Arbeitsvertrags gilt nur “im übrigen” und deshalb gerade nicht für die Regelung über die Altersversorgung. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Unklarheitenregel ist deshalb davon auszugehen, dass Nr. 2 des Arbeitsvertrags konstitutive Wirkung haben sollte.
Dem steht auch nicht entgegen, dass mit dieser Regelung letztlich die Vereinbarung 1985 umgesetzt werden sollte. Dies könnte einer konstitutiven Wirkung nur dann entgegenstehen, wenn auf diese Vereinbarung in Nr. 2 des Arbeitsvertrags Bezug genommen worden wäre, was aber nicht geschehen ist.
Die von der Beklagten damit übernommene Verpflichtung bezog sich – worüber zwischen den Parteien letztlich Einigkeit besteht – auf die Übernahme der Verpflichtungen nach dem damals einzig geltenden Tarif des Beamtenversicherungsvereins, nämlich dem Tarif A, nunmehr Tarif DA und darauf, dass die Beklagte die danach anfallenden Beiträge in vollem Umfange übernimmt.
Durch die Verweisung auf die beim Beamtenversicherungsverein geltenden Regelungen ist weiterhin klargestellt, dass die Beklagte nicht lediglich eine reine Beitragszusage erteilen wollte, sondern darüber hinaus auch auf die für die in den Regelungen des Beamtenversicherungsvereins zugesagten Leistungen einstehen wollte. Es handelt sich deshalb um eine über den externen Versorgungsträger Beamtenversicherungsverein durchgeführte Versorgungszusage. Dieser Durchführungsweg ist von der Beklagten dann aber auch einzuhalten. Die Klägerin ist nicht darauf beschränkt, die Beklagte in Anspruch zu nehmen, wenn später ihre Betriebsrente hinter dem zugesagten zurückbleibt (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG), sondern hat bereits vorher einen Anspruch auf Einhaltung des Durchführungswegs, hier auf Abführung der Beiträge (vgl. Senat 12. Juni 2007 – 3 AZR 186/06 – AP BetrAVG § 1 Nr. 47 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 90).
2. In den damit begründeten Anspruch der Klägerin konnte nicht durch Betriebsvereinbarung eingegriffen werden.
Es kann zugunsten der Beklagten davon ausgegangen werden, dass Nr. 2 des Arbeitsvertrags eine vertragliche Einheitsregelung darstellt, auf die die vom Großen Senat in seinem Beschluss vom 16. September 1986 (– GS 1/82 – BAGE 53, 42, zu C II 1 bis 4 der Gründe) aufgestellten Grundsätze zur Ablösbarkeit solcher Regelungen durch Betriebsvereinbarung Anwendung finden. Danach kommt eine Ablösung dann in Betracht, wenn die Betriebsvereinbarung entweder kollektiv für die Arbeitnehmer günstiger ist oder die Regelung “betriebsvereinbarungsoffen” ist. Ein Fall der kollektiven Günstigkeit ist hier nicht gegeben. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die der Klägerin erteilte Zusage auch nicht betriebsvereinbarungsoffen.
Die Nr. 2 des Arbeitsvertrags enthält selbst keine Verweisung auf betriebliche Regelungen (vgl. für eine derartige Fallgestaltung Senat 24. Januar 2006 – 3 AZR 483/04 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 50 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 46, zu B II 3 der Gründe). Dort ist nur auf die beim Beamtenversicherungsverein geltenden Bestimmungen verwiesen. Auch die Verweisung in Nr. 4 des Arbeitsvertrags reicht nicht aus. Dort ist gerade nicht allgemein, sondern nur “im übrigen” auf die innerbetrieblichen Regelungen, wie Betriebsvereinbarungen verwiesen.
Allerdings ist grundsätzlich ein Interesse des Arbeitgebers, seine kollektiven Versorgungszusagen so auszugestalten, dass eine Anpassung an die Zeitläufe möglich ist, zu berücksichtigen. Deshalb sind Verweisungen in Formulararbeitsverträgen auf die für die betriebliche Altersversorgung beim Arbeitgeber geltenden Bestimmungen im Regelfall dynamisch auszulegen. Sie verweisen, soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, auf die jeweils beim Arbeitgeber geltenden Regelungen (vgl. Senat 27. Juni 2006 – 3 AZR 255/05 – BAGE 118, 326, zu A I der Gründe). Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung aber gerade keine Verweisung auf die beim Arbeitgeber geltenden Bestimmungen, sondern auf die Satzung und die Versicherungsbedingungen des Beamtenversicherungsvereins. Insofern ist davon auszugehen, dass das Interesse der Arbeitgeberseite an einer dynamischen Regelung bereits durch diese Verweisung gewahrt werden sollte. Eines Rückgriffs auf betriebliche Regelungen bedurfte es deshalb nach dem Vertragsgefüge nicht.
3. Auf die Rechte aus der vertraglichen Vereinbarung hat die Klägerin auch nicht verzichtet. Das ergibt eine Auslegung der Erklärung der Klägerin vom 15. Dezember 2004 zur freiwilligen Weiterversicherung im Tarif DA der Pensionskasse des BVV.
Der Senat kann – wie dargelegt – diese Erklärung, da es sich um eine typische handelt, selber auslegen. Dabei kommt es nicht nur auf den Wortlaut, sondern auch auf die äußeren Umstände der Abgabe der Erklärung an.
Hinsichtlich der äußeren Umstände ist insoweit maßgeblich, dass die Möglichkeit der Weiterversicherung erst aus der BV Weiterversicherung 2004 folgte und Hintergrund dieser Betriebsvereinbarung wiederum das Bestehen der BV 2003 mit den dort vorgesehenen Kürzungen war. Das machte es für die Klägerin sinnvoll, zunächst unter den genannten Umständen den bestmöglichen Weg zur Sicherung ihrer wirtschaftlichen Interessen zu wählen. Daraus kann nicht mehr geschlossen werden, als dass sie von den durch diese Betriebsvereinbarung eröffneten Möglichkeiten Gebrauch machen wollte. Sie wollte sich also in das rechtliche Gefüge über die Regelungen der Versicherung beim Beamtenversicherungsverein einfügen, aber nicht über dieses hinausgehen. Wenn und soweit dieses rechtliche Gefüge gerade keine wirksame Kürzung der Verpflichtungen der Beklagten vorsah, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin eine derartige Kürzung mit ihrer Erklärung über die Weiterversicherung ermöglichen wollte.
Unterschriften
Reinecke, Schlewing, Furchtbar, Heuser
RiBAG Dr. Zwanziger ist durch Urlaub an der Unterschrift gehindert
Reinecke
Fundstellen
Haufe-Index 2052805 |
DB 2008, 2491 |