Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristeter Arbeitsvertrag. Vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung
Orientierungssatz
1. Ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Über den vorübergehenden Bedarf iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG ist eine Prognose zu erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen. Die Prognose ist Teil des Sachgrunds.
2. Die Richtigkeit der Prognose des Arbeitgebers wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der prognostizierte vorübergehende Bedarf an der Arbeitsleistung über das Vertragsende des befristet beschäftigten Arbeitnehmers noch andauert. Die Prognose muss sich lediglich darauf erstrecken, dass der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung des befristet beschäftigten Arbeitnehmers nur zeitweise und nicht dauerhaft eröffnet ist. Etwaige Mängel der Prognose hinsichtlich der Befristungsdauer führen nur zur Unwirksamkeit der vereinbarten Befristung, wenn sie auf den Sachgrund der Befristung selbst durchschlagen.
3. Die Wirksamkeit einer Befristung wegen eines vorübergehenden Mehrbedarfs iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG setzt voraus, dass der Arbeitnehmer gerade zur Deckung dieses Mehrbedarfs eingestellt wird. Es genügt aber, wenn zwischen dem zeitweilig erhöhten Arbeitsanfall und der befristeten Einstellung ein vom Arbeitgeber darzulegender ursächlicher Zusammenhang besteht. Der Arbeitgeber ist nicht gehindert, die vorhandene Arbeitsmenge zu verteilen, seine Arbeitsorganisation zu ändern oder die zusätzlichen Arbeiten anderen Arbeitnehmern zuzuweisen.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; BAT § 2 SR 2y Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Mannheim – vom 27. September 2006 – 12 Sa 27/06 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis auf Grund Befristung am 31. Dezember 2005 geendet hat.
Der Kläger wurde von der Beklagten, einer mit öffentlichen Mitteln geförderten natur- und ingenieurwissenschaftlichen Forschungseinrichtung, zunächst befristet für die Zeit vom 1. Februar 2000 bis zum 31. August 2004 als Technischer Angestellter eingestellt und der Hauptabteilung Sicherheit zugeordnet. Der Kläger wurde mit Kontaminations- und Dosisleistungsmessungen im Kontroll- und Sperrbereich sowie Strahlenschutzkontrollen beschäftigt.
Die im Rahmen von unbefristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigten Mitarbeiter der Hauptabteilung Sicherheit standen der Beklagten für die vom Kläger übernommenen Aufgaben nicht zur Verfügung, da sie von der Beklagten beim Rückbau des von ihr betriebenen Mehrzweckforschungsreaktors (MZFR) eingesetzt wurden. Das Stilllegungskonzept der Beklagten für den Reaktor sah acht Rückbauschritte vor, von denen sechs planmäßig bis zum Jahr 2002 abgeschlossen wurden. Der siebte Rückbauabschnitt umfasst die Demontage und die Zerlegung des Reaktordruckbehälters und seiner Einbauten und sollte nach den ursprünglichen Planungen der Beklagten im August 2004 beendet sein. Bereits im Jahr 2001 stellte sich jedoch heraus, dass sich der Rückbau des MZFR verzögern würde. Die Beklagte ging zu dieser Zeit davon aus, dass der siebte Rückbauabschnitt und damit auch der Bedarf für den Einsatz des Strahlenschutzpersonals der Hauptabteilung Sicherheit voraussichtlich bis zum 31. Dezember 2005 andauern würde.
Unter dem 18. Juni 2002 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag, in dem sie Folgendes vereinbarten:
Ҥ 1
Herr L… wird mit Wirkung vom 01.07.2002 als Technischer Angestellter eingestellt. Er wird während der Dauer dieses Vertrages im Zusammenhang mit den Rückbauarbeiten im MZFR bis zum 31.12.2005, dem Zeitpunkt der voraussichtlichen Beendigung des Projektes, befristet beschäftigt (Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer gem. Nr. 1 Abs. b SR 2y BAT). …
…
§ 3
Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.02.61 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. …”
Der siebte Rückbauabschnitt war am Jahresende 2005 noch nicht abgeschlossen. Die Beklagte erwartet nunmehr, dass die Arbeiten zum Jahresende 2008 beendet sein werden.
Mit der am 29. September 2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der in dem Arbeitsvertrag vom 18. Juni 2002 vereinbarten Befristung geltend gemacht und gemeint, die Beklagte könne sich nicht auf den Sachgrund des vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an seiner Arbeitsleistung berufen. Sie habe keine ordnungsgemäße Prognose für den vorübergehenden Bedarf erstellt. Die Befristung sei auch mit den Vorschriften der SR 2y zum BAT nicht vereinbar.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht auf Grund der Befristungsvereinbarung vom 18. Juni 2002 mit dem 31. Dezember 2005 enden wird,
2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens als Technischen Angestellten weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der auf den Antrag zu 1 beschränkten Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der dem Befristungskontrollantrag stattgebenden Entscheidung des Arbeitsgerichts, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Befristungskontrollklage zu Recht abgewiesen. Die Befristung in dem Arbeitsvertrag vom 18. Juni 2002 ist durch den Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt. Der Wirksamkeit der Befristung stehen die Regelungen des von den Parteien einzelvertraglich in Bezug genommenen BAT und der dazu ergangenen SR 2y nicht entgegen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Befristung im Arbeitsvertrag vom 18. Juni 2002 durch den Sachgrund aus § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt ist.
1. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Mit diesem Sachgrund knüpft das Gesetz an die vor Inkrafttreten des TzBfG von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Befristungskontrolle nach § 620 BGB an, wonach ein nur vorübergehender Bedarf an Arbeitskräften die Befristung eines Arbeitsvertrags rechtfertigen konnte (BT-Drucks. 14/4374 S. 18 f.). Die Befristung eines Arbeitsvertrags wegen eines nur vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers in dem Betrieb kein (dauerhafter) Bedarf mehr besteht (st. Rspr., vgl. etwa BAG 17. Januar 2007 – 7 AZR 20/06 – Rn. 28, AP TzBfG § 14 Nr. 30 = EzA TzBfG § 14 Nr. 37 mwN). Der vorübergehende Bedarf iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG ist zu unterscheiden von der regelmäßig gegebenen Unsicherheit über die künftige Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs eines Unternehmens. Die allgemeine Unsicherheit über die zukünftig bestehenden Beschäftigungsmöglichkeiten rechtfertigt die Befristung nicht. Sie gehört zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers, das er nicht durch Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags auf den Arbeitnehmer abwälzen kann (BAG 5. Juni 2002 – 7 AZR 241/01 – BAGE 101, 262 = AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 13 = EzA BGB § 620 Nr. 193, zu I 3a der Gründe mwN).
Der vorübergehende betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung kann sich aus unterschiedlichen Sachverhalten ergeben, zB aus der Tatsache, dass für einen begrenzten Zeitraum in dem Betrieb zusätzliche Arbeiten anfallen, die mit dem Stammpersonal allein nicht erledigt werden können, oder daraus, dass sich der Arbeitskräftebedarf künftig verringert, zB wegen der Inbetriebnahme einer neuen technischen Anlage (vgl. hierzu BT-Drucks. 14/4374 S. 19). Der vorübergehende Bedarf kann einmalige oder wiederkehrend auszuführende Daueraufgaben des Arbeitgebers oder eine zeitweise übernommene Sonderaufgabe betreffen, für deren Erledigung das vorhandene Stammpersonal nicht ausreicht.
2. Über den vorübergehenden Bedarf iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG ist eine Prognose zu erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen. Die Prognose ist Teil des Sachgrunds (BAG 3. November 1999 – 7 AZR 846/98 – AP BAT § 2 SR 2y Nr. 19 = EzA BGB § 620 Nr. 166, zu 3a der Gründe).
Die tatsächlichen Grundlagen für die Prognose über den nur vorübergehend bestehenden Arbeitskräftebedarf hat der Arbeitgeber bei einem Bestreiten des Arbeitnehmers im gerichtlichen Verfahren darzulegen, damit der Arbeitnehmer die Möglichkeit erhält, die Richtigkeit der Prognose zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu überprüfen (BAG 28. März 2001 – 7 AZR 701/99 – AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 227 = EzA BGB § 620 Nr. 175, zu B II 1 der Gründe mwN). Wird die Prognose durch die spätere Entwicklung bestätigt, besteht eine ausreichende Vermutung dafür, dass sie hinreichend fundiert erstellt worden ist. Es ist dann Sache des Arbeitnehmers, Tatsachen vorzutragen, nach denen zumindest im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses diese Prognose nicht gerechtfertigt war oder die nachfolgende Entwicklung mit der Prognose des Arbeitgebers in keinem Zusammenhang steht. Hat sich die Prognose hingegen nicht bestätigt und besteht bei Vertragsende eine dauerhafte Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer, muss der Arbeitgeber zusätzlich darlegen, dass sich diese erst auf Grund der nachfolgenden Entwicklung ergeben hat und dass die dauerhafte Beschäftigungsmöglichkeit bei Vertragsschluss nicht absehbar war. Gelingt ihm dies, ist die Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt.
3. Die Richtigkeit der Prognose des Arbeitgebers wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der prognostizierte vorübergehende Bedarf an der Arbeitsleistung über das Vertragsende des befristet beschäftigten Arbeitnehmers noch andauert. Die Prognose muss sich lediglich darauf erstrecken, dass der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung des befristet beschäftigten Arbeitnehmers nur zeitweise und nicht dauerhaft eröffnet ist.
a) Bereits nach der zu § 620 BGB ergangenen Senatsrechtsprechung bedurfte es zur wirksamen Befristung eines Arbeitsvertrags durch den Sachgrund des vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung nicht noch zusätzlich einer eigenen sachlichen Rechtfertigung der gewählten Befristungsdauer (grundlegend dazu BAG 26. August 1988 – 7 AZR 101/88 – BAGE 59, 265 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 124 = EzA BGB § 620 Nr. 102, zu III der Gründe). Zur Begründung hat der Senat darauf ab gestellt, dass es zu der wirksamen Befristung eines Arbeitsvertrags unter dem Gesichtspunkt der Umgehung zwingender Kündigungsschutzvorschriften außer einem sachlichen Grund für die Befristung nicht noch zusätzlich einer eigenen sachlichen Rechtfertigung auch der gewählten Dauer der Befristung bedürfe. Dabei sei entscheidend, ob verständige und verantwortungsbewusste Parteien unter den im Einzelfall gegebenen Umständen anstelle des befristeten einen unbefristeten und damit dem Kündigungsschutz unterliegenden Arbeitsvertrag geschlossen hätten, nicht aber, ob statt der vereinbarten Befristung eine andere Befristung sachgerecht gewesen wäre (BAG 26. August 1988 – 7 AZR 101/88 – aaO). Der Arbeitnehmer stünde auch bei einer zutreffend gewählten Vertragszeit nur in einem befristeten und nicht in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis (BAG 16. August 1995 – 7 AZR 1044/94 – RzK I 9a Nr. 94). Etwaige Mängel der Prognose hinsichtlich der Befristungsdauer führten danach nur zur Unwirksamkeit der vereinbarten Befristung, wenn sie auf den Sachgrund der Befristung selbst durchschlagen (BAG 11. Dezember 1990 – 7 AZR 621/89 – RzK I 9f Nr. 33, zu II 3b der Gründe).
b) An diesen Grundsätzen hat der Senat auch nach Inkrafttreten des Teilzeit- und Befristungsgesetzes festgehalten. Zwar kann nach dem Inkrafttreten der Neuregelung des Rechts der befristeten Arbeitsverträge durch das TzBfG die Unwirksamkeit einer Befristung nicht mehr auf die Umgehung von kündigungsschutzrechtlichen Normen gestützt werden (BAG 11. Juli 2007 – 7 AZR 708/06 – Rn. 24; 6. November 2003 – 2 AZR 690/02 – BAGE 108, 269 = AP TzBfG § 14 Nr. 7 = EzA TzBfG § 14 Nr. 7, zu B I 2a der Gründe). Vielmehr bedarf nach § 14 Abs. 1 TzBfG jede Befristung eines Arbeitsvertrags unabhängig von der Vertragsdauer eines sachlichen Grundes, wenn nicht besondere gesetzliche Voraussetzungen (zB § 14 Abs. 2, Abs. 2a oder Abs. 3 TzBfG) vorliegen. Ein sachlicher Grund iSd. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG liegt vor, wenn bei Vertragsschluss für den Arbeitgeber ein von der Rechtsordnung anzuerkennender Grund bestanden hat, dem Arbeitnehmer nicht den Abschluss eines unbefristeten, sondern nur den eines befristeten Arbeitsvertrags anzubieten (BAG 14. Februar 2007 – 7 AZR 193/06 – Rn. 11, AP TzBfG § 14 Haushalt Nr. 2 = EzA TzBfG § 14 Nr. 38). Auf die mögliche Umgehung vom Kündigungsschutz kommt es danach nicht mehr an. Dennoch bedarf es auch im Geltungsbereich des TzBfG neben dem sachlichen Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht noch zusätzlich einer eigenen sachlichen Rechtfertigung der gewählten Vertragslaufzeit. Es geht auch nach der Neuregelung des Rechts der befristeten Arbeitsverträge durch das TzBfG bei der Befristungskontrolle nicht um die Zulässigkeit der Befristungsdauer, sondern nur um das Vorliegen eines Sachgrunds für die Wahl eines befristeten anstatt eines unbefristeten Arbeitsvertrags.
c) Die im Einzelfall vereinbarte Vertragsdauer hat danach nur Bedeutung im Rahmen der Prüfung, ob ein sachlicher Grund iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG vorliegt. Sie muss sich am Sachgrund der Befristung orientieren und so mit ihm im Einklang stehen, dass sie den angeführten Sachgrund nicht in Frage stellt. Aus der Vertragslaufzeit darf sich nicht ergeben, dass der Sachgrund tatsächlich nicht besteht oder nur vorgeschoben ist. Das bloße Zurückbleiben der vereinbarten Vertragsdauer hinter der bei Vertragsabschluss voraussehbaren Dauer des Befristungsgrunds ist daher nicht stets und ohne weiteres geeignet, den Sachgrund für die Befristung in Frage zu stellen. So kann der Arbeitgeber bei Befristungen, die auf die Sachgründe nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1, 3 und 7 TzBfG gestützt sind, frei darüber entscheiden, ob er den Zeitraum des von ihm prognostizierten Arbeitskräftebedarfs ganz oder nur teilweise durch den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen abdeckt und sich auf diese Weise zB die Möglichkeit zu einem personellen Austausch des befristeten Arbeitnehmers offenhält. Ein Zurückbleiben der Vertragslaufzeit hinter der voraussichtlichen Dauer des Befristungsgrunds kann diesen nur in Frage stellen, wenn eine sinnvolle, dem Sachgrund entsprechende Mitarbeit des Arbeitnehmers nicht mehr möglich erscheint (BAG 26. August 1988 – 7 AZR 101/88 – BAGE 59, 265 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 124 = EzA BGB § 620 Nr. 102, zu III der Gründe).
4. Die Wirksamkeit einer Befristung wegen eines vorübergehenden Mehrbedarfs iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG setzt zudem voraus, dass der Arbeitnehmer gerade zur Deckung dieses Mehrbedarfs eingestellt wird. Es genügt, wenn zwischen dem zeitweilig erhöhten Arbeitsanfall und der befristeten Einstellung ein vom Arbeitgeber darzulegender ursächlicher Zusammenhang besteht. Der Arbeitgeber ist nicht gehindert, die vorhandene Arbeitsmenge zu verteilen, seine Arbeitsorganisation zu ändern oder die zusätzlichen Arbeiten anderen Arbeitnehmern zuzuweisen (BAG 8. Juli 1998 – 7 AZR 388/97 – RzK I 9a Nr. 132, zu 2a der Gründe mwN). Er darf einen zeitweiligen Mehrbedarf an Arbeitskräften nur nicht zum Anlass nehmen, beliebig viele Arbeitnehmer einzustellen. Vielmehr muss sich die Zahl der befristet eingestellten Arbeitnehmer im Rahmen des vorübergehenden Mehrbedarfs halten und darf diesen nicht überschreiten (BAG 12. September 1996 – 7 AZR 790/95 – AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 182 = EzA BGB § 620 Nr. 142, zu II 3a der Gründe mwN).
5. Danach ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, wonach die Befristung in dem Arbeitsvertrag vom 18. Juni 2002 durch den Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt ist, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Für die Entscheidung über die Wirksamkeit der Befristung kommt es nicht darauf an, ob es sich bei dem Abbruch des MZFR um einen vorübergehenden Anstieg der Daueraufgaben der Beklagten oder um eine nur zeitweise übernommene Zusatzaufgabe handelt. In beiden Fällen kann der Tatbestand des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gegeben sein.
b) Die bei Vertragsschluss von der Beklagten getroffene Prognose über den Abschluss des siebten Rückbauabschnitts war zwar unzutreffend. Denn der siebte Rückbauabschnitt war zum Zeitpunkt des Vertragsendes am 31. Dezember 2005 noch nicht abgeschlossen. Dies stellt den Sachgrund aus § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG aber nicht in Frage. Zwischen den Parteien steht die zeitlich begrenzte Dauer des Rückbauvorhabens außer Streit. Der Kläger hat nur die Fehlerhaftigkeit der Prognose der Beklagten über die veranschlagte Laufzeit in Zweifel gezogen. Das berührt jedoch nicht die Wirksamkeit der Befristung, weil sie nicht zu dem Rückschluss führt, der Sachgrund sei nur vorgeschoben.
c) Zwischen dem vorübergehenden betrieblichen Bedarf und der Einstellung des Klägers besteht auch der notwendige Kausalzusammenhang. Der Kläger war zwar nicht mit Rückbauarbeiten am MZFR eingesetzt. Nach den bereits vom Arbeitsgericht getroffenen Feststellungen waren die eigentlich für die vom Kläger erledigten Aufgaben vorgesehenen Mitarbeiter der Hauptabteilung Sicherheit aber mit dem Rückbau des MZFR beschäftigt und standen deswegen während der Laufzeit des bis zum 31. Dezember 2005 befristeten Arbeitsvertrags für die Durchführung von Kontaminations- und Dosisleistungsmessungen im Kontroll- und Sperrbereich nicht zur Verfügung. Von diesen Feststellungen ist das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler ausgegangen. Nach dem insoweit auch im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren anwendbaren § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind die vom Gericht erster Instanz verfahrensfehlerfrei festgestellten Tatsachen für das Berufungsgericht bindend (BAG 25. April 2007 – 6 AZR 436/05 – Rn. 18, AP ZPO § 580 Nr. 15 = EzA ZPO 2002 § 520 Nr. 5). Der Kläger hat in der Revisionsbegründung nicht dargelegt, dass entweder er oder die Beklagte im Berufungsverfahren konkrete Anhaltspunkte bezeichnet haben, die geeignet gewesen wären, Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung zu begründen. Den aus seiner Sicht unzutreffenden Feststellungen des Arbeitsgerichts konnte der Kläger nur durch das Aufzeigen eines Verfahrensfehlers oder durch neues Tatsachenvorbringen entgegentreten, woran es vorliegend fehlt. Seinen in der Berufungsbeantwortung enthaltenen Hinweis auf das Vorbringen erster Instanz über die ihm übertragenen Aufgaben im Institut Süd musste das Landesarbeitsgericht nicht als pauschales Bestreiten des Kausalzusammenhangs zwischen dem durch den Rückbau des MFZR entstandenen Arbeitskräftebedarf und dem Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags mit dem Kläger verstehen. Soweit der Kläger in der Revisionsbegründung erstmals behauptet, die Beklagte habe den zeitweiligen Mehrbedarf zum Anlass genommen, beliebig viele Mitarbeiter einzustellen, handelt es sich um in der Revisionsinstanz nicht zu berücksichtigendes neues Vorbringen.
II. Der Wirksamkeit der Befristung stehen die Regelungen des von den Parteien einzelvertraglich in Bezug genommenen BAT und der dazu ergangenen SR 2y nicht entgegen. Die in der Protokollnotiz Nr. 2 zu Nr. 1 SR 2y BAT enthaltene zeitliche Grenze für die Vertragsdauer eines einzelnen befristeten Arbeitsvertrags ist im Streitfall nicht überschritten. Die Beklagte ist auch nicht gehindert, sich auf den Befristungsgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG zu berufen, weil sie gegen die Protokollnotiz Nr. 3 zu Nr. 1 der SR 2y BAT verstoßen hätte.
1. Die Befristung zum 31. Dezember 2005 ist nicht nach der Protokollnotiz Nr. 2 Satz 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT unwirksam. Nach dieser Bestimmung ist der Abschluss eines Zeitvertrags für die Dauer von mehr als fünf Jahren unzulässig. Hiergegen verstößt die Befristung zum 31. Dezember 2005 nicht. Die Befristung ist in dem Arbeitsvertrag vom 18. Juni 2002 vereinbart. Dieser hat lediglich eine Laufzeit von 42 Monaten. Der Kläger war zwar bereits zuvor auf Grund mehrerer befristeter Arbeitsverträge seit dem 1. Februar 2000 bei der Beklagten beschäftigt. Die Protokollnotiz Nr. 2 Satz 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT verbietet es jedoch nur, einen Zeitvertrag von vornherein für die Dauer von mehr als fünf Jahren abzuschließen. Die Aneinanderreihung mehrerer befristeter Arbeitsverträge, die nur insgesamt die Höchstdauer von fünf Jahren überschreiten, ist nach der Protokollnotiz Nr. 2 Satz 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT zulässig (st. Rspr., vgl. BAG 21. April 1993 – 7 AZR 376/92 – AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 149 = EzA BGB § 620 Nr. 121, zu II der Gründe).
2. Die Beklagte hat auch nicht gegen die Protokollnotiz Nr. 3 zu Nr. 1 SR 2y BAT verstoßen. Nach dieser Vorschrift darf ein Arbeitsvertrag von begrenzter Dauer nicht abgeschlossen werden, wenn bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrags zu erwarten ist, dass die vorgesehenen Aufgaben nicht innerhalb einer Frist von fünf Jahren erledigt werden können. Die Überschreitung der 5-Jahres-Grenze folgt im Streitfall nicht daraus, dass bei Vertragsschluss des letzten befristeten Arbeitsvertrags am 18. Juni 2002 feststand, dass die Dauer des siebten Rückbauabschnitts insgesamt fünf Jahre überschreiten wird. Ebenso wie bei der Protokollnotiz Nr. 2 kommt es auch bei der Protokollnotiz Nr. 3 zu Nr. 1 SR 2y BAT auf den einzelnen Arbeitsvertrag an. Das folgt aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut, wonach auf den “Abschluss des Arbeitsvertrags” abzustellen ist und dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Die Tarifvertragsparteien wollten mit der Festlegung einer zeitlichen Höchstgrenze für den einzelnen Vertragsschluss erreichen, dass der öffentliche Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei längerfristigen Aufgaben einen unbefristeten Arbeitsvertrag anbietet. Dagegen soll ihm die Möglichkeit zum Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags offenstehen, wenn er bei Vertragsschluss von einer Erledigung der Aufgabe innerhalb von fünf Jahren ausgeht (BAG 24. Oktober 2001 – 7 AZR 620/00 – BAGE 99, 223 = AP HRG § 57c Nr. 9 = EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 31, zu B I 2 der Gründe). Die Beklagte hätte sich danach auf die vereinbarte Befristung nur dann nicht berufen können, wenn sie bereits bei Vertragsschluss davon ausgehen musste, dass der siebte Rückbauabschnitt nicht bis zum 30. Juni 2007 abgeschlossen sein würde. Dies wird aber von dem Kläger selbst nicht behauptet.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dörner, Gräfl, Koch, G. Metzinger, Hoffmann
Fundstellen
Haufe-Index 2010638 |
BB 2008, 2131 |
DB 2008, 2598 |