Entscheidungsstichwort (Thema)
objektive Gesetzesumgehung. Bereicherungsrecht. Schuldanerkenntnis. Konzessionsträger. Scheingeschäft. Umgehungsgeschäft. Konzessionsträgervertrag
Leitsatz (amtlich)
Ein Vertrag, mit dem ein Handwerksmeister einem Handwerksbetrieb lediglich seinen Meistertitel zur Verfügung stellt, ohne dass er tatsächlich als technischer Betriebsleiter tätig wird, ist gem. § 134 BGB wegen Umgehung des § 7 HwO nichtig.
Orientierungssatz
1. Dient der Arbeitsvertrag mit einem Betriebsleiter lediglich zur Vorlage bei der Handwerkskammer, um einem Betrieb die Eintragung in die Handwerksrolle zu ermöglichen, ist dieser Vertrag als Scheingeschäft gem. § 117 BGB nichtig.
2. Mit dem “Großen Befähigungsnachweis” (Meistertitel) und der Eintragung in die Handwerksrolle sichert die Handwerksordnung die Erhaltung und Förderung eines leistungsfähigen Handwerksstands.
3. Der Betriebsleiter eines Handwerksbetriebs muss wie ein das Handwerk selbständig betreibender Handwerksmeister über den Handwerksbetrieb in seiner fachlichen Ausgestaltung und seinem technischen Ablauf bestimmen und insoweit die Verantwortung tragen. Er muss gegenüber den handwerklich beschäftigten Betriebsangehörigen fachlich weisungsbefugt sein und tatsächlich die Leitungsaufgaben wahrnehmen können und wahrnehmen.
4. Beschränkt sich das Austauschverhältnis des Konzessionsträgers mit dem Betrieb im Wesentlichen auf die Zurverfügungstellung des Meistertitels ohne Erbringung einer nennenswerten Arbeitsleistung, verwenden die Parteien eine rechtliche Gestaltungsmöglichkeit zu einem gem. § 7 HwO missbilligten Erfolg. Der Vertrag ist als Umgehungsgeschäft gem. § 134 BGB nichtig.
5. Wird mit einem Konzessionsträgervertrag § 7 HwO umgangen, kommt kein “fehlerhaftes Arbeitsverhältnis” zustande.
6. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis kann ein Schuldverhältnis nur insoweit wirksam feststellen und dem Streit entziehen, als es der Dispositionsbefugnis der Parteien unterliegt. Zwingende Rechtssätze und gesetzlich festgelegte Schranken der Vertragsfreiheit sind der Disposition der Parteien entzogen. Zu diesen Schranken gehört § 134 BGB. Nichtig ist ein deklaratorisches Anerkenntnis nicht nur, soweit es selbst gegen eine Verbotsnorm verstößt, sondern grundsätzlich auch, soweit es sich auf ein gesetzwidriges Ausgangsverhältnis bezieht und die Nichtigkeitsgründe bei seiner Abgabe noch fortbestehen.
Normenkette
BGB §§ 117, 134, 812 Abs. 1 S. 1, § 817 S. 2; HwO §§ 1, 7, 16 Abs. 2-3; HWO § 117 Abs. 1 Nr. 1; HwO § 118 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 30. Oktober 2007 – 13 Sa 679/07 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.
Rz. 2
Der Kläger ist Stuckateurmeister. Er bezieht seit 1997 Altersrente. Die beklagte GmbH betreibt einen Stuckateurhandwerksbetrieb. Der Geschäftsführer der GmbH verfügte nicht über einen Meistertitel. Die Parteien schlossen am 15. April 1999 einen schriftlichen “Arbeitsvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer”. Danach wurde der Kläger als Stuckateurmeister/Betriebsleiter zu einem Monatslohn von 5.000,00 DM brutto bei 39 Wochenstunden eingestellt. Der Vertrag diente lediglich zur Vorlage bei der Handwerkskammer, tatsächlich arbeitete der Kläger zu keinem Zeitpunkt 39 Wochenstunden, auch erhielt er keine monatliche Vergütung von 5.000,00 DM. Vielmehr zahlte die Beklagte für den Zeitraum Mai 1999 bis Mai 2002 nahezu regelmäßig 1.000,00 DM bzw. ab 1. Januar 2002 500,00 Euro monatlich. Ab Juli 2002 bis Juli 2005 erhielt der Kläger sporadisch Beträge zwischen 100,00 und 400,00 Euro. Im Juli 2005 stellte die Beklagte sämtliche Zahlungen ein.
Rz. 3
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag sei wirksam. Er sei als Betriebsleiter eingestellt worden, weil die Beklagte einen Meister zur Führung ihrer Geschäfte benötigt habe. Er habe der Beklagten mit Rat und Tat zur Seite gestanden und die geschuldete Arbeitsleistung erbracht, nämlich als Betriebsleiter aufzutreten und die Interessen der Beklagten gegenüber der Handwerkskammer zu vertreten. Er habe Lehrgänge der Berufsgenossenschaft und der Handwerkskammer besucht; anfangs sei er auch auf Baustellen zugegen gewesen. In der Folgezeit sei seine aktive Mitarbeit im handwerklichen Bereich von der Beklagten nicht mehr gewünscht gewesen. In einem Gespräch am 29. April 2004 habe der Geschäftsführer der Beklagten rückständige Löhne iHv. 12.295,18 Euro anerkannt.
Rz. 4
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 20.345,18 Euro zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. November 2006 zu zahlen.
Rz. 5
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der schriftlich abgeschlossene Arbeitsvertrag der Parteien sei unwirksam. Anlass des schriftlichen Arbeitsvertrags sei der im Handwerk geltende “Meisterzwang” gewesen. Der Kläger habe nur gegenüber der Handwerkskammer als Betriebsleiter auftreten sollen, um der Beklagten die Eintragung in die Handwerksrolle zu ermöglichen. Die Entgelthöhe sei aus Gründen der Glaubwürdigkeit gegenüber der Handwerkskammer vereinbart worden. Der Kläger habe keine Arbeitsleistung erbringen und kein Entgelt erhalten sollen. Die geleisteten Zahlungen seien aus Dankbarkeit erfolgt.
Rz. 6
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. M it der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht ist die Beklagte nicht vertreten worden. Der Kläger hat Erlass eines Versäumnisurteils beantragt.
Entscheidungsgründe
Rz. 7
A. Die Revision ist zulässig. Dem Kläger ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist wie auch der Revisionsbegründungsfrist zu gewähren, weil er bis zur Zustellung des Beschlusses über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 22. April 2008 ohne sein Verschulden an der Einlegung der Revision und deren Begründung verhindert war, § 233 ZPO. Der Kläger hat innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO Wiedereinsetzung beantragt und die Prozesshandlungen nachgeholt.
Rz. 8
B. Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
Rz. 9
I. Sie ist trotz Säumnis der Revisionsbeklagten durch streitiges Endurteil zurückzuweisen (BAG 21. Februar 2008 – 8 AZR 77/07 – AP BGB § 613a Nr. 343; Senat 10. April 1991 – 5 AZR 226/90 – BAGE 68, 10). Die materiellrechtliche Beurteilung hat auf der Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen (§ 559 Abs. 2 ZPO) zu erfolgen.
Rz. 10
II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf restliches Arbeitsentgelt gem. §§ 611, 615 BGB. Sowohl die unstreitig getroffenen als auch die vom Kläger behaupteten Vereinbarungen entfalten keine Rechtswirkung.
Rz. 11
1. Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 15. April 1999 ist als Scheingeschäft gem. § 117 BGB nichtig.
Rz. 12
a) Ein Scheingeschäft iSd. § 117 BGB liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundene Rechtswirkung nicht eintreten lassen wollen.
Rz. 13
b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sollte der Vertrag vom 15. April 1999 lediglich zur Vorlage bei der Handwerkskammer dienen, um der Beklagten das Führen des Stuckateurbetriebs zu ermöglichen. Der Kläger hat zu keinem Zeitpunkt 39 Wochenstunden für die Beklagte gearbeitet und hierfür eine Vergütung von 5.000,00 DM monatlich erhalten. Der Kläger macht auch keine Vergütung in dieser Höhe geltend.
Rz. 14
2. Dem Kläger steht kein Vergütungsanspruch aufgrund der nach seiner Behauptung im Mai 1999 getroffenen mündlichen Vereinbarung zu, wonach er gegenüber der Handwerkskammer als Betriebsleiter auftreten, die Beklagte mit Rat und Tat unterstützen und hierfür 1.000,00 DM netto erhalten sollte. Diese Vereinbarung ist gem. § 134 BGB nichtig.
Rz. 15
a) Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Das Rechtsgeschäft selbst muss verbotswidrig sein. Das ist der Fall, wenn sein Inhalt gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, insbesondere wenn der mit dem Rechtsgeschäft bezweckte Erfolg, zB die Vertragserfüllung, verbotswidrig ist. Das Verbot muss sich gerade gegen die Vornahme des betreffenden Rechtsgeschäfts richten (BGH 19. Dezember 2000 – X ZB 14/00 – BGHZ 146, 202; 21. März 1996 – IX ZR 240/95 – BGHZ 132, 229). Dies ist beim Abschluss eines Arbeitsvertrags nur ausnahmsweise der Fall (Senat 3. November 2004 – 5 AZR 592/03 – BAGE 112, 299; 24. März 2004 – 5 AZR 233/03 – EzA BGB 2002 § 134 Nr. 2; BAG 13. Januar 1977 – 2 AZR 423/75 – BAGE 29, 1). Eine Vereinbarung, wonach der Kläger als Betriebsleiter für die Beklagte auftreten, diese mit Rat und Tat unterstützen und hierfür eine Vergütung erhalten sollte, verstößt für sich genommen nicht gegen ein gesetzliches Verbot.
Rz. 16
b) Die vom Kläger behauptete Vereinbarung ist jedoch wegen Umgehung des § 7 HwO nichtig.
Rz. 17
aa) Ein Rechtsgeschäft darf und kann die mit ihm beabsichtigte Wirkung nicht entfalten, wenn es sich als objektive Umgehung zwingender Rechtsnormen darstellt. Das ist der Fall, wenn der Zweck einer zwingenden Rechtsnorm dadurch vereitelt wird, dass andere rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten missbräuchlich, dh. ohne einen im Gefüge der einschlägigen Rechtsnorm sachlich rechtfertigenden Grund, verwendet werden. Bei der Umgehung ist nicht nur ein bestimmter Weg zum Ziel, sondern das Ziel selbst verboten. Dabei kommt es nicht auf eine Umgehungsabsicht oder eine bewusste Missachtung der zwingenden Rechtsnormen an; entscheidend ist die objektive Funktionswidrigkeit des Rechtsgeschäfts. Unwirksam ist deshalb auch ein Geschäft, das einen verbotenen Erfolg durch Verwendung von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten zu erreichen sucht, die scheinbar nicht von einer Verbotsnorm erfasst werden (BAG 12. Oktober 1960 – GS 1/59 – zu C 1 der Gründe, BAGE 10, 65; Senat 7. November 2007 – 5 AZR 1007/06 – Rn. 13, AP BGB § 613a Nr. 329 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 79; BAG 23. November 2006 – 8 AZR 349/06 – Rn. 24, AP BGB § 613a Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 61; Senat 22. März 1995 – 5 AZB 21/94 – BAGE 79, 319; im Ergebnis ebenso Staudinger/Sack BGB [2003] § 134 Rn. 145, 152; Palandt/Ellenberger BGB 68. Aufl. § 134 Rn. 28).
Rz. 18
bb) Dient der Abschluss eines Arbeitsvertrags mit einem Meister über eine Tätigkeit als Betriebsleiter der Umgehung der Vorschriften über den Befähigungsnachweis und der Eintragung in die Handwerksrolle, ohne dass der Arbeitnehmer tatsächlich im erforderlichen Umfang als Betriebsleiter tätig werden soll, ist dieser Vertrag gem. § 134 BGB nichtig.
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(1) Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 HwO ist der selbständige Betrieb eines Handwerks als stehendes Gewerbe (dazu zählt auch ein Stuckateurbetrieb gem. § 1 Abs. 2 HwO iVm. Anlage A Nr. 9 zur HwO) nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften (selbständige Handwerker) gestattet. Die Eintragung in die Handwerksrolle setzt nach § 7 Abs. 1 HwO das Bestehen der Meisterprüfung (“Großer Befähigungsnachweis”) voraus, nach § 7 Abs. 4 Satz 2 HwO aF, § 7 Abs. 1 HwO nF kann allerdings auch eine Personengesellschaft eingetragen werden. In beiden Fällen muss der Betriebsleiter die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle mit dem zu betreibenden Handwerk oder einem mit diesem verwandten Handwerk erfüllen. Ausnahmetatbestände regeln die §§ 8, 9 HwO aF, § 7 Abs. 3 HwO nF. Nach § 13 HwO wird die Eintragung in die Handwerksrolle gelöscht, wenn die Voraussetzungen für die Eintragung nicht vorliegen.
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(2) Der Gesetzgeber hat die Zulassung zum selbständigen Betrieb eines Handwerks von dem Nachweis beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten abhängig gemacht, um im Interesse der gesamten Wirtschaft den hohen Leistungsstand und die Leistungsfähigkeit der Handwerkerschaft zu erhalten. Gleichzeitig wollte er die sachgerechte Ausbildung des Nachwuchses für das Handwerk wie auch für die übrige gewerbliche Wirtschaft sicherstellen (vgl. BVerfG 17. Juli 1961 – 1 BvL 44/55 – BVerfGE 13, 97, 107; BVerwG 22. Dezember 1998 – 1 B 81.98 – GewArch 1999, 108; BGH 22. September 1983 – VII ZR 43/83 – BGHZ 88, 240).
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(3) Dieser Normzweck wird umgangen, wenn ein als Betriebsleiter angestellter Meister tatsächlich nicht den Betrieb führen, sondern nur als Konzessionsträger zur Verfügung stehen soll.
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Normieren Gesetze Erlaubnisvorbehalte zur Erteilung und Übertragung einer Konzession, sind zivilrechtliche Absprachen, die gegen diese Vorschriften verstoßen, regelmäßig nach § 134 BGB nichtig (vgl. zB BGH 27. September 1989 – VIII ZR 57/89 – BGHZ 108, 364; 5. Mai 2003 – II ZR 112/01 – NJWRR 2003, 1116). Dies gilt auch für die Umgehung des § 7 HwO. Sinn und Zweck der Vorschriften der Handwerksordnung ist die Gewährleistung der Leitung und Überwachung des Handwerksbetriebs. Der Betriebsleiter muss demgemäß wie ein das Handwerk selbständig betreibender Handwerksmeister die handwerklichen Tätigkeiten leiten. Er hat dafür zu sorgen, dass die handwerklichen Arbeiten “meisterhaft” ausgeführt werden, über den Handwerksbetrieb in seiner fachlichen Ausgestaltung und seinem technischen Ablauf bestimmen und insoweit die Verantwortung tragen. Daraus folgt, dass er in der Lage sein muss, bestimmenden Einfluss auf den handwerklichen Betrieb zu nehmen, gegenüber den handwerklich beschäftigten Betriebsangehörigen fachlich weisungsbefugt sein muss und tatsächlich die Leitungsaufgaben wahrnehmen kann und wahrnimmt (BVerwG 22. Juli 1997 – 1 B 136.97 – GewArch 1997, 481; 16. April 1991 – 1 C 50.88 – BVerwGE 88, 122, 124; 22. November 1994 – 1 C 22.93 – Buchholz 451.45 § 6 HwO Nr. 4 S. 13; Karsten in Schwannecke Die Deutsche Handwerksordnung Stand März 2006 § 7 Rn. 37 ff.; Honig/Knörr HwO 4. Aufl. § 7 Rn. 26 ff.). In fachlicher Hinsicht gilt dies sogar gegenüber dem Betriebsinhaber selbst (BVerwG 16. April 1991 – 1 C 50.88 – BVerwGE 88, 122).
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Ist eine entsprechende Betriebsleitertätigkeit nicht vereinbart, so kann dies neben der Ablehnung der Eintragung zu einem Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die Beteiligten nach § 117 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 1 Abs. 1 Satz 1 HwO und § 118 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 16 Abs. 2 HwO führen. Teilweise liegt in diesen Fällen sogar eine Straftat wegen mittelbarer Falschbeurkundung nach § 271 StGB vor (AG Fürstenfeldbruck 5. August 1982 – 2 Ds 47 JS 7227/81 – GewArch 1983, 227). Schließlich kann die Fortsetzung des Betriebs nach § 16 Abs. 3 HwO untersagt werden.
Rz. 24
Beschränkt sich die Austauschbeziehung im Wesentlichen auf die Zurverfügungstellung des Meistertitels, ohne dass die Vertragsparteien ernsthaft an eine Betriebsleiterstellung des Erlaubnisträgers gedacht haben, verwenden die Parteien eine rechtliche Gestaltungsmöglichkeit zu einem gem. § 7 HwO missbilligten Erfolg. Die Vereinbarung ist zumindest im Innenverhältnis nichtig (ebenso LAG Niedersachsen 23. Oktober 2001 – 13 Sa 553/01 – LAGE BGB § 134 Nr. 8; Thüringer LAG 9. März 2001 – 5 Sa 10/2001 – LAGE BGB § 134 Nr. 7; OLG Koblenz 11. Februar 1994 – 8 U 535/93 – NJW-RR 1994, 493; OLG Hamm 10. November 1999 – 8 U 31/99 – NJW-RR 2000, 1565; 12. März 2001 – 8 U 86/00 – NZG 2001, 747; MünchKommBGB/Armbrüster 5. Aufl. § 134 Rn. 18; Palandt/Ellenberger § 134 Rn. 29; Karsten GewArch 2003, 95; aA LAG Hamm 12. Juli 1990 – 10 Sa 365/90 –; LAG Köln 4. Juli 1997 – 11 Sa 838/96 –; zur Haftung im Außenverhältnis: vgl. auch BAG 2. Februar 1994 – 10 AZR 673/92 – AP BGB § 705 Nr. 8 = EzA BGB § 705 Nr. 2; BSG 12. November 1986 – 9b RU 8/84 – BSGE 61, 15).
Rz. 25
Ob ein Betriebsleitervertrag den Anforderungen der Handwerksordnung genügt, ist Tatfrage. Dabei ist die Höhe der vereinbarten Vergütung ein wichtiges Indiz für die Ernstlichkeit eines Betriebsleitervertrags. Besteht zwischen der vorgesehenen Entlohnung des Betriebsleiters und der erforderlichen Arbeitszeit ein wirtschaftliches Missverhältnis, ist nicht gesichert, dass er seine Aufgaben mit dem erforderlichen Einsatz erfüllen wird (VGH Baden-Württemberg 23. November 1983 – GewArch 1984, 124; Niedersächsisches OVG 30. August 1994 – 8 L 1990/94 – GewArch 1995, 74; Karsten in Schwannecke § 7 Rn. 48; Honig/Knörr § 7 Rn. 32). Besonders bei sog. gefahrgeneigten Handwerken, dh. Handwerken, deren fachgerechte Ausübung zur Vermeidung von Gefahren für Gesundheit oder Leben Dritter in der Regel eine besonders gründliche handwerkliche Ausbildung erfordern (Müller GewArch 2007, 361), zu denen auch das in Anlage A zu § 1 Abs. 2 HwO aufgeführte Stuckateurhandwerk gehört, ist zudem eine regelmäßige Anwesenheit des Betriebsleiters erforderlich (Karsten in Schwannecke § 7 Rn. 41).
Rz. 26
cc) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und dem Vorbringen des Klägers ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger im erforderlichen Umfang als Betriebsleiter tätig werden sollte und war.
Rz. 27
(1) Der Kläger behauptet selbst nicht, dass alle Entscheidungen, die in einem Betrieb einem selbständigen Handwerker vorbehalten sind, fachlich von ihm zu treffen sein sollten und dass er insoweit sogar gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten hätte Weisungen erteilen können. Es ist auch nicht ersichtlich, dass seine regelmäßige Präsenz im Betrieb beabsichtigt war. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden erbracht hat. Der Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils enthalten insoweit keine sich widersprechenden Feststellungen, denn die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt 39 Stunden gearbeitet hat, widerspricht nicht dem Klägervorbringen, er habe der Beklagten mit Rat und Tat zur Seite gestanden, Lehrgänge der Berufsgenossenschaft und der Handwerkskammer besucht, anfangs sei er auch auf Baustellen zugegen gewesen. Die Behauptung des Klägers, er sei anfangs auf Baustellen “zugegen” gewesen, nur in der Folgezeit sei seine Mitarbeit nicht mehr gewünscht gewesen, impliziert ebenso wenig eine beaufsichtigende und lenkende Betriebsleitertätigkeit im erforderlichen Umfang wie eine Interessenvertretung gegenüber der Handwerkskammer.
Rz. 28
(2) Dass eine der Handwerksordnung entsprechende Betriebsleitertätigkeit nicht beabsichtigt war, wird zudem gestützt durch die vom Kläger selbst dargelegte Vergütungsreduzierung auf 1.000,00 DM bereits für die Zeit ab Mai 1999. Zahlungen und Arbeitsleistungen für die Zeit ab 15. April 1999 hat der Kläger nicht vorgetragen. Im Hinblick auf die behauptete und nach § 7 HwO notwendige kontinuierliche meisterliche Überwachung des Betriebs der Beklagten durch den Kläger ist eine solche Vergütung wirtschaftlich völlig unausgewogen.
Rz. 29
III. Der Kläger hat keinen Vergütungsanspruch nach den Grundsätzen des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses.
Rz. 30
Ein fehlerhaftes Arbeitsverhältnis kann angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer Arbeit ohne wirksame Vertragsgrundlage geleistet hat. Ausnahmen bestehen jedoch im Falle eines besonders schweren Mangels, wenn gewichtige Interessen der Allgemeinheit entgegenstehen (Senat 3. November 2004 – 5 AZR 592/03 – BAGE 112, 299). Dies ist der Fall, wenn das Rechtsgeschäft, mit dem das Dauerschuldverhältnis begründet wird, wegen § 134 BGB nichtig ist. Dann ist die Nichtigkeit des Arbeitsverhältnisses in vollem Umfang zu beachten; erbrachte Leistungen können nur nach Bereicherungsrecht rückabgewickelt werden. Dies gilt auch, wenn mit einem Konzessionsträgervertrag § 7 HwO umgangen wird. Die Arbeitsleistung ist schon nach ihrer Art rechtswidrig und eine Schutzwürdigkeit unter Vertrauensgesichtspunkten besteht nicht. Die durch das Verbotsgesetz beabsichtigte Spezial- und Generalprävention schließt es aus, wirksame vertragliche Ansprüche für die Vergangenheit anzuerkennen.
Rz. 31
IV. Der Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB). Der Kläger hat zwar das Vermögen der Beklagten dadurch vermehrt, dass er sich dieser als Stuckateurmeister und verantwortlicher Betriebsleiter zum Zwecke der Eintragung des Betriebs in die Handwerksrolle zur Verfügung stellte und diese “Dienstleistung” geldwerten Charakter hatte. Für die Leistung bestand wegen des nach § 134 BGB nichtigen Vertrags auch kein Rechtsgrund. Demzufolge wäre die Beklagte gem. § 818 Abs. 2 BGB zum Ersatz des für diese Leistung zu veranschlagenden Werts verpflichtet. Gem. § 817 Satz 2 BGB ist ein solcher Bereicherungsanspruch aber ausgeschlossen, weil der Zweck der Leistung zu einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot bestimmt war. Bei der Anwendung des den Gläubiger durchaus hart treffenden Rückforderungsverbots des § 817 Satz 2 BGB kann in Einzelfällen nach Treu und Glauben eine einschränkende Auslegung dieser Norm geboten sein (vgl. BGH 31. Mai 1990 – VII ZR 336/89 – BGHZ 111, 308, 313; vgl. auch Staudinger/Sack § 134 Rn. 142). Der Zweck der Handwerksordnung gebietet es aber gerade, einem Umgehungsgeschäft der vorliegenden Art jeglichen wirtschaftlichen Erfolg, auch in Form einer geringen Vergütung für die Zurverfügungstellung des Meistertitels, zu versagen. Der Grundsatz von Treu und Glauben steht dem nicht entgegen.
Rz. 32
V. Ein Anspruch des Klägers folgt auch nicht aus dem von ihm behaupteten Schuldanerkenntnis vom 29. April 2004. Der Kläger hat nicht behauptet, die Beklagte habe insoweit einen vom Grundverhältnis gelösten neuen Schuldgrund schaffen wollen. Ein abstraktes, schuldbegründendes Schuldanerkenntnis iSv. § 781 BGB scheidet als Anspruchsgrundlage damit aus. Auch ein deklaratorisches (kausales) Schuldanerkenntnis kommt als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Das Anerkenntnis bezog sich nach der Darlegung des Klägers auf die Forderungen aus dem gem. § 134 BGB nichtigen Arbeitsvertrag. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis kann ein Schuldverhältnis aber nur insoweit wirksam feststellen und dem Streit entziehen, als es der Dispositionsbefugnis der Parteien unterliegt. Zwingende Rechtssätze und gesetzlich festgelegte Schranken der Vertragsfreiheit sind der Disposition der Parteien entzogen. Zu diesen Schranken gehört die Regelung des § 134 BGB. Nichtig ist aus diesem Grunde ein deklaratorisches Anerkenntnis nicht nur, soweit es selbst gegen eine Verbotsnorm verstößt, sondern grundsätzlich auch, soweit es sich auf ein gesetzwidriges Ausgangsverhältnis bezieht und die Nichtigkeitsgründe bei seiner Abgabe noch fortbestehen (BGH 16. März 1988 – VIII ZR 12/87 – zu II 2b der Gründe, BGHZ 104, 18; OLG Celle 23. Oktober 2003 – 16 U 199/02 – NJW 2003, 3638).
Rz. 33
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Müller-Glöge, Mikosch, Laux, Mandrossa, Wolf
Fundstellen
Haufe-Index 2218635 |
BAGE 2010, 34 |
DB 2009, 1189 |