Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristeter Arbeitsvertrag mit wissenschaftlichem Mitarbeiter
Leitsatz (amtlich)
§ 57 c Abs. 2 Satz 2 HRG ist auf Zeiten, die Stipendiaten ohne einen mit der Universität bzw. deren Träger geschlossenen Arbeitsvertrag an der Universität verbringen, weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.
Normenkette
HRG § 57c Abs. 2 Sätze 1-2, Abs. 3 in der bis zum 24. August 1998 geltenden Fassung
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 29. Oktober 1999 – 5 Sa 1289/98 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 31. März 1998 geendet hat. Ferner macht der Kläger einen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend.
Der Kläger war vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 1990, vom 1. Februar 1991 bis zum 30. Juni 1993 sowie vom 1. August 1995 bis zum 31. März 1998 beim beklagten Land aufgrund von insgesamt neun befristeten Arbeitsverträgen als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Anorganisch-chemischen Institut der Universität beschäftigt. Die Verträge stellten sich nach Vertragsdatum, vereinbarter Dauer und Befristungsgrund wie folgt dar:
Aufgrund eines ihm von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für 24 Monate bewilligten Postdoktorandenstipendiums hielt sich der Kläger vom 1. Juli 1993 bis 30. September 1994 in den USA auf. Anschließend war er vom 1. Oktober 1994 bis 30. Juni 1995 wieder am Anorganisch-chemischen Institut der Universität in M. tätig. Ein Arbeitsverhältnis zum beklagten Land bestand in dieser Zeit nicht. In dem Bewilligungsschreiben der DFG heißt es, der Kläger verpflichte sich mit der Annahme des Stipendiums, seine Arbeitskraft voll für die geplanten Untersuchungen einzusetzen und nach Beendigung des Stipendiums über die Hochschule einen Abschlußbericht vorzulegen. Das mit dem Stipendium geförderte Forschungsvorhaben war eingebunden in die Forschungskonzeption des Anorganisch-chemischen Instituts. Das beklagte Land lehnte eine Weiterbeschäftigung des Klägers über den 31. März 1998 hinaus ab.
Mit der am 6. April 1998 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die letzte Befristungsabrede sei wegen Überschreitung der Fünf-Jahres-Grenze des § 57 c Abs. 2 Satz 2 HRG unwirksam. Hierbei seien die Zeiten der befristeten Arbeitsverträge vom 18. Januar 1990 und vom 6. Februar 1991 zu berücksichtigen, da ihm diese Verträge keine Gelegenheit zur Promotion gegeben hätten. Außerdem sei die Zeit vom 1. Oktober 1994 bis zum 30. Juni 1995 einzubeziehen.
Der Kläger beantragt,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers unbefristet über den 31. März 1998 hinaus fortbesteht,
- die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den 31. März 1998 zu unveränderten Bedingungen als wissenschaftlichen Mitarbeiter weiterzubeschäftigen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat geltend gemacht, wegen der vom 1. Juli 1993 bis 31. Juli 1995 dauernden Unterbrechung zwischen den Arbeitsverhältnissen müßten die davor liegenden Zeiten bei der Fünf-Jahres-Grenze des § 57 c Abs. 2 Satz 2 HRG außer Betracht bleiben. Im übrigen seien die Zeiten der Verträge vom 18. Januar 1990 und vom 6. Februar 1991 nach § 57 c Abs. 3 HRG auf die Fünf-Jahres-Grenze nicht anzurechnen. Die Verträge hätten dem Kläger Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Promotion gegeben. Auch tatsächlich habe er im Rahmen seiner Tätigkeit diese Gelegenheit erhalten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr entsprochen. Mit der Revision erstrebt das beklagte Land die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann der Klage nicht entsprochen werden. Das Landesarbeitsgericht muß die unterlassene Auslegung der Arbeitsverträge vom 18. Januar 1990 und vom 6. Februar 1991 nachholen und feststellen, ob der Kläger einen vertraglichen Anspruch auf Durchführung der Promotion als Bestandteil seiner Dienstaufgaben hatte.
A. Die Vorinstanzen haben zum Inhalt des Feststellungsantrags keine Ausführungen gemacht. Der Antrag ist trotz seiner Formulierung nicht als allgemeiner, auf die Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung gerichteter Antrag nach § 256 Abs. 1 ZPO zu verstehen. Er ist vielmehr lediglich auf die in § 1 Abs. 5 Satz 1 BeschFG (in der vom 1. Oktober 1996 bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung) vorgesehene gerichtliche Feststellung gerichtet, das Arbeitsverhältnis habe nicht aufgrund der – im Vertrag vom 6. August 1997 vereinbarten – Befristung am 31. März 1998 geendet. Ein weiterer Beendigungstatbestand oder Beendigungszeitpunkt ist zwischen den Parteien nicht im Streit.
B. I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, durch die im Arbeitsvertrag vom 6. August 1997 vereinbarte Befristung werde die zeitliche Höchstgrenze des § 57 c Abs. 2 Satz 1 und 2 HRG überschritten. Die Unterbrechung vom 1. Juli 1993 bis 30. September 1994 stehe der Anrechnung früherer Beschäftigungszeiten nicht entgegen. Dahinstehen könne, ob die Zeiten der Verträge vom 18. Januar 1990 und vom 6. Februar 1991 zu berücksichtigen seien. Denn die Fünf-Jahres-Grenze sei schon deshalb überschritten, weil in sie die Zeit vom 1. Oktober 1994 bis zum 30. Juni 1995 einzurechnen sei. Die Anwendung des § 57 c Abs. 2 Satz 2 HRG sei auch auf Zeiten geboten, die ein Stipendiat mit den Tätigkeiten eines wissenschaftlichen Mitarbeiters an einer Hochschule integriert in deren Dienstbetrieb verbringe.
II. Diese Begründung ist nicht frei von Rechtsfehlern.
1. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht allerdings erkannt, daß die Beschäftigungszeiten vom 1. Januar 1990 bis 30. Juni 1993 bei der Berechnung der Fünf-Jahres-Frist des § 57 c Abs. 2 Satz 2 HRG nicht schon deshalb ausscheiden, weil nach dem 30. Juni 1993 für einen längeren Zeitraum kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestand. Wie der Senat mit Urteil vom 5. April 2000 entschieden hat, steht eine auch längere zeitliche Unterbrechung zwischen den befristeten Verträgen der Anrechnung weder nach dem Wortlaut des § 57 c Abs. 2 HRG noch nach Sinn und Zweck der Vorschrift entgegen (BAG 5. April 2000 – 7 AZR 392/99 – AP HRG § 57 c Nr. 6 = EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 28, zu II 2 der Gründe).
2. Nicht zutreffend ist dagegen die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, bei der Fünf-Jahres-Frist des § 57 c Abs. 2 Satz 2 HRG sei die Zeit vom 1. Oktober 1994 bis 30. Juni 1995 zu berücksichtigen, in welcher der Kläger als Stipendiat am Anorganisch-chemischen Institut tätig war.
a) § 57 c Abs. 2 Satz 2 HRG ist auf Zeiten, die Stipendiaten ohne einen mit der Universität, bzw. deren Träger geschlossenen Arbeitsvertrag an der Universität verbringen, weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.
aa) Nach § 57 c Abs. 2 Satz 2 HRG dürfen mehrere befristete Arbeitsverträge nach § 57 b Abs. 2 Nr. 1 bis 4 und Abs. 3 HRG bei derselben Hochschule die in § 57 c Abs. 2 Satz 1 HRG genannte Höchstgrenze von fünf Jahren nicht überschreiten. Dabei sind bei der Befristungshöchstdauer auch Arbeitsverträge einzubeziehen, deren Befristung zwar nicht ausdrücklich auf einen der Befristungsgründe des § 57 b Abs. 2 Nr. 1 bis 4 und Abs. 3 HRG gestützt wurde, hierauf aber hätte gestützt werden können (BAG 14. Dezember 1994 – 7 AZR 342/94 – AP HRG § 57 b Nr. 3 = EzA BGB § 620 Nr. 129, zu I 1 b der Gründe; 20. Oktober 1999 – 7 AZR 738/98 – AP HRG § 57 b Nr. 22 = EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 22, zu 2 a der Gründe). Erforderlich ist grundsätzlich ein Arbeitsvertrag mit der Hochschule, bzw. deren Träger. § 57 c Abs. 2 Satz 2 HRG setzt Arbeitsverträge mit einer der in § 57 b Abs. 2 und 3 HRG genannten Personen voraus. Um wissenschaftlicher Mitarbeiter iSv. § 57 b Abs. 2 HRG iVm. § 53 Abs. 1 Satz 1 HRG zu sein, bedarf es eines Beamten- oder Angestelltenverhältnisses zur Hochschule, bzw. deren Träger. Das Anstellungsverhältnis zu einem Dritten genügt grundsätzlich nicht. Dies entspricht auch § 53 Abs. 3 HRG, der wegen der Einstellung wissenschaftlicher Mitarbeiter auf die allgemeinen dienstrechtlichen Voraussetzungen verweist. Allerdings sind nach zutreffender allgemeiner Auffassung im Schrifttum die Zeiten eines Privatdienstvertrags nach § 57 e HRG auf die Höchstbefristungsdauer des § 57 c Abs. 2 HRG anzurechnen (APS/Schmidt HRG § 57 c Rn. 5; ErfK/Müller-Glöge HRG 2. Aufl. § 57 c Rn. 9; KR-Lipke HRG 5. Aufl. § 57 c Rn. 8 a). Diese Anrechnung von Privatdienstverträgen nach § 57 e HRG erfolgt aber nicht etwa deshalb, weil es auf den Arbeitgeber nicht ankommt, sondern weil § 57 e HRG ua. auch § 57 c HRG für entsprechend anwendbar erklärt.
bb) Eine entsprechende Anwendung der Anrechnungsvorschrift des § 57 c Abs. 2 Satz 2 HRG auf Zeiten, die ein Stipendiat ohne Arbeitsvertrag an der Universität verbringt, ist nicht gerechtfertigt. Die analoge Anwendung einer Norm setzt eine Gesetzeslücke, also eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Eine solche liegt nicht vor. Der gesetzliche Regelungsplan der § 57 b Abs. 2 HRG, § 57 c HRG besteht darin, einerseits unter bestimmten Voraussetzungen die Befristung von Arbeitsverhältnissen ua. für wissenschaftliche Mitarbeiter zu ermöglichen, diese andererseits aber auch vor einer sozial unverträglichen Ausdehnung befristeter Beschäftigungen nach § 57 b Abs. 2 Nr. 1 bis 4 HRG zu schützen und ihre Chancen auf eine spätere hochschulexterne Beschäftigung zu wahren. Zugleich soll der Hochschule der Fünf-Jahres-Zeitraum zur Verfügung stehen, damit sie die Fähigkeit des wissenschaftlichen Mitarbeiters zur qualifizierten wissenschaftlichen Arbeit und seine Eignung für das Aufrücken in hochschulspezifische Qualifikationsstellen beurteilen kann (vgl. BAG 5. April 2000 – 7 AZR 392/99 – aaO, zu II 2 b der Gründe). Dieser Regelungsplan gebietet nicht die Anrechnung von Zeiten, die ein Stipendiat aufgrund eines von einem Dritten gewährten Stipendiums an der Hochschule verbringt. Die Nichtanrechnung dieser Zeiten erscheint nicht sozial unverträglich. Auch kann die Hochschule die Fähigkeit und Eignung bei einem in seinen Dispositionen selbständigen Stipendiaten regelmäßig nicht in gleicher Weise beurteilen wie bei einem zu ihr in einem Arbeitsverhältnis stehenden wissenschaftlichen Mitarbeiter. Eine andere Beurteilung ist auch dann nicht geboten, wenn sich der Stipendiat faktisch in ähnlicher Weise wie ein wissenschaftlicher Mitarbeiter in den Betrieb eines Hochschulinstituts einbringt. Andernfalls hinge die Anrechnung von Umständen ab, die der Steuerung und der Beurteilung durch die Hochschule weitgehend entzogen sind. Dies wäre auch mit dem Gebot der Rechtssicherheit nicht vereinbar.
b) Hiernach scheidet vorliegend die Anwendung des § 57 c Abs. 2 Satz 2 HRG auf die Zeiten des dem Kläger von der DFG gewährten Postdoktorandenstipendiums schon deshalb aus, weil in dieser Zeit kein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Universität, bzw. dem beklagten Land bestand. Im übrigen ergäbe sich im Streitfall auch dann nichts anderes, wenn für die Anrechnung die Beschäftigung in der Universität aufgrund eines mit einem Dritten geschlossenen Arbeitsvertrags ausreichend wäre. Denn der Kläger stand in der Zeit vom 1. Oktober 1994 bis 30. Juni 1995 in überhaupt keinem Arbeitsverhältnis. Der mit der DFG geschlossene Stipendiatenvertrag war kein Arbeitsvertrag. Der Kläger befand sich nicht in der für ein Arbeitsverhältnis wesentlichen persönlichen Abhängigkeit. Zwar hatte er sich mit der Annahme des Stipendiums verpflichtet, seine Arbeitskraft voll für die geplanten Untersuchungen einzusetzen und nach Beendigung des Stipendiums über die Hochschule einen Abschlußbericht vorzulegen. Hinsichtlich des näheren Inhalts der Untersuchungen, deren zeitlicher Lage und jeweiliger Dauer und Ort sowie der Durchführung war er jedoch ersichtlich frei und hatte nicht die Pflichten, die angestellten wissenschaftlichen Mitarbeitern üblicherweise auferlegt sind (vgl. hierzu auch BAG 24. Februar 1994 – 6 AZR 505/93 – AP BAT § 62 Nr. 15, zu II 1 b der Gründe).
III. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann somit nicht dahingestellt bleiben, ob die Verträge vom 18. Januar 1990 und vom 6. Februar 1991 bei der Höchstgrenze des § 57 c Abs. 2 Satz 2 HRG zu berücksichtigen sind oder ob ihre Anrechnung nach § 57 c Abs. 3 HRG zu unterbleiben hat. Denn wenn die Zeiten beider Verträge unberücksichtigt bleiben, ist die zulässige Höchstgrenze von fünf Jahren eingehalten.
1. Nach § 57 c Abs. 3 HRG in der vorliegend maßgeblichen, bis 24. August 1998 geltenden Fassung sind auf die Höchstgrenze nach Abs. 2 Satz 1 und 2 Zeiten eines befristeten Arbeitsvertrags nach § 57 b Abs. 2 Nr. 1 bis 4 HRG nicht anzurechnen, soweit er Gelegenheit zur Vorbereitung einer Promotion gibt. Nach der Senatsrechtsprechung zu § 57 c Abs. 3 HRG in der bis 24. August 1998 geltenden Fassung sind sog. Promotionsverträge von der Anrechnung auf die Fünf-Jahres-Frist ausgenommen, wenn dem wissenschaftlichen Mitarbeiter ein vertraglich durchsetzbarer Anspruch auf die Durchführung seiner Promotion als Teil seiner Dienstaufgaben eingeräumt ist (BAG 5. April 2000 – 7 AZR 392/99 – aaO, zu II 3 a der Gründe; 15. Januar 1997 – 7 AZR 158/96 – AP HRG § 57 b Nr. 14 = EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 12, zu I 3 der Gründe; 20. September 1995 – 7 AZR 184/95 – AP HRG § 57 c Nr. 3 = EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 1, zu III 1 der Gründe). Dies kann in Form einer zeitlichen Freistellung von einem Teil der Arbeitszeit oder durch Übertragung der für das Promotionsvorhaben unmittelbar nützlichen Dienstaufgaben oder in einer Kombination beider Verfahren erfolgen (BAG 15. Januar 1997 – 7 AZR 158/96 – aaO, zu I 3 der Gründe; 20. September 1995 – 7 AZR 184/95 – aaO, zu III 2 der Gründe). Ob durch den Vertrag dem wissenschaftlichen Mitarbeiter ein Anspruch auf die Durchführung seiner Promotion als Teil seiner Dienstaufgaben eingeräumt ist, muß im Weg der Vertragsauslegung festgestellt werden. Der tatsächliche Vollzug des Arbeitsverhältnisses kann, sofern er nicht im Gegensatz zu den bei Vertragsschluß getroffenen Vereinbarungen steht, zur Auslegung dafür herangezogen werden, was die Vertragsparteien tatsächlich gewollt haben (BAG 20. September 1995 – 7 AZR 184/95 – aaO, zu III 1 der Gründe).
2. Vorliegend hat das Landesarbeitsgericht dahinstehenlassen, ob sich aus den Arbeitsverträgen vom 18. Januar 1990 und vom 6. Februar 1991 ein Anspruch des Klägers auf die Durchführung seiner Promotion als Teil seiner Dienstaufgaben ergab. Die insoweit erforderliche Vertragsauslegung kann der Senat nicht selbst vornehmen. Dem Revisionsgericht ist eine eigene Vertragsauslegung grundsätzlich nur bei typischen Verträgen sowie im Falle atypischer Verträge dann möglich, wenn die Vertragsurkunde vorliegt und besondere Umstände des Einzelfalles ausscheiden, die der Auslegung eine bestimmte, der Beurteilung des Revisionsgerichts entzogene Richtung geben können (BAG 26. März 1986 – 7 AZR 599/84 – BAGE 51, 319 ff. = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 103, zu III 3 b der Gründe mwN; 28. Februar 1990 – 7 AZR 143/89 – BAGE 64, 220 = AP BeschFG 1985 § 1 Nr. 14, zu II 2 a der Gründe). Dies setzt voraus, daß der Sachverhalt erkennbar vollständig aufgeklärt und weiteres für die Auslegung relevantes tatsächliches Vorbringen nicht mehr zu erwarten ist (vgl. BAG 9. November 1999 – 9 AZR 917/98 – AP BUrlG NRW § 5 Nr. 4 = EzA AWbG NW § 5 Nr. 1, zu II 4 der Gründe; 26. August 1997 – 9 AZR 761/95 – AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 137 = EzA BGB § 133 Nr. 20, zu I 2 b der Gründe; 28. Februar 1991 – 8 AZR 89/90 – BAGE 67, 279 = AP ZPO § 550 Nr. 21, zu 2 b bb der Gründe). Vorliegend waren die Arbeitsverträge vom 18. Januar 1990 und vom 6. Februar 1991 erkennbar keine typischen Verträge. Das Landesarbeitsgericht hat auch ersichtlich noch nicht sämtliche für die Auslegung insbesondere auch des Vertrags vom 6. Februar 1991 wesentlichen tatsächlichen Umstände festgestellt. So fehlt es vor allem an hinreichenden Feststellungen darüber, ob dem Kläger Dienstaufgaben übertragen waren, die für sein Promotionsvorhaben unmittelbar nützlich waren. Ebensowenig hat das Landesarbeitsgericht die zwischen den Parteien streitige Frage geklärt, ob dem Kläger während der Vertragslaufzeit tatsächlich Gelegenheit zur Vorbereitung der Promotion gegeben wurde. Dieser Umstand kann bei der Vertragsauslegung von indizieller Bedeutung sein.
IV. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt von der Einhaltung der Höchstgrenze des § 57 c Abs. 2 Satz 2 HRG ab. Ist diese gewahrt, so ist, wovon beide Parteien ausgehen, die Befristung des letzten Vertrags nach § 57 b Abs. 2 Nr. 1 HRG wirksam. Nach der Zurückverweisung muß daher das Landesarbeitsgericht den Parteien Gelegenheit geben, zur Auslegung der Verträge vom 18. Januar 1990 und vom 6. Februar 1991 abschließend vorzutragen, und sodann unter Würdigung der schriftlichen Vertragsurkunden sowie sämtlicher wesentlicher Begleitumstände prüfen, ob dem Kläger ein vertraglicher Anspruch auf die Durchführung seiner Promotion als Teil seiner Dienstaufgaben zustand.
Unterschriften
Dörner zugleich für den wegen einer Kur an der Unterschriftsleistung verhinderten Richter Prof. Dr. Steckhan, Linsenmaier, Zumpe, Olga, Berger
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 21.02.2001 durch Schiege, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 614712 |
NVwZ-RR 2001, 527 |
FA 2001, 187 |
ZTR 2001, 376 |
AP, 0 |
EzA |
PersR 2001, 313 |