Entscheidungsstichwort (Thema)
Heimzulage
Orientierungssatz
1. Nicht jeder organisatorische Zusammenhang verleiht allen darin befindlichen Teilbereichen den Heimcharakter im tariflichen Sinne.
2. Eine Schule wird nicht deshalb zum Heim, weil unter anderen solche Personen sie besuchen, die in einem Heim untergebracht sind.
3. Betreut eine pädagogische Mitarbeiterin aber im Tagesdienst behinderte Schüler in einem der Schule angeschlossenen Internat, von denen ein Teil in dem Internat ständig untergebracht ist, hat sie Anspruch auf eine Heimzulage, selbst wenn zu den betreuten Gruppen auch nicht ständig untergebrachte Schüler gehören, die später das Internat verlassen.
Normenkette
Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (
Verfahrensgang
LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 08.09.2005; Aktenzeichen 10 (9) Sa 817/04) |
ArbG Halle (Saale) (Urteil vom 17.09.2004; Aktenzeichen 7 Ca 3885/03) |
Tenor
1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 8. September 2005 – 10 (9) Sa 817/04 – wird zurückgewiesen.
2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Heimzulage.
Die 1955 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Land seit dem Jahr 1991 als pädagogische Mitarbeiterin tätig. Sie hat einen Abschluss als Horterzieherin/Staatlich anerkannte Erzieherin. Im Arbeitsvertrag vom 30. September 1991 ist in § 2 geregelt, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung richte. Außerdem finden danach die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge und die Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2l I BAT-O) Anwendung. Die Klägerin war zunächst befristet bis zum 30. September 1993 angestellt. Durch Nachtragsvertrag vom 12. November 1993 wurde der Arbeitsvertrag unbefristet verlängert. Die Klägerin war zuletzt in VergGr. Vb Teil II G (Sozial- und Erziehungsdienst) der Anlage 1a (B/TdL) zum BAT-O eingruppiert. Teil II G der Anlage 1a (B/TdL) zum BAT-O enthält folgende Protokollnotiz:
“Nr. 1
Der Angestellte – ausgenommen der Angestellte bzw. Meister im handwerklichen Erziehungsdienst – erhält für die Dauer der Tätigkeit in einem Erziehungsheim, einem Kinder- oder einem Jugendwohnheim oder einer vergleichbaren Einrichtung (Heim) eine Zulage in Höhe von 61,36 € monatlich, wenn in dem Heim überwiegend Behinderte i. S. des § 39 BSHG (Fußnote 2: ab 01.01.2005 sind an die Stelle der für nicht erwerbsfähige Hilfsbedürftige geltenden Vorschriften des BSHG die Vorschriften des SGB XII – Sozialhilfe – getreten) oder Kinder oder Jugendliche mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten zum Zwecke der Erziehung, Ausbildung oder Pflege ständig untergebracht sind; sind nicht überwiegend solche Personen ständig untergebracht, beträgt die Zulage 30,68 € monatlich.
Für den Angestellten bzw. Meister im handwerklichen Erziehungsdienst in einem Heim im Sinne des Unterabsatzes 1, erster Halbsatz beträgt die Zulage 40,90 € monatlich.
Die Zulage wird nur für Zeiträume gezahlt, für die Bezüge (Vergütung, Urlaubsvergütung, Krankenbezüge) zustehen. …”
Die Klägerin ist als pädagogische Mitarbeiterin am Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte “A… K…” des beklagten Landes in Halle (LBZ) tätig. Dieses besteht aus einer Schule und einem angeschlossenen Internat, die in verschiedenen Gebäuden auf demselben Gelände untergebracht sind. Schule und Internat werden organisatorisch, administrativ und personell einheitlich geleitet. Eine Mitarbeiterin ist als Koordinatorin zwischen dem Schul- und Internatsbetrieb tätig. Im Internat sind 49 behinderte Schüler ständig untergebracht. Sie gehen tagsüber in die Schule des LBZ. Diese wird von weiteren 124 behinderten Schülerinnen und Schülern, den sog. Tageskindern, besucht. Alle werden gemeinsam beschult und erhalten neben dem Unterricht schulische Betreuung und Förderung bis in den Nachmittag. Dies erfolgt in “gemischten” Gruppen, dh. die Tageskinder und Internatskinder werden nach dem Schulunterricht, bis die Tageskinder wieder nach Hause gehen, gemeinsam in den Räumlichkeiten des Internats betreut. Nach Abholung der Tageskinder werden die verbleibenden Internatskinder in Gruppen bis zum Zubettgehen von pädagogischen Mitarbeitern betreut.
Es gibt eine Gruppe von pädagogischen Mitarbeitern, die ausschließlich im Schulgebäude Gruppen von Kindern unterrichtsbegleitend und -ergänzend betreut. Die Aufgabe einer weiteren Gruppe pädagogischer Mitarbeiter, deren Dienst in der Frühschicht um 6.30 Uhr beginnt und in der Spätschicht gegen 20.00 Uhr oder 21.30 Uhr endet, besteht ua. darin, die Internatskinder vom Aufstehen bis zum Schulbeginn und nachmittags, wenn die Tageskinder abgeholt worden sind, bis abends zu betreuen. Sie leisten diese Schichten im Wochenrhythmus. Zwischen der wöchentlichen Früh- und Spätschicht liegt eine Mittelschicht, die montags 6.30 Uhr, dienstags bis donnerstags 11.00 Uhr und freitags 10.30 Uhr beginnt. Diesen pädagogischen Mitarbeitern sowie der Koordinatorin zwischen Schule und Internat zahlt das beklagte Land die Heimzulage.
Die Klägerin gehört zu der Gruppe von Mitarbeitern, die in der übrigen Zeit die “gemischten” Gruppen außerhalb des Schulunterrichts in den Internatsräumen betreut. Zu ihren Aufgaben gehört es nicht, wenn sie 6.30 Uhr ihren Dienst beginnt, die Internatskinder vom Aufstehen an zu betreuen. Sie betreut die Tageskinder, wenn diese im Landesbildungszentrum morgens eintreffen. Nach Dienstbeginn oder bevor sie ihren Dienst beendet betreut die Klägerin auch ein Kind aus ihrer “gemischten” Gruppe, welches im Internat untergebracht ist, individuell, sowohl in den Räumlichkeiten des Internats als auch außerhalb, so zB beim Einkaufen.
Der Klägerin wurde bis Juni 2003 die Heimzulage nach der Protokollnotiz Nr. 1 zu Teil II Abschnitt G der Anlage 1a zum BAT-O vorbehaltlos gezahlt.
In einem Zwischenzeugnis vom 2. September 1994 wurde der Klägerin bescheinigt, dass ihr die Aufgaben einer Gruppenerzieherin “in unserem Internat” übertragen worden seien.
Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe eine Heimzulage nach der Protokollnotiz Nr. 1 zu Teil II Abschnitt G (Sozial- und Erziehungsdienst) der Anlage 1a (B/TdL) zum BAT-O zu. Sie sei als pädagogische Mitarbeiterin im Internat des LBZ unverändert tätig. Die Protokollnotiz Nr. 1 stelle nicht auf die Dichte und Intensität der Betreuungstätigkeit, sondern nur auf die Tätigkeit in der Einrichtung ab. Eine Betreuung der Internatskinder vom Aufstehen bis zum Zubettgehen sei nicht erforderlich, um die Heimzulage beanspruchen zu können. Die besondere Erschwernis der Heimunterbringung sei nicht auf Übernachtungs- und/oder Unterstützungshandlungen bei der Körperpflege bzw. Nahrungsaufnahme zu reduzieren. Die besondere Intensität der Betreuung bei hörgeschädigten Kindern liege in der aktiven Zeit des Kindes und nicht während und nach dem Zubettgehen sowie während der Schlafphase.
Die Klägerin meint außerdem, dass ihr der Anspruch aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung zustehe, da sie jahrelang vorbehaltlos die begehrte Zulage erhalten habe.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
1. das beklagte Land zu verurteilen, an sie 173,08 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. November 2003 zu zahlen,
2. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihr ab dem Monat November 2003 eine monatliche Heimzulage in Höhe von 43,27 Euro brutto zu zahlen und den Nachzahlungsbetrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. des jeweiligen Folgemonats zu verzinsen.
Das beklagte Land hat zu seinem Klageabweisungsantrag vorgetragen, der Klägerin stehe die verlangte Zulage nicht zu, da sie nicht in einem Heim im tariflichen Sinne tätig sei. Die Klägerin sei lediglich im Tagesdienst der Schule beschäftigt. Ein Anspruch auf Zahlung der Zulage könne nur entstehen, wenn Schülerwohnheim und Schule des LBZ insgesamt als Heim anzusehen wäre. Die Tätigkeit der Klägerin wäre auch nicht als solche in einem Heim oder einer vergleichbaren Einrichtung zu bewerten, wenn der Schule kein Internat angeschlossen wäre. Eine betriebliche Übung habe nicht entstehen können, da das beklagte Land lediglich den Tarifvertrag habe vollziehen wollen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter, während die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass es nicht darauf ankomme, ob die Klägerin überwiegend im Schulbetrieb des LBZ oder im Internatsbetrieb tätig sei, denn auch im ersteren Fall sei die Klägerin in einer einem Heim vergleichbaren Einrichtung tätig, da die gesamte Einrichtung im Hinblick auf die räumlichorganisatorische Verknüpfung zwischen Schulbetrieb und Internatsbetrieb ein Heim sei. Beide würden einheitlich geleitet und seien nicht ausreichend räumlich getrennt. Es sei nicht schädlich, dass im Schulbetrieb eine größere Anzahl von Schülern, die nicht im Internat untergebracht sei, betreut werde.
II. Im Ergebnis halten diese Ausführungen den Angriffen der Revision stand. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Heimzulage nach der Protokollnotiz Nr. 1 zu Teil II Abschnitt G der Anlage 1a zum BAT-O.
1. Die Klägerin übt eine Tätigkeit als Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst im Sinne der Anlage 1a zum BAT-O Teil II Abschnitt G aus. Daher kommt für sie die Zahlung einer Heimzulage in Betracht.
2. Die Klägerin ist auch in einem Heim im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 beschäftigt.
a) Die Tarifvertragsparteien haben den unbestimmten Rechtsbegriff “vergleichbare Einrichtung (Heim)” iSd. der Protokollnotiz Nr. 1 nicht definiert. Was sie unter einem Heim verstehen, ist durch Auslegung des Tarifvertrages und der dazu vereinbarten Protokollnotizen zu ermitteln.
aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr. zB BAG 19. Januar 2000 – 4 AZR 814/98 – BAGE 93, 229, zu 3a der Gründe).
bb) Enthält ein Tarifvertrag unbestimmte Rechtsbegriffe, haben die Tatsachengerichte bei der Subsumtion einen Beurteilungsspielraum. Das Revisionsgericht kann seine Anwendung nur daraufhin überprüfen, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Subsumtion des Sachverhalts Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr. BAG 23. Oktober 2002 – 10 AZR 60/02 – AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 35).
b) Einer Überprüfung nach diesen Maßstäben hält zwar die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in Bezug auf die Subsumtion unter die Rechtsbegriffe “Heim” und “vergleichbare Einrichtung” nicht stand. Wie im Verfahren – 10 AZR 285/06 – (Urteil vom 20. Juni 2007) ausgeführt, genügt eine rein räumlich-organisatorische Verknüpfung von Schule und Internat nicht, um ein einheitliches Heim im Tarifsinne anzunehmen. Dennoch ist der Anspruch begründet. Aus den Feststellungen des Arbeitsgerichts, auf die das Landesarbeitsgericht Bezug genommen hat, ergibt sich, dass die Klägerin in einem Heim im Tarifsinne beschäftigt ist.
aa) Bei dem Internat handelt es sich um ein Heim bzw. eine vergleichbare Einrichtung im Sinne der Protokollnotiz. Dies steht zwischen den Parteien auch nicht im Streit. Die dort untergebrachten Personen sind dort zu Hause, wobei es unschädlich ist, dass sie den Heimbereich täglich verlassen, um zur Schule zu gehen. Sie gehören zu dem Personenkreis, der in der Protokollnotiz erfasst ist, nämlich Behinderte iSd. § 39 BSHG (seit dem 1. Januar 2005 iSd. § 53 SGB XII), die zum Zwecke der Erziehung, Ausbildung oder Pflege ständig untergebracht sind. Da sie dort zumindest während der Woche ständig leben, ist das Heim auch ein Ort, zu dem sie eine gefühlsmäßige Bindung entwickeln (vgl. BAG Urteil vom 23. Februar 2000 – 10 AZR 82/99 – AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 26). Dementsprechend erhalten die dort im Schichtdienst beschäftigten Betreuungskräfte auch die Heimzulage.
bb) Die Klägerin ist im Internatsbereich tätig. Sie übt ihre Tätigkeit in den Räumen des Internats aus. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen werden Tageskinder und Internatskinder nach dem Schulunterricht, bis die Tageskinder wieder nach Hause gehen, gemeinsam ua. durch die Klägerin betreut. Zu der Gruppe von pädagogischen Mitarbeitern, die alle Kinder ausschließlich im Schulgebäude unterrichtsergänzend und -begleitend betreut, gehört die Klägerin nicht. Sie gehört auch nicht zu der Gruppe der pädagogischen Mitarbeiter, die im Schichtdienst die Internatskinder vom Aufstehen bis zum Schulbeginn und nachmittags, wenn die Tageskinder abgeholt worden sind, bis abends betreut. Dennoch ist die Klägerin in einem Heim im Tarifsinne tätig, denn sie betreut in den Räumen des Internats ua. Kinder, die auch im Internat wohnen. Dies wird durch das Zwischenzeugnis vom 2. September 1994 bestätigt. Das beklagte Land hat stets vorgetragen, dass sich an der Tätigkeit der Klägerin nichts geändert habe.
(1) Die räumlich und organisatorisch zusammenhängende Einrichtung “Heim” ist dadurch gekennzeichnet, dass eine in der Regel größere Zahl von Menschen dort lebt, die in eine nicht durch sie selbst gesetzte Ordnung eingebunden ist und die sich an Regeln halten muss, die typischerweise durch die Heimleitung festgesetzt werden (BAG 20. März 2002 – 10 AZR 518/01 – AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 34). Wenn sich Schüler in den Räumen des Internats befinden, haben sie sich auch an die Ordnung zu halten, die für das Internat aufgestellt worden ist. Eine solche Ordnung will Konflikte regeln oder vermeiden, die durch das ständige Zusammenwohnen tagsüber und nachts entstehen. Mitarbeiter, die Ansprechpartner für diese Art von Konflikten sind, haben typischerweise die Erschwernisse, die durch die Heimzulage ausgeglichen werden sollen. Im Schulbereich außerhalb des Internats ist dies nicht der Fall. Dort sind andere Konflikte durch eine andere, nämlich eine Schulordnung zu lösen, was jedoch eine Zulage nicht auslöst. Anders als in dem vom Senat in der Entscheidung vom 18. Mai 1994 (– 10 AZR 540/92 – ZTR 1995, 76) entschiedenen Fall betreut die Klägerin ohne räumliche und organisatorische Trennung ständig und nicht ständig untergebrachte Personen im Rahmen ihrer Aufgaben im Internat.
(2) Es ist unerheblich, wenn in den Gruppen überwiegend externe Kinder betreut werden. So wie es keinen Heimcharakter begründet, wenn eine unterrichtsergänzende Betreuung ua. von Internatskindern im Tagesdienst der Schule außerhalb des Internats stattfindet, ändert es an der Tätigkeit im Heim nichts, wenn im Internat auch nicht ständig untergebrachte Kinder vorübergehend mitbetreut werden.
(3) Unerheblich ist es auch, dass die Klägerin nicht alle Aufgaben, die in der Betreuung der Internatskinder anfallen, vom morgendlichen Aufstehen bis zum abendlichen Zubettgehen selbst ausführt. Es genügt, dass sämtliche Aufgaben im Sinne einer vollstationären Betreuung in der Einrichtung überhaupt wahrgenommen werden. Entscheidend ist, dass die Klägerin einen Teil dieser Aufgaben in dem Heim, das den Lebensmittelpunkt für die dort untergebrachten Kinder bildet, ausführt.
(4) Für die in der Einrichtung ständig untergebrachten Internatskinder ist auch die Klägerin eine Bezugsperson, die eine Teilfunktion der Eltern der Betreuten ausfüllt. Auch sie hat sich auf die unterschiedlichen tageszeitlich bedingten Lebenssituationen der Heimbewohner einzustellen. Sie stellt teilweise sicher, dass die betreuten Schüler auch in ihrer Freizeit sinnvoll beschäftigt werden. Diese Aufgaben gehen gerade über diejenigen hinaus, die die Mitarbeiter im Tagesdienst der schulunterrichtsergänzenden Betreuung in der Schule selbst haben. Wenn die Internatsschüler sich “zu Hause” aufhalten, unterscheiden sie nicht, dass die Klägerin teilweise auch Schüler mitbetreut, die nicht ständig untergebracht sind.
(5) Im Übrigen betreut die Klägerin auch ein Internatskind individuell, sowohl in den Räumlichkeiten des Internats als auch außerhalb.
(6) Sofern das beklagte Land – entgegen seinem Vorbringen in der Revisionsbegründung – zuletzt vorgetragen hat, der Klägerin obliege ausschließlich “im Schulbereich” die “Vor- und Nachbetreuung der Fahrschüler”, ist dies in der Revisionsinstanz als neuer Tatsachenvortrag nicht zu berücksichtigen. Zudem wird aus der beigefügten Erklärung des Schulleiters gerade deutlich, dass die Klägerin bisher vergeblich versucht hat, als pädagogische Mitarbeiterin in den Unterrichtsbereich umgesetzt zu werden.
3. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Höhe des Anspruchs, zur tarifvertraglichen Ausschlussfrist des § 70 BAT-O und zum Zinsanspruch sind mit Revisionsrügen nicht angegriffen worden.
III. Das beklagte Land hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Unterschriften
Dr. Freitag, Marquardt, Brühler, Feldmann, Frese
Fundstellen