Entscheidungsstichwort (Thema)
Einseitige "Verlängerung" der Kündigungsfrist
Leitsatz (redaktionell)
Wenn die Parteien entsprechend der gesetzlichen Regelung des § 622 Abs 1 S 1 BGB für die ordentliche Kündigung eine Frist von sechs Wochen zum Ende eines Kalendervierteljahres vereinbart haben, kann das Arbeitsverhältnis durch eine am 15. November zum 31. Januar des nächsten Jahres ausgesprochene Kündigung termingerecht erst zum 31. März des Folgejahres beendet werden.
Normenkette
BGB § 622 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger war aufgrund eines am 28. August 1980 geschlossenen Arbeitsvertrages bei der Beklagten in deren Niederlassung in Berlin seit dem 17. September 1980 als Substitut mit einem monatlichen Gehaltsfixum von 2.900,-- DM und einer Garantieprovision von 400,-- DM tätig. Für die Zeit nach Ablauf der auf drei Monate bemessenen Probezeit haben die Parteien im Arbeitsvertrag für die ordentliche Kündigung eine Frist von sechs Wochen zum Ende eines Kalendervierteljahres vereinbart. Mit Schreiben vom 15. November 1982 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 1983 gekündigt, und zwar wegen der damals zu diesem Zeitpunkt beabsichtigten Schließung der Berliner Filiale. Das Kündigungsschreiben enthält den Hinweis, die Kündigung werde vorsorglich auch für einen anderen nächstmöglichen Kündigungstermin ausgesprochen, sofern wider Erwarten eine längere Kündigungsfrist gültig sein sollte.
Mit Schreiben vom 23. November 1982 hat die Beklagte beim Arbeitsamt die Kündigung von 14 in Berlin beschäftigten Arbeitnehmern wegen der Stillegung ihrer dortigen Niederlassung angezeigt. Nach dem Bescheid des beim Landesarbeitsamt Berlin nach § 20 Abs. 1 KSchG gebildeten Ausschusses konnten von den benannten Arbeitnehmern acht mit Ablauf der Sperrfrist am 25. Dezember 1982 und weitere sechs mit Ablauf der verlängerten Sperrfrist am 25. Januar 1983 entlassen werden.
Bis zum 31. Januar 1983 sollte nach der ursprünglichen Planung der Beklagten der Ausverkauf in Berlin durchgeführt werden, wobei die Beklagte den Kläger zumindest als Reservekraft zur Verfügung haben wollte. Tatsächlich hat die Beklagte ihre Berliner Filiale bereits am 17. Januar 1983 geschlossen.
Der Kläger hatte inzwischen bereits mit einem am 2. Dezember 1982 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Klage auf Feststellung erhoben, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 15. November 1982 zum 31. Januar 1983 nicht aufgelöst worden sei. Er hat vorgetragen, die Kündigung sei nicht formgerecht, weil sie auf dem Briefbogen einer anderen Firma ausgesprochen worden sei. Sie sei ferner nicht sozial gerechtfertigt, weil der Verlauf der geschäftlichen Entwicklung nicht die Notwendigkeit ergeben habe, die Berliner Filiale der Beklagten zu schließen. Er begehre daher mit der erhobenen Kündigungsschutzklage die Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung nicht aufgelöst worden sei, sondern "über den Kündigungszeitraum zum 31. Januar 1983" ungekündigt fortbestehe. Im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht am 3. Februar 1983 hat der Kläger einen Schriftsatz vom selben Tage übergeben, in dem er ergänzend vorgetragen hat, nach dem Arbeitsvertrag sei eine Kündigung jeweils mit einer Frist von sechs Wochen zum Ende eines Kalendervierteljahres möglich. Daran habe sich die Beklagte nicht gehalten, sondern zum 31. Januar 1983 gekündigt. Vorbehaltlich seiner Auffassung, daß die Kündigung ohnedies wegen des Verstoßes gegen das KSchG unwirksam sei, werde die Kündigung jedenfalls erst zum 31. März 1983 wirksam. Bis zu diesem Zeitpunkt bestehe das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ohnedies fort. Diese Auffassung hat der Kläger in seinem Schriftsatz vom 6. April 1983 wiederholt. Er hat weiter vorgetragen, die Beklagte habe ihm nicht aus Entgegenkommen, sondern deswegen nicht zum Jahresende 1982, sondern zum 31. Januar 1983 gekündigt, weil sie ihn als versierte Fachkraft für den vor der Schließung der Berliner Filiale durchzuführenden Räumungsausverkaufs dringend benötigt und auch nach dem 31. Dezember 1982 weiterbeschäftigt habe.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Kündigung sei eindeutig von der Inhaberin der Beklagten im eigenen Namen und nicht für eine andere Firma erklärt worden. Sie sei aus dringenden betrieblichen Gründen gezwungen gewesen, ihren Berliner Betrieb wegen ständiger Verluste zu schließen. Klagabweisung werde auch insoweit beantragt, als der Kläger eine Klagerweiterung vorgenommen habe. Die Kündigung des Klägers hätte durchaus schon zum 31. Dezember 1982 erfolgen können, weil die vertragliche Kündigungsfrist das zugelassen hätte und keine betriebliche Notwendigkeit bestanden habe, das Entlassungsdatum hinauszuschieben. Die übrigen noch vorhandenen Mitarbeiter wären ohne weiteres in der Lage gewesen, die mit dem Ausverkauf im Januar 1983 anfallenden Arbeiten zu bewältigen. Die Kündigung sei zudem vorsorglich auch für einen anderen nächstmöglichen gesetzlichen Kündigungstermin ausgesprochen worden. Wenn das Gericht also zu der Auffassung gelangen sollte, daß die Kündigung des Klägers tatsächlich erst zum 31. März 1983 zulässig gewesen sei, so bewirke dieser Hinweis in dem Kündigungsschreiben die vorsorgliche Kündigung zum 31. Dezember 1982.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Kündigung sei erkennbar von der Beklagten ausgesprochen worden und wegen der Schließung der Berliner Filiale durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Sie sei auch fristgerecht, obwohl sie mit einer Frist von mehr als zehn Wochen zum Schluß eines Kalendermonats ausgesprochen worden sei, statt mit einer Frist von mindestens sechs Wochen zum Ende eines Kalendervierteljahres. Dem Kläger sei zwar zuzugeben, daß die Frist auf den ersten Blick als nicht gewahrt erscheine und jedenfalls eine Umdeutung auf den 31. Dezember 1982 nicht in Betracht komme. Gegen die Auffassung des Klägers spreche jedoch der Sinn und Zweck der normalen gesetzlichen Kündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB. Nicht dem Endtermin (Vierteljahresschluß) der Kündigungsfrist sei Bedeutung beizumessen, sondern der durch einen Mindestzeitraum (sechs Wochen) und einen festen Termin (Vierteljahresschluß) bestimmten Mindestdauer des Zeitraumes zwischen Kündigungszugang und Beendigung des Vertragsverhältnisses. Sofern diese Mindestdauer gewahrt sei, sei auch die Kündigungsfrist gewahrt. Eine Verlängerung der Kündigungsfrist sei stets zulässig, weil sich der Kündigungsempfänger dann rechtzeitiger auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses einstellen könne. Der Termin stelle lediglich einen Faktor in der Fristenberechnung dar, durch den die tatsächliche Dauer der Mindestkündigungsfrist zwischen sechs Wochen und drei Monaten festliege. Jeder Vertragspartner könne dann, wenn er die Hürde eines Vierteljahresabschlusses genommen habe, davon ausgehen, daß frühestens zum Ende des nächsten Vierteljahresschlusses gekündigt werden könne. Werde dann unter Einhaltung dieser Mindestfristen noch ein Monat "dazugelegt", so sei das nicht unzulässig. Der Termin (Quartalsende) habe keinerlei eigenständige Bedeutung, er diene nur der technischen Bestimmung der Kündigungsfrist.
Der Kläger hat gegen das Urteil des Arbeitsgerichts beschränkt Berufung mit dem Antrag eingelegt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 15. November 1982 nicht zum 31. Januar 1983 aufgelöst worden sei, sondern bis zum 31. März 1983 fortbestanden habe. Er hat vorgetragen, er akzeptiere nunmehr grundsätzlich die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung seines Arbeitsverhältnisses, bestehe jedoch auf der Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Ende eines Kalendervierteljahres.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen im Berufungsverfahren gestellten Feststellungsantrag weiter, während die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur teilweisen Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts mit der Maßgabe, daß dem mit der Revision verfolgten Feststellungsantrag des Klägers stattzugeben ist.
I. Das Landesarbeitsgericht hat in seiner Hauptbegründung (vgl. ZIP 1984, 628 f.) im Anschluß an die Begründung des Arbeitsgerichts angenommen, das Arbeitsverhältnis sei gesetz- und vertragsgemäß durch die Kündigung der Beklagten vom 15. November 1982 mit Ablauf des 31. Januar 1983 beendet worden.
Hilfsweise hat es weiter ausgeführt, wenn die Kündigung nicht termingerecht gewesen sein sollte, sei das Arbeitsverhältnis jedenfalls im gegenseitigen Einvernehmen am 31. Januar 1983 beendet worden.
Eine weitere Hilfsbegründung beruht auf der Auffassung des Landesarbeitsgerichts, wenn das Arbeitsverhältnis weder durch die Kündigung der Beklagten noch einverständlich zum 31. Januar 1983 beendet worden sei, könne der Kläger zumindest wegen des Verbotes des venire contra factum proprium nicht den Fortbestand bis zum 31. März 1983 geltend machen.
II. Diesen drei Begründungen ist nicht zu folgen, weil sie mit der materiellen Rechtslage nicht zu vereinbaren sind.
1. Der Hauptbegründung liegt die unrichtige Auffassung zugrunde, der Kündigungstermin des § 622 Abs. 1 Satz 1 BGB habe keine eigenständige Bedeutung, sondern diene nur der technischen Bestimmung der Kündigungsfrist.
a) Mit diesem Verständnis haben die Vorinstanzen nur eine Nebenwirkung des Kündigungstermins erfaßt und beschrieben (vgl. Molitor, AR-Blattei, Kündigung VI Kündigungstermine Abschnitt I). Die vom Gesetz vorgesehenen, von den Parteien vertraglich übernommenen Kündigungstermine haben aber nicht nur den Hilfszweck, die Berechnung des Ablaufs der Kündigungsfristen zu erleichtern. Sie haben vielmehr im Rahmen des zeitlichen Bestandsschutzes auch eine besondere selbständige Bedeutung, indem sie die Beendigungswirkung der Kündigung auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, um sicherzustellen, daß das Arbeitsverhältnis nicht zu einem für den Gekündigten ungünstigen Zeitpunkt endet. Die Kündigungstermine verfolgen damit zugleich den Zweck, Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt möglichst auf bestimmte Zeitpunkte zu konzentrieren und so die Beteiligten gegen nachteilige Folgen zu schützen, die sich daraus ergeben können, daß sie nicht sofort bzw. zu einem üblichen Einstellungstermin Gelegenheit zu einem anderen Arbeitsvertrage finden (Molitor, aaO; ders.: Die Kündigung, 2. Aufl., S. 182; KR-Wolf, 2. Aufl., Grunds. Rz 103; KR-Hillebrecht, 2. Aufl., § 622 BGB Rz 9 - 10, 80).
Wegen dieses Schutzzweckes unterliegt der für Angestellte vorgesehene regelmäßige Kündigungstermin des Schlusses eines Kalendervierteljahres (§ 622 Abs. 1 BGB) auch nur im beschränkten Umfang der Disposition der Parteien. Mit einem Angestellten kann z.B. kein Kündigungstermin vereinbart werden, der nicht auf ein Monatsende fällt (vgl. Dieterich, AR-Blattei, Probearbeitsverhältnis I Abschnitt C II 1 b; Molitor, aaO, S. 182; MünchKomm--Schwerdtner, § 622 BGB Rz 13; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 5. Aufl., S. 769; Stahlhacke, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 4. Aufl., Rz 278; Staudinger/Neumann, BGB, 12. Aufl., § 622 Rz 9; KR-Hillebrecht, aaO, Rz 80). Da für den Stellenwechsel eines Angestellten der Beginn eines Quartals in der Praxis der übliche Zeitpunkt ist, ist selbst bei einer vertraglichen Verlängerung der Kündigungsfrist dann, wenn sich kein anderer Wille der Parteien ermitteln läßt, davon auszugehen, daß eine Kündigung nur zum Quartalsende zulässig ist (Urteil des Senates vom 25. November 1982 - 2 AZR 21/81 - AP Nr. 10 zu § 9 KSchG 1969, Bl. 907 R - 908; MünchKomm-Schwerdtner, § 622 BGB Rz 15).
b) Da die Parteien vorliegend den regelmäßigen gesetzlichen Kündigungstermin für Angestellte (Quartalsende) vertraglich nicht auf den Schluß eines Kalendermonats verlegt haben, konnte die Beklagte demgemäß mit ihrer Kündigung vom 15. November 1982 das Arbeitsverhältnis nicht zum 31. Januar, sondern erst zum 31. März 1983 beenden. Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang, ob die Beklagte das Arbeitsverhältnis bereits zum 31. Dezember 1982 hätte kündigen können. Auch wenn diese Möglichkeit bestanden hätte, läßt sich mit Billigkeitserwägungen (Verlängerung der vom Kläger zu beanspruchenden Frist) nicht das Hinausschieben des Kündigungstermins um einen Monat begründen. Die abweichende Würdigung der Vorinstanzen widerspricht dem Zweck der Kündigungstermine.
Die "Zulegung" eines Monats, d.h. die "Verlängerung der Kündigungsfrist" durch die Beklagte zum 31. Januar 1983 hat entgegen den Vorstellungen der Vorinstanzen dem Kläger weder rechtlich noch in seinen tatsächlichen Auswirkungen einen "Vorteil" gebracht. Er hat vielmehr erst zum 1. April 1983 eine neue Anstellung gefunden und diese Entwicklung bestätigt, daß sich der Arbeitsmarkt bei Angestellten auf den Stellenwechsel zu Beginn eines Quartals eingestellt hat.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Rechtslage anders zu beurteilen wäre, wenn die Beklagte auf den Wunsch des Klägers oder auf sein verlautbartes Interesse im November 1982 von einer Kündigung zum Jahreswechsel abgesehen und allein im Interesse des Klägers die Frist bis zum 31. Januar 1983 verlängert hätte. Bei einer solchen Fallgestaltung, die vorliegend ausscheidet, wäre möglicherweise zu erwägen gewesen, ob die Parteien konkludent einvernehmlich zulässigerweise den Kündigungstermin auf das Monatsende verschoben hätten.
c) Im übrigen fehlt es nach der insoweit zutreffenden Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch an einer Kündigung zum 31. Dezember 1982. Der in der Kündigungserklärung enthaltene Vorbehalt der Kündigung zu einem anderen nächstmöglichen Kündigungstermin kann nicht dahin ausgelegt werden, die Beklagte habe vorsorglich auch eine Kündigung zum 31. Dezember 1982 ausgesprochen oder die Kündigung zum 31. Januar 1983 sei jedenfalls in eine Kündigung zum Schluß des vorhergehenden Jahres umzudeuten. Wie der Hinweis auf eine wider Erwarten l ä n g e r e Kündigungsfrist zeigt, wollte die Beklagte nach dem objektiven Erklärungswert ihres Kündigungsschreibens nur sicherstellen, daß die Kündigung jedenfalls zu dem nach dem 31. Januar 1983 nächsten zulässigen Kündigungstermin wirksam werden sollte. Der von der Beklagten in den Vorinstanzen begehrten Auslegung steht zudem auch die tatsächliche Abwicklung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Januar 1983 entgegen.
d) Nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Kündigungssachverhalt wäre darüber hinaus eine Kündigung zum 31. Dezember 1982 auch nicht nach § 1 KSchG sozial gerechtfertigt gewesen. Wenn die Beklagte bei Ausspruch der Kündigung noch beabsichtigte, den Betrieb erst zum 31. Januar 1983 zu schließen, dann war eine Kündigung des Klägers zum 31. Dezember 1982 nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Dringend wären die betrieblichen Erfordernisse für eine Kündigung des Klägers nur dann gewesen, wenn sie wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar gewesen wäre, d.h. wenn die Beklagte keine Möglichkeit gehabt hätte, den Kläger bis zur Stillegung weiter zu beschäftigen (BAG 31, 157, 161 = AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Das ist von der Beklagten nicht dargelegt worden. Insoweit genügt ihr Vortrag nicht, es habe "keine betriebliche Notwendigkeit" zur Weiterbeschäftigung des Klägers bestanden.
e) Die nicht termingerechte Kündigung ist allerdings nicht allein aus diesem Grunde insgesamt und unheilbar unwirksam. Ebenso wie bei einer ordentlichen Kündigung, bei der die gesetzliche oder vertragliche Kündigungsfrist nicht gewahrt ist, wirkt die Kündigung vielmehr zu dem nächsten zulässigen Termin, d.h. zum 31. März 1983 (vgl. BAG Urteil vom 4. Februar 1960 - 3 AZR 25/58 - BAG 9, 36 = AP Nr. 5 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung; Urteil des Senates vom 25. November 1982, aaO).
2. Die Revision beanstandet zu Recht auch die erste Hilfsbegründung des Landesarbeitsgerichts, das Arbeitsverhältnis sei einverständlich zum 31. Januar 1983 beendet worden.
a) Entgegen der Auffassung der Revision steht einem wirksamen Aufhebungsvertrag allerdings noch nicht entgegen, daß nach dem Arbeitsvertrag Änderungen und Ergänzungen des Vertrages der Schriftform bedurften und eine einverständliche Vertragsbeendigung jedenfalls nicht schriftlich festgelegt worden ist. Wie der Senat bereits in dem Urteil vom 20. Dezember 1984 (- 2 AZR 506/83 - nicht veröffentlicht) entschieden hat, bezieht sich eine derartige Schriftformklausel weder auf die Kündigung noch auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen.
b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe mit seiner ursprünglich unbeschränkten Kündigungsschutzklage zugleich begehrt, wenigstens "so lange wie möglich" Arbeitsleistung gegen Vergütung erbringen zu wollen und damit der Vertragsbeendigung zum 31. Januar 1983 zugestimmt, enthält jedoch keine mögliche und damit den Senat bindende Auslegung des Verhaltens des Klägers. Auf einem Rechtsfehler beruht diese Würdigung schon deswegen, weil sie rechtsirrig voraussetzt, eine solche Einigung wirke sich "zugunsten" des Klägers aus. Worin dann, wenn eine Kündigung zum 31. Januar 1983 nicht wirksam gewesen ist, ein Vorteil für den Kläger liegen soll, wenn er der vorzeitigen Vertragsaufhebung zugestimmt hätte, ist - selbst vom Standpunkt des Landesarbeitsgerichts aus - nicht ersichtlich und rechtlich nicht zu begründen. Der Kläger hätte vielmehr mit einem Aufhebungsvertrag zum 31. Januar 1983 zu seinem Nachteil darauf verzichtet, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses für weitere zwei Monate geltend zu machen. Für eine solche Bereitschaft des Klägers gibt es keinen Anhaltspunkt. Dagegen spricht vielmehr die von der Revision angesprochene Erfahrungsregel, daß kein vernünftig denkender Mensch ohne Gegenleistung ein Rechtsgeschäft eingeht, das für ihn mit nachteiligen Folgen verbunden ist (vgl. MünchKomm- Schwerdtner, BGB, Rz 80 vor § 620 und das Urteil des Senates vom 13. April 1972 - 2 AZR 243/71 - AP Nr. 64 zu § 626 BGB zu den Voraussetzungen eines Aufhebungsvertrages im Anschluß an eine unwirksame Kündigung).
Das Landesarbeitsgericht hat zudem bei der Ermittlung der Vorstellungen und des Erklärungswertes des Verhaltens des Klägers rechtsfehlerhaft dessen Vortrag im Prozeß unberücksichtigt gelassen. Der Kläger hat zwar mit seiner Kündigungsschutzklage zunächst nur die Unwirksamkeit der Kündigung insgesamt geltend gemacht und damit eine unbefristete Weiterbeschäftigung verlangt. Bereits im Gütetermin am 3. Februar 1983 hat er sich aber zusätzlich darauf berufen, die Kündigung sei jedenfalls vertraglich erst zum 31. März 1983 möglich und zumindest bis zu diesem Zeitpunkt bestehe das Arbeitsverhältnis fort. In dem entsprechenden Schriftsatz des Klägers vom 3. Februar 1983 hat die Beklagte - wie sich aus ihrem Schriftsatz vom 3. März 1983 ergibt - zutreffend eine Klageerweiterung gesehen. Wie das Arbeitsgericht verkannt hat, wollte der Kläger nämlich - für die Beklagte ersichtlich - die Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG hilfsweise mit der Klage auf Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. März 1983 (§ 256 ZPO) verbinden. Auch im Schriftsatz vom 6. April 1983 hat der Kläger noch einmal deutlich bestätigt, es sei keinesfalls seine Absicht gewesen, das Arbeitsverhältnis vor dem 31. März 1983 zu beenden.
3. Bei vollständiger Würdigung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes hätte das Landesarbeitsgericht auch nicht auf die weitere Hilfserwägung abstellen können, der Kläger setze sich mit seinem früheren Verhalten in Widerspruch, wenn er auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. März 1983 klage.
Auch insoweit geht das Landesarbeitsgericht zu Unrecht davon aus, durch die Verlängerung des Beendigungszeitpunktes sei der Kläger "objektiv bessergestellt" worden und er versuche, mit seinem eingeschränkten Feststellungsbegehren treuewidrig noch "zusätzliche Vorteile" zu erstreiten. Die Verkennung der dem Kläger zustehenden Rechtsposition wird auch durch die Begründung deutlich, die Beklagte habe mit der Verlängerung des Beendigungszeitpunktes zu einem Teil dem allgemeinen Kündigungsschutzbegehren im Sinne des Bestandschutzes entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat sich insoweit zu Unrecht auf Hueck/Nipperdey (Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., Bd. I, S. 576) bezogen, denn die angezogenen Ausführungen betreffen den nicht vergleichbaren Sachverhalt, daß ein Arbeitgeber nach ordnungsgemäßer Kündigung einen Arbeitnehmer nur auf seine Bitten aus Entgegenkommen nach Ablauf der Kündigungsfrist einstweilen weiterbeschäftigt hat.
III. Auf die Revision war demgemäß dem Feststellungsantrag mit den Kostenfolgen aus § 92 ZPO für die erste Instanz und aus § 91 ZPO für das Berufungs- und das Revisionsverfahren stattzugeben.
Hillebrecht - zugleich für Triebfürst
den durch Urlaub an der
Unterschrift verhinderten
Richter Dr. Röhsler
Mauer Rupprecht
Fundstellen
Haufe-Index 437600 |
DB 1985, 2255-2255 (LT1) |
BlStSozArbR 1985, 332-332 (T) |
NZA 1986, 229-230 (LT1) |
RzK, I 3c Nr 4 (LT1) |
AP § 622 BGB (LT1), Nr 20 |
AR-Blattei, ES 1010.5 Nr 25 (LT1) |
AR-Blattei, Kündigung V Entsch 25 (LT1) |
EzA § 622 nF BGB, Nr 21 (LT1) |