Entscheidungsstichwort (Thema)
Baugewerbe. Urproduktion. Bohrungen zur Erdwärmegewinnung. Verjährung
Orientierungssatz
1. Ob eine Tätigkeit als Urproduktion nicht baugewerblich ist, richtet sich für den Bereich des Bergbaus danach, ob das Bundesberggesetz diese Tätigkeit erfasst und dem Bergrecht unterstellt.
2. Obwohl gem. § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b BBergG Erdwärme als bergfreier Bodenschatz gilt, stellt § 4 Abs. 2 Nr. 1 BBergG klar, dass eine aus Anlass oder im Zusammenhang mit der baulichen Nutzung eines Grundstücks stehende Gewinnung von Bodenschätzen nicht unter dieses Gesetz fällt. Dazu gehören Bohrungen für geothermische Anlagen, die zur Beheizung eines Gebäudes bestimmt sind.
3. Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Verlängerung der Verjährungsfrist für Ansprüche der Sozialkassen gegen den Arbeitgeber und umgekehrt auf vier Jahre, auch wenn der VTV aufgrund einer Allgemeinverbindlicherklärung gilt.
Normenkette
BBergG §§ 2, 3 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Buchst. b, § 4 Abs. 2 Nr. 1; BGB §§ 195, 202
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. November 2007 – 8 Sa 2058/06 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über Beitragsforderungen für die Jahre 2001 und 2002. Die Klägerin zieht als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes ein.
Im Betrieb der Beklagten wurden in den Jahren 2001 und 2002 arbeitszeitlich überwiegend Bohrarbeiten für Wärmequellanlagen ausgeführt. Dabei bohrt die Beklagte mit speziellem Bohrgerät Bohrlöcher, in die später Erdwärmesonden eingeführt werden, die mit einer Flüssigkeit gefüllt werden, die dem tiefer gelegenen Boden Erdwärme entzieht und diese an ein Heizungssystem des zu beheizenden Gebäudes weitergibt.
Die Klägerin hat mit ihrer am 15. Dezember 2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen und am 9. Mai 2006 sowie am 7. August 2006 erweiterten Klage Beiträge für die Monate Dezember 2001 bis August 2002 iHv. 24.343,20 Euro verlangt. Sie ist der Auffassung, die Beklagte habe in den Kalenderjahren 2001 und 2002 Bohrarbeiten im tarifvertraglichen Sinne ausgeführt und unterfalle deshalb dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV).
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 24.343,20 Euro zu zahlen.
Die Beklagte trägt zu ihrem Klageabweisungsantrag vor, ihr Betrieb unterfalle schon deshalb nicht dem VTV, da nicht baugewerbliche Arbeiten, sondern solche der Urproduktion, nämlich des Bergbaus ausgeführt würden. Erdwärme werde als Bodenschatz im Bundesberggesetz ausdrücklich erwähnt. Im Übrigen hält sie die Klageerweiterungen der Klägerin für verjährt, da sie nicht innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB geltend gemacht worden seien. Die längere Verjährungsfrist des VTV könne nicht über eine Allgemeinverbindlicherklärung auf sie erstreckt werden, da dies nicht in der Kompetenz des einen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärenden Ministeriums liege.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils, während die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin die geltend gemachten Beträge zustehen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, im Betrieb der Beklagten seien arbeitszeitlich überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten ausgeführt worden. Die von der Beklagten durchgeführten Bohrarbeiten mit dem Zweck, Wärmepumpen zur Gewinnung und Nutzbarmachung der Erdwärme vorzubereiten, seien nicht der Urproduktion zuzuordnen. Zwar werden von § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 3 BBergG auch das Gewinnen von Erdwärme als bergfreier Bodenschatz dem sachlichen Geltungsbereich des Gesetzes zugeordnet, gem. § 4 Abs. 2 Nr. 1 BBergG sei aber das Lösen oder Freisetzen von Bodenschätzen dann vom Gewinnen ausgeschlossen, wenn die Tätigkeit aus Anlass oder im Zusammenhang mit der baulichen Nutzung eines Grundstücks erfolge. Zu dieser Gruppe gehörten die von der Beklagten durchgeführten Arbeiten.
II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.
1. Der Anspruch der ZVK auf Beitragszahlung beruht auf § 22 des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 20. Dezember 1999 in den Fassungen vom 1. Dezember 2000, 15. Mai 2001, 14. Dezember 2001, 27. Februar 2002 und 10. Juli 2002.
2. Die Beklagte hat im Klagezeitraum einen Betrieb des Baugewerbes geführt.
a) Für die Frage, ob im Betrieb der Beklagten vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasste Tätigkeiten verrichtet worden sind, ist auf die arbeitszeitlich überwiegende Tätigkeit der Arbeitnehmer und nicht auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst, aber auch nicht auf handels- und gewerberechtliche Kriterien abzustellen (st. Rspr., vgl. BAG 15. November 2006 – 10 AZR 637/05 – und – 10 AZR 698/05 – BAGE 120, 197; 23. August 1995 – 10 AZR 105/95 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 193 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 79). Betriebe, die überwiegend eine oder mehrere der in den Beispielen des § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV genannten Tätigkeiten ausführen, fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV, ohne dass die Erfordernisse der allgemeinen Merkmale der Abschn. I bis III geprüft werden müssen (st. Rspr., vgl. BAG 15. November 2006 – 10 AZR 637/05 – und – 10 AZR 698/05 – aaO; 18. Oktober 2006 – 10 AZR 576/05 – BAGE 120, 1; 8. März 2006 – 10 AZR 392/05 –; 13. Mai 2004 – 10 AZR 488/03 –; 14. Januar 2004 – 10 AZR 182/03 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 263; 18. Januar 1984 – 4 AZR 41/83 – BAGE 45, 11).
b) Die Bohrarbeiten, die bei der Beklagten im Streitzeitraum arbeitszeitlich überwiegend geleistet wurden, unterfallen § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 6 VTV. Dass von der Beklagten zeitlich überwiegend Bohrarbeiten durchgeführt wurden, war zwischen den Parteien nie streitig, nach der Beweisaufnahme, die das Landesarbeitsgericht durchgeführt hat, steht auch fest, dass diese Arbeiten arbeitszeitlich überwiegend solche waren, die der Erdwärmegewinnung dienten.
c) Diese Arbeiten wurden auch gewerblich geleistet, so dass es sich um einen Betrieb des Baugewerbes iSd. § 1 Abs. 2 VTV handelt. Insbesondere sind die Arbeiten, die bei der Beklagten durchgeführt wurden, nicht als solche der Urproduktion anzusehen.
aa) Die Gewerblichkeit der Tätigkeit ist ein allgemeines Tatbestandsmerkmal des betrieblichen Geltungsbereichs, das unabhängig von den Detailregelungen in den Abschnitten I bis V vorliegen muss (BAG 3. August 2005 – 10 AZR 561/04 – EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 121).
bb) Die Tarifvertragsparteien haben den Begriff des Gewerbes im VTV nicht selbst definiert, sondern in seiner allgemeinen Bedeutung des Fachbegriffs des öffentlichen Rechts, insbesondere des Gewerberechts verwendet (BAG 3. August 2005 – 10 AZR 561/04 – EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 121).
Der Begriff des Gewerbes und seine Tatbestandselemente sind gesetzlich nicht definiert, aber nach höchstrichterlicher Rechtsprechung und in der Lehre unumstritten. Danach umfasst der Gewerbebegriff, den auch die Bautarifvertragsparteien in Bezug genommen haben, alle erlaubten selbständigen Tätigkeiten, die auf nachhaltige Gewinnerzielung gerichtet sind und fortgesetzt ausgeübt werden, unter Ausschluss der Urproduktion, der freien Berufe und des öffentlichen Dienstes. Dementsprechend unterfallen auch bei Erfüllung einer Beispielstätigkeit des § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV Bautätigkeiten nicht dem Bautarifwerk, wenn sie nicht der Gewinnerzielung dienen (vgl. BAG 11. März 1998 – 10 AZR 220/97 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 204 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 88).
Dass die Beklagte die Absicht hat, Gewinn zu erzielen, ist zwischen den Parteien unstreitig.
cc) Der Ausschluss der Urproduktion aus dem Begriff des Gewerbes ist im Grundsatz bereits in der Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 enthalten; die Gewerbeordnung erfasste in diesem Bereich nur solche Betriebe, die durch die Bearbeitung von Rohstoffen wertvollere Güter herstellten, nicht dagegen Land- und Forstwirtschaft, Jagd, Fischerei, Bergbau, Weinbau, Tierzucht usw. Der Grund hierfür war die Abhängigkeit von Naturgegebenheiten und -ereignissen (Witterung, Jahreszeiten, Grund und Boden), die dem Einfluss der in diesem Bereich Arbeitenden weitgehend entzogen sind (Stober Lexikon des Rechts: Gewerberecht S. 224). Daher liegt eine grundlegend abweichende Kombination der Produktionsfaktoren Boden, Arbeit und Kapital vor, was es ua. rechtfertigt, dass die landwirtschaftlichen Betriebe nicht der Gewerbesteuer unterliegen.
dd) Die Urproduktion ist – allgemein – die Gewinnung von Rohnaturerzeugnissen (Friauf GewO Stand Dezember 2008 § 1 Rn. 155, 167). Dazu gehören auch Mineralien aller Art, zB Sand und Kies. Deshalb ist das gesamte Bergwesen vom gewerberechtlichen Begriff des Gewerbes ausgenommen. Dies wird ua. in § 6 Abs. 1 Satz 2 GewO zum Ausdruck gebracht, wonach die GewO auf das Bergwesen nur insoweit Anwendung findet, als sie ausdrückliche Bestimmungen enthält (Tettinger/Wank GewO 7. Aufl. § 6 Rn. 26).
ee) Zum Bergrecht gehören alle Vorschriften, welche die Aufsuchung und Gewinnung bestimmter Bodenschätze sowie damit in Zusammenhang stehende und gewisse verwandte Tätigkeiten abweichend von den für den allgemeinen Rechtsverkehr geltenden Rechtssätzen besonders regeln. Das Bundesberggesetz (BBergG) vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1310) füllt diesen Rahmen aus, so dass die Grenzen des Bergrechts jetzt mit dem Geltungsbereich des BBergG und der zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder übereinstimmen (Boldt/Weller BBergG § 2 Rn. 4). Das bedeutet, dass auch für den Begriff der Gewerblichkeit der Tätigkeiten darauf abzustellen ist, ob das dafür einschlägige BBergG diese Tätigkeiten erfassen und besonders regeln will. Nur wenn dies der Fall ist, ist es auch gerechtfertigt, einen Betrieb, der von seiner Tätigkeit her an sich unter den Geltungsbereich der Bautarifverträge fiele, nicht zum Baugewerbe zu rechnen.
(1) Nach § 2 BBergG gilt dieses Gesetz für das Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten von bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen einschließlich bestimmter Tätigkeiten, soweit sich nicht aus Abs. 4 etwas anderes ergibt. Nach § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b BBergG gelten auch “Erdwärme und die im Zusammenhang mit ihrer Gewinnung auftretenden anderen Energien (Erdwärme)” als bergfreie Bodenschätze. Der Geltungsbereich des Gesetzes wird aber aus § 2 im Zusammenhang mit § 3 BBergG allein nicht deutlich. Es sind ebenfalls die in § 4 enthaltenen Legaldefinitionen mit heranzuziehen (Boldt/Weller BBergG § 2 Rn. 8). In dieser mit der Überschrift “Begriffsbestimmungen” versehenen Vorschrift ist geregelt, dass das Gewinnen das “Lösen oder Freisetzen von Bodenschätzen einschließlich der damit zusammenhängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten” ist. Ausgenommen ist allerdings nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 BBergG das Lösen oder Freisetzen von Bodenschätzen in einem Grundstück aus Anlass oder im Zusammenhang mit baulicher oder sonstiger städtebaulicher Nutzung. Diese Tätigkeiten wollte der Gesetzgeber ausdrücklich nicht den besonderen bergrechtlichen Vorschriften unterwerfen. Die Ausnahme ist gerade im Hinblick auf die Erdwärme in das Gesetz aufgenommen worden. Es sollte klargestellt werden, dass eine aus Anlass oder im Zusammenhang mit der baulichen Nutzung eines Grundstücks stehende Gewinnung von Bodenschätzen – wie zB die Nutzung von Erdwärme für die Beheizung eines Gebäudes – nicht unter dieses Gesetz fällt (Ausschussbericht S. 133 = ZFB 123, 311, zitiert nach Boldt/Weller BBergG § 4 Rn. 7). In § 4 Abs. 3 Satz 2 2. Halbs. BBergG wird die Nutzung von Erdwärme einer Weiterverarbeitung gleichgestellt und damit ebenfalls vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgeschlossen (Boldt/Weller BBergG § 2 Rn. 19). Nach dem Willen des Gesetzgebers hat “die Herausnahme der Gewinnung und Nutzung von Erdwärme im baulichen Zusammenhang (…) ihren Grund darin, dass eine ausschließlich tätigkeitsbezogene Betrachtungsweise wie auch das Fehlen einer auf eine bestimmte Art von Verwertung gerichteten Zweckorientierung, die im Übrigen auch dem geltenden Bergrecht fehlt, es erforderlich machen, den Begriff der Gewinnung von solchen Tätigkeiten abzugrenzen, die zwar das Lösen und Freisetzen von Bodenschätzen im Gefolge haben, gleichwohl aber nicht bergbauliche Tätigkeiten sind, weil ihr Zweck gerade nicht auf die Gewinnung von Bodenschätzen gerichtet, diese vielmehr unabdingbare Voraussetzung für die Erreichung eines anderen Zweckes an der gleichen Stelle ist. Eine derartige Kollision ist bei einer baulichen oder sonstigen städtebaulichen Nutzung des betreffenden Grundstücks gegeben. Unter den Begriff der baulichen Nutzung fällt zB die Aushebung von Baugruben zum Zwecke der Errichtung von Gebäuden, Straßen, Bahnen, Kanälen etc.” (Amtliche Begründung, zitiert nach Zydek BBergG Materialien S. 81). Auch die Bohrarbeiten zur Vorbereitung einer geothermischen Anlage fallen damit darunter.
(2) Dem entspricht, dass der Senat in seinem Urteil vom 28. Mai 2008 (– 10 AZR 358/07 – NZA-RR 2008, 639) bei der Abgrenzung von Tätigkeiten zur landwirtschaftlichen Urproduktion darauf abgestellt hat, dass entscheidend für die Einordnung der Tätigkeiten der Zweck der Gesamtleistung ist. Es kommt nicht auf die Absicht des Auftraggebers an, ein Bauwerk in bestimmter Weise zu nutzen, sondern ob ein solches erstellt wird bzw. – im hier vorliegenden Fall – ob eine bauliche Tätigkeit im Sinne des Katalogs der Beispielstätigkeiten, also der Bohrarbeiten, geleistet wird. Auch in dieser Entscheidung hat der Senat darauf hingewiesen, dass zur Abgrenzung von bergbaulichen und damit der Urproduktion zuzurechnenden Tätigkeiten von den vom VTV erfassten gewerblichen baulichen Tätigkeiten auf die in § 6 Abs. 1 Satz 2 GewO und im Bundesberggesetz enthaltenen Definitionen des Bergbaus zurückzugreifen ist.
(3) Ob die Gewinnung von Erdwärme dann, wenn die gewonnene Wärme über die Grenzen des einzelnen Grundstücks hinaus genutzt werden sollte, etwa durch Errichtung eines zentralen Heizkraftwerks, wiederum dem Bergwesen zuzurechnen wäre, kann dahinstehen, weil die Beklagte keine Tätigkeiten in diesem Zusammenhang durchgeführt hat. Soweit die Nutzung von Erdwärme keine Gewinnung ist, bedarf sie auch keiner bergrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung und damit auch keiner Betriebsplanzulassung. Unabhängig davon kann eine Anzeigepflicht gegenüber der zuständigen Behörde dann gegeben sein, wenn für die Nutzung von Erdwärme Bohrungen erforderlich sind, die mehr als 100 m in den Boden eindringen (Piens/Schulte/Graf Vitzthum BBergG § 4 Rn. 15).
Nach den vorliegenden eigenen Unterlagen führt die Beklagte keine Bohrungen durch, die mehr als 100 m in den Boden eindringen. Sie tut dies im Hinblick auf die deshalb erforderliche Bewilligung nicht.
(4) Entgegen der Ansicht der Beklagten zwingt § 127 BBergG nicht dazu, die der Erdwärmegewinnung dienenden Arbeiten dennoch zum Bergrecht zu zählen. Nach dieser Vorschrift gelten die gem. den §§ 50 bis 62 und §§ 65 bis 74 BBergG notwendigen Pflichten (zB Anzeigepflichten und Aufstellung von Betriebsplänen für die nicht unter § 2 fallenden Bohrungen) dann, wenn die Bohrungen mehr als 100 m in den Boden eindringen sollen. Dadurch wird aber die Gewinnung eines an sich nicht dem Geltungsbereich des Bundesberggesetzes unterfallenden Bodenschatzes nicht wiederum der Urproduktion zugehörig. Dies zeigt § 127 Abs. 2 BBergG, wonach die Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes, der Landeswassergesetze und der aufgrund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen unberührt bleiben. Das Wasserhaushaltsgesetz fordert beispielsweise ebenfalls eine bergrechtliche Erlaubnis, wenn bergrechtliche Betriebspläne die Benutzung von Gewässern vorsehen. Dadurch wird Wasser jedoch kein “Bodenschatz” iSd. § 3 BBergG, weil diese Vorschrift Wasser ausdrücklich hiervon ausnimmt, so wie dies in § 4 Abs. 2 Nr. 1 BBergG für die Erdwärme der Fall ist.
3. Die Forderung der ZVK ist nicht teilweise verjährt. Die Beitragsklageerweiterungen sind zwar außerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB erhoben worden, jedoch haben die Tarifvertragsparteien in Ausübung ihrer Befugnisse nach § 202 BGB mit dem Änderungstarifvertrag vom 4. Juli 2002 in § 25 VTV geregelt, dass die regelmäßige Verjährungsfrist für Ansprüche der Kassen gegen den Arbeitgeber und umgekehrt vier Jahre beträgt. Diese Frist ist eingehalten. Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, eine solche Vereinbarung für allgemeinverbindlich zu erklären. Parteien eines Arbeitsvertrags könnten eine solche Verlängerung der Verjährungsfrist gem. § 202 Abs. 2 BGB vereinbaren. Dies können auch Tarifvertragsparteien. Die Allgemeinverbindlicherklärung ist im Verhältnis zu den ohne sie nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein Rechtsetzungsakt eigener Art zwischen autonomer Regelung und staatlicher Rechtsetzung, der seine eigenständige Rechtsgrundlage in Art. 9 Abs. 3 GG findet und nicht an Art. 80 GG zu messen ist (BVerfG 15. Juli 1980 – 1 BvR 24/74, 1 BvR 439/79 – BVerfGE 55, 7). So wie Zahlungsansprüche in Tarifverträgen begründet und für allgemeinverbindlich erklärt werden können, gilt dies auch für deren Verjährungsregeln. Auch sie gehören zu den Regeln der Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, die den Tarifvertragsparteien durch Art. 9 Abs. 3 GG zugewiesen sind.
Unterschriften
Marquardt, Brühler, Gallner, Großmann, Rudolph
Fundstellen
Haufe-Index 2130328 |
DB 2009, 1660 |