Entscheidungsstichwort (Thema)
Zweckbefristung. Schriftform
Leitsatz (amtlich)
Die Befristung des Arbeitsvertrags bedarf nach § 14 Abs. 4 TzBfG der Schriftform. Dies gilt auch für die Zweckbefristung gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. TzBfG. Da die Vertragsdauer bei der Zweckbefristung von dem Vertragszweck abhängt, muss der Vertragszweck schriftlich vereinbart sein.
Orientierungssatz
- Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien, dass das Arbeitsverhältnis bei Erreichen eines bestimmten Zwecks enden soll (Zweckbefristung, § 3 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. TzBfG), muss der Vertragszweck nach § 14 Abs. 4 TzBfG schriftlich vereinbart sein.
- Eine wirksame Zweckbefristung setzt voraus, dass der konkrete Zweck, mit dessen Erreichung das Arbeitsverhältnis enden soll, genau bezeichnet ist. Es muss zweifelsfrei feststellbar sein, bei Eintritt welchen Ereignisses das Arbeitsverhältnis enden soll.
Normenkette
TzBfG § 3 Abs. 1, § 14 Abs. 4, § 15 Abs. 1-2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. August 2004 – 9 Sa 142/04 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten – soweit für die Revision von Bedeutung – darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis auf Grund einer am 2./9. Juli 2003 vereinbarten Befristung am 30. Juni 2004 geendet hat.
Der Kläger war auf Grund eines Arbeitsvertrags vom 3. September 2001 als Fertiger in der Produktion bei der Beklagten, einem Unternehmen der Automobilindustrie, beschäftigt. Nach einer Zusatzvereinbarung vom 3. September 2001 war das Arbeitsverhältnis bis zum 2. September 2002 befristet.
Am 22. Juli 2002 schlossen die Parteien eine weitere Zusatzvereinbarung zu dem Arbeitsvertrag vom 3. September 2001, wonach das Arbeitsverhältnis bis zum 31. August 2003 verlängert wurde.
Mit Schreiben vom 17. Juni 2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit:
“…
Sehr geehrter Herr S…,
am 03.09. 2001 haben wir Sie befristet eingestellt. Diese Befristung beruht – wie Ihnen beim Einstellungsgespräch mitgeteilt wurde – auf dem Auslauf der derzeitigen Dieselfertigung, der zu Personalüberhang führen wird. Durch verschiedene Umstände hat sich der angenommene Zeitraum dieses Auslaufs immer wieder verschoben.
Wir freuen uns, Ihnen deshalb eine Verlängerung ihres befristeten Arbeitsverhältnisses anbieten zu können. Der Auslauf und damit auch der Zweck des mit Ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses wird nach heutiger Sicht bis spätestens 30.06.2004 erreicht sein. Sie werden jedoch rechtzeitig innerhalb der gesetzlichen Vorschriften (2-Wochen-Frist) über die eintretende Beendigung des mit Ihnen bestehenden befristeten Arbeitsverhältnisses unterrichtet.
Falls Sie mit der angebotenen Verlängerung einverstanden sind, bitten wir Sie, dies mit Ihrer Unterschrift auf diesem Schreiben innerhalb von einer Woche zu bestätigen.
…”
Am 27. Juni 2003 unterzeichnete der Kläger auf demselben Schreiben den angefügten Satz:
“Ich bin mit der Verlängerung meines Arbeitsverhältnisses bis zum 30.06. 2004 einverstanden.”
Am 9. Juli 2003 unterschrieb der Kläger die von der Beklagten bereits am 2. Juli 2003 unterzeichnete Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 3. September 2001. Darin heißt es:
“Es besteht Einvernehmen, dass das gem. § 14 Abs. 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes befristete Arbeitsverhältnis bis zur Erreichung des Zweckes verlängert wird. Dies wird aus heutiger Sicht spätestens zum 30.06. 2004 der Fall sein.
Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der Befristung, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Sie werden innerhalb der gesetzlichen 2-Wochen-Frist über die eintretende Beendigung informiert.
Unabhängig von dem Lauf der Befristung ist das Arbeitsverhältnis ordentlich kündbar. Es gelten die Kündigungsfristen des gemeinsamen Manteltarifvertrages für die Metallindustrie des Landes Rheinland- Pfalz.”
Der Kläger wurde von der Beklagten bis zum 30. Juni 2004 beschäftigt. Eine Weiterbeschäftigung über diesen Zeitpunkt hinaus erfolgte nicht.
Mit der am 24. Juli 2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst die Feststellung begehrt, dass sein Arbeitsverhältnis nicht auf Grund der in der Zusatzvereinbarung vom 22. Juli 2002 vereinbarten Befristung beendet werde und über den 31. August 2003 hinaus unbefristet fortbestehe. Außerdem hat er seine Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die Befristung zum 31. August 2003 sei mangels eines sie rechtfertigenden Sachgrunds unwirksam. Den Folgevertrag habe er nur unter dem Vorbehalt geschlossen, dass nicht bereits auf Grund des Arbeitsvertrags vom 22. Juli 2002 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 31. August 2003 hinaus unbefristet fortbesteht.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Befristung zum 31. August 2003 sei wegen eines nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung sachlich gerechtfertigt. Der Kläger sei befristet eingestellt worden, weil geplant gewesen sei, die Fertigung des aktuellen Dieselmotors und verschiedener Motorkomponenten der Motorenfamilie I auslaufen zu lassen und daher nur ein vorübergehender Personalbedarf bestanden habe. Das Auslaufen der Dieselmotorfertigung habe sich immer wieder verzögert. Bis spätestens zur Jahresmitte 2004 werde jedoch eine größere Anzahl von Arbeitsplätzen wegfallen, wovon unter anderem auch der Arbeitsplatz des Klägers betroffen sei. Deshalb sei das Arbeitsverhältnis bis längstens 30. Juni 2004 verlängert worden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und gemeint, es könne dahinstehen, ob die am 22. Juli 2002 vereinbarte Befristung zum 31. August 2003 der Befristungskontrolle unterliege und ob diese Befristung wirksam sei. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestehe schon deshalb über den 31. August 2003 hinaus unbefristet fort, weil die letzte, in dem Vertrag vom 2./9. Juli 2003 vereinbarte Zweckbefristung mangels Angabe des konkreten Befristungszwecks im Arbeitsvertrag unwirksam sei. Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung wurde dem Kläger am 2. April 2004 zugestellt. Mit dem am Montag, dem 3. Mai 2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen
a) festzustellen, dass das mit Vertrag vom 22. Juli 2002 begründete Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf Grund Befristung mit Ablauf des 31. August 2003 beendet ist sowie
b) festzustellen, dass das mit Vertrag vom 2. Juli 2003/9. Juli 2003 begründete Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf Grund Befristung mit Ablauf des 30. Juni 2004 oder zu einem vor diesem Datum liegenden Zeitpunkt beendet wird.
Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und den erstinstanzlich gestellten Feststellungsantrag als unzulässig abgewiesen. Die in zweiter Instanz gestellten Hilfsanträge des Klägers hat das Landesarbeitsgericht als Anschlussberufung angesehen, der es hinsichtlich des Hilfsantrags zu b) stattgegeben und die es im Übrigen zurückgewiesen hat. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Aufhebung des Berufungsurteils, soweit dem Begehren des Klägers entsprochen wurde, sowie die vollständige Zurückweisung der “etwaigen” Anschlussberufung. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger den in der Revision allein anhängigen, erstmals in der Berufung gestellten Hilfsantrag zu b) im Wege der Anschlussberufung zum Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits gemacht hat. Diesem Antrag wurde zu Recht entsprochen. Dem steht nicht entgegen, dass das Landesarbeitsgericht den erstinstanzlich gestellten Feststellungsantrag rechtskräftig als unzulässig abgewiesen hat. Denn die mit dem Hilfsantrag zu b) geltend gemachte Unwirksamkeit der Befristung zum 30. Juni 2004 war nach der rechtskräftigen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht Gegenstand des erstinstanzlich gestellten Feststellungsantrags.
A. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kläger den Hilfsantrag zu b) im Wege der Anschlussberufung klageerweiternd geltend gemacht hat.
Der Kläger hatte in erster Instanz ausschließlich beantragt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31. August 2003 hinaus unbefristet fortbesteht. Dieser vom Landesarbeitsgericht als Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO verstandene Antrag enthielt nach dem insoweit rechtskräftig gewordenen Berufungsurteil keine Befristungskontrollklage gemäß § 17 Satz 1 TzBfG in Bezug auf die am 2./9. Juli 2003 vereinbarte Befristung zum 30. Juni 2004. Die Wirksamkeit dieser Befristung war nach der rechtskräftigen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erstinstanzlich nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Da der Kläger in erster Instanz mit seinem Feststellungsantrag in vollem Umfang obsiegt hatte, konnte er die bislang nicht geltend gemachte Unwirksamkeit der Befristung zum 30. Juni 2004 in zweiter Instanz nur im Wege einer Anschlussberufung klageerweiternd in den Rechtsstreit einbeziehen. Dies ist mit der Berufungserwiderung vom 3. Mai 2004 geschehen, aus der sich unzweifelhaft ergibt, dass die Wirksamkeit der am 2./9. Juli 2003 vereinbarten Befristung der gerichtlichen Kontrolle im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits unterzogen werden sollte. Ob der Kläger selbst seine zweitinstanzliche Antragstellung hinsichtlich des Hilfsantrags zu b) prozessual zutreffend als Anschlussberufung gewertet hat oder nicht, ist unbeachtlich.
Die Anschlussberufung ist zulässig. Sie wurde rechtzeitig innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung erhoben (§ 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO) und gleichzeitig begründet (§ 524 Abs. 3 ZPO). Die Berufungsbegründung wurde dem Kläger am 2. April 2004 zugestellt, die Anschlussberufung einschließlich ihrer Begründung ging am Montag, dem 3. Mai 2004 beim Landesarbeitsgericht ein.
B. Das Landesarbeitsgericht hat dem Hilfsantrag zu b) auf die Anschlussberufung zu Recht stattgegeben. Der Antrag ist zulässig und begründet.
I. Der Antrag ist zulässig.
1. Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht entgegen, dass das Landesarbeitsgericht den erstinstanzlich gestellten Feststellungsantrag des Klägers rechtskräftig als unzulässig abgewiesen hat. Damit hat das Landesarbeitsgericht nicht rechtskräftig über die Wirksamkeit der am 2./9. Juli 2003 vereinbarten Befristung zum 30. Juni 2004 entschieden. Das Landesarbeitsgericht hat in dem Berufungsurteil ausdrücklich ausgeführt, dass diese Befristung in erster Instanz nicht Gegenstand des Rechtsstreits gewesen sei. Deshalb enthält die Abweisung des Feststellungsantrags durch das Landesarbeitsgericht keine Entscheidung über die Wirksamkeit der am 2./9. Juli 2003 vereinbarten Befristung.
2. Der Antrag ist auch nicht deshalb unzulässig, weil der Kläger mit Schriftsatz vom 5. Juli 2004 bezüglich der am 2./9. Juli 2003 vereinbarten Befristung eine weitere Befristungskontrollklage beim Arbeitsgericht erhoben hat. Der Kläger hat die Unwirksamkeit dieser Befristung mit der Berufungserwiderung vom 3. Mai 2004 im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war die weitere Klage noch nicht erhoben. Deshalb ist nicht der Antrag im vorliegenden Rechtsstreit, sondern die danach erhobene Klage wegen der bereits bestehenden Rechtshängigkeit desselben Streitgegenstandes unzulässig.
II. Der Antrag ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht auf Grund Befristung am 30. Juni 2004 geendet. Die Parteien haben weder in dem Vertrag vom 2./9. Juli 2003 noch durch die vorangegangenen wechselseitigen Erklärungen vom 17. Juni 2003 und vom 27. Juni 2003 eine wirksame Zeit- oder Zweckbefristung vereinbart, auf Grund derer das Arbeitsverhältnis am 30. Juni 2004 geendet hat.
1. Der Kläger hat die Unwirksamkeit der Befristung zum 30. Juni 2004 rechtzeitig innerhalb der Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG geltend gemacht.
a) Nach § 17 Satz 1 TzBfG muss der Arbeitnehmer, der geltend machen will, dass die Befristung des Arbeitsvertrags rechtsunwirksam ist, innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrags Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Nach § 15 Abs. 1 TzBfG endet ein kalendermäßig befristetes Arbeitsverhältnis mit dem Ablauf der vereinbarten Zeit. Ein zweckbefristetes Arbeitsverhältnis endet nach § 15 Abs. 2 TzBfG mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.
b) Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht vor dem 30. Juni 2004 geendet. Der Kläger hat unstreitig bis zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten gearbeitet. Er hat mit der Berufungserwiderung vom 3. Mai 2004 geltend gemacht, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf Grund der im Vertrag vom 2./9. Juli 2003 vereinbarten Befristung zum 30. Juni 2004 oder zu einem früheren Zeitpunkt beendet wird. Damit ist die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG gewahrt. Eine Befristungskontrollklage kann nach ständiger Rechtsprechung des Senats bereits vor dem vereinbarten Vertragsende erhoben werden (13. Oktober 2004 – 7 AZR 654/03 – AP TzBfG § 14 Nr. 13 = EzA TzBfG § 14 Nr. 14, zu I 1 der Gründe mwN).
2. Die Parteien haben weder eine kalendermäßige Befristung zum 30. Juni 2004 noch eine wirksame Zweckbefristung vereinbart, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2004 geführt hat.
a) Die Parteien haben keine Vereinbarung über eine kalendermäßige Befristung des Arbeitsvertrags zum 30. Juni 2004 getroffen.
aa) Die Zusatzvereinbarung vom 2./9. Juli 2003 enthält keine kalendermäßige Befristung zum 30. Juni 2004. Das Landesarbeitsgericht hat die Zusatzvereinbarung nicht als kalendermäßige Befristung oder als kombinierte Zeit- und Zweckbefristung, sondern ausschließlich als Zweckbefristung ausgelegt. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Auslegung nichttypischer Willenserklärungen obliegt dem Tatrichter und kann in der Revision nur daraufhin überprüft werden, ob das Gericht der Tatsacheninstanz die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt, den für die Auslegung maßgeblichen Tatsachenstoff vollständig verwertet und nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hat (st. Rspr., vgl. BAG 4. Dezember 2002 – 7 AZR 394/01 – AP HRG § 57b Nr. 30, zu I 2c aa der Gründe). Diesem eingeschränkten Überprüfungsmaßstab hält die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung stand.
Das Landesarbeitsgericht hat aus der in der Zusatzvereinbarung gewählten Formulierung, das Arbeitsverhältnis werde “bis zur Erreichung des Zwecks verlängert”, zu Recht auf die Vereinbarung einer Zweckbefristung geschlossen. Den anschließenden Satz, dies werde “aus heutiger Sicht spätestens zum 30. Juni 2004 der Fall sein”, hat das Landesarbeitsgericht zutreffend als Prognose der Beklagten über den Zeitpunkt der Zweckerreichung verstanden und nicht als Vereinbarung einer von der Erreichung des Vertragszwecks unabhängigen Höchstbefristungsdauer. Der Annahme einer kalendermäßigen Befristung steht insbesondere der in der Vereinbarung enthaltene Hinweis entgegen, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Befristung ende, ohne dass es einer Kündigung bedürfe, und dass der Kläger “innerhalb der gesetzlichen 2-Wochen-Frist über die eintretende Beendigung informiert” werde. Damit ist ersichtlich auf die für die Zweckbefristung geltende Regelung in § 15 Abs. 2 TzBfG Bezug genommen, wonach ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung endet. Bei einer kalendermäßigen Befristung bedarf es einer derartigen Unterrichtung nicht. Vielmehr endet das Arbeitsverhältnis nach § 15 Abs. 1 TzBfG ohne weitere Erklärung des Arbeitgebers mit Zeitablauf.
bb) Mit den Erklärungen in dem Schreiben vom 17./27. Juni 2003 haben die Parteien ebenfalls keine kalendermäßige Befristung zum 30. Juni 2004 vereinbart. Diese Erklärungen hat das Landesarbeitsgericht nicht als rechtsbegründend für die Befristung erachtet, sondern ihnen lediglich vertragsvorbereitenden Charakter beigemessen. Diese Auslegung ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und somit für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger durch seine Erklärung vom 27. Juni 2003, mit der Verlängerung seines Arbeitsverhältnisses bis zum 30. Juni 2004 einverstanden zu sein, lediglich auf eine Anfrage der Beklagten geantwortet, die unstreitig den Zweck hatte, vor dem eigentlichen Vertragsschluss die Bereitschaft der Arbeitnehmer zur befristeten Weiterbeschäftigung verbindlich zu klären. Dies entspricht dem ausdrücklichen Vorbringen der Beklagten in den Tatsacheninstanzen. Die Beklagte hat ausweislich des Sitzungsprotokolls im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 26. November 2003 erklärt, im Juni 2003 habe zunächst lediglich die Bereitschaft der angefragten Arbeitnehmer abgefragt werden sollen, einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen. Man habe sich ersparen wollen, Verträge vorzubereiten, die unter Umständen später von den Mitarbeitern nicht unterzeichnet würden; bei der Vereinbarung vom Juli 2003 handle es sich um die vertragliche Umsetzung der zuvor abgefragten Bereitschaft. Aus diesem Vorbringen ergibt sich, dass durch die in dem Schreiben gewechselten Erklärungen noch nicht die vertragliche Grundlage für eine weitere Beschäftigung des Klägers über den 31. August 2003 hinaus geschaffen werden sollte.
cc) Die Zusatzvereinbarung vom 2./9. Juli 2003 kann auch nicht unter Berücksichtigung der vorangegangenen Erklärungen der Parteien in dem Schreiben vom 17./27. Juni 2003 als Vereinbarung einer kalendermäßigen Befristung zum 30. Juni 2004 ausgelegt werden. Der Kläger hat sich zwar durch seine Erklärung vom 27. Juni 2003 mit einer Befristung zum 30. Juni 2004 einverstanden erklärt. Die Beklagte hatte ihm jedoch mit dem Schreiben vom 17. Juni 2003 nicht die Vereinbarung einer kalendermäßigen Befristung zum 30. Juni 2004, sondern eine Zweckbefristung vorgeschlagen. In dem Schreiben heißt es, dem Kläger könne eine Verlängerung seines befristeten Arbeitsverhältnisses angeboten werden; der “Auslauf” der derzeitigen Dieselfertigung und damit der Zweck des mit ihm bestehenden Arbeitsverhältnisses werde nach heutiger Sicht bis spätestens 30. Juni 2004 erreicht sein; er werde jedoch “rechtzeitig innerhalb der gesetzlichen Vorschriften (2-Wochen-Frist) über die eintretende Beendigung” des befristeten Arbeitsverhältnisses unterrichtet. Der Vorschlag der Beklagten war daher, ebenso wie die in der Zusatzvereinbarung vom 2./9. Juli 2003 getroffene Abrede, auf die Vereinbarung einer Zweckbefristung gerichtet.
b) Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat auch nicht auf Grund einer Zweckbefristung am 30. Juni 2004 geendet.
aa) Nach § 15 Abs. 2 TzBfG endet das Arbeitsverhältnis bei einer Zweckbefristung mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung. Im Streitfall hat das Landesarbeitsgericht weder festgestellt, dass der vereinbarte Zweck am 30. Juni 2004 erreicht war, noch dass die Beklagte den Kläger hierüber schriftlich unterrichtet hat. Die Beklagte hat erstmals in der Revisionsinstanz nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 8. November 2005 vorgetragen, die Beklagte habe den Kläger mit Schreiben vom 9. Juni 2004 auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2004 durch Zweckerreichung hingewiesen. Dabei handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revision unzulässig ist (§ 559 Abs. 1 ZPO). Außerdem hat die Beklagte nach wie vor nicht dargelegt, dass der vereinbarte Zweck am 30. Juni 2004 erreicht wurde.
bb) Die vorstehenden Mängel sind allerdings nicht streitentscheidend. Die Parteien haben nämlich, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, keine wirksame Zweckbefristung vereinbart.
(1) Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. TzBfG liegt ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag vor, wenn sich seine Dauer aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt. Bei einer Zweckbefristung machen die Parteien die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Eintritt eines künftigen Ereignisses abhängig, dessen Eintritt sie für gewiss halten, ungewiss ist jedoch der Zeitpunkt, zu dem das Ereignis eintreten wird (vgl. etwa BAG 24. September 1997 – 7 AZR 669/96 – AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 192 = EzA BGB § 620 Nr. 147, zu II 1 der Gründe). Eine Zweckbefristung setzt daher voraus, dass die Parteien den Zweck des Arbeitsvertrags vereinbart haben. Dies erfordert zum einen eine unmissverständliche Einigung darüber, dass das Arbeitsverhältnis bei Zweckerreichung enden soll. Zum anderen muss der Zweck, mit dessen Erreichung das Arbeitsverhältnis enden soll, so genau bezeichnet sein, dass hieraus das Ereignis, dessen Eintritt zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen soll, zweifelsfrei feststellbar ist (BAG 16. März 2000 – 2 AZR 196/99 – RzK I 9i Nr. 72, zu 1 der Gründe; 23. November 1988 – 7 AZR 12/88 – RzK I 9e Nr. 6, zu II 3a der Gründe).
Nach § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung des Arbeitsvertrags der Schriftform. Das Schriftformerfordernis gilt nicht nur für die kalendermäßige Befristung, sondern auch für die Zweckbefristung. § 14 Abs. 4 TzBfG enthält insoweit keine Einschränkung. Die Vorschrift unterwirft jede Befristung des Arbeitsvertrags dem Schriftformerfordernis. Ein befristeter Arbeitsvertrag iSd. TzBfG ist nach § 3 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. TzBfG auch ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag. Da bei einer Zweckbefristung die Dauer des Arbeitsverhältnisses allein von dem Vertragszweck abhängt, muss der Vertragszweck schriftlich vereinbart werden. Die Vereinbarung einer Zweckbefristung ist ohne Vereinbarung des Vertragszwecks nicht denkbar. Die Bezeichnung des Vertragszwecks tritt an die Stelle der Datumsangabe oder der Zeitangabe bei der Zeitbefristung. Das widerspricht nicht der Erkenntnis, dass der Sachgrund für die Befristung nicht dem Schriftformerfordernis unterliegt (BAG 23. Juni 2004 – 7 AZR 636/03 – AP TzBfG § 14 Nr. 12 = EzA TzBfG § 14 Nr. 10, zu II 2a der Gründe). Dies gilt auch für die Zweckbefristung. Denn der Vertragszweck ist vom Sachgrund zu unterscheiden, auch wenn der Sachgrund für die Befristung mit dem Vertragszweck regelmäßig übereinstimmen dürfte.
(2) Nach diesen Grundsätzen haben die Parteien in der Zusatzvereinbarung vom 2./9. Juli 2003 keine wirksame Zweckbefristung vereinbart. In der Zusatzvereinbarung heißt es nur, das Arbeitsverhältnis werde bis zur Erreichung des Zwecks verlängert, ohne den Zweck jedoch zu bezeichnen. Die Vereinbarung entspricht daher nicht dem für die Zweckbefristung geltenden Gebot, den Vertragszweck anzugeben. Die Beklagte hatte dem Kläger zwar im Vorfeld des Vertragsschlusses mit Schreiben vom 17. Juni 2003 mitgeteilt, die Befristung des Arbeitsvertrags beruhe auf dem (künftigen) Auslauf der Dieselmotorfertigung. Die Parteien haben diesen Vertragszweck jedoch nicht schriftlich vereinbart. Der Kläger hat sich auf dem von ihm am 27. Juni 2003 unterzeichneten Schreiben der Beklagten vom 17. Juni 2003 nur mit einer kalendermäßigen Befristung zum 30. Juni 2004 einverstanden erklärt, nicht hingegen mit einer Zweckbefristung bis zum Auslaufen der Dieselmotorfertigung.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dörner, Gräfl, Koch, Becher, Bea
Fundstellen
Haufe-Index 1480086 |
BB 2006, 894 |
DB 2006, 564 |